Ein schönes Fahrrad!
Als wir vor etwa 2 Jahren den letzten Ostsee - Urlaub antraten, sollte dieser auch etwas mit Sport, Bewegung und Gewichtsabnahme zu tun haben. Nun, die Bewegung konnten wir bereits durch die drei Enkel, die einige Tage später in dem gemieteten Ferienhaus auftauchten, jeden Tagen voll umfänglich umsetzten. Der Sport reduzierte sich zwar auf das regelmäßige Fahrrad fahren und längere Strandspaziergänge, um die gewünschte Gewichtsabnahme zu realisieren, doch das allein war durch jene beiden Betätigungsfelder nicht möglich. Nun, ja, man/frau kann im Leben nicht alles bekommen.
Weil aber das Fahrrad während des Aufenthalts zu dem Hauptfortbwegungsmittel wurde, musste es vor Abreise in Schuss gehalten werden. Gesagt, getan. Ich begann die beiden Drahtesel zu entstauben, zu putzen und zu überprüfen. Nach etwa der zeitlichen Länge eines Fußballspiels ( ohne Halbzeitpause ), blinkten, blitzten die beiden Fahrräder, wie einst in den ersten Tagen.
Zufrieden montierte ich die Drahtesel an den PKW - Träger. Dann ging es ab, in Richtung Nordosten, auf die Autobahn nach FDZ. Dort am späten Nachmittag angekommen, richteten wir uns auf einige Fahrradfahrten ein. Schon am nächsten Tag fuhren wir auf zwei Rädern mit der Meute in Richtung Strand. Ein nicht enden wollender Strom an Gleichgesinnten floss von links nach rechts . Von den über sportlichen Pedaltreter mutig und rasant überholt, gelangten wir nach etwa 7 Kilometer an einen der Zugänge. Vor den Deichaufbauten stellten wir dann die Zweiräder ab und genossen Sonne, Sand und Meer.
Als sich am frühen Nachmittag ein gewisses Hungergefühl breit machte, entschloss ich mich, eine Thüringer Bratwurst von jenem Verkaufsstand zu besorgen, den wir einige Kilometer zuvor passiert hatten.
So sattelte ich auf und begab mich erneut im das Getümmel auf der Deichkrone. Irgendwie glotzten die entgegen kommenden Strampler mich mit einem fragenden, ja irritierten Blick ständig an. Hatte ich vielleicht meine Bekleidung vergessen und fuhr versehentlich - so wie am Strand liegend - mit Adam´s Kostüm? Nein!
Die zweite Variante, dass es vielleicht mit eventuell einem seitenverkehrt über gezogenen T - Shirt, dessen eingenähtes Wäscheetikett nun an meinem Kehlkopf herum flatterte, war ebenfalls abwegig. Nein, ein schneller Handgriff gab mir Entwarnung.
Auch ein sofortiger Blick nach unten, zu den Pedalen, zu meinen Sandalen, mit dem ich prüfen wollte, ob ich nicht doch mit " Entenfüßen " den Drahtesel bewegte, ergab ein negatives Ergebnis.
Was, warum in Namen des da oben, glotzen die anderen Urlauber so?
Auch auf der Rückfahrt von der Bratwurstbude zeigten mir die Entgegenkommenden die gleichen Gesichtsausdrücke, die identischen Mienen und fragenden Blicke.
Dadurch etwas verunsichert, schossen mir weitere, absurde Gedanken durch den Kopf. Könnte es sein, dass mir über Nacht Hörner gewachsen sind? Komme ich eventuelle jetzt von einem anderen Stern? Bin ich ein Exterrestrischer, ein Alien, der lang gesuchte, dann ab 1969 doch nicht vorgefunden " Mann im Mond ", etwa?
Fragen über Fragen. Rätselhaft, das Verhalten der anderen Radler.
Ich kehrte zu unserem Standort zurück. Ging zu Fuß zu unserem Liegeplatz und setzte mich auf die Luftmatratze. Auch an der dort verspeisten Thüringer konnte es nicht liegen, dass ichpermanent angegafft wurde.
