Wenn einer eine Reise tut,.... III. Episode: Mir san mir am Starnberger See.
Da waren sie wieder, die eigentlich unbekannten BAB-Abfahrten auf der A93 in Richtung der Landeshauptstadt des Freistaats Bayern: Regnitzlosau, Marktdrewitz oder Pfreimd bishin zum berühmten Autobahndreieck Holledau; 276 lange Kilometer, an einer sicherlich landschaftlich reizvolleren Strecken innerhalb des südlichsten Bundeslandes. Die Hallertau, als größten Hopfenanbaugebiet in Zentralbayern bildet danach den Anschluss an die stark frequentierte A9 von Berlin nach München. Ich habe - symbolisch von dem Kollegen Octapolis ausgerichtet - auch dieses Mal einen freudigen Gruss des Bierkenners aus der Nachbarschaft hinterlassen. Als dann die auch gefühlten 276 Kilometer beendet waren, begann es wie aus Eimer zu schütten. Die übliche Sommerbaustelle, die sich bereits wenige Kilometer nach der Autobahnraststätte Holledau vor dem A9-Nutzer auftat, ließ die Stimmung sinken und den Glauben an ein sonniges Wochenende mit den Enkeln ins Wanken bringen.
So quälten wir uns in Richtung München, um am Autobahnkreuz Neufahrn die Blechkolonnen zu verlassen. Der letzte Rest der Strecke war denn nur noch ein Katzensprung. Da waren wir also, in dem Städtchen, dass längst zum Speckgürtel der Millionenstadt zählt. Dass hier nicht gerade ein sozial benachteiligtes Klientel wohnt und lebt, wurde mir wieder spätestens nach dem ersten Blick aus dem Fenster des Gästeschlafzimmers bewußt. Schmucke Ein - und Zweifamilienhäuschen standen dort gegenüber. Gepflegte Rasenflächen, adrette Vorgärten und ordentliche Gehsteige.Wenn auch nur versprenkelt, lugte eine weiß-blaue Rautenfahne an einem eigens dafür aufgestellten Masten hervor. Na, klar doch, Lokalpatriotismus muss sein. Ein Kirchturm im Sichtfeld, sagte mir darüber himaus sofort,dass ich mich eben in einem katholisch geprägten Bundesland, in Bayern, befinde.
Wenn unsere älteste Enkeltochter nebst Schwester im Schlepptau nicht das Wecken in den frühen Morgenstunden ( 7.00 Uhr? ) erledigt hätte, wir wären unisono durch das Glockengeläut im Kirchturm aus den Träumen gerissen worden. Ein hämmerndes Geräusch von mindetens 90 Dezibel durchdrang den Schlafraum. Aber, wir waren bereits vorher wach.
Die pfiffige Enkeltochter ließ den Redeschwall nicht ein einziges Mal abreißen, denn es gab ja auch viel zu erzählen. So oft sehen wir uns nun auch nicht! Recht hat sie, die Großeltern dann dafür umso intensiver mit dem Erzählen von eigenen Erlebnissen in Beschlag zu nehmen. Das gemeinsam Frühstück, dass ich jetzt beinahe routiniert, auf den Tisch zauberte, war wieder Anlass genug, um sich mitzuteilen. Jetzt war auch die mittlere Enkeltochter dabei; der Filius, mit seinen 1,5 Lenzen, hatte da andere Ansinnen. Ihm schmeckte es außerordentlich gut. Ich hatte den kürzesten Weg und die längsten Arme, um seine Bedürfnisse nach Eß - und Trinkbarem zu befriedigen. Inzwischen waren ihm dichte, dunkelblonde Haare gewachsen, die er als eine Art 60er "Pilzkopffrisur" trug. Ein bißchen sah er aus wie der leider viel zu früh verstorbene Ex-Gitarrist der Rolling Stones, Brian Jones. Ach, was, die Nostalgie ließ ich schnell beiseite. Er hatte einen gesunden Appetit, was wohl an dem guten Frühstück lag.
