Hotel " Mama " - Hotel California?
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. HOTEL MAMA
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Ein voller Kühlschrank, frische Wäsche, ein geputztes Bad - mit dem Begriff "Hotel Mama" wird schnell ein elterlicher Beherbergungsbetrieb assoziiert, der hält, was ein gutes Hotel verspricht. Neben reiner Bequemlichkeit sind aber vor allem finanzielle und psychologische Gründe wie Arbeitslosigkeit oder eine besondere Fürsorge der Eltern dafür verantwortlich, dass Jugendliche in Deutschland immer länger zu Hause wohnen bleiben. In anderen Ländern wie zum Beispiel Italien ist es dagegen ganz normal, lange mit den Eltern unter einem Dach zu leben.
Denn:
- Das Nesthocker-Phänomen liegt im Trend
- Die Gründe für den späten Auszug sind vielfältig
- Nesthocker als Spätzünder in das reale Leben haben Anpassungsprobleme
- Die Bundeswehr - ein Grund für den späteren Auszug von Männern . .
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Nesthocker-Phänomen liegt im Trend
Laut dem statistischen Bundesamt ist das "Hotel Mama" vor allem bei jungen Männern beliebt. Das ist allerdings nicht wirklich neu: Statistiken von den 50er Jahren bis heute zeigen, dass Frauen seit Jahrzehnten früher aus dem Elternhaus ausziehen als Männer. Ein Blick auf die Zahlen des statistischen Bundesamtes offenbart eine beachtliche Geschlechter-Kluft: Mit 24 Jahren lebte im März 2004 noch fast die Hälfte der männlichen Bevölkerung (47 Prozent) bei Muttern. Bei den Frauen waren es dagegen bereits im Alter von 22 Jahren lediglich 44 Prozent. Auch bei den 30-Jährigen ist der Unterschied mit 14 Prozent daheim wohnender Männer zu 5 Prozent Frauen deutlich. Die Ergebnisse bestätigen zudem den vermuteten Trend, dass junge Leute immer später bei den Eltern ausziehen. Während 1972 nur etwa 20 Prozent der 25-Jährigen in Westdeutschland noch bei den Eltern lebten, waren es 30 Jahre später schon 29 Prozent.
In vielen Aufsätzen, beispielsweise von der Psychologin Christiane Papastefanou, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigt hat, wird als Grund für den früheren Auszug von Frauen genannt: Sie sind meistens schneller finanziell unabhängig, weil sie eher ins Ausbildungs- und Berufsleben eintreten und nicht noch Bundeswehr- oder Ersatzdienst ableisten müssen. Generell haben sich die Ausbildungszeiten bei Männern, vor allem aber auch bei Frauen, kontinuierlich verlängert, wie etwa der Soziologe Stefan Weick in einer Analyse der Daten der "Allgemeinen Bevölkerungsumfragen der Sozialwissenschaften" festgestellt hat. Eine weitere Erklärung für den früheren Auszug von Frauen ist, dass sie sich früher fest binden. Hier zeigt sich bei beiden Geschlechtern ebenfalls eine Verschiebung ins höhere Lebensalter: Im Durchschnitt heiraten ledige Frauen mit 27 Jahren, Männer erst mit über 29 Jahren, stellte der zweite Familien-Survey des Deutschen Jugendinstituts zum Wandel und der Entwicklung familiärer Lebensformen fest. 1975 lag das Alter noch bei 23 (Frauen) und 25 Jahren (Männer).
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Gründe für den späten Auszug
Wann ein junger Mensch zum "Nesthocker" wird, ist in Untersuchungen unterschiedlich ausgelegt. Mal liegt die Grenze bei 23, mal bei 25 Jahren. Schwammig wird die Definition auch, wenn junge Leute in einer Zweitwohnung, etwa einem Studentenwohnheim, wohnen und an den Wochenenden nach Hause pendeln. Statistisch ebenfalls schwierig zu erfassen sind die "Wiedereinzieher", die - manchmal mehrfach - ausziehen, um nach einer Weile ins Elternhaus zurückzukehren. Doch trotz aller Schwierigkeiten bei der Zahlen- und Ursachenanalyse - in Deutschland ist der "typische Nesthocker" nach Angaben der Erziehungswissenschaftlerin Christiane Papastefanou wissenschaftlich identifiziert: Er ist männlich, ledig, gebildet und hat gut verdienende Eltern. Dieser Typ hat festgestellt, dass sich seine lange Ausbildungszeit und seine hohen finanziellen Ansprüche besonders komfortabel dadurch verbinden lassen, dass er bei den Eltern wohnen bleibt.
