Was ist denn " Late - Night - Shopping " ?


Es gibt in den Zeiten der globalisierten Wirtschaft einige Marktsegmente, in denen doch noch reale Konkurrenz existiert. Gemeint sind nicht die Energiemärkte, auf denen sich Oligopolisten den großen Kuchen des Milliardengeschäfts absprachegemäß aufteilen, gemeint sind auch nicht die unübersichtlichen Teilmärkte, wie die der Unterhaltungselektronik, auf denen die Anbieter mittels einer inflationären Anzahl von Modellen, dem Konsumenten einen Wettbewerb vorgaukeln, der in Wahrheit nicht vorliegt, weil die Grundmodelle identisch sind und jener zusätzliche Schnickschnack teuer bezahlt werden muss; es ist hier die Lebensmittelbranche gemeint.

Durch die Konkurrenzsituation auf dem bundesdeutschen Markt, die von den Discounterketten, wie " ALDI ", " LIDL " oder " PLUS " hervor gerufene wurde, darf sich der Kunde über einen so genannten Preiskampf erfreuen, der qua voluminöser Werbebeilagen in den Printmedien oder mittels Einwurfwerbung plakkativ heraus gestellt wird. Doch der Schein trügt. Aus der unüberschaubaren Masse an Lebensmittelprodukten lässt sich durchaus ein Trend zur preislichen Gleichmacherei heraus lesen. Testkäufe und Preisvergleiche von dazu berufenenen und geschulten Menschen führten zu dem Ergebnis, dass ein Einkauf von vergleichbaren Produkten innerhalb einer identischen Zeitspanne nur unwesentliche Preisunterschiede erkennen ließ.
Jeder, der einen Discounter aufsucht, kann dieses selbst überprüfen. Die Äpfel kosten dort einheitlich 1,99 € für einen 2 - Kg - Beutel, der Liter " frische " Vollmilch ( nicht der von Müller aus Leppersdorf ) 0,62 € und die leckeren, aber Kalorien behafteten Nougat - Ostereier im 150 g Beutel ( nicht die von Lindt ) sind mit 0,99 € etikettiert.

So lässt sich die Kette der identischen Preise ad infinitum weiter knüpfen. Sicher, es gibt hier und da marginale Preisdifferenzen von einigen Eurocent. In der Summe jedoch, nähert sich der Einkauf bei REWE & Co. einander an. Als Ausnahme können allerdings die Filialen von " EDEKA " gelten. Da ist das Preisniveau ein etwas anderes. Da wird mit Frische und Fachberatung durch die kompetenten Mitarbeiter geworben. Na, dieser Anspruch hat so seinen Preis. Im Zuge der Billiglöhnen auf Kapofaz - Basis und permanenter Befristung sind es oft gering qualifizierte Damen und Herren, die in den Filialen angetroffen werden können.
Nicht so bei " EDEKA ". Nun kann der Lebensmittelkonzern allein von diese Image nicht leben. Er hat sich deshalb Billigheimer-Ketten zugelegt, die dann über mehr Umsatz und günstigere Preise, den eigentlich Gewinn in die Konzernkassen spülen.

Wer also bei " EDEKA " einkaufen geht ( eher wohl fährt ), der muss einige Euro mehr berappen; hat aber dafür Qualität. Es gibt, in diesem, unserem Lande, eine Spezies, die sich Schnäppchenjäger nennt. Diese Hunter sind nicht einer bestimmten Altersgruppe oder Einkommenskategorie zuzuordnen. Sie lassen sich eher an ihrer Einstellung zum täglichen Leben besser erkennen. Immer auf der Suche nach einem neuen Preiskick, der sie flugs dazu veranlassen könnte, sich nach Erfüllung des günstigen Konsumwunschen auf die eigene Schulter zu klopfen. " Das hast Du wieder toll hin gekriegt, mein Lieber! "

Diese Schnäppchenjäger haben in der Regel viel Zeit und je höher ihr Lebensalter ist, desto größer wird eben jenes Zeitkontingent. Über die höchsten Zeitreserven verfügen zweifelsohne die Rentner, Pensionäre und sonstige aus staatlichen Transfers und Solidarkassen lebende MitbürgerInnen. Da lässt es sich sehr leicht und locker an einem Mittwoch oder an einem Freitag in den Zentimeter dicken Werbebeilagen herum stöbern und die bunten Seiten nach besonders günstigen Angeboten durch stöbern.

