Haua,Haua,Howie!


Die Sommerzeit ist ja bekanntlich die saure Gurkenzeit. Jene 8 bis 10 Wochen im Jahr, innnerhalb derer sich das Rad der Lebens - und Berufshektik ein kleines bißerl langsamer zu drehen scheint. Diesem allgemeinen Erkenntnisstand haben sich denn auch die öffentlich rechtlichen Fernsehanstalten in diesem Lande angepasst. Nun werden die Archive wieder für die eingeplante Wiederholungsorgie geöffnet. Es kramen die Haupt - und Nebensender der von den Zwangsgebührenzahlern alimentierten Rundfunk - und Fernsehanstalten jene Konserven aus den hitze - und staubfrei gehaltenen Kellern hervor, um den Zuhausegebliebenen den Aufenthalt noch weiter zu vermiesen. Wenn das Wetter dann auch nicht mitspielt muss sich der davon Betroffene doch tatsächlich die x-te Wiederholung einer Wiederholung von der Wiederholung rein quälen.Oft sind diese Abende denn nur im Halbschlaf zu ertragen.
Manchmal jedoch gibt es in jenem einfältigen Genre des vor vielen Jahren schon Gewesenen ein wirkliches High-Light zum Brüllen, einen Knaller, der selbst dem Hartgesottenen, den völlig Abgestumpften unter den Dauerglotzern fast zum mitleidigen Beweinen veranlasst.

Eine solcher, weil Fußball freier Abend ist heute im vollen Gange. Während die ARD einen eher langweiligen " Tatort " mit Helmut Krasnitzer, dem österreichischen Verbündeten in der Perma-Fratzen-Gilde von daueralimentierten Fernsehdarstellern im Rentenalter, abspult, ergieß sich der zweite große Bruder, das ZDF in Kitsch-Herz-Schmerz-Nonsens. Da überkommt dem Gefrusteten, dem schon wegen der tropischen Temperaturen auf Abkühlung hechelnden Konsumenten, das Gefühl, es lieber mit Fingeraerobik zu probieren. Und.. sieh da, der Zapper in den Boxershorts wird fündig! Und wie!

Das dritte Programm der Bundeshauptstadt und der sie umgebenden brandenburgischen Einöde bringt eine Aufzeichnung eines Konzerts mit Howard " Howie " Carpendale. Jenem Gesichtsältesten aus der Fraktion der Ewigträllernden mit sich im Sinkflug befindlichen Popularitätswerten seit den Endsechzigern. " Howie ", geboren in Kapstadt - aja, Südafrika also, da war doch gleich was? - hatte bereits 2003 endlich eingesehen, dass es an der Zeit wäre, die Brocken hinzuwerfen. Nicht nur aus Alters - und Gesundheitsgründen, sondern vor alle auch, dass seine Schlagerjauche nicht mehr so richtig den triefenden Zahn prä-pubertierender Mädchen trifft. Was vor mehr als 40 Jahren in den Plärr - und Dauerverblödungssendungen der Rundfunkanstalten des Westens abgedudelt wurde, hat schon längst Patina angesetzt. Die Zeiten, in denen der gute " Howie " in den ungezählten Mitklatsch - Schunkel - Eierschaukel-Sendungen von der Heck'schen Hitparade über " Der große Preis " bis zu " Die Musik kommt.. " als Dauergast sein Reportoire zum Besten gab, sind längst vorbei. Mit dem sinkenden Stern des Schlageraffen sinken naturgemäß auch dessen Einnahmen. Kreischende Hausfrauen und Mauerblümchen aus der Kategorie " Frau ab 2.00 Uhr nachts " gaben einst ihr Stelldichein. Dann kam 1989 die " Wende " und mit ihr der Freifahrtschein zum sinnfreien Liedvortrag mit Gelddruckmaschineneanlaufgarantie.

