Eine Bahnfahrt, die ist lustig! Ist sie es wirklich?
Heute war es wieder einmal so weit: Ich musste mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in die Neustadt von Dresden. Ein schmuddeliger, naß-kalter Wintertag. Kein einladendes Wetter, für eine Fahrt mit Bus & Bahn.
Nachdem ich mir etwas mehr als eine Viertelstunde an der Buswartestelle die Füße kalt gestanden hatte, kam dann endlich der Bus der Linie 90. Immerhin ein modernes Gefährt mit dem üblichen technischen Finessen. Schnell steige ich ein, die 4er-Fahrkarte in der rechten Hand bereit haltend, haste ich zum Entwerter. Es s klickt, als ich die normierte Karte in den Schlitz stecke. Ich ziehe sie wieder heraus und kontrolliere den Stempelabdruck. Ordnung muss - im Eigeninteresse eben sein. Wer nämlich mit unleserlichen oder nicht vorhandenen Stempel auf der Karte fährt, der fährt schwarz. Kostenpunkt 40 EURO!
Ich wankte zu einem in hinteren Teil des Gelenkbusses gesichteten Sitzplatz. Das Ungetüm fährt bereits los. Also, festhalten an den schwarzen Schlaufen, den Haltegriffen oder der darüber eingezogenen Kunststoff ummantelten Haltestange. Bloß nicht straucheln oder hinfallen!
Die Strecke, die das wuchtige Gefährt bis zur Endhaltestelle noch zu absolvieren hatte, war mir längst bekannt. Immerhin keine Schaukel-Route über Kopfstein - und Blaubasaltpflaster. Keine Schlaglochsuchstrecke, auf der die Zeichen des Winters deutlich erkennbar sind.
So schaukelte das Ungetüm - mit Fahrgästen gut belegt - über die asphaltierten Straßen, vorbei an Wohnblocks, die - einst in den Nachwendejahren - grundsaniert, doch verdächtig viele unbewohnte Zimmer zeigten, vorbei an Bauruinen, an Lückenbebauungsgrundstücken, auf denen sich Unrat zu einem bizarren Muster verteilt hat. Jedes Haus, jedes Grundstück,jene Wohnung schreibt eine eigene Geschichte. Hieraus könnte ein Buch entstehen - vielleicht über die Menschen, die Bewohner,ob Eigentümer oder Mieter. Während ich darüber sinniere, reden die rechts von meinem Platz sitzenden drei Teenager,die wohl Schulschluss hatten, wie ein Wasserfall. Belangloses, wirres Zeug, unterbrochen durch ein ständiges Gekichere und Herumgealbere. waren wir einst, vor vielen Jahrzehnten, auch so?
Ich vernehme Worte, wie " eingebildet ", " sich großartig finden " herüber sehen ". Meinen die drei Schülerinnen etwa mich? Ich ziehe es vor, den in einer Jute-Tasche mit getragenen "SPIEGEL" heraus zu ziehen. Ich versuche mich auf den zuletzt angelesenen Artikel zu konzentrieren. Ohne Erfolg! Das Geplärre der drei Teeneis ist unerträglich. Also: abwarten, bis die Endhaltestelle naht. Die amtlich klingende Stimme der automatischen Ansage im Bus ist kaum zu verstehen, denn zwei Plätze vor mir klopft blechernd ein i-pod-Gerät. Die üblichen Beats aus dem High-Tech-Gerät sind bis zum Busheck, bis zur obligatorischen Sitzbank, dort, wo es besonders schaukelt, hörbar.
Neben dem aufheulenden Motor, der den Bus mittels Automatikgetriebes vorantreibt, herrscht ein unerträglicher Lärmpegel im Inneren des Gefährts.
Die Ansage, angekündigt durch einen Gong, schnarrt es herunter: " Frankenbergstraße ", " Clara-Zetkin-Straße ", " Bonhoefferplatz ", " Reisewitzer Straße " ," Wernerstraße " , " Gröbelstraße ", Kesselsdorfer Straße - Endhaltestelle. Linie endet hier - bitte, alle Fahrgäste aussteigen!
Endlich!
