Udo im Sonderzug nach Pankow.
Wenn heute Abend die ARD ab 23.30 Uhr - spät,aber wohl nicht zu spät - über die Hintergründe des legendären Auftritts des "Panik"-Machers Udo Lindenberg berichtet,dann werden mit Sicherheit auch jene Szenen wieder zu sehen sein,in denen er den einstigen "Oberindianer" der DDR traf,um ihm eine Lederjacke zu übergeben. Was hier eher als Ulk-Nummer zu betrachten ist,war in Wahrheit mehr als Realität. Es war die bittere Wahrheit eines "Häuptlings",dessen Stamm ihm längst - wenn auch immer noch heimlich-abgeschworen hatte. Das Zugeständnis des Erich Honecker an die vielen Fans des Deutschrockers Udo Lindenberg war - genauer besehen - keine riesige Sensation. Es war vielmehr die Konsequenz aus der sich längst abzeichnenden Entwicklung in der zwangsweisen Annäherung der DDR an die BRD. Was wirtschaftspolitisch - bereits vor dem Milliardenkredit des Oberdruiden aus Bayern, dem heimlichen Bundeskanzler FJS - an die DDR seine Entwicklung nahm, vollende sich auch auf dem kulturellen Sektor. Ein reger Austausch von Künstlern, vor allem Musikern, fand bereits zu Beginn der 80er Jahre statt.
Während die DDR ihre Stars und Sternchen auf westdeutschen Bühnen gegen harte DM aufspielen ließ,wurde umgekehrt die Garde der Schlagerheinis wohl deshalb eingeladen,weil ihr Name nicht nur in der BRD bekannt war.
Ob nun Udo Jürgens,Heino oder Peter Alexander, sie alle durften in Erichś Käfig einfliegen und los trällern. Die Anhängerschaft der Schlagerfuzzis war ähnlich groß,wie in dem Bruderstaat. Noch saßen die Parteibonzen und ihre getreuen Vasallen im bereits langsam sinkenden Schiff namens DDR. Daher drohte auch keine Gefahr, wenn ein non-konformer Musiker wie es Udo nun einmal ist,zu einem Auftritt im Palast der Republik in Ost-Berlin eingeladen wird.
Die entsprechenden Vorkehrungen hatten die Staatssicherheit und sonstige repressiven Organe der DDR längst getroffen.
Ähnlich wie bei den Sangesakrobat aus der Zunft der erheiternden,dafür aber sinnfreien Muse,waren die Karten kontingentiert. Es kam eben nicht jeder in das Konzert,der hinein wollte oder Udo-Fan war.
Zuvor spielte Lindenberg im Jahre 1983 wurde das Lied " Sonderzug nach Pankow " auf der LP Odyssee ein; eine Adaption von Harry Warrens " Chattanooga Choo Choo ". Es wurde sein bis dahin größter kommerzieller Erfolg und löste eine Diskussion in der Regierung der DDR aus, da Lindenberg deutlich den Wunsch äußert, in der DDR auftreten zu dürfen („All die ganzen Schlageraffen dürfen da singen…“).
Dieser Wunsch wurde ihm im Oktober 1983 von offizieller Seite erfüllt. Nachdem er dann im Palast der Republik aufgetreten war, feierte er im Westen sein zehnjähriges Bühnenjubiläum auf der ausverkauften Berliner Waldbühne. Die Tournee 1984 durch die DDR wurde allerdings trotz bereits geschriebener Hymne (Hallo DDR! auf der 1984er LP Götterhämmerung) von der DDR- Regierung abgesagt.
Die DDR-Tournee holte " Uns Udo " mit seinem " Panikorchester " dann 5 Jahre später nach, als der zweite deutsche Staat endgültig unter ging.
Vielleicht war es eine Art Omen, dass der Erfolg des " Sonderzug nach Pankow ", der selbstverständlich nicht nur in der BRD bekannt war wie ein bunter Hund,die DDR-Führung zum Einlenken brachte. Es mag auch an der einst kritischen Haltung des Musikers Lindenberg zu den USA gelegen haben,dass er nun nicht mehr eine persona non grata war. Schließlich musste die DDR-Führung die Installation der sowjetischen SS20-Rakten als Akt der Friedensstiftung und zum Schutze gegen den Aggressor aus dem kapitalistisches Westen ständig in Form der Propaganda rechtfertigen. Da kam die Ablehnung eines populären BRD-Künstlers gegen den NATO-Doppelbeschluss gerade zu pass.
Nun,dudelte Udoś " Sonderzug.." über viele Monate in allen westlichen Radiostationen- insbesondere bei NDR II -, in ungezählten Diskotheken und auf zig Feiern. Udo war in dieser Zeit in.
Wohl deshalb,weil er nach westdeutscher Lesart, die DDR und seinen ersten Mann Erich Honecker öffentlich vor geführt hatte.
Ansonsten war " Uns Udo " nur bei den jüngeren BRD-Bürgern beliebt. Und hier auch nicht bei allen Teens,Twens und Junggebliebenen. Zu schräg waren seine politischen Aussagen in den Gehörgängen der verblödeten Konsumfetischisten und Altfaschisten,die zwar längst im Ruhestand,dennoch weiterhin Macht und Einfluss ausübten.
