" Und, wie war´s gestern mit Marcel? "



Ein Supermarkt ist nun wahrlich kein geeigneter Platz, kein Gebäude mit Flair und kein Raum, der in irgendeiner Form ein gewisses Ambiente vorweisen kann. Neben gleichförmigen Regalen, immer identisch aussehenden Aufbauten sowie nahezu ähnlichen Warenangeboten, findet sich ein doch sehr unterschiedliches Publikum ein. In einer " SPIEGEL " - Ausgabe las ich vor Urzeiten, dass bei " Aldi " sogar Reiche, ja gar Millionäre, einkauften. Die gesamte Breite der gesellschaftlichen Gruppen ist somit hier vertreten. Ein gewiefter Kenner der Supermarkt - Einkaufsszene kann - je nach Tageszeit -  eventuell zwischen jenen Gesellschaftsgruppen unterscheiden.

In den Vormittagsstunden finden sich in den ungezählten Filialen zumeist Rentner, Pensionäre oder Teilerwerbstätige mit schmalen Geldbeutel als potenzielle Kunden wieder, die versuchen, möglichst frühzeitig die vielen vermeintlichen Sonderangebote abzugreifen. Das ist nachvollziehbar, denn wer ein überschaubares monatliches Budget hat, wird auf jeden Euro Preisnachlass achten, ohne dabei die immer noch weit verbreitete " Geiz - ist - geil " - Mentalität heraus hängen zu lassen.

In den Nachmittagsstunden sind sodann jene Konsumenten am Werke, die - so gerade ausgeschlafen - sich die viel zu vielen Fertiggerichte in den stählernen, blank polierten Einkaufswagen legen, damit das ausgefallene Frühstück, zumindest in Kombination mit dem verspäteten Mittagessen, eine gewisse Sättigung erzeugt. Manchmal sind auch ganze Schülergruppen anzufinden.

In den späten Nachmittagsstunden bis in den Abend hinein, toben alsbald viele jüngere Einkaufswillige durch die Gänge, Regale und Stände. Auch solche, die just von einer Vorlesung, einem Seminar oder aus der Bibliothek kommen.

Erst spät am Abend, so quasi vor dem Ladenschluss, tanzen dann die Abgehängten an, um von den stark herab gesetzten Preise für frische Artikel, vornehmlich leicht verderbliches Gemüse, zu partizipieren.

Neben einer detaillierten Beschreibung der unterschiedlichen Einkaufsgruppen, lässt sich natürlich auch von so mancher Schrulle, einigen skurrilen Dingen und seltsamen Erlebnissen berichten.

Den Klassiker, eher als Treppenwitz dargetan, stellt unter anderem, jene peinliche Frage einer Kassiererin an eine Kollegin dar, die da lauthals fragte: " Du, Erika, was kosten die Kondome? ". Was den jungen Kunden natürlich sofort puder - rot im Gesicht anlaufen lässt und er binnen Sekunden eher einige Kilometer in den Boden versinken möchte.

Oder, auch jene absolute Peinlichkeit, die einer jungen Mutter widerfahren sein soll, als ihr sich bockig gebende Herr Sohnemann - obwohl auch noch unter der Fuchtel der Oma stehend - , nun partout keine Anstalten macht, sein auf Krawall gebürstetes Auftreten im Kindersitz des Einkaufsgefährts, ein wenig einzuschränken. Wobei die besorgte, miterziehende Großmutter ihn auch noch über die obligatorischen, aber viel zu teuren Auslagen neben dem Kassenband, mit einer Süßigkeit beschenkt und dann einfordert: " Gibst du denn deiner Oma dafür einen Kuss? " Darauf der verzogene Enkel jenes Ansinnen mit einem kategorischen " Nein! " quittiert und Omi sodann mit der Frage nachlegt: " Gibst du denn deiner Mama einen Kuss? ". Wieder verneint Enkel das Ansinnen und wird dann befragt: " Ja, warum denn nicht? ". Der störrische Junge gibt dazu lautstark die Antwort: " Nein, das mach´ ich nicht, weil Mama heute Morgen den Pi - Mann von Papa in den Mund genommen hat. ".  Peinlicher geht´s nimmer!

Auch die Frage nach irgendwelchen, plötzlich nicht mehr funktionierenden EC - Karten kann sich zu einer sehr unangenehmen Situation entwickeln. Dann nämlich, wenn das Konto überzogen, die Karte gesperrt oder sogar ungültig ist. Da hilft nur Barzahlung oder die Ware in dem Metall - Kasten liegen lassen und wie ein geprügelter Hund den Supermarkt auf schnellstem Wege verlassen.