Grundsätzlich sind die Gründe für den späten Auszug jedoch vielschichtig und immer individuell. Die Psychologin Elke Herms-Bohnhoff beispielsweise hat verschiedene "Nesthocker-Typologien" entwickelt, darunter die "Strebsamen - Lebensplaner - Abwägenden", die nach dem Motto "Erst die Arbeit, dann das Vergnügen" handeln. In beruflicher Hinsicht sind sie fleißig, sehen es dafür aber als selbstverständlich an, dass die Eltern sie beherbergen, damit sie ihr Ziel erreichen. Eine weitere Nesthocker-Gruppe sind die "Genießer - Anhänglichen - Loyalen", die gemeinsame Fernseh- oder Spielabende mit der Familie lieben. Wenn sie ausziehen, dann häufig in die Nähe. Überhaupt hat sich die Eltern-Kind-Beziehung dahingehend geändert, dass die typische "Sturm-und-Drang-Zeit" immer häufiger ausbleibt. Das Eltern-Kind-Verhältnis ist ausgeglichener und partnerschaftlicher, wie auch die Shell-Jugendstudie 2006 zeigt: Bei den Jugendlichen hat neben der Clique vor allem die Familie einen hohen Stellenwert. 90 Prozent geben an, mit ihren Eltern gut klarzukommen, 71 Prozent würden ihre eigenen Kinder genauso oder ähnlich erziehen, wie sie selbst erzogen wurden. Eine räumliche Trennung gehört auch wegen liberalerer Erziehungsmethoden daher nicht mehr selbstverständlich zum Ablöseprozess von den Eltern, wie Christiane Papastefanou feststellt.
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Nesthocker als Spätzünder
Viele Untersuchungen nennen finanzielle Schwierigkeiten und längere Ausbildungszeiten bei veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen als wichtige Ursachen für die gestiegene Zahl von "Nesthockern". Leistungsanforderungen sind ebenso wie Risiken höher geworden, die "Null-Bock-Einstellung" früherer Generationen ist dagegen passé, so auch ein Ergebnis der Shell-Studie.
Damit eine gute Ausbildung finanziert werden kann, bleiben beispielsweise Jugendliche aus schlechter verdienenden Familien länger zu Hause wohnen. Auch ein auf zwei Jahre befristeter Arbeitsvertrag hält manchen jungen Menschen davon ab, das Elternhaus zu verlassen. Nicht nur ein fester Arbeitsplatz, sondern auch andere klassische Symbole für das Erwachsenwerden verschieben sich zeitlich nach hinten: Heirat und Kinder kommen immer später.
Entwicklungspsychologen interpretieren einige Merkmale im Lebenslauf von Spätausziehenden als verzögerten Entwicklungsprozess. Christiane Papastefanou hat festgestellt, dass viele ihre erste Liebe später als der Durchschnitt erleben, sie länger gemeinsam mit den Eltern in den Urlaub fahren und sich in Folge das Alleinleben weniger zutrauen. Nach Ansicht vieler Psychologen liegt das oft auch an überfürsorglichen Eltern, die ihren Kindern möglichst lange alle Probleme aus dem Weg räumen wollen. Es ist wissenschaftlich nicht geklärt, wie sich ein langes Zusammenleben von Eltern und Kindern auf ihre Beziehung auswirkt. Papastefanou warnt davor, typische Eltern-Kind-Muster, die dem Alter nicht angemessen sind, zu lange aufrechtzuerhalten, weil die Kinder zu wenig Freiheitswillen und Durchsetzungsvermögen entwickeln könnten. Zudem könne die Partnerschaft der Eltern unter dem fehlenden Freiraum leiden.
Nun könnten all diese wissenschaftlichen Untersuchungen entbehrlich sein, wenn sie sich lediglich auf das Phänomen des verspäteten Erwachsenwerden kaprizieren würden. Tatsächlich verbirgt sch hinter der beschriebenen Entwicklung noch etwas mehr, als die rein ökonumische Seite: Annähernd 45 % aller geschlossenen Ehen gehen in den folgenden 10 bis 15 Jahren wieder in die Brüche. es bleiben zumeist Kinder zurück, die mit der Scheidung ihrer Eltern nur oberflächlich zurecht kommen. Damit wächst die Verlustangst, die Bindungsunfähigkeit und die evidente Scheu, sich dem realen Leben frühzeitig zu stellen.
Das " Hotel Mama " lässt sich auch unter dem Aspekt einer Ersatzpartnerschaft erklären. Viele Frauen, sofern geschieden,finden mit einem Kind nur schwer einen neuen Partner. Sie übertragen deshalb ihre Liebe und Zuneigung auf das Kind - primär auf den Jungen, der als Surrogat fungiert und denen sie dann alle Aufmerksamkeit widmen.
Immerhin lässt sich aus dieser Entwicklung somit auch etwas positives erkennen.