Gegen Abend machten wir uns auf den Heimweg. Die Zahl der Fahrradfahrer war jetzt längst überschaubar. Es liefen nun eher viele Fußgänger über die Deichkrone und einige Male uns vor das Zweirad. Wild klingelnd und laut fluchend bahnten wir uns unseren Weg durch die Menschenpulks, die sich in Richtung der Fresstempel bewegten.
Am Ferienhaus angekommen, ging es erst einmal unter die Dusche. Dabei überlegte ich, ob ich möglicher Weise Schweißflecken auf der Bekleidung haben könnte und die Gaffer deshalb zu reagierten? Eine Überprüfung von T - Shirt und Shorts ergab keinen auffälligen Befund.
So verging der Abend, ohne dass ich das Geheimnis der seltsam guckenden Radler und Passanten lüften konnte.
Am folgenden Tag führte uns die zweite Radtour in Richtung Prerow. Nach einem ausgiebigen Frühstück strampelten wir - bei leichtem Gegenwind - in Richtung der geographischen Mitte der DFZ - Halbinsel. Auf zu einem anderen FKK - Strand und viel Sonne an die noch blasse Haut kommen lassen. Auf der Fahrt dorthin, nutzten wir einen Abstecher in den Ort, um uns zunächst einige Geschäfte anzusehen. Irgendwie verpassten wir dabei jedoch die richtige Route und gelangten auf einen anderen Weg. Nach einigen Kilometern der Irrfahrt, kehrten wir um und sahen uns auf einer aufgestellten Schautafel den richtigen Radweg an. Dort standen bereits einige Informationshungrige, die wohl offensichtlich das gleiche Problem zu lösen hatten. Wie komme ich wo hin?
So diskutierten wir über den richtigen Weg und bemerkten dabei nicht, dass sich inzwischen eine jüngere Frau zu uns gestellt hatte, die wohl auch etwas ratlos auf die Karte schaute. " Entschuldigen Sie, nach Zingst? ", sprach sie uns in einem leichten Akzent an. " Ja, da kommen wir gerade her. ", lautete unsere Antwort. Und so entstand ein kurzes, aber aufschlussreiches Gespräch. Die Frau stammte ursprünglich aus den Niederlanden, lebte seit langer Zeit im Bolivien und war bereits seit mehr als einem Jahr mit dem Rad auf Europareise. " Toll!", war unser Kommentar zu ihrer Aktion. Sie wollte in Zingst nur übernachten und dann weiter radeln. Das Ziel war Usedom. " Das ist doch weit. " warf ich in ihre Ausführungen ein. " Nein nein, mit dem Fahrrad, kein Problem. ", antwortete sie.
Sie schilderte noch kurz, wo sie schon überall gewesen sei: In Dänemark, in Norwegen, bis zum Nordkap, in Schweden, am Inarisee in Finnland, am Botnischen Meerbusen entlang bis nach Helsinki. Dann wollte sie über Usedom nach Polen, Ungarn und Rumänien in die Slowakei, nach Tschechien usw.
Ein Riesenpensum, mit dem Rad!
Der Sommer war ja noch lang. Mindestens 1,5 Monate lang. Und im Herbst ist Radfahren auch möglich.
Ich wusste von meinen Skandinavien - Touren, dass es so manchen Radler im Sommer bis nach Hammerfest, nach Honningsvåg , zum Nordkap, nach Vardø und Bodø und über die norwegisch - russische Grenze bis nach Murmansk führte. Per pedes oder mit dem Velo - das waren einst in meinen Augen noch wahre Abenteurer!
Und so geriet ich leicht ins Schwärmen, ob des Mutes der jungen Frau. Mit dem Rad, dem Bike, dem Drahtesel durch Europa. Hach! Na, ja, das Fahhrrad sah zwar nicht unbedingt nach High Tech aus, aber war wohl mit modernerer Ausstattung, als mein schon betagter Bock. Solide sah es auch aus. Und während ich auf Wolke Sieben schwebend, meine Fragen stellte, unterbrach mich jene Bolivianerin mit der knackigen Feststellung, die sie auf mein Fahrrad schauend abgab: " Sie haben da ein schönes Rad!"