Ich schreite zu der Haltestelle für die Linien 6, 7 und 12. Allesamt Straßenbahnstrecken. Es dröhnt ein Verkehrslärm in meine Ohren, der durch die nasse Fahrbahn noch verstärkt wird. Bei der Ampelanlage gegnüber dem Postgebäude eilen Fußgängergrüppchen im Minutentakt hin und her. Aufheulende Motoren und Abbremsgeräusche wechslen sich ab. Das ist der Sound der Stadt, hier pulsiert das Leben, von Wirtschaftskrise keine Spur. Ich warte einige Minuten, dann erscheint der in einem geld-schwarzen Grundton, mit Werbung versehene Straßenbahnzug der Linie 7.
Die Türen klappen auf, es steigen einige Fahrgäste aus.Aussteigen geht vor Einsteigen - so lautet die Grundregeln. Ich kenne sie noch aus den Zeiten, als ich in Bremen regelmässig über 10 Jahre mit der BSAG fuhr. Deshalb stelle ich mich rechts von dem Ein/Ausstieg mit einem Abstand von einem Meter hin. Ich schiebe meine Hand in die rechte Manteltasche, um zu kontrollieren, ob die Fahrkarte noch dort ist. Ich fühle das Stückchen Papier deutlich. Beruhigt suche ich mir einen Sitzplatz, ziehe die Lektüre wieder aus dem Beutel und lese.
Die Fahrtzeit von ca. 15 Minuten erscheint kurz, denn schon bald plärrt die Ansage " Albertplatz ". Wieder steige ich eine Station zu früh aus. Warum eigentlich. Ich überquere die beampelte Kreuzung und gehe in Richtung " Königsbrücker traße ". Ein unerträglicher Verkehrslärm prasselt auf mich ein. Dieser Straßenzug bildet eine Ausfahrtstraße aus der Stadt in die nahe gelegenen Ortschaften und ist deshalb während der Hauptverkehrszeiten, den Stoßzeiten, wie es so schön im Amtsdeutsch heißt, der " rush hour ", wie es die Angelismenfans es benennen,eine extrem stark frequentierte Straße. Im Slalom gehe ich auf dem zusammen gestückelten Gehsteig, zwischen Pfützen, Schneematsch und hochgedrückten Platten in Richtung Bank. Nach etwas mehr als fünf Minuten öffnet sich die Eingangstür zu der Filiale. Ich hole die EC-Karte aus dem Portemonnaie, stecke sie in den Schlitz und warte auf die Dialoge auf dem Display. Die üblichen Aufforderungen erscheinen auf dem Sichtfeld: " Bitte Geheimzahl eingeben!", "Bitte bestätigen ", " Bitte gewünschten Betrag eingeben " usw. Nach zwei Fehlversuchen, bei denen ich die Plastikkarte eben doch falsch herum eingesteckt hatte, erhalte ich dann endlich den Geldbetrag.
Ich stecke die Geldscheine in das Portemonnaie und verlasse die Bankfiliale. Nach einigen Metern muss ich in eine Nebenstraße einbiegen. Dort soll sich das Handy-Geschäft befinden, bei dem ich die Software auf dem erst kürzlich über ebay günstig erworbenen Gerät gelöscht erhalten bekommen würde. Ich betrete das kleine Geschäft, schildere mein Anliegen. Na, klar: " Hier werden Sie geholfen!". Ich unterschreibe einen Reparaturauftrag und warte etwa eine Vierstelstunde. Dann ist das Neu-Alt-Handy " debrandet ". Wieder so ein Unsinnsbegriff aus dem Wortschatz der modernen Kommunikationsgesellschaft. To brand bedeutet hier ja soviel, wie mit Zeichen versehen, markieren oder kennzeichnen. Dann müsste eben " debrand bedeuten, dass diese Zeichen, jene Markierung oder Kennzeichnung gelöscht wird. Aber debranden? Sei ś drum! Ich zahle für die Dienstleistung 19,-- EURO. Immerhin wesentlich billiger, als ein nagelneues Handy über einen Anbieter.
Nachdem ich das Geschäft verlassen hatte, suchte ich die nächste Haltestelle der Straßenbahn auf. Es waren nur einige Meter, dann stand ich an der Haltestelle der Linien 7 und 8. Wenige Minuten später erschien der farbige Zug der Linie 7. Also Karte erneut heraus und warten, einsteigen, entwerten, schnell Sitzplatz einnehmen, mitfahren, lesen, hören. Im Hintergrund liefern sich zwei mit den üblichen Knopfhörer bestückte junge Häupter ein Duell im 100 dB-Bereich. Ab 85 dB führt eine Dauerbeschallung zu irreparablen Gehörschäden. Waren wir nicht damals genau so?