Manchmal passiert dann folgendes:

a) Vor einigen Jahren eröffnete in der niedersächsischen Pampa ein Einkaufsmarkt, der zuvor über entsprechende Printwerbung mit sensationell niedrigen Preisen warb. Als an einem - bewusst gelegten - Freitag dieser Markt eröffnete, kam es auf den Zufahrtstarßen zu Kilometer langen PKW - Staus, an den Kassen zu exorbitant langen Menschenschlangen und an den Einkaufswagen-Unterständen zu Prügeleien unter den korpulenten, eisgrauen oder garu-melierten Männern, die jeweils auf ihr Recht als Nutzer eines dieser rollenden Metallbehältnisse pochten und den drängelten Konkurrenten, der daneben stehenden, zeternden Begleiterin mittels einer rechten Geraden aus den Verkehr zogen.

b) Als vor vielen Jahren die " ALDI " - Märkte in differierenden Zeitabständen den so genannten " ALDI " - PC zu einem angeblich sensationell günstigen Preis plakativ offerierten, standen die uniform angezogen Herren im mittleren Alter zwischen 35 bis 60 bereits ab 03.30 Uhr vor der Eingangstür einer Filiale und harrten, trotzt Regen, Kälte oder Schnee, bis zur Öffnung um 08.00 Uhr aus. Kaum hatte die leicht verängstigt blickende " ALDI " - Mitarbeiterin die Tür aufgeschlossen, ergoss sich ein wild um sich schlagender, tretender und brüllenden Haufen Männer in den Verkaufsraum und stürzte wie Derwische auf die limitierten PC-Angebote zu. In der Folgezeit gab es auch dort wüsten Prügelszenen.

c) Unter dem in denglischer Sprache abgefassten Werbeblatt pries der " EDEKA " - Markt in einem Nest im schaumburgischen an einem Freitagabend ein aus den USA übernommenes " Late Night Shopping ", was streng über setzt, nichts anderes als " Dienstleistungsabend " heisst, hier jedoch als " Einkaufen bis Mitternacht " zu verstehen war. Während der Zeit von 20.00 Uhr bis exakt 24.00 Uhr versprach diese " EDEKA " - Filiale einen Preisnachlass von 10 % auf sämtliche Artikel.

Der besagte Donnerstag verleif von 08.00 Uhr bis 21.55 Uhr eher sehr ruhig. Es fanden sich nur relativ wenige Kunden in dieser Filiale ein. Wesentlich weniger, als an sonstigen Werktagen oder Donnerstagen. Kaum zeigte der Uhrzeiger auf 22.00 Uhr war die Verkaufsfläche wie von Geisterhand mit mehr als 150 Kunden gefüllt. Es herrschte ein Gedränge, ein Geschiebe und ein Gewühle, wie vor einem Insolvenzverkauf. Dickbäuchige und wohl beleibte Damen und Herren im Alter von 70 bis Scheintod quälten sich in den Gängen herum und verursachten einen mordmäßig Stau an den Kassen. Eine halbe Stunde später war der Spuk beinahe vorbei.

Später berichteten die Lokalzeitungen von jenen Ereignissen und beschrieben das Verkehrschaos in Rinteln an der Weser, fabulierten über die Zustände vor dem " ALDI " - Markt in Bückeburg und lobhudelten über den Verkaufserfolg des " Late Night Shopping " in Bad Eilsen. Leider bleiben dabei die Wahrheiten etwas unbeachtet, denn vor der Neueröffnung des Einkaufsmarktes in Rinteln, hatten die Verantwortlichen die Preise so kalkuliert, dass es nur eine überschaubare Anzahl von Angeboten in limitierter Zahl gab; es sich bei dem " ALDI " - Computer um zusammen geschusterte Einzelelemente, die zudem auch noch technisch veraltet waren, handelte und der " EDEKA " - Markt im beschaulichen Bad Eilsen ohnehin schon preislich über vergleichbare Ware der Konkurrenz liegt und hiervon nur einen Teil abgelassen hatte.

Merke: Nicht jedes günstige Angebot ist auch ein solches.

Oder: Felix qui potuit rerum cognoscere causas.

Kommentare

Octapolis hat gesagt…
"Nicht jedes günstige Angebot ist auch ein solches."

Wahre Wahrheit! ;o)

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