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Ein voller Kühlschrank, frische Wäsche, ein geputztes Bad - mit dem Begriff "Hotel Mama" wird schnell ein elterlicher Beherbergungsbetrieb assoziiert, der hält, was ein gutes Hotel verspricht. Neben reiner Bequemlichkeit sind aber vor allem finanzielle und psychologische Gründe wie Arbeitslosigkeit oder eine besondere Fürsorge der Eltern dafür verantwortlich, dass Jugendliche in Deutschland immer länger zu Hause wohnen bleiben. In anderen Ländern wie zum Beispiel Italien ist es dagegen ganz normal, lange mit den Eltern unter einem Dach zu leben.
Denn:
- Das Nesthocker-Phänomen liegt im Trend
- Die Gründe für den späten Auszug sind vielfältig
- Nesthocker als Spätzünder in das reale Leben haben Anpassungsprobleme
- Die Bundeswehr - ein Grund für den späteren Auszug von Männern . .
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Nesthocker-Phänomen liegt im Trend
Laut dem statistischen Bundesamt ist das "Hotel Mama" vor allem bei jungen Männern beliebt. Das ist allerdings nicht wirklich neu: Statistiken von den 50er Jahren bis heute zeigen, dass Frauen seit Jahrzehnten früher aus dem Elternhaus ausziehen als Männer. Ein Blick auf die Zahlen des statistischen Bundesamtes offenbart eine beachtliche Geschlechter-Kluft: Mit 24 Jahren lebte im März 2004 noch fast die Hälfte der männlichen Bevölkerung (47 Prozent) bei Muttern. Bei den Frauen waren es dagegen bereits im Alter von 22 Jahren lediglich 44 Prozent. Auch bei den 30-Jährigen ist der Unterschied mit 14 Prozent daheim wohnender Männer zu 5 Prozent Frauen deutlich. Die Ergebnisse bestätigen zudem den vermuteten Trend, dass junge Leute immer später bei den Eltern ausziehen. Während 1972 nur etwa 20 Prozent der 25-Jährigen in Westdeutschland noch bei den Eltern lebten, waren es 30 Jahre später schon 29 Prozent.
In vielen Aufsätzen, beispielsweise von der Psychologin Christiane Papastefanou, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigt hat, wird als Grund für den früheren Auszug von Frauen genannt: Sie sind meistens schneller finanziell unabhängig, weil sie eher ins Ausbildungs- und Berufsleben eintreten und nicht noch Bundeswehr- oder Ersatzdienst ableisten müssen. Generell haben sich die Ausbildungszeiten bei Männern, vor allem aber auch bei Frauen, kontinuierlich verlängert, wie etwa der Soziologe Stefan Weick in einer Analyse der Daten der "Allgemeinen Bevölkerungsumfragen der Sozialwissenschaften" festgestellt hat. Eine weitere Erklärung für den früheren Auszug von Frauen ist, dass sie sich früher fest binden. Hier zeigt sich bei beiden Geschlechtern ebenfalls eine Verschiebung ins höhere Lebensalter: Im Durchschnitt heiraten ledige Frauen mit 27 Jahren, Männer erst mit über 29 Jahren, stellte der zweite Familien-Survey des Deutschen Jugendinstituts zum Wandel und der Entwicklung familiärer Lebensformen fest. 1975 lag das Alter noch bei 23 (Frauen) und 25 Jahren (Männer).
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Gründe für den späten Auszug
Wann ein junger Mensch zum "Nesthocker" wird, ist in Untersuchungen unterschiedlich ausgelegt. Mal liegt die Grenze bei 23, mal bei 25 Jahren. Schwammig wird die Definition auch, wenn junge Leute in einer Zweitwohnung, etwa einem Studentenwohnheim, wohnen und an den Wochenenden nach Hause pendeln. Statistisch ebenfalls schwierig zu erfassen sind die "Wiedereinzieher", die - manchmal mehrfach - ausziehen, um nach einer Weile ins Elternhaus zurückzukehren. Doch trotz aller Schwierigkeiten bei der Zahlen- und Ursachenanalyse - in Deutschland ist der "typische Nesthocker" nach Angaben der Erziehungswissenschaftlerin Christiane Papastefanou wissenschaftlich identifiziert: Er ist männlich, ledig, gebildet und hat gut verdienende Eltern. Dieser Typ hat festgestellt, dass sich seine lange Ausbildungszeit und seine hohen finanziellen Ansprüche besonders komfortabel dadurch verbinden lassen, dass er bei den Eltern wohnen bleibt.
