Wasch mich, aber mach mich nicht nass!
Der Winter dürfte jetzt wohl endgültig vorbei sein. Er hat sich klamm heimlich für einige Monate aus dem täglichen Leben des Durchschnittsmichels verabschiedet. Weil draußen die Vöglein munter zwitschern, die Tage länger und die Nächte kürzer werden, steigen in dem Teutonen - aber nicht nur bei ihm - neue Lebenssäfte aus den Untiefen des eigenen Körpers hoch. Zunächst schießt das Adrenalin ins Resthirn, wenn in einigen Wochen die Verbrauchs - oder Nebenkostenabrechnung in das traute Heim flattert. Gaspreise! Strompreise! Ölpreis! Allesamt gestiegen. Auch wenn der gebeutelte Bundesdeutsche diese Halunkenstücke der Energiemafia noch mit stoischer Ruhe hinnimmt, wird er spätestens bei den ebenso gekletterten Kosten rund um das liebste Kind, das teuerste Spielzeug und die attraktivste Ersatzfrau, dem eigenen Personenkraftwagen zur Wildsau. Versicherungsprämien gestiegen! Buß - und Verwarnungsgelder gestiegen! Maut - und Vignettengebühren und Ordnungsstrafen im Nachbar - sowie Transitland Nummer Eins, in Österreich, gestiegen!
Wo soll das noch hin führen?
Da trifft es sich gut, dass der eigene Schlorren, das mit Akribie ausstaffierte, rollende Wohnzimmer, die High Tech - Verlängerung des oft zu klein geratenen Gemäches, in den Tagen nach dem Winterabschied ordentlich auf Vordermann gebracht werden muss. Damit die übrige Meute der motorisierten Kriegsteilnehmer sehen kann, dass es einem doch noch gut geht. Zu der mit Wollust zelebrierten Pflege des vierrädrigen Orgasmusbeschleunigers zählt selbst verständlich die Fahrt zur und in die Waschanlage. Dorthin treibt es seit einigen Tagen Hunderttausende. Mehrheitlich natürlich Kerle. Da stehen sie nun mit ihrem fremdfinanzierten Untersatz und warten und warten und warten. Wer sonst nie Zeit hat, wer deshalb einen vermeintlich zu langsam fahrenden Mitstreiter waghalsig überholt, dabei das Gaspedal bis in die Ölwanne drückt und dem anderen zu zeigen, dass er den Größeren, den Schöneren, den Gepflegteren hat, nimmt sich dabei nun Zeit und nicht das Leben.
So stehen sie bis sie an die Reihe kommen. Nach englischem Vorbild stoisch blickend, aber diszipliniert, sich jovial oder weltmännisch gebend, nur weil es eben dauert bis der eine Freund aus Blech, Plaste und Gummi bereift in den Höllenschlund einfahren darf. Junge mit großen BMW - Schüsseln, weil sie noch bei Mutti wohnen, kein Kostgeld abgeben müssen und die Unterwäsche franko frei sowie exakt in den eigenen, von den Eltern bezahlten, Kleiderschrank eingelegt bekommen. Männer mittleren Alters mit eher biederen Karossen von Ford, Opel oder VW, deren Heiligtum vielleicht schon ein paar Jahre auf den Buckel hat, aber exzellent gepflegt, so aussieht, wie eine Endvierzigerin mit Botox - Stirn, mit aufgespritzten Lippen und Silikon-Implantaten, sowie auf jung, frisch und dynamisch getrimmt. Ältere, sich längst jenseits der Rentneraltersgrenze befindend, mit ihrer Deutschmarken - Gurke, die dann bis zum letzten Gang halten muss.
Sie, die sich für die besten, die klügsten, die erfahrensten Autofahrer dieses Planeten halten, warten dann nur auf den ultimativen Kick, wenn das heiß geliebte Spielzeug langsam, Computer gesteuert, in den Schlund des gefräßigen Monster eingleitet.Schmatzend, fauchend und gurgelnd nimmt das Ungetüm den einfahrenden PKW auf. Dann legt die Maschinerie los. Es prallen mannshohe Rollen von der Wand kommend an das eigene Schmuckstück, das Juwel, das mehr als den Ehe - oder Verlobungsring geachtete Blech heran. Unmerklich schüttet die monströse Anlage Wasser auf das PKW - Chassis. Minutenlang wird die Ausgeburt des freien Bürgers mit freier Fahrt malträtiert. Was so martialisch aussieht, verursacht dem eigenen Liebling jedoch keinerlei Schmerzen. Keinerlei Kratzer, keinerlei Lackabrieb oder gar, einer Totsünde gleich kommende Dellen sind zu sehen. Und das, obwohl der Apparat ein enormes Kriegsgeschrei produziert.
