Wolf Biermann und der 80te - Der Wolf und die sieben Geiseln.
Es hat einmal eine Zeit gegeben, da war die Jugend frei. Statt sich virtuellen Hirnschiß, wie Pokemon oder auch Casting Shows sowie Verunstaltungsaktion durch Schönheitsoperationen, Tätowierungsorgien und Piercings an und in sämtlichen Körperteilen hinzugeben, wurde politisiert.
Dazu gab es auch hinreichenden Grund, denn in jener Zeit, die so Mitte 1960er fest gemacht werden konnte, regierten in Westdeutschland Altfaschisten und andere Ewiggestrige. Im Osten des geteilten Landes waren es SED - Betonköpfe. Alte Herren, die von der damaligen UdSSR lernen wollten, wie die Bevölkerung geknechtet werden kann.
Während im kapitalistischen Westen - dank USA - Hilfe - langsam blühende Landschaften entstanden, versank der Ostteil der Republik in ein Einheitsgrau. Nur die Uniformen ind dazu gehörige Orden waren etwas bunter. Die freie Meinungsäußerung war verboten. Wer dennoch seine Kritik an den Zuständen des real existierenden Sozialismus üben wollte, wurde eingelocht oder im besten Fall ausgebürgert und / oder vom dummen Westen freigekauft; obwohl er zumeist genauso kriminelle Energie in sich trug, wie ein Zuchthäusler und Knastologe in der BRD.
Dieses Schicksal traf - wenn auch auf ganz hohen Niveau - den am 15. November 1936 in Hamburg geborenen Karl Wolf Biermann, der 1953 in die Deutsche Demokratische Republik übersiedelte.
Er wohnte, lebte und arbeitete in Berlin ( Ost ) zirka 23 Jahre, ehe er nach seinem Auftritt am 13. November 1976 in Köln, von der DDR - Regierung ausgebürgert wurde.
Das damalige Konzert in der Kölner Sporthalle wurde zunächst nur von dem III. Programm des Westdeutschen Rundfunks ( WDR ) in einer zweistündigen Zusammenfassung gesendet. Am 19. November - nach Biermanns Ausbürgerung - gab sich das Erste auch einen Ruck und strahlte den 4stündigen Auftritt in Köln komplett als Aufzeichnung aus.
Die weiteren Folgen des Biermann - Gastspiels sind bekannt. Später agitierte der Liedermacher und mehr bis in die 1980er Jahre und blieb deshalb in der BRD so etwas, wie ein Fremdkörper.
Nach der Wende erlangte er von der systematischen Bespitzelung durch die Staatssicherheit Kenntnis. Er löste sich von seinem Kindheitstraumata, das da lauten könnte: Nur Braune sind Verbrecher; Rote hingegen Gutmenschen.
In der Folgezeit war sich der Künstler deshalb nicht zu schade, für die einstigen politischen Gegner in der CDU / CSU ( Zitat aus seinem bekannten Lied " So oder so, die Erde word rot ": " Die deutsche Einheit, wir dulden nicht, dass nur das schwarze Pack von ihr spricht... " ) ein wenig auf der Gitarre herum zu schrammeln.
Biermann trat 1998 während der CSU Klausurtagung im bayrischen Wildbad Kreuth auf, 2013 trat er für die CDUlerin Angela Merkel als erneute Kanzlerin ein und ein Jahr danach ließ CDU Bundestagspräsident Lammert ihn als Kettenhund gegen die anwesenden Abgeordneten der Partei " Die Linke " los. Biermann provozierte mit seinen Äußerungen einen Eklat. Nun ist er also 80 geworden. Fast Tag genau vor 40 Jahren erklärte das DDR - Regime ihn zur persona non grata und schmiss ihn, den glühenden Verfechter der kommunistischen Lehre, den intellektuellen Kritiker mit Beziehungen zu den Konsumpfründen des Westens, aus dem Land.
Sicherlich, Wolf Biermann war damals unbequem. Er passte nicht in das eine Weltbild, das aus Seilschaften, Ja - Sagern und Parteibütteln bestand; aber auch nicht in das andere Gesellschaftsmodell, dass mit Deutsche Mark, Protzerei und Konsumdreck, die gesellschaftlichen Probleme über kleisterte.
