Endstation Insolvenz - Bitte alles aussteigen, der Zug endet endgültig hier!



Der deutsche Modelleisenbahn-Hersteller Märklin ist pleite.Was kommt danach? Märklin-Eisenbahn: Insider berichten von teuren Beraterverträgen

Das deutsche Traditionsunternehmen Märklin ist zahlungsunfähig. Der Modelleisenbahnbauer hat am 04.02.2009 bei dem zuständigen Amtsgericht Göppingen einen Insolvenzantrag gestellt. Zuvor waren weitere Verhandlungen über neue Kredite gescheitert - die Eigentümer erheben nun Vorwürfe gegen die involvierten Banken.

Dem Modelleisenbahnbauer Märklin ist das Geld ausgegangen. Gespräche mit Banken über die Verlängerung eines 50-Millionen-Euro-Kredits seien ergebnislos verlaufen, teilte das Unternehmen mit. Die Geschäftsführung habe daher beim zuständigen Amtsgericht in Göppingen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt.


Der Geschäftsbetrieb solle aber zunächst ohne Einschränkungen weiterlaufen. Das Unternehmen strebe nun eine Sanierung während des Insolvenzverfahrens an. Märklin hatte unter anderem mit der Kreissparkasse Göppingen verhandelt.

Im Kreis der Eigentümer zeigte man sich empört über die Entscheidung der Banken. "Das Verhalten der Banken ist sehr merkwürdig", sagte ein Insider zu SPIEGEL ONLINE, "vor allem zu Beginn der Spielwarenmesse". Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG habe am 13. Februar ein Sanierungsgutachten vorstellen sollen. "Offensichtlich haben es die Banken nicht für nötig befunden, dieses Gutachten abzuwarten." Auch über eine Zinsstundung oder ähnliches hätten die Institute erst gar nicht verhandelt wollen.

Laut "Südwest Presse" waren die Banken mit der Geschäftspolitik der Finanzinvestoren Kingsbridge und Goldman Sachs, die Märklin vor gut drei Jahren gekauft hatten, nicht einverstanden. Die Bank sei vor allem mit den häufigen Geschäftsführerwechseln und teuren Beratungsgesellschaften nicht zufrieden. Das Blatt beruft sich auf Insider in der Finanzbranche.

Zuletzt liefen die Geschäfte etwas besser

Dem Bericht zufolge hat die Kreissparkasse 2008 rund 4,5 Millionen Euro an Wertberichtigungen wegen Märklin verbuchen müssen. Am Dienstag hatte es noch geheißen, der Spielwarenhersteller sei wegen des Weihnachtsgeschäfts noch zahlungsfähig.

Neben der Kreissparkasse ist auch die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) Kreditgeber von Märklin. Die Kreditlinien der beiden Geldinstitute waren Ende Januar ausgelaufen.

Zuletzt waren die Geschäfte bei Märklin etwas besser gelaufen. Im Jahr 2008 konnte das Unternehmen seinen Umsatz leicht von 126 auf 128 Millionen Euro steigern. Gleichzeitig senkte Märklin den Fehlbetrag im operativen Geschäft im Vergleich zu 2007. Genaue Zahlen gab das Unternehmen dazu allerdings nicht bekannt.

"Wir sind fest gewillt, in Abstimmung mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter unser Traditionsunternehmen zu sanieren und dauerhaft im Markt zu etablieren", erklärte Geschäftsführer Dietmar Mundil. Er räumte zugleich ein, dass die Sanierungsmaßnahmen der vergangenen Jahre nicht schnell genug Wirkung gezeigt hätten.

Eigentlich sollte das 150. Firmenjubiläum gefeiert werden

Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde der Rechtsanwalt Michael Pluta aus Ulm bestellt, wie das Amtsgericht mitteilte. Er ist Fachanwalt für Insolvenzrecht. Bis ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, kann es nach Gerichtsangaben aber noch rund zwei Monate dauern.

