" Auseinander, hier! Ihr Kampfhähne!"
Die Freie Hansestadt Bremen ist ja eigentlich eine Großstadt. Immerhin leben dort mehr als 557.000 Einwohner. Allerdings verteilt auf verschiedene Stadtteile. Diese unterscheiden sich wiederum voneinander. Deshalb gibt es dicht bewohnte und weniger dicht bewohnte von diesen 5 Stadtbezirken, die wiederum in 19 Stadtteilen sowie 88 Ortsteilen untergliedert sind.
Die Bremer Neustadt zählt zu den eher dicht bewohnten Stadtteilen. Doch, wer dort über viele Jahre wohnt und berufstätig ist, kennt alsbald viele ebenfalls dort lebende Menschen.
Als ein Bekannter zu Beginn der 90er Jahre nach einer erfolgreichen Umschulung zum Floristen sich selbständig machte und in der Neustadt einen Blumenladen eröffnete, liefen die Geschäfte zunächst schlecht. Blumen oder genauer: Floristikartikel zählten nicht nur zu den Risikobereichen, den die Banken deshalb kaum unterstützen, weil es hier zu viele Pleiten gab, sondern vor allem weil dort eher das Bargeschäft in dem Vordergrund stand. So war es zumindest einst, in den frühen 1990er Jahren.
Mein Bekannter quälte sich also mit seinem Floristikgeschäft herum. Obwohl die Lage in der Osterstraße, in der Nähe des Rot - Kreuz - Krankenhauses und des Neustädter Friedhofs nicht unbedingt die schlechteste war. Dennoch kamen wenige Laufkunden und so hatte er viel Zeit, über sich, sein bisheriges Leben und das andere Geschlecht nachzudenken.
Dieses erschien ihm eines Tages in Form einer großen, durchaus attraktiven Mitvierzigerin, die bei ihm einen Geburtsgasstrauß kaufte.
Wie es das Schicksal wollte, fand nicht nur mein Bekannter die Dame interessant, sondern sie auch ihn. Weil diese nur einen Steinwurf weit, in einem der Mietblöcke wohnte, schaute sie einige Zeit später erneut in das Geschäft des Bekannten herein. Es kam, wie es nicht selten bei solchen Fallkonstellation kommen muss, die beiden Nachbarn begannen ein Techtelmechtel. Da sie verheiratet war, rief das einige Zeit später den jähzornigen, aber dem Alkohol sehr zugänglichen, den gehörnten Ehemann, auf den Plan.
Der observierte zunächst seine Frau und stellte sei dann zur Rede. Das Liebesabenteuer wurde daraufhin von ihr sofort eingestellt, denn schließlich hatte ihr Mann, wenn auch nicht gerade attraktiv, ein wenig Geld anzubieten, dass er als Mit - Erbe irgendwann einsammeln durfte und das es ihn ermöglichte, nicht nur in dem Block eine kleinere Eigentumswohnung zu erwerben, sondern gleich im Anschluss daran, mit seinem Beruf aufzuhören. Der wesentliche ältere Ehemann war danach nur noch Privatier, wartete auf seine durchaus hohe Rente, soff den ganzen Tag und glotzte bis in den Morgengrauen Video - Filme, die er sich in einer der vielen, vormals existieren Videotheken in der Neustadt auslieh.
Das eher triste, das freudlose, das formatierte Leben, schien seiner Frau jedoch nicht zu gefallen. Sie fühlte sich zurück versetzt, allein gelassen und zumeist unverstanden. So trieb der Suff, die Sucht, der Video - Konsum, des Ehemannes, sie in die Arme des interessanteren Floristen, meines Bekannten, also.
Nun, die Geschichte hätte so ausgehen können, wie sie in Tausenden ähnlich gelagerter Fälle, auch endet: Der Mann verzeiht der Frau, gelobt sich zu bessern und der Seitensprung wird in Vergessenheit geraten. Doch, da gibt es auch bei einem Säufer und eher langweiligen Ehemann, so etwas, wie die gekränkte Ehre, vielleicht gepaart mit Eifersucht und Rachegelüsten gegenüber dem Rivalen; selbst dann noch, wenn dieser längst aus dem Rennen ist.
