Der Fleischhauer, Jan, der Ramelow, Bodo,der "SPIEGEL" - Nr. 26/2011 und der Versuch eines Gesprächs.
(c) SPIEGEL-Verlag,Hamburg 2011
Mit erheblicher zeitlicher Verzögerung gelang es mir heute, am 18. 07. 2011 die letzten Seiten des Nachrichtenmagazins durchzulesen, dessen Qualität einst - für viele Jahrzehnte - von der journalistischen Seite aus betrachtet, als überdurchschnittlich, dann in der Nach-Augstein-Ära, in den Sog der Beliebigkeit eines Print-Mediums aus der Medien-Industrie zu geraten schien, ehe der einstige Chefredakteur Aust gegangen wurde und die meisten Artikel wieder lesbar wurden.
" DER SPIEGEL " liegt bei seit 1974 Woche für Woche auf irgendeinem Tisch und wartet darauf gelesen zu werden. Nach so vielen Jahren sind mir natürlich nicht alle spektakulären Berichte, Artikel und Gespräche in Erinnerung, die so manches Mal wie eine journalistische Bombe in die Republik einschlugen.
Auch von den ungezählten Redakteuren, die seit 1974 für das hamburger Nachrichtenmagazin tätig waren, könnte ich heute nur noch einige, wenige namentliche nennen: Jörg R. Mettke fällt mir ein,der hervorragende Gerichtsreporter Gerhard Mauz oder auch Marie-Luise Scherer.
Hellmuth Karasek, Hans Leyendecker, der unvergessene Tiziano Terzani usw.
Die Mehrzahl von ihnen war - entsprechend den Vorgaben des Gründers und Herausgeber Rudolf Augstein - eher links-liberal eingestellt. Demgemäß waren die Berichte, Essays oder auch die "SPIEGEL"-Gespräche häufig mit einem gesellschaftskritischen Touch versehen.
Das es aber auch bürgerlich-fundamentalistisch angehauchte Mitarbeiter gab, wurde spätestens dann klar, wenn deren Berichterstattungen von Lesern in " Leserbriefen " - überwiegend aus dem links-bürgerlichen Lager - förmlich in der Luft zerrissen wurden.
Insbesondere, wenn es um marktwirtschaftliche oder industriefreundliche Artikel ging, kochte die links-liberale Volksseele regelmäßig hoch.
Spätestens in der Mitte der 90er Jahre vollzog das Nachrichtenmagazin auch eine inhaltliche Kehrtwende. Als Gründe hierfür wird zwar die Konkurrenz durch das Erscheinen des Magazins " FOCUS " und der Einfluss der Neuen Medien genannt, tatsächlich gab es aber vor allem einen personellen Wechsel in der "SPIEGEL"-Redaktion. Der zum Chefredakteur ernannte Stefan Aust versuchte den "SPIEGEL" neu aufzustellen. Dieses gelang ihm allerdings nur bedingt. Vielleicht waren es auch die Zeichen der sich in eine schnelllebige gewandelte Gesellschaft, die auch hier den Eindruck vermittelten, dass die "SPIEGEL"-Berichterstattung an Qualität verlor.
Seit einigen Jahren hat sich bei mir dieser Eindruck verflüchtigt. Das Nachrichtenmagazin ist in sein einstiges, bekanntes Fahrwasser zurück gekehrt und gibt sich in der Mehrzahl der Artikel kritisch. Auch das Markenzeichen des Magazins, das "SPIEGEL"-Gespräch hat - so mein Endruck - inhaltlich an Qualität hinzu gewonnen.
Das dieser Eindruck jedoch nicht immer zutreffend ist, zeigt sich allerdings an dem Gespräch mit dem Fraktionsvorsitzenden der Partei " Die Linken " im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow, in der Ausgabe 26 / 2011.
Das Gespräch führten die Redakteure Jan Fleischhauer und Markus Deggerich. Inhaltlich ging es um den Vorwurf des öffentlich bekundeten "Antisemitismus " in dieser Partei.
Was der Begriff " Antisemitismus " nun ausdrückt, dürfte per se nicht klar definiert werden können. Ist es nun reine Israel-Feindlichkeit, ist es Judenhass oder ist es eine ablehnende Haltung gegen die Nahost-Politik des Staates Israel?
Möglicherweise ist es auch eine Melange aus all diesen Faktoren?
Nun, Fleischhauer und Deggerich versuchten den Abgeordneten Ramelow hierzu auf den Zahn zu fühlen.
Das ist - nach der Berichterstattung über diverse Meinungsäußerung in der Partei - durchaus legitim. Seriöser Journalismus lebt primär von der Befragung und der Informationssammlung aus dem Kreis der Betroffenen, Beteiligten und Verantwortlichen.
Was Fleischhauer und Deggerich allerdings dann auf den Seiten 42 bis 44 an Unverschämtheiten in Form von Suggestivfragen, Halbwahrheiten und Unterstellungen dem Interviewpartner an den Kopf warfen, kann einen langjährigen "SPIEGEL"-Leser nicht kalt lassen.
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-79175750.html
Ramelow fühlte sich deshalb - völlig zu recht - mehrfach von den beiden Mitarbeitern des "SPIEGEL" in diskriminierender Weise vorgeführt und warnte diese zwei Mal vor dem Abbruch des Gesprächs, welches dann bei einer erneuten, ausfälligen Frageformulierung von ihm beendet wurde.
Eine Unverschämtheit stellen viele der Fragen dieser beiden Gutsherren dar. Nicht nur, dass sie sich bereits in arroganter Weise als "Linkenfresser " outeten, nein, Fleischhauer und Deggerich operierten auch noch mit dreist eingeflochtenen Vorurteilen, die allerdings von Bodo Ramelow souverän abgeschmettert wurden.
Das Interview ist aber nicht nur eine Zumutung, sondern zeigt auch offen, welches Geisteskind Fleischhauer und Deggerich sind.
Verblendete neokonservative Milchreisbubis aus dem CDU-Stall der Neunmalklugen und Möchtegern-Meinungsmacher.
Dass Fleischhauer ein arroganter Wichtigtuer ist, hat er ja schon einige Male bewiesen.Bereits in einer der Will'schen Quasselrunden am Sonntagabend outete sich dieser geleckte Fürst als konservativer Dorftrottel mit Blendax-Lächeln und Turbo-Bräune. Auch seine verquasteten Ergüsse in dem Buch " Unter Linken " zeigen, dass der Endvierziger seine Jugend im " Linksspießer "-Milieu Hamburgs immer noch nicht verkraftet hat.
Ein dümmliches Gefasel von einer angeblich linksdogmatischen Mehrheit in dieser Gesellschaft durch zieht aber nicht nur sein Traktat " Unter Linken ", sondern lässt ihn auch in dem Gespräch mit Bodo Ramelow zusammen mit dem Ko-Fabulierer Deggerich als geschwätziger Hansel einer "SPIEGEL"-Redakteurfraktion erkennen, die sich selbst durch Vorurteile aus der CDU/CSU-Mottenkiste der Adenauer-Kiesinger-Strauß-Kohl-Zeiten diskreditieren.
Fleischhauer ist ein leuchtendes Negativbeispiel dafür, wie ein kompetenter Journalist nicht arbeiten sollte.
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