Wenn ein Mensch kurze Zeit lebt, sagt die Welt,dass er zu früh geht!

Einst sangen die Puhdys_



Wenn ein Mensch kurze Zeit lebt
Sagt die Welt, dass er zu früh geht.
Wenn ein Mensch lange Zeit lebt
Sagt die Welt, es ist Zeit.

Meine Freundin ist schön
Als ich aufstand, ist sie gegangen.
Weckt sie nicht, bis sie sich regt
Ich hab mich in ihren Schatten gelegt.

Jegliches hat seine Zeit,
Steine sammeln, Steine zerstreu'n,
Bäume pflanzen, Bäume abhau'n,
Leben und sterben und Streit.

Wenn ein Mensch kurze Zeit lebt
Sagt die Welt, dass er zu früh geht.
Wenn ein Mensch lange Zeit lebt
Sagt die Welt, es ist Zeit, dass er geht.

Jegliches hat seine Zeit,
Steine sammeln, Steine zerstreu'n,
Bäume pflanzen, Bäume abhau'n
Leben und sterben und Frieden und Streit.

Weckt sie nicht, bis sie selber sich regt.
Ich habe mich in ihren Schatten gelegt.

Wenn ein Mensch kurze Zeit lebt,
Sagt die Welt, dass er zu früh geht.
Weckt sie nicht, bis sie sich regt,
Ich hab mich in ihren Schatten gelegt.

Meine Freundin ist schön,
Als ich aufstand, ist sie gegangen.
Weckt sie nicht, bis sie sich regt,
Ich hab mich in ihren Schatten gelegt.

Als junger Mann, als einstiger BW-Soldat habe ich jeden Tag - nach Dienstschluss - DT 64 gehört, weil ich wg. Grenznähe Vollempfang hatte (Munster-Lager) und die Musik eben prima war. Leider,leider wussten wir (Westdeutsche) von der DDR-Rockszene eben zu wenig. Das hat sich seit der Wende bei mir geändert - nicht nur weil ich längst mit einer Dresdnerin verheiratet bin.
Schade, dass bereits viele der damaligen Protagonisten von uns gegangen sind. Jetzt auch noch ihr einstiger Texter.
Die Frage nach dem "Warum" stelle ich nicht. Ebenso wenig - obwohl ich selbst stud.Jurist bin - die nach Schuld,Mitschuld und Strafe. Es nützt niemanden mehr, wenn - wie es die "Schmierenpresse" noch praktizieren wird - Kübel voller Schmutz über den Verstorbenen entleert werden.
Ergo: Für mich war er ein genialer Texter,Musiker mit aufrechtem Gang. So sollte er auch in Erinnerung bleiben - für Alle!

DD, 03.02.2009

Ich habe diesen Text am Tag nach der Selbsttötung von Kurt Demmler in dessen - noch existierendes - Gästebuch geschrieben. Hierbei kamen mir so einige Gedanken, die sich mit der Vergangenheit befassten. Gedanken nach dem eigentlichen Sinn des Lebens, nach dem Tod, nach der Zeit danach.
Der Freitod ist ein Akt der Verzweiflung. Er wird häufig dann vollzogen, wenn ein Mensch nicht mehr weiter weiß. Die Selbsttötung ist vielleicht der sinnlosere Tod. Auch wenn - fälschlicher Weise - oft von Selbstmord gesprochen, berichtet und geschrieben wird.Selbstmord gibt es nicht, denn schon rein von der Begrifflichkeit kann ein Mord i.S.d. StGB nicht von selbst vorgenommen werden.
Wir Juristen sind da Wortklauber, ohne wirklich zu wissen, was sich hinter der Selbsttötung oft verbirgt - Verzweiflung?
Verzweifelung ist weitesgehend nicht justitiabel. Ebenso wenig, wie es die Moral ist.

Die Moral ist allerdings ein Begriff, der von Menschen für Menschen kreiert wurde. Moralische Menschen sind oft Selbstzweifler, weil sie der Realität nicht in das Auge sehen wollen. Die Moralisten gehören oft zu jener Spezies von Mitmenschen, deren geistiger Horizont sich derart verengt hat, dass viele Abläufe in ihrem eigenen Leben nicht wahrgenommen werden.
Jene Moralisten zeigen mit dem Finger auf den anderen Menschen und versuchen damit Werte, Normen und Lebensinhalte,die jener andere Mensch eben nicht einhält,als das Nonplusultra darzustellen - auch diese es eben gar nicht sind. Moral ist ein Interpretationbegriff, so wie es Doppelmoral alle Male ist. Moral und Moralisten gehören deshalb nicht zwangsläufig in eine Schublade.

Wenn eine katholischer Geistlicher in England behauptet, es habe den Holocaust in der dokumentarisch verbrieften Form so nicht gegeben, dann fällt jener Unsinn in der Inselrepublik noch unter die Rubrik der freien Meinungsäußerung, er ist allerdings in Deutschland - völlig zu Recht - strafbar und führt im Vatikan nun zu einer Rücknahme der ausgesprochenen Ex-Kommunistion. So wird das Leugnen des Mordes an Millionen von jüdischen Mitbürgern sowohl als moralistisch, als auch als unmoralistisch bewertet.

Moral kommt immer nach dem Fressen! Moral fällt auch auch dann durch das Bewertungsraster, wenn es um Macht, Geld und Egoismus geht.

Wenn nun der einstige DDR-Texter und Musiker Kurt Demmler vor dem Landgericht Berlin wegen angeblichen mehr als zweihundertfachen Kindesmißbrauchs angeklagt wurde, dann kann dieser Fakt zunächst gegen die Moralvorstellung der meisten Menschen verstoßen.
Auch wenn die Unschuldsvermutung aus Art 6 II MRK greift, so wird bei diesem Vorwurf bereits im Vorfeld eine Vorverurteilung vorgenommen. Zum einen von der Boulevardpresse, zum anderen von jenen Moralisten, deren geistiger Horizont sich längst so verengt hat, dass ein Unterscheiden von Beschuldigter, Angeklagter und Verurteilter nicht mehr vorgenommen wird.

Selbst wenn die Frage, ob jener Mann jene Taten begangen hat, eben jetzt nicht mehr beantwortet werden kann, bleibt er für viel Menschen - jene Moralisten - ein Kinderschänder.
Welchen Stellenwert diese Beschuldigten,Angeklagten oder vielleicht später Freigesprochenen in unserem - ja so moralischen - Land haben, durfte ich kürzlich anhand eines Aufkleber s auf dem Heck eines vor mir fahrenden PKW lesen:
" Keine Tierversuche mehr! Nehmt Kinderschänder!"

Wer die moralische Keule so wild schwingt, der muss nicht unbedingt selbst ein treu-braver Michel sein. Die Doppelmoral kommt nämlich noch vor dem Fressen, weil sie sowohl jenes Fressen als moralisch bewertet, als auch die Moral mit dem Fressen gleich setzt.

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