" Howie " bekam erneut Auftrieb und dammpfte zusammen mit " Uns Udo " im Sonderzug nach Pankow und umzu ab.Hier gab es genügend schmachtende Witwen, Mannlose und Zweitehegeschiedene, deren einsame Herzen sich qua simpler Texte, hyper einfacher Moderation und gut geschulter Begleitmusiker trösten lassen. " Howie " erkannte seine Chance und stieg wieder gewaltig ein. Der Tonträgerumsatz explodierte, die vielen Live-Konzerte waren schon Monate vorher ausverkauft und die schrumpfende Fangemeinde wurde aufgefüllt, wenn auch mit Protagonisten aus der Alterklasse 50 bis scheintot. Egal," Who the money is, is " Howie !". Tja, die Jahre, sie vergingen, Lieder längst vergangener Zeit, die Stimme sie verklinget, die Jugend ist viel zu weit.

Howard Carpendale indes gab sich auch nach seiner nominellen Abschiedstour - wo er vor mehr als 4.000 dauer - kreischenden weiblichen Fans aus den Altersgruppen 45 bis Vorverrentung sich auch in Chemnitz einst sehen ließ - mit dem eigentlichen igenen Rentnerleben nie zu frieden. Zu jung zum Schlager gemäßen mega Out, zu alt, um in die Gruft der Namenlosen abzusteigen. Ergo: Howie erklärte seinen inoffiziellen Rücktritt vom Bühneabtritt. Und.. er tourte wieder.Schon 2007 nahm er ein neues Album auf, dem zwei weitere Veröffentlichungen folgten. " Howie " is comin'home!

Die südafrikanische männliche Nachtigall gab eine ausgedehnte Deutschland-Tournee und ließ die alten Puppen vor der Bühne wieder tanzen.Der inzwischen 64jährige kommt offensichtlich immer noch an. Trotz Rap, Rechno und alledem! Dass das Durchschnittsalter seiner Konzertbesucher dabei in jedem Jahr exponentiell steigt, scheint ihn wenig zu stören.Gelernt ist gelernt. Auch wenn er nach drei Lieder erst einmal eine schöpferische Pause einlegen muss - man ist schließlich nicht mehr der Jüngste - unterhält seine exzellente Begleitband die darbenden Massen mit instrumentalen Einlagen aller erster Güte. Dann erscheint er wieder. Er sieht immer noch nach Carpendale aus. Sein Haar glänzt dazu hell blond. Ob er inzwischen ein Toupet trägt lässt sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht sagen. Dennoch er singt, er trägt seine neuen und alten Titel vor. Etwas kurzatmig ist er auch geworden. Doch das typische Schlagerslang-Getue hat er nicht abgelegt. Ein kleiner pseudo-amerikanisch - englischer Einschlag, auch wenn er seit vielen Jahrzehnten bereits in Germany lebt, muss auch noch sein.

Nach 1 1/2 Stunden ist der Spuk vorbei. " Howie " tritt nach einem Medley, innerhalb dessen er einige seiner bekanntesten Stücke eingebettet hat, dürfen wohl auch die zahlreichen Mitsechziger Damen ihre Schlüpfer der Größen 44 plus anlassen. " Howie " geht! Das warś für dieses Jahr. Pecunia non olet! Deshalb wird er wieder kommen, seine Karten an die Frau - die dafür fast 100 Euronen hinzublättern hat - bringen und wie eh und je weiter trällern. Musik hält jung.Auch wenn der Schlagersänger immer älter wird. Aber: Alter schützt bekanntlich nicht vor Torheit.

Kommentare

Octapolis hat gesagt…
Mal abgesehen davon, dass niemand so viel Kohle zahlen MUSS, um sich den Meister anzutun, ist er dennoch ein Widerling. Machte erst einen auf schwerkrank, kassiert bei einer Abschiedstournee, um dann die selben Leute ein paar Jahre später erneut abzufetten. Aber wie gesagt, keiner muss...
Lobster53 hat gesagt…
Ein prima Beispiel dafür, das Dummheit und Alter sich nicht immer ausschließen müssen.

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