Erlaubt ist alles, was hart macht!



Die Reiter sind schon ein besonderes Völkchen. Einst waren sie es - jeweils bunt uniformiert -, die durch Teilnahme an Kriegen, einer Vielzahl von Herrschenden die Voraussetzungen für ihre Macht zu erschaffen, dann deren Einfluss zu erweitern oder zu verringern.Sie teilten dann ungeniert mit den Mächtigen dieser Welt deren Ruhm und Ehre.Die Reiterei war deshalb einst kriegerisch.
Ob nun der Hunne, der Ulane oder der Kosake - sie gehörten immer zur Elite des Kriegsvolkes.
Mit ihrer Kunst, das angeblich treueste Tier des Menschen führen zu können, galten deshalb jene Einheiten als besonders grausam. Sie waren gefürchtet und geachtet, weil sie mittels Säbel, Lanze oder Helabade, per Schwert, Morgenstern oder Speer dem Fußvolk weit überlegen waren. Der Schnelligkeitsvorteil, die Wendigkeit, die Ausdauer und die Masse der Pferde schufen einen nicht zu überbietenden Vorteil der Reitersoldaten.

Mit dem Einzug moderner Kriegswaffen verschwand der Vorteil der Reitersoldaten sehr schnell.Deshalb gehörten bewaffnete Reiter bereits mit Beginn des I. Weltkriegs zu einer aussterbenden Spezies. Die Maschinen, die Motoren und die neue Kriegstechnik brachten sie alsbald in das Museum.
Statt die Pferde weiterhin zu kriegerischen Zwecken zu missbrauchen, verlegte der Mensch seine Machtspiele mit ihnen nun in die sportlichen Bereiche. Er kreierte zwar schon im Zuge der Reiterspiele der Antike weitere Betätigungsfelder für Pferd und Bereiter, doch waren es die Olympischen Spiele der Neuzeit, die hierbei als internationales Parkett dienten, um der übrigen Welt zu zeigen, welche Nation die wahre im Reitsport ist.

Die bundesdeutsche Reiterei tat sich hierbei seit vielen Dekaden besonders hervor. Ob nun im Dressur - oder Springreiten, in der Military oder den dortigen Mannschaftsdisziplinen, der Deutsche gehörte meistens zu den Siegern, den platzierten Teilnehmern, den Favoriten in jedem Fall. Was waren das einst für große Namen, die die deutsche Reiterei hervor brachte: Hans-Günther Winkler,Paul Schockemöhle oder Frankes Slootag - einige der berühmten Springreiter;Liselott Linsenhoff, Nicole Uphoff und Isabell Werth als ehemalige Dressurreiterinnen.

Mit zunehmender Professionalisierung, Kommerzialisierung und Leistungsdichte,schien auch die deutsche Vormachtstellung bei den Pferdesportarten gefährdet zu sein. Die daraus gezogenen Konsequenzen lauteten deshalb: Einsatz von erlaubten und auch unerlaubten Hilfsmitteln zur Leistungssteigerung der Pferde. Ob nun Salben, Wässerchen oder Spritzen, ob nun Tinkturen, Präparate oder Pillen, ob nun Kraftfutter, Aufbaustoffe oder Vitaminpellets - alles war möglich; vieles erlaubt, noch mehr verboten. Die Trainingsmethoden wurde nicht nur verfeinert, sonder oft auch brutalisiert.
Schockemöhles Pferdefabriken erhielten dabei einen besonders negativen Ruf. Berichte über das - wohl immer noch praktizierte - dennoch zweifelhafte oder sogar verbotene " Barren " von Pferden, wobei hier zwischen dem aktiven und passiven " Barren " unterschieden wird, machten seit vielen Jahren in Fachkreisen die Runde. Ebenso das unerlaubte Auftragen von Salben auf die Fesseln oder unter die Gamaschen, die bei Berührung des Pferdes mit einem Hindernis zu nicht unerheblichen Schmerzen führen. Ebenso ist das Anlegen von speziellen Gamaschen innerhalb derer sich elektronisch gesteuerte Gewebeflächen aus einem Leichtmetallgewerk befinden, die bei Berührung dem Pferd einen sehr schmerzhaften Stromstoß verabreichen, längst verboten.

Denoch sind jene Tierquälereien für fabrikmässig betriebene Zucht - und Ausbildungsställe kein Tabuthema. Um ein später erfolgreiches Pferd zu formen, dass dann für viel Geld verkauft werden kann, scheuen einige Protagonisten in dieser Szene weder Mittel noch Wege, ihren Drang nach Geld, Ruhm und Ehre umzusetzen. Es wird nicht nur mit illegalen Trainingsmethoden gearbeitet, sondern es wird auch gedopt, was das Zeug hält. Die Namen jener Dopingsünder ließ sich alsbald, wie das " Who is who " des Pferde-Spitzensports. Jüngster Skandal im Lande der " Pferdeliebhaber " ist die Springreiterequipe um Markus Ahlmann und Marco Kutscher, die selbst von den - eher naiv agierenden - Funktionären der Deutsche Reiterlichen Vereinigung ( FN ) deshalb anlässlich des aufgedeckten Olympia 2008 - Dopingskandals vom aktiven Sport suspendiert werden mussten. Eine neuerliche Blamage allererster Ordnung und ein immenser Rufschaden für den deutschen Profireitsport.

Ich sehe noch die Bilder der Springreitermannschaft nach einem Training in den Anlagen in Beijin. Ein großmäulig auftretender Beerbaum, flankiert von seinen Mitstreitern Kutscher und Ahlmann posaunt - ein Glas Champagner in der Hand haltend - die Elitestellung der Reiter heraus. Wenn Arroganz in diesem Moment Flügel gehabt hätte, müssten Beerbaum,Ahlmann und Konsorten wie eine Rakete dort abgehoben sein. Nun, die Alltagsrealität bei den - nicht elitären - tausenden von Turnier - und Freizeitreiter sieht indes völlig anders aus. So mancher Pferdehalter muss sich die Kosten für den teuren Sport quasi vom Munde ab sparen. Oft verschulden sich Eltern für ihre Pferde närrische Brut und manch Einer bleibt die nicht unerhebliche Stallmiete oder die Raten für eine nicht billigen Sattel sowie einen noch teuren Pferdehänger über Monate schuldig.

Was einst kriegerisch begann, dann elitär weiter gepflegt wurde, ist heute zum Massensport avanciert. Hiervon leben einige sehr gut, andere gut bis mittelprächtig, eine dritte Kategorie geht alsbald in die Insolvenz - so, wie im wahren Leben auch, wenn auch nicht hoch zu Ross. Wenn gleich die sehr oft hochmütige Reiterei sich selbst bei Fall vom Gaul nicht entmutigen lässt. Schließlich ist es eben immer noch ein großer Unterschied, ob ein Olympiasieger im Spring - oder Dressurreiten aus diesem Land kommt, oder einer im 50m-Keulenweitwurf, nicht wahr, Herr Beerbaum!

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