Klassentreffen, ein immer wieder gern gesehenes Ereignis,um sich die Taschen voll zu lügen.


Die menschliche Neugier ist oft unerschöpflich. Gäbe es sie nicht, müsste der homo oeconomicus auf so manche - inzwischen zum alltäglichen - gewordene Erleichterung des ansonsten oft tristen Lebens verzichten. Wenn Neugier jedoch in Voyeurismus umschwenkt, ist es mit der positiven Seite ihrer schon sehr schnell zu Ende. Da beginnt nämlich die Grenze zwischen dem Sammeln von Informationen und Erkenntnissen und dem sinnfreien Ausschlachten derselben völlig zu verschwimmen. Neugierde ist denn auch die Triebfeder für einen Brauch, der sich spätestens nach Beendigung einer Schulzeit kaum abstellen lässt. Die Sitte, Unsitte oder das Brauchtum nennt sich schlankweg Klassentreffen.

Auch hier wird Voyeurismus betrieben. Aber nicht nur. Ein gewisses Quantum an erhaltenen Informationen zu, über und von ehemaligen Mitleidenden aus einer gemeinsam verbrachtene Schulzeit führt dazu, sich und auch die Ex-Schulkollegen einordnen zu helfen. Dabei muss so mancher, vormals in eine bestimmte Schablone gepresste Mitschüler sich alsbald eingestehen, dass er sein Leben mehr oder weniger gemeistert hat, dabei eine Veränderung erfahren konnte und doch einen völlig anderen Weg eingeschlagen ist, als jenen, der ihm während der Schulzeit zugetraut worden war.



Oft wird bei diesen Veranstaltungen in der Erinnerung geschwelgt. Manches lässt sich dabei mittel der rosa-rot gefärbten Brille als positiv sehen, was in Wahrheit nicht der Fall war. So verklärt der einstige Mitstreiter seine eigene Rolle von damals und muss sich dabei später, zur vorgerückten Stunde und nach dem Genuss von alkoholischen Getränken eingestehen, dass er einst ein Blender gewesen und heute ein Versager sein könnte.
Bei solchen Ereignissen lassen sich auch gerne alte Schwämereien und Liebeleien wieder auffrischen. In Extremfällen kann es dabei zu heftigem Sex kommen. Ganz nebenbei wird davo und danach erklärt, dass die Ehe, die Beziehung oder eine solch abgelegte, eigentlich nur eine Flucht vor sich selbst war. Darüber hinaus folgt umgehend die Quintessenz, dass es so mit Einem und den eigenen Lebensinhalten nicht weiter gehend kann, darf und muss.

Weil die realen Klassentreffen in der Regel nicht unbedingt spektakulär verlaufen, sondern sich eher in dem wechselseitigen sich die Taschen vollhauen erschöpfen, wurde das Thema Klassentreffen denn einige Male verfilmt. Ob nun in der US - amerikanischen Machart, in der es eher um das melo - dramatische Ausschlachten unterschiedlicher Begebenheiten bei einem solchen Ereignis geht oder der cineastische Versuch einen Kriminalfall aus einem solchen Treffen zu konstruieren, dieses alles dient nur dazu, jene Erkenntnis aus dem Event zu verkleistern, wonach die Anwesenden letzendlich zugestehen müssen, dass sie älter geworden sind ( wenn auch nicht immer reifer und klüger ).
    
http://de.wikipedia.org/wiki/Klassentreffen

Auch das bundesdeutsche Fernsehen hat sich in diesem speziellen Genre versucht. So versuchte sich bereits 2001 daer Privatsender SAT1 mit dem thematisierenden Film " Klassentreffen - Mord unter Freunden ", der beinahe 10 Jahre danach wiederholt worden ist. Die Handlung umfasst eine enorme Spannbreite an menschlichen Unzulänglichkeiten, wird nebenbei mit einem als Selbsttötung kaschierten Mord garniert und soll dem Zuschauer vermitteln, dass so mancher tolle Hecht keineswegs ein solcher sein muss.

http://de.wikipedia.org/wiki/Klassentreffen_%E2%80%93_Mordfall_unter_Freunden

Realitätskonformer ist da schon eine für die ARD vom Hessischen Rundfunkt produzierter Beitrag, der schlicht und ergreifend " Klassentreffen " heisst und in der hessischen Einöde des beschaulichen Taunus spielt.

Nachdem sie als Jahrgang 1988 das Abitur an einem Dorfgymnasium im hessischen Taunus absolvierten, treffen sich die einstigen Mitgleider einer Clique um Nick Säger (Johann von Bülow) und dem als Stütze bekannten Stefan (Frank Giering) zu einem Klassentreffen. „Stütze“ erhielt seinen Namen daher, dass er auf der Schultoilette von der ebenfalls auf dem Treffen anwesenden ehemaligen Lehrerin beim Kiffen erwischt wurde, die ihn fragte, ob er so weitermachen und am Ende von der Stütze leben wolle.15 Jahre später auf dem von Tanja (Barbara Philipp) organisierten Klassentreffen sehen sich einige der Protagonisten wieder. Obwohl sich alle sofort in ihre Rollen in der damaligen Klassenhierarchie zurückversetzt finden, wirft eben dieses Klassentreffennach und nach alle Verhältnisse um: Nick beginnt, sein großspuriges Verhalten von „damals“ zu bereuen, Tanja lässt sich von ihrem Mann scheiden, weil er sie betrügt, und landet in Stützes Armen. Die Liebe zwischen der damaligen Jahrgangsschönheit Cornelia Parz und dem Verlierer Bert wird neu entfacht. Lutz, ebenfalls ein Verlierer aus damaligen Zeiten, der Programmierer wurde, kommt vor Haftantritt wegen Kreditkartenbetrugs zum Treffen, um „allen zu zeigen“, dass er „gelebt“ hat, auch wenn er sich dafür mit einem der ewigen Gewinner prügeln muss. Letztendlich wurde „Stütze“ Beamter und verbringt seine Freizeit mit dem Orgelspiel und der Restauration des Mercedes SE seines Großvaters.

Die Handlung in dem piefigen - provinziellen Umfeld  ist eher unspektakulär, denn es geht nur um die Charakterisierung der jungen Menschen, die inzwischen als Mittdreissiger dem eigenen Leben versuchen Inhalte zu geben. Das ist nicht immer einfach. Häufig besteht eine unüberbrückbare Kluft zwischen dem Anspruchsdenken, den Träumen und Erwartungen und der harten Wirklichkeit. So mancher scheitert daran bereits nach wenigen Jahren, gibt es jedoch gegenüber den einstigen Begleitern in seinem vormaligen Leben erst gar nicht zu.

Klassentreffen sind, so wie sie der Film hier skizziert, ein Versuch einer Zwischenbilanzierung. Wer es nach 15 Jahren nicht geschafft hat, sich selbst in der eiskalten Gesellschaft einen Platz zu erobern, der wird möglicher Weise scheitern. Vielleicht so, wie Bert der Programmierer und rechtskräftig verurteilte Betrüger? Nur zu oft kann jener Anlass, um vormals als mehr oder minder wichtig bewertete Personen wieder zu sehen, in eine Selbsterkenntnis münden, dass sowohl die Schulzeit als auch der so genannte Ernst des Lebens, in Wahrheit ein Lotteriespiel ist, innerhalb dessen es eben Gewinner und Verlierer, Nieten oder Glückslose, Auf - oder Absteiger gibt.

Amüsant wird es dann jedoch, wenn keiner der Anwesenden es wahr haben will und eine Einordnung in diese Kategorien verweigert.



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