" Von dem Regen in die Jauche ", sei er gekommen, kommentierte der Berufsklassenkämpfer 1976 / 1977 seine damalige Situation. Der Regen, den er symbolisch auf seine Lebensumstände in der DDR gespürt haben wollte, war allerdings Saurer Regen. Die Jauche, in die er in der BRD herum stapfen musste, wurde ihm jedoch nie in Form des Schwedentrunks zwangsweise eingeflößt. Ganz im Gegenteil: Das Leben im Kapitalismus, im Land des Klassenfeindes, wurde zunehmend opulenter. Auch wenn er viele Jahre danach mit seiner eigenen Plattenfirma in eine finanzielle Schieflage geriet.
Dafür gab es von dem Büttel des Kapitals, der Politik, sogar Ehrungen. Bundespräsident Köhler überreichte ihm das Bundesverdienstkreuz. Da hatte er den einst vertretenen Klassenstandpunkt längst verlassen.
Nun ist er also in das 9. Lebensjahrzehnt eingetaucht. Weil seine Meinung - die nur allzu oft irrig war - nicht mehr gefragt ist, lebt Biermann von seinem Namen. Deshalb lobhudeln ihn die Medien. Er ist in einem Alter, in dem sich ein Mann mild lächelnd zurück lehnen darf und auf die Wege seines Lebens verweisend, der Jugend erzählen könnte, wie es damals so war: In dem wilden Osten, im veramerikanisierten Westen und im zwangsweise zusammen geführten Deutschland. Deshalb hat er ja auch ein Buch veröffentlicht. Nun, ja, wer hätte dieses in seiner Lage nicht getan?
Es soll im lasterhaften Leben eines Erdenbürgers - so die Dogmen der Katholiken - sieben " Todsünden " geben. Als da wären:
Dazu stellt sein weit entfernter Kollege Konstantin Wecker fest:
Wie du doch das Treiben satt hast!
Immer wirft dich diese Flut
an ein unbekanntes Ufer,
und dir fehlt schon lang der Mut,
neuen Küsten zu begegnen.
Du bist müde, gräbst dich ein
und beschließt für alle Zeiten,
nie mehr heimatlos zu sein.
Und das nennt sich dann erwachsen
oder einfach Realist.
Viele Worte, zu umschreiben,
daß man feig geworden ist.
Was passierte in den Jahren,
wohin hast du sie verschenkt?
Meistens hast du doch am Tresen
das Geschick der Welt gelenkt.
Und die fiel nicht aus den Angeln,
höchstens du fielst manchmal um,
und für die, die du bekämpft hast,
machst du jetzt den Buckel krumm.
Auch du wolltest wie die andern
fest in einem Weltbild stehn.
Statt die Ängste zu durchwandern,
übst du, sie zu übersehn.
Manchmal jagst du für Sekunden
deinen Zweifeln hinterher,
doch aus Sorge um die Wunden
bleibst du lieber ungefähr.
Und dann triffst du noch die Kämpfer
aus der guten alten Zeit,
fesche Jungs mit drallen Frauen,
und ihr lächelt alle breit.
Was passierte in den Jahren,
wohin hast du sie verschenkt?
Meistens hast du doch am Tresen
das Geschick der Welt gelenkt.
Und die fiel nicht aus den Angeln,
höchstens du fielst manchmal um,
und für die, die du bekämpft hast,
machst du jetzt den Buckel krumm.
Und ich frag mich, ob ich wirklich
so viel anders bin als du.
Zwar, ich kleide meine Zweifel
in Gedichte ab und zu,
das verschafft paar ruhige Stunden,
eigentlich ist nichts geschehn.
Ach, es gibt so viele Schliche,
um sich selbst zu hintergehn.
Doch da muß jetzt was passieren,
zuviel Zeit ist schon verschenkt,
und es wird von den Erstarrten
das Geschick der Welt gelenkt.
Und die fällt bald aus den Angeln.
Komm, wir gehen mit der Flut
und verwandeln mit den Wellen
unsre Angst in neuen Mut
https://de.wikipedia.org/wiki/Wolf_Biermann
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