" Häh? Wie jetzt? Ein schönes Rad, hat sie gesagt? "
Ich grinste und fühlte mich geschmeichelt.
" Aber, das ist über fast 10 Jahre alt!", antwortete ich ihr.
" Ach, ja, trotzdem. ", gab sie mir in einem anerkennenden Tonfall zurück.
Dann verabschiedeten wir uns und wünschten ihr noch eine gute Fahrt.
" Ein schönes Rad? " - überlegte ich während unserer Weiterfahrt. Dabei war das einst, nämlich im Millenniumsjahr gar nicht so teuer. ein " Fischer " - Alu - Rad für vielleicht 250 DM - bei " Lidl " in Delmenhorst gekauft.
.http://www.fischer-die-fahrradmarke.de/
Die Marke gibt es noch. Der Namen ist Tradition, denn:
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1860 | Seit 1860 ist mit dem Veloziped von Philipp Moritz Fischer, der Name Fischer fest mit der Geschichte des Fahrrades verbunden. |
1949 |
Gründung der Firma FISCHER. Seit 1949 steht FISCHER die Fahrradmarke für Maßarbeit und höchste Qualität "Made in Germany“.
FISCHER Fahrräder waren Pionier und Wegbereiter für die ersten qualitativ hochwertigen Fahrräder, die für jedermann im SB-Warenhaus erhältlich waren.
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2012 | Ab 2012 sind die ersten E-Bikes der Marke FISCHER im Handel erhältlich. |
2013 |
FISCHER bringt im Frühjahr 2013 neue E-Bike Modelle auf den Markt.
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2014 |
Pünktlich zur Frühjahrssaison erscheinen die 6 neuen E-Bike Modelle für das Jahr 2014.
Das Sortiment von FISCHER wird durch die Einführung von 10 hochwertigen Fahrradmodellen erweitert. " |
Tja, nun wusste ich auch, warum mich die übrigen Radfahrer so anglotzten. Warum sie mit fragenden Blicken auf das Velo starrten und nicht auf mich. Es gibt dieses Model längst nicht mehr. Die Firma ist inzwischen von einem Investor aufgekauft worden. Die Namensrechte werden von diesem weiterhin genutzt, denn dieser hat Tradition und ist unzertrennlich mit der Entwicklung des Velozipeds verbunden. Die Produktpalette ist mittlerweile erheblich verändert worden. Die Firma " Fischer " stellt jetzt hochwertige E - Bikes her.
" FISCHER. Die Fahrradmarke steht seit 1949 für Maßarbeit in höchster Qualität. Mit FISCHER verbinden die Menschen qualitativ hochwertige, langlebige und technologisch topaktuelle Fahrräder zu einem fairen Preis. Durch Qualität und Design wollen wir auch in Zukunft alle Altersgruppen mit unserer Produktvielfalt begeistern.
Seit 2011 hat die Firma Inter-Union Technohandel die Namensrechte an FISCHER übernommen. Der Philosophie und dem Anspruch der Marke FISCHER bleiben wir auch weiterhin treu. So startet FISCHER ab 2012 mit einer Serie technisch hochwertiger und innovativer E-Bikes und bereitet so den Weg für eine erfolgreiche Zukunft. "
So darf ich nach wie vor ein wenig stolz sein, ein " Fischer " - Velo zu besitzen, dass es in dieser Form und Ausstattung wohl nie mehr geben wird. Und so wurde für mich auch erklärlich, warum die etwas neidischen Blicke der anderen Pedaltreter auch in diesem Jahr die gleichen sein könnten. Während diese auf den gleichförmigen Modellen - ob nun als eigenes oder geliehenes Fahrrad - fort bewegen, fahre ich ein " Fischer ". Von dem Erfinder des Velozipeds. Einem Pionier, einem Visionisten und Erfinder. Damit dürften die wenigsten der übrigen Radler etwas mit anfangen können. " Ein schönes Fahrrad! " - in der Tat und so langlebig!
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