Udo sprach Themen an, die kein "Normalo" hören wollte. Ob nun immer in der richtigen Art und Weise, mag dahin gestellt bleiben. Er hat sich jedoch nie das Wort verbieten lassen. Er war seit seinen ersten Alben nie der Sonnyboy im mafiösem Outfit. Unbequem zu sein hieß aber auch damals verhöhnt,persönlich verletzt und durch den Boulevard zerfetzt zu werden.
Als Gottfried Böttger - ein Mitbegründer der legendären hamburger " Rentnerband " und ein Mitglied aus Udoś " Panikorchester " im Jahre 1999 seinen 60. Geburtstag feierte,gab der NDR ihm zu Ehren eine Sendung über seinen musikalischen Werdegang frei,in der Böttger auch zu den " wilden Zeiten " in den frühen 70er Jahren in der Hamburger Szene erzählte. Als er in eines Tages in das Haus, dass er u.a. zusammen mit Udo als WG bewohnte kam,schossen Wassermassen kaskaden-förmig die Treppe herunter. Sie entstammten dem Wasserbett auf dem sich Udo nächtens mit zwei Groupies vergnügt hatte,von denen eine ihm mit einer Zigarette in der Hand ein Loch in das Wasserbett gebrannt hatte,dessen Außenhaut dann platzte und das Wasser abfliessen ließ.
Böttger lachte immer noch,als er diese Episode erzählte. Mir kamen auch die Tränen bei dieser Schilderung.
Als er - eher zufällig -im Januar 1997 in einer Hamburger Hotelbar Harald Juhnke, der für seine Alkoholexzesse längst berühmt, berüchtigt ist,traf,soffen die beiden Protagonisten um die Wette. Anschließend sollen beide derart betrunken gewesen sein,dass sie nur auf allen Vieren kriechend die Bar verlassen konnten,womit Juhnke mal wieder einen Auftritt platzen lassen musste.
Am nächsten Tag titelte das Schmierenblatt "Blödzeitung" und der übrige Hamburger Boulevard zu diesem Vorfall.
Das " Uns Udo " dem anderen Geschlecht nicht gerade abgeneigt ist,dürfte auch bekannt sein. Ob er nun eine Liaison mit der Blues-Röhre Inga Rumpf hatte dürfte rein spekulativ sein; mit Nena war er auf jeden Fall einige Zeit zusammen. Zu dem Verhältnis zwischen ihm und der Frontfrau der Rockgruppe "Silbermond" lassen die Beiden in dem gemeinsam aufgenommen Stück auf Udoś CD " Stark wie zwei " einiges durch klingen.
Nun,ja, Udo gibt hier den Generations übergreifenden Typ Mann wieder, der dann und wann es vielleicht doch bereut, nie eine Familie gegründet zu haben.
Seiś drum!
Der Lebenskünstler Lindenberg hat dieses und auch noch mehr locker weg gesteckt,wenngleich er in seinem tiefsten Inneren ein anderer Mensch ist,als jene clowneske Figur des " Johnny Controletti ", die er auch heute noch nach außen kehrt. Udo hat mit dem "Sonderzug.." de facto Musikgeschichte geschrieben. Er hat eine alte Swingnummer, die später von dem Nachkriegssänger Bully Buhlan als " Zug nach Kötzschenbroda " eingedeutscht und als Persiflage,ob der katastrophalen Zugverbindungen im Jahre 1947 in Deutschland,auf den Musikmarkt geworfen, nicht nur wieder aufleben lassen,sondern wohl damit ein Stück deutsch-deutsche Vereinigung produziert.
Na,denn,steigen wir mal ein - zurück in die Vergangenheit:
Entschuldigen Sie, ist das der Sonderzug nach Pankow
ich muß mal eben dahin, mal eben nach Ost-Berlin
ich muß da was klären, mit eurem Oberindianer
ich bin ein Jodeltalent, und ich will da spielen mit 'ner Band
Ich hab'n Fläschchen Cognac mit und das schmeckt sehr lecker
das schlürf' ich dann ganz locker mit dem Erich Honecker
und ich sag: Ey, Honey, ich sing' für wenig Money
im Republik-Palast, wenn ihr mich laßt
all die ganzen Schlageraffen dürfen da singen
dürfen ihren ganzen Schrott zum Vortrage bringen
nur der kleine Udo - nur der kleine Udo
der darf das nicht - und das verstehn wir nicht
Ich weiß genau, ich habe furchtbar viele Freunde
in der DDR und stündlich werden es mehr
och, Erich ey, bist Du denn wirklich so ein sturer Schrat
warum läßt Du mich nicht singen im Arbeiter- und Bauernstaat?
Ist das der Sonderzug nach Pankow?
Ich hab'n Fläschchen Cognac mit und das schmeckt sehr lecker . . .
Honey, ich glaub', Du bist doch eigentlich auch ganz locker
ich weiß, tief in dir drin, bist Du eigentlich auch'n Rocker
Du ziehst dir doch heimlich auch gerne mal die Lederjacke an
und schließt Dich ein auf'm Klo und hörst West-Radio
Hallo, Erich, kannst' mich hören
Hallolöchen - Hallo
Hallo, Honey, kannst' mich hören
Hallo Halli, Halli Hallo
Joddelido
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