Das Gewummere, geheule, Gezipe aus den Abspielgeräten ist unerträglich. Mir fällt der Kasernenhofton meiner Eltern ein: " Mach das Gejaule leiser!", " Stell'das Gekreische ab!" oder " was ist das für eine Negermusik?". Jugend hat das echt anders zu sein. Das war schon immer so. ie kann, soll, ja muss sich durch eine eigene Identität, über eigene Musik, Mode, Sprache, eben doch von der Erwachsenenwelt abgrenzen. das war auch bei uns so!
Zwischenzeitlich klingelt ein Handy bei einem der "Schwerhörigen ". Er spricht einige Wort. Kurze, sehr knapp gehaltene Sätze. Weil die Musik aus den Kopfhörer immer noch Zimmerlautstärke hat, verstehe ich nicht, was er wichtiges mitzuteilen hat. Kurze Zeit darauf wird der Musikfan erneut angerufen. Ein neuerlicher Kurzdialog folgt. Er setzt die Knopfhörer wieder in seine großen Ohrmuscheln und gibt sich entspannt. Die Fahrt mit der " 7 " nähert sich dem Ende. Die Ansage gibt bekannt: " Saxoniastraße ". Jetzt weiss ich endlich wieder, wo ich mich befinde. In achsen, in Dresden, im Stadtteil Löbtau. Hallo, aufwachen!
" Nächste Haltestelle: Kesseldorferstarße! Übergang zum Regionalverkehr!" krächzt es aus den Lautsprechern der Straßenbahn. Aussteigen!
Ich verlasse die Bahn und schreite einige Meter bis zur Haltestelle. Es hatte leicht zu nieseln begonnen. Ein trüber Wintertag im Februar eben. Keine Sonne, schmelzender Schnee und Temperaturen um 1 bis 3 Grad - scheußlich! Der 90er kommt wieder ewig nicht. Ich warte mindestens 10 Minuten, dann donnert das Monstrum auf drei Achsen, sechs Räder und mit einer LKW - Länge heran.Die Türen klappen auf. Einige Fahrgäste steigen vor mir ein. Ich sichte einen Sitzplatz im vorderen Drittel des Gefährts. Ich setze mich an das Fenster. Kurz darauf nimmt neben mir eine schwarzhaarige, durchaus attraktive Frau Platz. Sie starrt nach vorne. Wirkt kühl, abweisend, fast apathisch. Es ist eng auf den beiden Sitzen. Die Winterkleidung bedingt, dass sich die Arme einige Male beim Anfahren des Busses berühren. Ich empfinde es nicht unbedingt als unangenehm. Dennoch: Die Frau ist irgendwie komisch. Vielleicht ist sie psychisch gestört. Das hatte ich einst mehrfach erlebt, dass psychsich Kranke sich in den öffentlichen Verkehrsmittel annormal verhalten. Rauchen, Selbstgespräche führen, ständig wieder Aufstehen.
Während ich die Zeit erneut mit Lesen überbrücke, würdigt mich meine Sitzpartnerin keines Blickes. Das typische Verhalten einer geistig Verwirrten. Die Ansage verkündet: " Nächste Haltestelle: Dölzschener Straße!". Ich lege den " SPIEGEL " in meinen Beutel, erhebe mich und sage: Entschuldigung.". Sie steht mit auf. Eher widerwillig? Oder täuscht das? Ich schiebe mich an ihrem Rücken vorbei in Richtung Ausstieg,dabei blicke ich eher zufällig auf die rechte Hand, mit der sie den Halteholm umfasst. Ich erkenne abgekaute Fingernägel, rosa-rote Nagelbettränder, Kratzer auf der Handoberfläche. Ich stelle mich in den Durchgangsbereich und sage noch: " Danke". Dann hält der Bus. Ich drücke den Türöffnungsknopf, steige aus und gehe gemächlich auf dem Bürgersteig an dem Gefährt entlang. Das röhrt los und braust davon. Ich warte einen kleinen Moment, schaue nach links, nach rechts, dann überquere ich die " Wiesbadener Straße " in Richtung Haus.