Als mein Bekannter viele Monate nach dem beendeten Abenteuer eines Tages an der Ampelkreuzung Friedrich - Ebert - Straße / Buntentorsteinweg mit seinem PKW stand, links und rechts Fußgänger hin und her strömten, knallte es plötzlich auf seiner Windschutzscheibe. Die zerplatzte, wie eine Seifenblase, womit dem Bekannten sofort die Sicht genommen war. Aus dem rechten Seitenfenster konnte er noch gerade einen Mann erkennen, der ihm mit der Faust drohte und einen zerrissenen Plastebeutel in der anderen Hand hielt.
Mein Bekannter fuhr mit seinem uralten Audi auf eine Verkehrsinsel, stellte den Wagen dort ab und rannte dem Mann hinterher. Er hatte längst erkannt, dass es der Ehemann seiner einstigen Gespielin war. Dieser gab seinerseits nun Hasenspanier und versuchte zu entkommen. In der Nähe des Weserufers konnte mein Bekannter den Missetäter einholen, riss ihn zu Boden und versetzte ihn einen Faustschlag. Der wehrte sich nach Kräften und wollte weitere Hiebe vermeiden, indem er seine Plastiktüte, die mit Videokassetten voll gestopft war, vor sein Gesicht hielt. Dabei brüllte er laut um Hilfe.
Es verging kaum eine Minute, als aus der Neustädter Polizeiwache ein Streifenwagen heran brauste. Die beiden Beamten sprangen aus dem Auto und zogen den Gummiknüppel. " Auseinander hier! Ihr Kampfhähne!", rief einer er Polizisten und zeigte drohenden den Gummiknüppel. Mein Bekannter stieg von seinem Kontrahenten und stellte sich neben den Polizisten. " Was ist hier eigentlich los? ", wollte der gleich wissen. Der Gegner antwortete ihm mit den Worten: " Der hat meine Ehe kaputt gemacht. "
" Das interessiert uns nicht!", fuhr der zweite Beamte ihn an.
" Wollen Sie eine Anzeige machen?", blaffte dann der Kollege den gehörnten Ehemann an.
" Der hat mit meiner Frau ein Verhältnis gehabt. ", antwortete der Mann dem Beamten.
" Ich habe doch gesagt, dass das uns egal ist. Klärt das anders ab, aber nicht so!", fuhr der Beamte ihn erneut an.
" Und jetzt weg hier. Sonst setzt es noch was!", gab der zweite Polizist den Beiden zu verstehen.
Mein Bekannter ging zurück zu seinem PKW, schlug ein Loch in die Windschutzscheibe und fuhr das Auto zu einer Werkstatt. Dort setzten die Mitarbeiter ihm eine neu Scheibe ein. Kosten: 380 Deutsche Mark.
Mein Bekannter erzählte mir Tage später von dem Vorfall. Er unterschrieb mir eine Vollmacht und ich forderte den Kontrahenten auf, den Schaden zu ersetzen. Es geschah nichts. Der Kerl blieb stur. Ich beantragte bei dem Amtsgericht Bremen einen Mahnbescheid, Wieder keine Reaktion. Ich erwirkte einen Vollstreckungsbescheid und drohte mit dem Gerichtsvollzieher.
Einige Tage nach dem Brief erschien eine große dunkelblonde Frau in meiner Kanzlei. Sie hielt heulend meinen Brief in der Hand und begann dann aus ihrem Portemonnaie das Geld auf den Empfangstresen zu legen. Meine Azubine gab ihr eine Quittung. Ich konnte sie durch die verdeckte Fensterscheibe meines Arbeitszimmer beobachten. Es schien ihr sehr peinlich zu sein.
Als meine Azubine mir den Geldbetrag auf den Tisch legte, stellte sie die Frage: " Was war da bei Herrn K. denn los? "
Ich gab den Ahnungslosen. " Och, so! Hmmmh, ääähmh! Nix, eigentlich nix. Der hatte einen Unfall!"
Meine Azubine lächelte etwas verlegen. " Einen Unfall? "
" Ja, ich glaube, so kann man das auch nennen."
Sie lachte und schloss die Tür.
Was soll ich nach mehr als 25 Jahren danach noch schreiben?
Unfälle kann jeder Mensch auf jedwede, nur erdenkliche Art, erleiden.
Es ist eigentlich nur eine Frage der Auslegung und der Sichtweise, ob Fremdgehen auch darunter fällt - unfallträchtig kann das menschliche Verlangen jedoch alle Male sein.
In diesem Sinne: Ein unfallfreies Wochenende, ohne BuLi mit:
" Nine Belo Zero " und den Blues - Klassiker : " Ridin´On The L & A ":
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