Halbe Hundert - Wenn ein feminines Trio Infernale versucht Zwischenbilanz zu ziehen.


Ist ein Leben mit dem Beginn der 50er Lebensjahre noch lebenswert? Gibt es noch eine gewisse Hoffnung, dass sich in dieser Zeit Ereignisse einstellen, die dem bisherigen Leben eine Kehrtwende geben? Oder kommt der reife Mann, die reife Frau ab oder um die 50 nicht doch zu der Erkenntnis, dass das bisherige irdische Dasein eigentlich nur nutzlos war?

Diese und auch andere - dann wohl existenzielle - Fragen stellten sich in dem ARD - Fernsehfilm " Halbe Hundert " am Mittwochabend ab 20.15 Uhr jene Glotzer, die keine Ambitionen verspürten, dem großmäuligen Verein aus München im ZDF Fußball spielen zu sehen und die darüber hinaus das Gesülze des ZDF - Kommentators Rethy einfach nur satt hatten. Wer zu diesen Fußball resistenten Abweichlern gehörte, bekam in der ARD einen Schnelldurchlauf in Sachen femininer Midlife Crises geboten.

Die drei Freundinnen mit den wohl klingenden Namen Anne, Fiona und Charlotte überprüfen ihre bisherigen Lebensentwürfe auf ihre Tragfähigkeit. Dabei geraten sie einige Male in Konflikt mit ihrem privaten Umfeld und entwickeln immer mehr Zweifel, dass ihr bisheriges Dasein wahrhaftig erfüllend sein kann.
Der Fernsehfilm bedient sich bei der versuchten Beantwortung jener von den drei Hauptdarstellerinnen aufgeworfenen Fragen jener immer während gezeigten Klischees. Hier die erfolgreiche Handchirurgin mit opulentem Anwesen, einem verständnisvollen Mann und eine chicen Sportflitzer, dort die treu sorgende Mutter mit dem Namen Charlotte Merian, die sich über viele Jahre bei der Familienversorgung ( drei Söhne ) aufgerieben hat und dann wiederum die dreifach geschiedene, dabei wohlhabend gebliebene Boutiquen - Betreiberin Fiona Gutzeit, die sich auf permanenter Männerjagd befindet.
Sie alle haben alsbald Selbstfindungsdefizite.

Wäre der Beitrag darauf aus, dem Glotzer zu suggerieren, dass jede Frau in dieser, unserer Gesellschaft eben ihren Platz suchen muss und dabei die nach dem verblödenden US - Muster geltende Hypothese, wonach die Chancen dabei alle Male gerecht verteilt seien, ich hätte sofort den Kanal voll gehabt und selbigen gewechselt, um mir das großkotzige Gehudel um den neuen Deutschen Fußballmeister aus dem schwarzen Nachbarland zu Gemüte geführt und wäre nebenbei an den PC gegangen, um dort zu Bloggen.
Aber nein, doch! So verlief der Film eben nicht.

Die drei durch dick und dünn wandelnen, gealterten Protagonistinnen müssen trotz ihrer reiferen Jahrgänge, die Erfahrungen machen, dass nichts im Leben unmöglich ist. Dass auch frau in einem solchen nie auslernt und dass alle Männer möglicher Weise doch Schweine sind.

Die Handschnipplerin Anne Kater ( Martina Gedeck ) bekommt zunächst eine volle Ladung Ehefrust ins Gesicht. Ihr Knilch, der Pädagoge, freakig daher kommende Klaus, zieht aus. Ach, o weh, er packt seine Klamotten zusammen mit einem Storchengestell in blond, dass seine Tochter sein könnte. Und diese verlässt Mutti denn auch im selben Abwaschgang, wie es der matt verchromte " Miele " - Geschirrspüler in der sündhaft teuren Designer - Küche ansonsten für Selbige erledigt.Was also mit dem Restleben anfangen, wenn der Geist noch willig, die gesellschaftlichen Verpflichtungen rund um die affige Weißkittel - Mischpoke nach wie vor groß und die Fleischeslust noch vorhanden ist? Die Männer verschlingende Freundin Fiona produziert dazu einen Geistesblitz: Ein Escort Service könnte der Ausweg aus der Partner losen Zeit sein.
Und tatsächlich, es funktioniert. Dass der Kater sie später beglückende Begleiter nun ausgerechnet jener frustrierte Autofahrer ist, dem sie kurz zuvor einen Parkplatz weg geschnappt hat, weil sie mit ihrem Angeber - Sportcoupe zwar nicht den Längeren heraus hängen lässt, dafür aber den schnelleren PKW, sollte hier nicht unerwähnt bleiben.
Ergo: Anne, die rollige Katze mit Escort Kater trollen sich nun zu einem Fachkongress mitsamt jenen Laffen und deren blasiertem Gehabe, wo sie denn auch auf ihren attraktiven Begleiter sofort angesprochen wird. Dabei hat sie ihn nur als Staffage gemietet, denn vögeln kostet extra.