Bis dahin könne für die Mitarbeiter Insolvenzausfallgeld in Anspruch genommen werden. Märklin beschäftigt rund 1050 Mitarbeiter, 650 in Deutschland und 400 in Ungarn. Die Beschäftigten in Deutschland sollen bereits für Januar kein Gehalt überwiesen bekommen haben.

Dabei sollte in diesem Jahr eigentlich gefeiert werden: Zum 150. Firmengeburtstag sind Ausstellungen in mehreren Städten sowie eine Sonderausstellung am Unternehmensstandort Göppingen geplant. Die Insolvenz macht diese Pläne nun wohl zunichte.

Ein Traum jedes grau-melierten Hobby-Modelleisenbahner ist zerplatzt. Dem Kind im Manne wurde gnadenlos auf gezeigt, was alles in einer globalisierten Welt und einer kapitalistischen Weltwirtschaftsordnung möglich ist.

"Eins, zwei, drei, vier Eckstein, alles muss versteckt sein..", so texteten wir einst in den Wirtschaftswunderjahren, wenn wir Versteckspielen wollten. Da war die Welt noch rund, in Ordnung, und reduzierte sich auf einfache Kinderspiele, wie

Gummitwist,Cowboy und Indianer oder Kästchenhüpfen. Später kamen Fußball,Volleyball,Handball - ein Sportverein hinzu. Das Dorf war überschaubar, die Menschen kannten einander, sie grüßten, kontrollierten und verachteten sich. So, wie sie es immer schon getan hatten.

Die kindliche Umgebung in den Zeiten der Wirtschaftswunderjahre war überschaubar,die Fahrt zu der etwa 7 Kilometer entfernten Kleinstadt geriet zu einer Weltreise, die übrige Welt allerdings war so unerreichbar, wie jener Vollmond,der regelmässig ein Mal im Monat in unser gemeinsames Kinderzimmer schien. Ein Zimmer, dass gerade so 14 m 2 umfasste. Nicht genug, um mit zwei Geschwistern dort zu spielen.

Deshalb tobten wir eben lieber draußen herum - bei Wind und Wetter, bei Eis und Schnee,bei brütender Hitze und auf der trockenen,staubigen Strasse. Jahr für Jahr, Monat für Monat,Woche für Woche,Tag für Tag,Stunde für Stunde,Minute für Minute:

Eins, zwei, drei vier Eckstein,

alles muss versteckt sein.

Hinter mir und vorder mir gilt es nicht,

und an beiden Seiten nicht!

Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht neun, zehn -

ich komme!

So riefen meine Spielkollegen, die Nachbarkinder und Mitschüler auf einem Neubaugelände, auf dem Hof oder der nächsten Wiese an einem Waldstück.

Die Zeiten wurden besser: Meine Eltern und Großeltern hatten zwar immer noch wenig Geld,aber es ging voran. Mein Vater, ein gelernter Maurer,verdiente ab 1949 so viel:


15.4.1949

1,41

11,0

9.9.1950

1,55 2)

10,0

23.4.1951

1,73

11,6

5.6.1951

1,79

3,5

1.12.1951

1,82

1,7

1.4.1952

1,89

3,9

1.4.1953

1,96

3,7

15.5.1954

2,00

2,0

1.4.1955

2,12

6,0

1.7.1955

2,16 3)

1,9

1.4.1956

2,24 3)

3,6

1.4.1957

2,46 3)

9,8

1.5.1958

2,55 4)

3,7

1.5.1959

2,65 4)

4,0

1.10.1959

2,67 5)

0,8

1.5.1960

2,82

5,6

1.6.1961

3,11

10,3

1.4.1962

3,30

6,0

1.10.1962

3,40

3,0

1.5.1963

3,57

5,0

1.4.1964

3,90

9,2

1.4.1965

4,23

8,4

1.7.1966

4,45

5,3

1.7.1967

4,56

2,5

1.9.1967

4,60

0,9

1.5.1968

4,76

3,5

1.4.1969

5,07

6,5

1.10.1969

5,19

2,4

15.12.1969

5,50


Es ging voran - aber sehr langsam und für die Arbeiter gar nicht. Als ich meinen ersten zweistelligen Geburtstag feierte, verdiente mein Vater bei 10 Stunden Arbeit pro Tag 35,70 DM. Etwa so viel, wie die kleine schwarze Nachbildung einer Dampflokomotive der Deutschen Bundesbahn, die drei Achsen und einen integrierten Kohlentender hatte.