Geschafft! Ein halber Nachmittag ist vergangen. Mir kommt es vor, als hätte ich eine Reise beendet. Dabei waren es eigentlich nur 10 Kilometer; von einem Stadtteil zu dem übernächsten.
Nachdem ich mir etwas mehr als eine Viertelstunde an der Buswartestelle die Füße kalt gestanden hatte, kam dann endlich der Bus der Linie 90. Immerhin ein modernes Gefährt mit dem üblichen technischen Finessen. Schnell steige ich ein, die 4er-Fahrkarte in der rechten Hand bereit haltend, haste ich zum Entwerter. Es s klickt, als ich die normierte Karte in den Schlitz stecke. Ich ziehe sie wieder heraus und kontrolliere den Stempelabdruck. Ordnung muss - im Eigeninteresse eben sein. Wer nämlich mit unleserlichen oder nicht vorhandenen Stempel auf der Karte fährt, der fährt schwarz. Kostenpunkt 40 EURO!
Ich wankte zu einem in hinteren Teil des Gelenkbusses gesichteten Sitzplatz. Das Ungetüm fährt bereits los. Also, festhalten an den schwarzen Schlaufen, den Haltegriffen oder der darüber eingezogenen Kunststoff ummantelten Haltestange. Bloß nicht straucheln oder hinfallen!
Die Strecke, die das wuchtige Gefährt bis zur Endhaltestelle noch zu absolvieren hatte, war mir längst bekannt. Immerhin keine Schaukel-Route über Kopfstein - und Blaubasaltpflaster. Keine Schlaglochsuchstrecke, auf der die Zeichen des Winters deutlich erkennbar sind.
So schaukelte das Ungetüm - mit Fahrgästen gut belegt - über die asphaltierten Straßen, vorbei an Wohnblocks, die - einst in den Nachwendejahren - grundsaniert, doch verdächtig viele unbewohnte Zimmer zeigten, vorbei an Bauruinen, an Lückenbebauungsgrundstücken, auf denen sich Unrat zu einem bizarren Muster verteilt hat. Jedes Haus, jedes Grundstück,jene Wohnung schreibt eine eigene Geschichte. Hieraus könnte ein Buch entstehen - vielleicht über die Menschen, die Bewohner,ob Eigentümer oder Mieter. Während ich darüber sinniere, reden die rechts von meinem Platz sitzenden drei Teenager,die wohl Schulschluss hatten, wie ein Wasserfall. Belangloses, wirres Zeug, unterbrochen durch ein ständiges Gekichere und Herumgealbere. waren wir einst, vor vielen Jahrzehnten, auch so?
Ich vernehme Worte, wie " eingebildet ", " sich großartig finden " herüber sehen ". Meinen die drei Schülerinnen etwa mich? Ich ziehe es vor, den in einer Jute-Tasche mit getragenen "SPIEGEL" heraus zu ziehen. Ich versuche mich auf den zuletzt angelesenen Artikel zu konzentrieren. Ohne Erfolg! Das Geplärre der drei Teeneis ist unerträglich. Also: abwarten, bis die Endhaltestelle naht. Die amtlich klingende Stimme der automatischen Ansage im Bus ist kaum zu verstehen, denn zwei Plätze vor mir klopft blechernd ein i-pod-Gerät. Die üblichen Beats aus dem High-Tech-Gerät sind bis zum Busheck, bis zur obligatorischen Sitzbank, dort, wo es besonders schaukelt, hörbar.
Neben dem aufheulenden Motor, der den Bus mittels Automatikgetriebes vorantreibt, herrscht ein unerträglicher Lärmpegel im Inneren des Gefährts.
Die Ansage, angekündigt durch einen Gong, schnarrt es herunter: " Frankenbergstraße ", " Clara-Zetkin-Straße ", " Bonhoefferplatz ", " Reisewitzer Straße " ," Wernerstraße " , " Gröbelstraße ", Kesselsdorfer Straße - Endhaltestelle. Linie endet hier - bitte, alle Fahrgäste aussteigen!
Endlich!
Ich schreite zu der Haltestelle für die Linien 6, 7 und 12. Allesamt Straßenbahnstrecken. Es dröhnt ein Verkehrslärm in meine Ohren, der durch die nasse Fahrbahn noch verstärkt wird. Bei der Ampelanlage gegnüber dem Postgebäude eilen Fußgängergrüppchen im Minutentakt hin und her. Aufheulende Motoren und Abbremsgeräusche wechslen sich ab. Das ist der Sound der Stadt, hier pulsiert das Leben, von Wirtschaftskrise keine Spur. Ich warte einige Minuten, dann erscheint der in einem geld-schwarzen Grundton, mit Werbung versehene Straßenbahnzug der Linie 7.