Grundsätzlich sind die Gründe für den späten Auszug jedoch vielschichtig und immer individuell. Die Psychologin Elke Herms-Bohnhoff beispielsweise hat verschiedene "Nesthocker-Typologien" entwickelt, darunter die "Strebsamen - Lebensplaner - Abwägenden", die nach dem Motto "Erst die Arbeit, dann das Vergnügen" handeln. In beruflicher Hinsicht sind sie fleißig, sehen es dafür aber als selbstverständlich an, dass die Eltern sie beherbergen, damit sie ihr Ziel erreichen. Eine weitere Nesthocker-Gruppe sind die "Genießer - Anhänglichen - Loyalen", die gemeinsame Fernseh- oder Spielabende mit der Familie lieben. Wenn sie ausziehen, dann häufig in die Nähe. Überhaupt hat sich die Eltern-Kind-Beziehung dahingehend geändert, dass die typische "Sturm-und-Drang-Zeit" immer häufiger ausbleibt. Das Eltern-Kind-Verhältnis ist ausgeglichener und partnerschaftlicher, wie auch die Shell-Jugendstudie 2006 zeigt: Bei den Jugendlichen hat neben der Clique vor allem die Familie einen hohen Stellenwert. 90 Prozent geben an, mit ihren Eltern gut klarzukommen, 71 Prozent würden ihre eigenen Kinder genauso oder ähnlich erziehen, wie sie selbst erzogen wurden. Eine räumliche Trennung gehört auch wegen liberalerer Erziehungsmethoden daher nicht mehr selbstverständlich zum Ablöseprozess von den Eltern, wie Christiane Papastefanou feststellt.
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Nesthocker als Spätzünder
Viele Untersuchungen nennen finanzielle Schwierigkeiten und längere Ausbildungszeiten bei veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen als wichtige Ursachen für die gestiegene Zahl von "Nesthockern". Leistungsanforderungen sind ebenso wie Risiken höher geworden, die "Null-Bock-Einstellung" früherer Generationen ist dagegen passé, so auch ein Ergebnis der Shell-Studie.
Damit eine gute Ausbildung finanziert werden kann, bleiben beispielsweise Jugendliche aus schlechter verdienenden Familien länger zu Hause wohnen. Auch ein auf zwei Jahre befristeter Arbeitsvertrag hält manchen jungen Menschen davon ab, das Elternhaus zu verlassen. Nicht nur ein fester Arbeitsplatz, sondern auch andere klassische Symbole für das Erwachsenwerden verschieben sich zeitlich nach hinten: Heirat und Kinder kommen immer später.
Entwicklungspsychologen interpretieren einige Merkmale im Lebenslauf von Spätausziehenden als verzögerten Entwicklungsprozess. Christiane Papastefanou hat festgestellt, dass viele ihre erste Liebe später als der Durchschnitt erleben, sie länger gemeinsam mit den Eltern in den Urlaub fahren und sich in Folge das Alleinleben weniger zutrauen. Nach Ansicht vieler Psychologen liegt das oft auch an überfürsorglichen Eltern, die ihren Kindern möglichst lange alle Probleme aus dem Weg räumen wollen. Es ist wissenschaftlich nicht geklärt, wie sich ein langes Zusammenleben von Eltern und Kindern auf ihre Beziehung auswirkt. Papastefanou warnt davor, typische Eltern-Kind-Muster, die dem Alter nicht angemessen sind, zu lange aufrechtzuerhalten, weil die Kinder zu wenig Freiheitswillen und Durchsetzungsvermögen entwickeln könnten. Zudem könne die Partnerschaft der Eltern unter dem fehlenden Freiraum leiden.
Nun könnten all diese wissenschaftlichen Untersuchungen entbehrlich sein, wenn sie sich lediglich auf das Phänomen des verspäteten Erwachsenwerden kaprizieren würden. Tatsächlich verbirgt sch hinter der beschriebenen Entwicklung noch etwas mehr, als die rein ökonumische Seite: Annähernd 45 % aller geschlossenen Ehen gehen in den folgenden 10 bis 15 Jahren wieder in die Brüche. es bleiben zumeist Kinder zurück, die mit der Scheidung ihrer Eltern nur oberflächlich zurecht kommen. Damit wächst die Verlustangst, die Bindungsunfähigkeit und die evidente Scheu, sich dem realen Leben frühzeitig zu stellen.
Das " Hotel Mama " lässt sich auch unter dem Aspekt einer Ersatzpartnerschaft erklären. Viele Frauen, sofern geschieden,finden mit einem Kind nur schwer einen neuen Partner. Sie übertragen deshalb ihre Liebe und Zuneigung auf das Kind - primär auf den Jungen, der als Surrogat fungiert und denen sie dann alle Aufmerksamkeit widmen.
Immerhin lässt sich aus dieser Entwicklung somit auch etwas positives erkennen.
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