Schade, Schiesser schließt!

Und wieder hat es einen traditionellen Betrieb aus den Zeiten des BRD-Wirtschaftswunders erwischt. Die Textilwerke der "Schiesser"-Gruppe melden Insolvenz an. Der Rettungsanker wird gestzt, ehe die Sturmflut in Gestalt der Weltwirtschaftkrise, das Boot gegen die Klippen schleudert. Wieder hat ein Name, der über Jahrzehnte als Synonym für bundesdeutsche Qualität stand, den Umwälzungprozessen in der Weltökonomie nicht stand halten können. Der Erfinder des Feinripp ist am Ende. Die Finanzkrise trifft ein weiteres deutsches Traditionunternehmen: Der 1875 gegründete Unterwäschehersteller Schiesser hat am Montag Insolvenz angemeldet.

Schiesser, Spießer, Doppelripp: So dichtete einst der Volksmund.



Trotz Restrukturierungen und einer positiven Geschäftsentwicklung habe sich die Lage so zugespitzt, dass „die notwendige Anschlussfinanzierung in diesem Jahr nicht sichergestellt werden konnte“, teilte das in Radolfzell am Bodensee ansässige Unternehmen mit. Der Schweizer Mehrheitsaktionär Hesta hatte der 1875 gegründeten Schiesser AG den Geldhahn zugedreht. „Hesta hätte nochmals einen zweistelligen Millionenbetrag investieren müssen und hat jetzt beschlossen, das nicht zu tun“, sagte ein Sprecher der Holding aus dem Kanton Zug. Hinter Hesta steht die schweizerische Industriellenfamilie Bechtler. Der Schiesser-Vorstand will das Unternehmen in einem Insolvenzplanverfahren fortführen. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Volker Grub aus Stuttgart bestellt.

Im Januar habe Schiesser den Umsatz im Vergleich zum Vorjahresmonat um knapp ein Fünftel gesteigert, teilte das Unternehmen mit. Auch sei das Orderbuch gut gefüllt. Das bestärke den Vorstand. Schiesser erzielte 2008 mit rund 600 Mitarbeitern einen Umsatz von rund 130 Millionen Euro. Zum Sortiment des Unternehmens, das auch für zahlreiche fremde Marken produziert, zählen neben Unterwäsche auch Nachtwäsche und Bademoden. Zudem hat Schiesser eine Serie historischer Wäschemodelle aufgelegt. Männerunterhosen in industrieller Massenfertigung – ab 1923 in Feinrippqualität – haben Schiesser groß gemacht. Auf einen Bekanntheitsgrad von 95 Prozent soll die Marke angeblich kommen.

Doch das Unternehmen hat nicht zum ersten Mal Probleme. Die Weltwirtschaftskrise hätte Schiesser schon einmal beinahe in den Konkurs getrieben. Damals wurde die Produktion gedrosselt und dann im Krieg auf militärische Zwecke umgestellt. Nach einer Blütezeit in den Nachkriegsjahren ging es in den 90er Jahren erneut bergab. 2004 wurde die Produktion nach Tschechien und Griechenland verlagert, was am Stammsitz rund 1000 Arbeitsplätze kostete. Dort beschäftigt man sich seitdem nur noch mit Entwicklung, Marketing und Vertrieb.

Schiesser war gleich bedeutend mit jenen Markenartikeln, die in den 60ern nur mit empfohlenen Richtpreisen zu erhalten waren. Sie bürgten zwar für Qualität, waren aber eben teuer. So wie Feinstrumpfhosen von " Nur Die ", Strümpfe von " Falke " oder Schuhe von " Salamander ". Sie standen aber auch auf einem Level, wie " Deutsche Markenbutter ", " Kaba, der Plantagentrank " oder " Karo - Instantkaffee ", so wie " Jacobs Krönung ", " Henkell Trocken ", " Sarotti " - Schokolade, die mit dem Mohr. Unzählige Namen ließen sich noch aufzählen. Produkte, deren Anschaffung einst den tageslohn eines Maurers, eines Hilfsarbeiters oder einer angelernten Serviererin entsprachen.

Zu meiner Kind - und Jugendzeit kostete ein Pfund Butter - gute Butter - annähernd 2 DM, eine 1 l - Flasche " Hohes C " stand mit 99 Pfenning zu Buche, die Unterhose von Schiesser wurde mit fast 5 Mark bezahlt.
" Iß die Wurst nicht eile! Mach die Butter nicht so dick aufś Brot! Nimm nicht so viel Kaba in den Becher! ", so oder s ähnlich lauteten die Befehle meiner Mutter, wenn ich am Tisch saß.
Das ist sehr lange her!
Inzwischen sind all jene Produkte, die einst zum Luxusgut für eine fünfköpfige Famile wurden, längst Massenware mit aufgedruckten Mindesthaltbarkeitsdatum und Wegwerfgarantie, sofern sie nicht verkauft werden, geworden.Die Nahrungsmittelindustrie, ihre Massenproduktion und die oktroyierten Lieferverträge der Supermarktketten, ließen die einstigen Luxusartikel zu ganz profanen Produkten verkommen.

Ob 70er, 80er, 90er, 2000er - der Preis fällt.

Die Bekleidungsindustrie hat sich ebenso revolutioniert und zwar mehrfach. Markenware made in China, Designerhemden made in Taiwan oder Unterwäsche hergestellt in Tschechien, wo ist da der Unterschied?
Längst büssten einstige Markenartikel aus der piefig-miefigen Adenauer/Erhard/Kiesinger-Ära ihre Bedeutung ein. Billig, billiger, am billigsten - so lautet heut der Geiz-ist-geil-Slogan. Wer nicht mithält, der geht unter.

Schiesser ist finaziell abgesoffen.In den nächsten Tagen wird der amtlich bestellte Insolvenzverwalter sein Werk angeheb. Das bedeutet, dass nckte zahlen sprechen werden, dass Einzelschicksale innerhalb der Belegschaft keinen Raum für sentimentales Nachdenken haben werden und die Witschaftsnostalgie nicht einmal erwähnt wird.
Namen sind wie Schall und Rauch: kaum sind sie genannt, geraten sie sofort wieder in Vergessenheit.

Schiesser schliesst,schade!

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