Gegen Mittag ging´s dann los: Auf zum Starnberger See. Ich muss gestehen, dass ich diesen nur durch die Vorbeifahrt auf der A8 her kannte. Eine Bildungslücke, wie sich schon bald heraus stellen sollte. Denn die Hinfahrt zum Gewässer, entlang des Olympia Parks und des ´72er Olympia Geländes, einschließlich des Olympia Stadions, in dem der FCB seine vielen Meisterschaften und mehr feiern konnte, war wesentlich interessanter. So kam denn auch das Gespräch auf den Weltstadt-Klub, das vergeigte CL-Finale " dahoam " und den Besuch der irischen Elternseite in jener ominösen Woche im Mai. Was ich bis dato nicht wusste: Der Schwiegersohn nebst Vater gesellten sich zu weiteren 79.000 Zuschauern in das Münchner Olympiastadion und noch weiteren Zehntausenden auf dem Gelände zum Public Viewing. So Fußball verrückt, wie Christopher, der irische Vater und Opa, nun einmal ist,denn er war selbst vor vielen,vielen Jahren Profi beim englischen Premier League Club Aston Villa, wollte er sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Tja, der Ausgang des Spiels ist nun längst Vergangenheit, die Dramatik der Niederlage des FCB " dahoam " abgearbeitet und die Schuldigen geschasst: der Manager Nerlinger war der Bösewicht; er musste gehen!
Aber, die Begegnung hatte noch ein Nachspiel: Tausende rot-weißer Fans standen schweigend auf dem Gelände, saßen weinend im Olympiastadion und schlenderten mit gesenkten Häuptern gen Heimat. Nein, was für eine Trauer. Wie konnte das nur geschehen? Einzig die Fans der Blues gröhlten, tröteten und sangen bis zum Morgengrauen; soweit sie nicht schnellstens aus der, sich in kollektiver Depression befindlichen Landeshauptstadt mittels unverzüglich gecharterter und mit einer Ausnahmestarterlaubnis bedachter Sondermaschinen bereits wieder auf dem Heimflug befanden. Getreu dem Motto: Nur weg mit den Spassverderbern!
Mir verlieh die vom Schwiegersohn erzählte Geschichte vom Olympiastadion-Besuch am CL-Endspielabend wahre Flügel. "Wer so arrogant auftritt, hat selber schuld, wenn er verliert. Die Chnacen haben sie auch nicht genutzt, weil Gomez ein Ausfall war; Schweinsteiger aber auch...usw.usf.", dozierte ich. Na, ja, mein Beileid hielt sich auch jetzt noch in sehr engen Grenzen. Die CL-Nachlese war gerade beendet, da hatten wir unser Ziel auch schon erreicht. Den Starnberger See vor den Augen, stiegen wir zu einem Spaziergang am Ufer aus. Hier also wohnt die Prominenz, die GEZ-Gebührenabzocker rund um jene angeblich Film - und Fernsehstars, wie:
Lauterbach,Glas,Wepper, aber selbst sie wohnen nicht direkt am See, denn da ist es exorbitant teuer. Hier lebt und zelebriert den Reichtum nur der wahre Geldadel:
http://www.zeit.de/2006/52/Starnberg
Und weil der See der fünftgrößte in der BRD ist, gibt es ja noch genug Platz für den Plebs, die vielen Besucher - so wie wir - und auch Sportler, wie Segler, Ruderer,Surfer.
Als wir dann in eine nahe gelegende Gaststätte einkehren, holt uns bald die Realität wieder ein. Die Preise sind zwar nicht gesalzen, dafür schmeckt das Wok-Gemüse viel zu lasch, aber um einige Euro höher als gewohnt. Nur die Bedienung war heimatlich geprägt; sie kam aus Chemnitz und lebt und arbeitet jetzt in München und an dem berühmten See der Milionäre, dort, wo Geld nach außen keine Rolle spielen sollte, die Straßen dennoch mit Teer und Split nur ausgebessert werden, die Nachbarschaftsstreitigkeiten das Amtsgerichts Stranberg überlasten, die angefochtenen Steuerbescheide den zu vielen Anwälten prima Gebühren in die Kasse spülen und der Verkehrsnotstand dann bereits nach wenigen Schneeflocken im heran nahenden Winter erneut ausbricht, wenn die öffentlichen Straßen zwar beräumt, bei den vielen Privatwegen jedoch ein Befahren mit den röhrenden Porsche - Mercedes - oder BMW - Kabrios unmöglich wird. Dann klingelt - wie oben im Bericht beschrieben - das Telefon bei der zuständigen Straßenaufsichtsbehörde heiß. Am Telefon ist dann meistens ein steuerzahlungsunwilliger Prominenter, der sich darüber beschwert, dass sein Vollkaskoanspruch gegenüber dem Staat, an den er ja keine oder viel zu wenig Steuern zahlt, nicht erfüllt wird und er wieder mit dem Jaguar oder sonstigen Blechbüchsen ohne Wintertauglichkeitszertifikat stecken geblieben ist. Ach, ja, die Stadt Starnberg hat die höchste Ärztedichte und damit die statistisch beste Relation zwischen Einwohner und niedergelassenen Medizinern. Warum wohl?
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