Es kommt, wie es in den vielen Filmen mit einer derartigen Konstellation immer kommen muss, denn ihr männlicher Begleiter kommt trotzdem über sie. So wächst zusammen, was eigentlich nicht zusammen gehört. Das dicke Wurstende lässt nicht sehr lange auf sich warten. " Josh " gibt vor sie zu lieben, die tatsächlich liebesblinde Kater erhält zum 50ten erneut guten Sex, wobei ihr Beschäler nun vorgibt, einst selbständig gewesen zu sein, eine erfolgreiche Werbeagentur besessen zu haben, bis sein Kompagnon ihn betrügt und abdampft. Es seien 80.000 € Schulden verblieben, weshalb er nun als Call - Boy malochen müsse. Madame Kater will ihm das Geld leihen. " Josh " lehnt ab und geht weiter andere Frauen beglücken. Irgendwann reicht es Frau Kater. Sie trennt sich vorüber gehend von " Josh " und bleibt weiterhin ohne Mann.  Dann erfolgt die Wende: " Josh " trifft sich erneut mit Anne, es kommt zur Versöhnung, zum heißen Sex bei ihm Zuhause und zum Schluss zu einem Erpressungsversuch, denn " Josh " hat Porno - Bilder gefertigt, die er zu veröffentlichen droht, sollte Anne ihm nicht 250.000 € zahlen.

Anne offenbart sich ihrem Mann Klaus, der inzwischen auch die Hosen herunter gelassen hat und ihr glaubhaft versichert, nicht mit dem storchenbeinigen Küken zusammen zu sein, denn diese Dame ist in Wahrheit die Lebensgefährtin ihrer gemeinsamen Tochter. Ente gut, alles gut? Joh, denn der Halunke " Josh " wird bei der Geldübergabe verhaftet, weil Klaus doch die Polizei eingeschaltet hat. Liebe ab 50 hat denn wohl auch andere Seiten: Wenn es brenzlig wird, steht frau/mann zusammen.

Etwas schlechter ergeht es der anderen Angehörigen des Damen - Trios, Charlotte Merian. Sie hat sich über einige Jahrzehnte für ihre Männergemeinschaft, bestehend aus einem bequemen Ehemann und drei noch fauleren Söhnen, krumm gemacht. Dann kommt der Keulenschlag: Bei Charlotte wird Brustkrebs diagnostiziert. Bei einer OP müssen beiden Brüste komplett entfernt werden. Die Männer fressende Fiona heult wie ein Schlosshund, als Anne und sie die Operierte im Krankenhaus besuchen. Charlotte indes zeigt Galgenhumor und resigniert nicht vor dem Schicksalsschlag, der sie mit der Brust - OP nur - zumindest körperlich - zu einer halben Frau herunter stuft. Staat der geplanten Schönheitsoperation und der Bruststraffung, die sie wieder attraktiver werden lassen sollte, will sie auf andere Weise ihr Leben radikal ändern. Die ihr noch zusätzlich aufgebührdete demenzkranke Schwiegermutter muss nun von ihrem Mann Frieder selbst versorgt werden. Die drei Söhne sollen ab sofort den Haushalt mit schmeißen, denn Charlotte zieht aus. Und - tatsächlich - in der Familie bewegt sich etwas. Der älteste Sohn des Paars verlässt das Haus und zieht zu seiner Freundin. Der mittlere Jungmann aus dem Trio der Verzogenen will sein eigenes Leben in den Griff bekommen und auch der jüngst Sproß, ein Frustfresser versucht ohne seine geliebte Putzfrau Charlotte auszukommen.

Die Boutiquenbesitzerin Fiona Gutzeit hat bislang nur Pech mit den Männern. Sie kann auf vier verschliessene Ehe zurück greifen, obwohl sie danach immer noch die große Liebe, jetzt verstärkt im Internet auf diversen Single - Kontaktbörsen sucht. Ein erneuter Versuch, sich mit einem dortigen Aspiranten Erfolg versprechend zu treffen scheitert nach dem ersten Beischlafversuch. Während der glatzköpfige, wie ein Ebenbild von Nosferatu aussehende Beschäler sich zunächst auf dem Designerbett der Fiona redlich abmüht, entdeckt er nach dem Sex in ihrer Plattensammlung eine LP von Ike and Tina Turner. Zu dem einstigen 60er Jahre Hit " River Deep Mountain High " hampelt sich der Glatzenmann einen ab und hört mit den Verrenkungen erst abrupt auf nachdem Fiona ihm beichtet, dass sie das einstige Pop - Paar mal live gesehen habe. Entsetzt stellt der Anwärter fest, dass die Turners sich ja seit 1976 als Künstler - und Ehepaar getrennt haben. Worauf er wortlos das Liebesnest verlässt.
Pech für Fiona, die heulend zu Anne fährt, um sich dort auszukotzen.
Dass Fiona dann in einem Kinderheim für auffällig gewordene Mädchen und Jungen als ehrenamtlich tätige Betreuerin ihre Erfüllung erfährt, hat denn in der gesamten Klamaukgeschichte um die drei 50er - Grazien immerhin einen realistischen Abschluss jener 90 Minuten rund um die Suche nach Lebensinhalten nach einem halben Jahrhundert erdlicher Existenz.

Fazit: Humorvoll gespielt und nicht so ernst gemeint, wie das Thema in der vom Jugendwahn gesteuerten Medien - und Werbewelt aufgetischt wird. Auch gilt hier in Analogie zu " Lieber Vierzig und würzig, als Zwanzig und ranzig " : " Lieber Fünfzig und vernüftig als als Zwanzig bis Ende Vierzig und schon scheintot.

.http://de.wikipedia.org/wiki/Halbe_Hundert

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