Spezerln in der weißblauen Provinz.



 Die oft kritisierten öffentlich - rechtlichen Fernsehprogramme gönnen dem Zuschauer, der sich weit über der werberelevanten Zielgruppe von 16 bis 49 einstufen darf, ab und zu einen Lichtblick in dem von Biedersinn, Bräsigkeit und Banalitäten nur so umnachteten Sendeangebots. Zu den wenigen Serien, die sich in jene Kategorie, nämlich die des Sehbaren einordnen lassen, zählt zweifelsohne die des ZDF mit dem Titel " Unter Verdacht ". In den Hauptrollen fungieren hier:




Die seit August 2002 in unregelmäßigen Abständen gezeigten 19 Episoden aus dem Bereich der bajuwarischen Amtsdelikte, werden sowohl von ARTE als auch vom ZDF erstausgestrahlt und später in weiteren ÖRs ( 3Sat, ZDF Kultur ) wiederholt.

Als am Freitag, den 11. Januar 2013 der deutsch-französische Gemeinschaftssender Arte eine weitere Folge aus der ZDF - Serie zeigte, versprachen bereits die Programmhefte einen durchaus interessanten Fall, denen die obigen drei Protagonisten zu lösen hatten. Unter der Rubrik " Amigos auf dem Lande ", setzte sich das zuvor benannte Trio mit den Verstrickungen innerhalb der schwarzen Partei der katholischen Bewahrer von Law an Order südlich des Weißwurst - Äquators auseinander. Was - zwar leicht abgewandelt - jedoch naturgetreu im Verhältnis 1:1 in dieser Folge herüber gebracht wird, ist jene Arschlöcherigkeit im südlichsten Bundesland dieser Republik, die bereits mit der Machtübernahme dieser angeblichen Volkspartei zu Zeiten des großen Heerführers " Ochsensepp " Josef Müller und Konsorten voll zum Tragen kam.

Nun gut, sie regiert - mit wenigen Ausnahmen - seit dieser Zeit unangefochten allein. Das führt zu einer Filzokratie, wie sie sonst nur in dem Nachbarland Baden - Württemberg möglich war. Der Erfolg dieses Partei lässt denn auch so manches Schurkenstück erklärlich werden, in dem neben der Verquickung örtlicher Unternehmen mit der lokalen Parteiprominenz, auch das hinterwäldlerische Denken des Urbayern erkennbar wird. Was die Großkopferten in der Landeshauptstadt können, dass bringen denn auch die Spezerln in der bayrischen Provinz schon lange. Die Bandbreite der kriminellen Machenschaften reicht von Bestechung über gefährliche Körperverletzung bis hin zum Mord. Deshalb möchten nicht nur Dr. Eva Prohecek und ihr immer unterschätzter Partner Andre´Langner im Zusammenspiel mit ihrem Vorgesetzten Dr. Claus Reiter den weißblauen Provinzfilz bekämpfen, sondern auch gleichzeitig zeigen, dass der lange Arm des Gesetzes auch in die tiefste Pampa der größten bundesdeutschen Landes hinein ragt.


Alles beginnt mit einem zunächst unspektakulären Einbruch in einem Einfamilienhaus in der beschaulichen bayerischen Kleinstadt Brunnharting. Gestohlen wurde zunächst nichts, nur der Stahlschrank aufgebohrt und eine Patrone aus einer Polizeiwaffe gefunden. Damit wirde es dennoch ein Fall für die internen Ermittler aus München. Das Duo Dr. Prohecek / Langner findet es aber  merkwürdig, dass der Hausbesitzer, Chef des hiesigen Wasserwerks, keine Anzeige erstatten möchte. Alsbald wird der Grund des Verhalts klar:  Jener Toni Schiermeier, der Geschädigte,  hat derzeit andere Probleme. Die Rohre des Wasserwerks sind marode und die Stadt hat kein Geld zur Sanierung. Der Gemeinderat tendiert dazu, das Wasserwerk an einen multinationalen Konzern zu verkaufen, der die Sanierungskosten tragen soll.  Als Dr. Prohacek und ihr hoch motivierter Kollege Langner in der Provinz eintreffen, kommt es zu einer dramatischen Begegnung mit einer jungen Mutter, die ein Kind auf dem Arm trägt, dass offensichtlich im Sterben liegt.Dieses Baby soll dann am Leitungswasser gestorben sein. Wenig später wird Ingenieur Erler, ein Gegner der Privatisierung der Wasserwerke, tot aus dem See des Ortes geborgen. Er war den Lokalpolitikern, die eben jenen Investor an der Hand haben, schon längst ein Dorn im Auge. Verheiratet war er mit der Bürgermeisterin. Für Korruptions-Jägerin Dr. Prohacek entwickelt sich jetzt ein dankbares Terrain in Brunnharting. Und dann taucht auch noch Dr. Reiter auf – und zieht die Stricke um den Hals seiner „Freunderl“.






Zuvor sieht der Zuschauer aber, nicht nur, dass Senta Berger die gewohnt bissige Ermittlerin abspult, sondern er erkennt auch, wie einfältig sich die Brunnhartinger Haute Volée („ich bin der Schorsch“) gibt, um zu verhindern, dass die Ermittlerin mit den Haaren auf den Zähnen, zum Erfolg kommt.  Da auch ihr Vorgesetzter, Dr. Reiter,ausnahmsweise in dasselbe Horn tutet , allerdings erst, nachdem er die Erfahrung machen musste, dass er offenbar nicht (mehr) zum alten Kameraden-Klüngel zählt, obwohl er vermeintlich bald wieder in Brunnharting seine neue Heimat sehen möchte. Rache ist süß – und wenn die selbstgefälligen Provinz-Sonnenkönige ihr Fett weg kriegen, bekommt „Das Blut der Erde“ von Andreas Herzog nach dem Buch von Rainer Berg etwas von einem politischen Wohlfühlkrimi.

Da die neue Folge der ZDF-Premium-Reihe „Unter Verdacht“ zwar erneut dramaturgisch und kriminalistisch auf das bewährte Muster setzt, lässt sie aber eben jene Realität der lokalen Gegebenheiten nicht außer acht, die sich zunächst durch die arrogante Selbstgewissheit der Ortsmächtigen zeigt, die - jedoch nur scheinbar - mit allen Wassern gewaschenen Lokal-Größen, deren übermächtige Position sich indes im Zuge der Ermittlungen verflüchtigt. Bald schon macht sich Angst breit, dass der  Coup zwischen Wasserwerk und Stadtrat, nicht durchsetzbar werden könnte. So ist diese Handlung weitaus spannender als der Krimi-Fall selbst. Der kritische Bürger, die wache Bürgermeisterin und das Ermittler - Team gewinnen am Ende vor allem deshalb, weil sie erkennen, wie dieser geplante Eingriff in die Natur dann durch seine wirtschaftspolitische Breitenwirkung ( die Trinkwasserversorgung der Landeshauptstadt wäre damit beeinträchtigt ) zu einem großen Halunkenstücks im Spezerln - Land mutieren könnte.  Das Wasser, der Quell der Erde, wird in diesem flüssig inszenierten Film, sodann sich in den Händen einiger Weniger befinden und zum manipulierbaren Gut werden.?! Das es nicht soweit kommt, dafür sorgen die Münchner - Ermittler schließlich:






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