Nach einigen Minuten ist die notwendige Tortur vorbei. Der fahrbare Untersatz darf - zuvor noch heiß getrocknet - dem Ausgang, dem Anus, das Tor zur freien Straße wieder verlassen. Es ist voll bracht! Die Schmutzablagerungen, die schädlichen Umweltstoffe, die den Wagen unscheinbar werden lassenden Partikel sind völlig entfernt worden. Die Anlage hat ganze Arbeit geleistet. Das Cremeschnittchen glänzt jetzt, wie in alten Tagen. Nur die eigene Frau, die Partnerin, sie kann in dieser eleganten Form, die zudem noch kostengünstig ist, nicht runderneuert werden. Dennoch:
Dem Teutonen ist´s zufrieden.
So setzen die Waschanlagen von Mr. Wash, Dr. Clean oder Prof. Saubermann, von Clean Wash, Car Clean oder Car Wash täglich einige Millionen Euro um.Was in den Nachkriegsjahren, den Zeiten des westdeutschen WiWus, den Jahren der üppigen Lohn - und Gehältszuwächsen zunächst nur ein Statussymbol war, mutierte einige Dekaden später zum Kriegsspielzeug. Immer getreu dem Grundsatz: " Zeig mir welches Auto du fährst, dann sage ich, wer du bist. ", lässt der Gesamtdeutsche auf den Straßen dieser Republik die motorisierte Sau raus. Einst wurde sie allenfalls zur Sonntagsnachmittagsspazierfahrt präsentiert, in der Jetztzeit darf die Karre zu x-beliebigen Anlässen und bei jeder Tages - und Nachtzeit präsentiert werden. Deshalb muss sie sauber sein. Glänzen soll sie. Ja, funkeln, wie ein Diamant in der Sonne - auch wenn der Schinken auf 72 Monate ratenfinanziert und deshalb längst nicht bezahlt ist. Man zeigt, was man hat. Auch dann, wenn man nichts hat und eher nach dem Känguruh-Prinzip durch das Leben stolpert ( Slogan: " Große Sprünge mit leerem Beutel " ).
Da das Auto waschen vor der eigenen Haustür, auf öffentlichen Plätzen oder auch auf dem eigenen Grundstück längst verboten ist, hat sich der BRD - Michel auf die Waschstraßen einschwören müssen. Er fährt hier gerne hin. Weil sie über alles geliebter PKW so richtig geschrubbt, gebürstet und gewachst wird. Und dieses zu noch hinnehmbaren Preisen. Natürlich gibt es auch hier Unterschiede. Für besonders hochwertige Fahrzeuge bieten die Profi - Wäscher die " Premium - Wäsche " an. Dieses ist eine Sonderbehandlung bei der Mann nicht selbst Hand anlegen muss. Der ganz besondere Clou ist die " Oben - ohne " - Wäsche, die es auch in unserer schönen Landeshauptstadt gibt. Hier rennt die nur weibliche " Wasch - Crew " eben blank gezogen herum. Wer´s mag?
Ein weitere Besonderheit sind die Putz -und Wiener - Junkie. Sie haben in ihrem Kofferraum ein ganzes Arsenal an Chemikalien - Pflegemittel. Die zusätzlich noch abgetragen werden. Denn eine einfache Autowäsche kann sich jeder Mann leisten. Dann gibt es auch die Vielwäscher, die ihre Kiste mehrmals in der Woche ( außer sonntags, da gehört nämlich der blasierte Autowäscher seiner Frau ) in die Waschstraße fahren. Auch hier gilt die eherne Lebensweisheit: " Sehen und gesehen werden ".
Diese Spezies aus dem großen Waschtopf der Autowaschanlagen - Fans gibt denn schon mal locker 100 Euro und mehr im Monat für die Pflege seines Lieblings aus.
Nur bei sich selbst legen die Autowasch - Fetischisten, die Car Wash - Junkies und Polier - Abhängigen eher selten die Bürste, den Lappen oder das Handtuch an, denn:
"
nur 45 % | wechseln die Unterhose täglich | |
23 % | duschen täglich | |
32 % | putzen sich nicht die Zähne vorm Zubettgehen " |
und beim Liebesleben:
| machen das erste Mal im Auto
und die Krönung:
|
Aus:
http://cherrie.piranho.de/Maenner/Statistik.html
Na, denn: " Wasch mich, aber mach mich nicht nass!"
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