Die Türen klappen auf, es steigen einige Fahrgäste aus.Aussteigen geht vor Einsteigen - so lautet die Grundregeln. Ich kenne sie noch aus den Zeiten, als ich in Bremen regelmässig über 10 Jahre mit der BSAG fuhr. Deshalb stelle ich mich rechts von dem Ein/Ausstieg mit einem Abstand von einem Meter hin. Ich schiebe meine Hand in die rechte Manteltasche, um zu kontrollieren, ob die Fahrkarte noch dort ist. Ich fühle das Stückchen Papier deutlich. Beruhigt suche ich mir einen Sitzplatz, ziehe die Lektüre wieder aus dem Beutel und lese.
Die Fahrtzeit von ca. 15 Minuten erscheint kurz, denn schon bald plärrt die Ansage " Albertplatz ". Wieder steige ich eine Station zu früh aus. Warum eigentlich. Ich überquere die beampelte Kreuzung und gehe in Richtung " Königsbrücker traße ". Ein unerträglicher Verkehrslärm prasselt auf mich ein. Dieser Straßenzug bildet eine Ausfahrtstraße aus der Stadt in die nahe gelegenen Ortschaften und ist deshalb während der Hauptverkehrszeiten, den Stoßzeiten, wie es so schön im Amtsdeutsch heißt, der " rush hour ", wie es die Angelismenfans es benennen,eine extrem stark frequentierte Straße. Im Slalom gehe ich auf dem zusammen gestückelten Gehsteig, zwischen Pfützen, Schneematsch und hochgedrückten Platten in Richtung Bank. Nach etwas mehr als fünf Minuten öffnet sich die Eingangstür zu der Filiale. Ich hole die EC-Karte aus dem Portemonnaie, stecke sie in den Schlitz und warte auf die Dialoge auf dem Display. Die üblichen Aufforderungen erscheinen auf dem Sichtfeld: " Bitte Geheimzahl eingeben!", "Bitte bestätigen ", " Bitte gewünschten Betrag eingeben " usw. Nach zwei Fehlversuchen, bei denen ich die Plastikkarte eben doch falsch herum eingesteckt hatte, erhalte ich dann endlich den Geldbetrag.
Ich stecke die Geldscheine in das Portemonnaie und verlasse die Bankfiliale. Nach einigen Metern muss ich in eine Nebenstraße einbiegen. Dort soll sich das Handy-Geschäft befinden, bei dem ich die Software auf dem erst kürzlich über ebay günstig erworbenen Gerät gelöscht erhalten bekommen würde. Ich betrete das kleine Geschäft, schildere mein Anliegen. Na, klar: " Hier werden Sie geholfen!". Ich unterschreibe einen Reparaturauftrag und warte etwa eine Vierstelstunde. Dann ist das Neu-Alt-Handy " debrandet ". Wieder so ein Unsinnsbegriff aus dem Wortschatz der modernen Kommunikationsgesellschaft. To brand bedeutet hier ja soviel, wie mit Zeichen versehen, markieren oder kennzeichnen. Dann müsste eben " debrand bedeuten, dass diese Zeichen, jene Markierung oder Kennzeichnung gelöscht wird. Aber debranden? Sei ś drum! Ich zahle für die Dienstleistung 19,-- EURO. Immerhin wesentlich billiger, als ein nagelneues Handy über einen Anbieter.
Nachdem ich das Geschäft verlassen hatte, suchte ich die nächste Haltestelle der Straßenbahn auf. Es waren nur einige Meter, dann stand ich an der Haltestelle der Linien 7 und 8. Wenige Minuten später erschien der farbige Zug der Linie 7. Also Karte erneut heraus und warten, einsteigen, entwerten, schnell Sitzplatz einnehmen, mitfahren, lesen, hören. Im Hintergrund liefern sich zwei mit den üblichen Knopfhörer bestückte junge Häupter ein Duell im 100 dB-Bereich. Ab 85 dB führt eine Dauerbeschallung zu irreparablen Gehörschäden. Waren wir nicht damals genau so?