Einen ganzen Tag musste mein Vater also arbeiten, für jenes winzige Wunschbild eines Jungen in meinem Alter. Dabei war es das billigste Modell aus dem Hause Märklin. Es gab damals Lokomotiven,die kosteten 150,-- DM oder sogar noch mehr. Unerschwinglich - ein Traum eben!

An einem Heiligen Abend in diesen Jahren, vielleicht 1963 oder 1964 bekamen mein Bruder und ich eine Eisenbahn von Märklin geschenkt- von unseren Großeltern. In der Folgezeit ersparten wir uns weiteres Zubehör, wie Schienen, Weichen,Prellbock,Wagons,Signale und eine weitere Lokomotive - eine blaue E-Lok,die bereits damals fast 90,--DM kostete. Die Eisenbahnanlage blieb überschaubar.

Im Gegensatz zu der der Kinder aus dem Hause eines selbständigen Malermeisters. Eine riesige Platte, bestückt mit üppigen Aufbauten und unzähligem Zubehör. Es fuhren dort mehrere Loks,die unzählige Wagons zogen und an vielen Gebäuden vorbei zuckelten. Eine Eisenbahnanlage - nur vom feinsten. Da konnten wir nicht mithalten. Sowohl finanziell nicht, als auch vom Wissen über die immer mehr werdenden Modelle. da gab es das schweizerische Krokodil, eine achtachsige Elektrolok, die über 300,-- DM kostete. Unerschwinglich!

Die Jahre verflogen, das Schulende nahte und das Spielen mit der Eisenbahn trat immer mehr in den Hintergrund. Die Teile verschwanden in Kartons auf dem Dachboden. Ab und zu holte ich sie noch einmal herunter. Eines Tages haben mein Bruder und ich diese Anlage verschenkt. Verschenkt an den jüngeren Bruder der Freundin meines Bruders. Einfach so! Ich habe der Märklin-Modelleisenbahnanlage - wennś denn überhaupt eine war - nie eine Träne hinterher geweint. Sie war eh unvollständig, eine unvollkommene Zusammensetzung von Märklin-Spielzeugteilen im unteren Preissegment, eine Aldi-Variante eben.

Dennoch einst viel zu teuer für meine Eltern, die ein Haus gebauthatten, Kredite abbezahlen mussten, Urlaub machen wollten,einen Ford 12 M fahren wollten - alles ging eben nicht. Für den einfachen Malocher unmöglich eben.

So vergingen denn die 70er, 80er,90er Jahre. Märklin gab es immer noch. Nur mich interessierte dieses Spielzeug längst nicht mehr. Ich legte mir einen Gameboy zu,einen Schachcomputer und einen PC - die Modelleisenbahn sah ich allenfalls im Fernsehen, wenn ältere Herren ihre exorbitanten Anlagen präsentierten. Hierin steckten Vermögenswerte, die leicht denen eines Mittelklassewagens oder einer Limosine, ja, manchmal sogar einer Eigentumswohnung entsprachen. Diese Berichte verursachten bei mir nur ein anerkennedes Kopfnicken. Alte Männer eben, die noch einmal Junge spielen wollten.

Dennoch ist das Hobby mehr als dieses. Märklin Modelleisenbahnen sind Kult, sie haben einen Fetischcharakter. Einst waren Konkurrenten, wie Fleischmann und Trix in den wenigen Spielwarenhandlungen zu bestaunen, heute gibt es diese Anbieter im Internetaktionshäusern zuhauf zu kaufen.

Die Zeitn haben sich eben gewandelt, der Junge spielt meistens mit dem Computer oder sonstigem elektronische Schnickschnack. Leider!





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