Großes Aufsehen verursachen dann und wann vermeintliche Diebstähle, weil die immer mehr angebrachten Sicherungsetiketten nicht entschärft worden sind. Auch der Umtausch von beschädigter oder längst abgelaufener Ware kann durchaus zu einem ungewollten Dialog zwischen Kassierin und Kunden führen, denn eigentlich ist das gesprächslose Einkaufen das Non Plus Ultra an diesen genormten Plätzen des Wohlstandslandes.
Also: Im Idealfall für einen Euro oder eine 50 Eurocent - Münze einen Einkaufswagen aus der Reihe ziehen, die Filiale damit betreten, die begehrten Artikel dort hinein legen, dann aus einer Warteschlange vor der Kasse heraus, die Waren zügig auf das Einkaufsband legen, den Einkaufs - Rolli an die Außenseite der Kassenzone schieben, die Artikel nach dem Einscannen durch die Kassierin, rechtsseitig von ihrem Platz, in den Wagen legen, mit Bargeld oder funktionierender EC - Karte bezahlen, die Frage nach dem Kassenbon " vulgo: " Zettel mitnehmen? " ), verneinen und mit dem Gelumpe möglichst rasch aus dem Gebäude verschwinden.

Doch dann und wann gibt es auch eine Zwittersituation zwischen Peinlichkeit und Kuriosität. Nicht deshalb oder in der Form dass ein Artikel angeblich nicht bezahlt wurde und die Diebstahlsicherungsanlage den nervigen Piepton abgibt, sondern, wenn Kunden oder Kundinnen die Anwesenheit des anderen Geschlechts zum Parshipen missbrauchen möchten.      

Da stand ich denn am Dienstag in der Kundenschlange vor der Kasse und wartete, meine drei oder vier Artikel ( frisches Obst im Angebot ) bezahlen zu dürfen. Vor mir gut ein halbes Dutzend anderer Kunden, hinter mir die gleiche Anzahl. Und just unmittelbar hinter meinem schon leicht gekrümmten Rücken, den ich durch ein bereits etwas betagteres Shirt abzudecken gedachte, stand eine junge Dame. Sie hatte noch weniger Ware in der Hand, als ich in meinem Jute - Beutel. Genauer gesagt: Die Frau hielt ein Sechser - Pack Eier in der linken Hand. Und exakter beschrieben: Es waren gefärbte Eier. " Was in aller Herren Namen, will eine Frau ( Typ leicht aufgebrezelte Studentin, Mitte Zwanzig, kinder - und partnerlos, 2 bis 4 Semester, aus nicht sehr wohlhabenden Elternhaus, deshalb BaföG - Empfängerin ) mit einer 6er Packung bunter Eier, wenn Ostern längst vorbei war und Ostern 2017 noch in weiter Ferne liegt?

So grübelte ich über den Sinn dieses Einkaufs nach und übersah dabei kurzzeitig, dass sich die Warteschlange nach vorne bewegte. Meine kritischen Gedankenspiele schienen wohl nicht unbemerkt zu sein, denn plötzlich erschien von der Seite eines Regales aus kommend, eine Freundin der jungen Dame, die mich dabei beobachtet hatte, wie ich unauffällig, dann doch wohl zu auffällig, auf die Bunt - Eier - Packung starrte.  

Vielleicht hatte diese daraus den Rückschluss gezogen, ich würde mich ein wenig für ihre Freundin interessieren. Wie dem auch sei, die andere Dame fragte plötzlich: " Du, wie war´s gestern mit Marcel? ". Sichtlich verunsichert und sogar etwas peinlich berührt stotterte die wartende Eierkäuferin: " Keine Ahnung! Weiß nicht". Auf die Zusatzfrage der wissbegierigen Freundin: " Wollt ihr euch noch mal treffen? ", gab sie dann eine beinahe identische Antwort: " Keine Ahnung! Weiß nicht! Vielleicht! Mal sehen!".

Damit war die Unterhaltung beendet. " Auweia, so eine aus der Fraktion der Ahnungslosen, die vom Leben keine Ahnung haben, nie eine Ahnung bekommen werden und deshalb auch auf viele Jahre hinaus, völlig ahnungslos bleiben, ist das also. Nein, diese Art der Ahnungslosen passten schon vor mehr als 4 Dekaden nicht in mein Beuteschema. Es waren Dorfpommeranzen, denen ich regelmäßig die kalte Schulter zeigte.

Die Ahnungslosen von heute tragen ihre Ahungslosigkeit jedoch offen zu Felde. In der ewig währenden Schlacht zwischen Männlein und Weiblein, kommt es dann und wann aber auch darauf an, soviel Ahnung über das Alter eines möglichen Beutetieres zu haben, dass Frau nicht Opa mit Mann und Mann nicht Frau mit Tochter verwechselt.

 Ehrlich gesagt. 38 Jahre Altersunterschied können nie gut gehen!

Und so bezahlte ich zügig meine Waren, verließ den Supermarkt und begab mich zum Bahnhof, wo ich mit einer voll gepackten Jute - Tasche auf meine ahnungsvolle, bessere Hälfte wartete.

Merke also: Keine Ahnung zu haben, ist gefährlicher als ahnungslos durchs Leben zu gehen. Oder: " Wie war es gestern mit Marcel? "

Gut´s Nächtle, in der Hoffnung, dass der Menschheit die Zukunft ohne solche dämlichen Floskeln besser gestaltet wird, mit RedOne und " Don´t you need somebody ":




Ist das nun ein Sommerhit? Wenn ja / nein: Keine Ahnung!

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