Das Gewummere, geheule, Gezipe aus den Abspielgeräten ist unerträglich. Mir fällt der Kasernenhofton meiner Eltern ein: " Mach das Gejaule leiser!", " Stell'das Gekreische ab!" oder " was ist das für eine Negermusik?". Jugend hat das echt anders zu sein. Das war schon immer so. ie kann, soll, ja muss sich durch eine eigene Identität, über eigene Musik, Mode, Sprache, eben doch von der Erwachsenenwelt abgrenzen. das war auch bei uns so!
Zwischenzeitlich klingelt ein Handy bei einem der "Schwerhörigen ". Er spricht einige Wort. Kurze, sehr knapp gehaltene Sätze. Weil die Musik aus den Kopfhörer immer noch Zimmerlautstärke hat, verstehe ich nicht, was er wichtiges mitzuteilen hat. Kurze Zeit darauf wird der Musikfan erneut angerufen. Ein neuerlicher Kurzdialog folgt. Er setzt die Knopfhörer wieder in seine großen Ohrmuscheln und gibt sich entspannt. Die Fahrt mit der " 7 " nähert sich dem Ende. Die Ansage gibt bekannt: " Saxoniastraße ". Jetzt weiss ich endlich wieder, wo ich mich befinde. In achsen, in Dresden, im Stadtteil Löbtau. Hallo, aufwachen!
" Nächste Haltestelle: Kesseldorferstarße! Übergang zum Regionalverkehr!" krächzt es aus den Lautsprechern der Straßenbahn. Aussteigen!
Ich verlasse die Bahn und schreite einige Meter bis zur Haltestelle. Es hatte leicht zu nieseln begonnen. Ein trüber Wintertag im Februar eben. Keine Sonne, schmelzender Schnee und Temperaturen um 1 bis 3 Grad - scheußlich! Der 90er kommt wieder ewig nicht. Ich warte mindestens 10 Minuten, dann donnert das Monstrum auf drei Achsen, sechs Räder und mit einer LKW - Länge heran.Die Türen klappen auf. Einige Fahrgäste steigen vor mir ein. Ich sichte einen Sitzplatz im vorderen Drittel des Gefährts. Ich setze mich an das Fenster. Kurz darauf nimmt neben mir eine schwarzhaarige, durchaus attraktive Frau Platz. Sie starrt nach vorne. Wirkt kühl, abweisend, fast apathisch. Es ist eng auf den beiden Sitzen. Die Winterkleidung bedingt, dass sich die Arme einige Male beim Anfahren des Busses berühren. Ich empfinde es nicht unbedingt als unangenehm. Dennoch: Die Frau ist irgendwie komisch. Vielleicht ist sie psychisch gestört. Das hatte ich einst mehrfach erlebt, dass psychsich Kranke sich in den öffentlichen Verkehrsmittel annormal verhalten. Rauchen, Selbstgespräche führen, ständig wieder Aufstehen.
Während ich die Zeit erneut mit Lesen überbrücke, würdigt mich meine Sitzpartnerin keines Blickes. Das typische Verhalten einer geistig Verwirrten. Die Ansage verkündet: " Nächste Haltestelle: Dölzschener Straße!". Ich lege den " SPIEGEL " in meinen Beutel, erhebe mich und sage: Entschuldigung.". Sie steht mit auf. Eher widerwillig? Oder täuscht das? Ich schiebe mich an ihrem Rücken vorbei in Richtung Ausstieg,dabei blicke ich eher zufällig auf die rechte Hand, mit der sie den Halteholm umfasst. Ich erkenne abgekaute Fingernägel, rosa-rote Nagelbettränder, Kratzer auf der Handoberfläche. Ich stelle mich in den Durchgangsbereich und sage noch: " Danke". Dann hält der Bus. Ich drücke den Türöffnungsknopf, steige aus und gehe gemächlich auf dem Bürgersteig an dem Gefährt entlang. Das röhrt los und braust davon. Ich warte einen kleinen Moment, schaue nach links, nach rechts, dann überquere ich die " Wiesbadener Straße " in Richtung Haus.
Geschafft! Ein halber Nachmittag ist vergangen. Mir kommt es vor, als hätte ich eine Reise beendet. Dabei waren es eigentlich nur 10 Kilometer; von einem Stadtteil zu dem übernächsten.
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