Es - Ich, Ich,Ich....-Über-Ich - nichts.
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Ein Essay des Autors, Journalisten und Ex-"Stern"-Chef-Redakteur Michael Jürgs in der Ausgabe 41/2011 des "SPIEGEL" unter dem Titel " Kante statt Kant " über den Verfall der Sitten, beschreibt den Realzustand dieser Gesellschaft im Jahre 11 des 3. Jahrtausend nach Christi.
Hier lässt sich nicht ein subalternder Mahner, ein Beckmesser und Moralapostel zu aktuellen Fragen des Miteinanderumgehens aus, sondern da beschreibt ein Intellektueller die vielen Unzulänglichkeiten, die eine pluralistische Gesellschaft im Zeitalter der weltweiten Vernetzung zu ertragen hat, wenn Regeln, Gebote und Verbote außer Kraft getreten sind.
Anlass für den Jürgen'schen Rundumschlag waren die verbalen Ausfälle des CDU-Mitglieds Pofalla gegen seinen Parteifreund Bosbach. Diese geisterten mehrere Tage durch die Medien. Was Pofalla nicht davon abhielt, das Unschuldslamm zu mimen. Er entschuldigte sich - wohl eher halbherzig und aufgrund des öffentlichen Drucks - bei seinem Kollegen Bosbach, ob seiner verbalen Ausfälle.
So weit, so schön.
Jürgs nimmt die Pöbelattacke des CDUlers nun zur Grundlage, um hierauf ein Abbild des wider der guten Sitten agierenden BRDlers zu formen.
Was er dann exemplarisch für den alltäglichen Wahnsinn auf das bedruckte Papier des Nachrichtenmagazins veröffentlichen lässt, dürfte so zutreffend, wie auch erstaunlich sein:
a) "Pöbel" - Ronald zu CDU-Bosbach: " Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen!"
b) Eine pöbelnder PKW-Fahrer zu einem hupenden PKW-Fahrer, der an dessen in der zweiten Reihe parkenden Blechkübel nicht vorbei kommt:
" Ich geb dir gleich ein in die Fresse, Nervsack!"
c) Ein pöbelnder Erste-Klasse-Bahnreisender im feinem Zwirn, nach dem er von einem Obdachlosen wegen des Kaufs einer Obdachlosenzeitung angesprochen wird:
" Man wird überall von solchem Pack angebettelt!"
Jürgs bedient sich bei der Beschreibung des Pöbel-Michels dessen ureigenster Sprache, der des Proleten. Obwohl das Pöbeln nicht nur die Sache des Prekariats ist.
Er skizziert eine wohl beleibte, gepiercte, mit der U -Bahn fahrende Minderjährige, die in Leggins bekleidet als " fettarschig". Beschreibt dann - schon fast genüsslich -, wie die einen Kaugummi aus dem Mund nimmt, diesen an die Haltestange des Waggons klebt, aus einer geübten Abfolge " Rotz" aus der Nase hoch zieht und anschließend sich zungenküssend ihrem Freund widmet.
Als nächste Person mit einem "proll"-haftigen Verhalten, folgt eine silber ondulierte Trechcoatdame, deren vermeintliche Wohlerzogenheit an den gebildeten gespreizten Fingern, die vom täglichen Teetasse halten im Salon zu stammen scheinen, mit jenem Augenblick angezweifelt werden muss, als sich eben jene grand dame, an einer Menschenschlange vorbei drängt, um das nächst ankommende Taxi für sich kapern, ohne dabei auf die übrigen Wartenden Rücksicht zu nehmen.
Jürgs verteilt in seinem Essay weitere schallende Ohrfeigen, an jene Dauerquasseler am Mobiltelefon, die er schlank weg " Handyterroristen" nennt. Diese Spezies hat einen unbändigen Mitteilungsdrang, den sie immer, irgendwo zwischen Bahnhofsklo und Pizzeria oder auch - sehr beliebt - beim Einkaufen im Supermarkt austobt. Sinnloses Gesülze mittels sinnfreier Sätze zu Themen, die so interessant sind, wie die letzte Wasserstandsmeldung. Dazu ein aufgesetztes Gehabe, dass bei weiblichen Telefonterroristen ins Tussenhafte geht, bei Kerlen etwas von einem gockelhaften Getue an sich hat.
Neben Rüpeln, deren Manieren mit dem Anlassen des Motors ihrer fremd finanzierten Bleckkutsche sich verabschieden oder weil sie als verkappte Vandalen in ihren Off-Roadern den Großstadtdschungel durch pflügen, nennt der Autor auch die seit einigen Jahren eingeschleppte Seuche aus den USA, jeden Weg mit den vier-rädigen PS-Monster absolvieren zu müssen. Besonders die Teilzeit-Hausfrauen, die ihre Brut morgens zum Kindergarten oder in die Schule kutschieren, dort in der 2. bis 3. Reihe parken, damit kein anderer Verkehrsteilnehmer vorbei fahren kann, sich sabbelnd auf dem Schulhof versammeln und noch pikiert tun, wenn sie höflich gebeten werden, die Straße frei zu geben, hat er ins Visier seiner Kritik genommen.
Jürgs nennt die Gesamtheit dieses Plebsverhaltes " soziale Verwahrlosung ". Diese ist in allen Bevölkerungsgruppen, in allen Schichten und bei beiden Geschlechtern zu beobachten.
Ob diese nun aus der 68er-Bewegung heraus entsprungen sein könnte, die sich als moralisches Gewissen der einstigen Elterngeneration mit dem braunen Grundanstrich verstand und dabei selbst Anstand, Sitte und Moral durch ihr eigenes Leben aufhob oder es zumindest versucht hat, lässt sich hier und heute wohl nicht mehr fest stellen.
Inzwischen sind die viel geschmähten und zu den Hauptsündenböcken auserkorenen, bürgerlichen Ex-Berufsrevolutionäre vielleicht selbst Väter ( in 2. oder 3. Ehe ) und so gar Großväter. Die Generationen nach ihnen haben die einstig gepriesene anti-autoritäre Erziehung längst überlebt und ihre eigenen Unzulänglichkeiten an ihre Kinder weiter gegeben. Dieses sind die heutigen Wohlstandsblagen, die verzogen, verwöhnt und verwaist auf die Menschheit nach 68 los gelassen wurden.
Wenn Jürgs sich dieses Themas in seinem Essay annimmt, dann spannt er einen Bogen von der selbst ernannten politischen Elite, deren Herkunft größtenteils außerhalb des Umfelds der bildungsfernene Schichten, deren gesellschaftlicher Zerrspiegel durch die Privatfernsehlandschaft hoch gehalten wird und zwar in Form der unsäglich banalen Strep-Tease-Sendungen, in denen von Libido-Problemen über Gewichtsproblemen bis hin zu getürkten Gerichtsshows ,so ziemlich alles in die Pfanne gehauen wird, was sich in Quote verbraten lässt und die für die die werberelevante Zielgruppe von 16 bis 49 Jahren, hier den absoluten Vorreiter in Bezug auf originäre Ausdrucksweisen darstellt, die es gilt mit noch blöderen Werbeeinspielungen, den letzten Rest an Hirnmasse abzusaugen.
Jürgs hat Recht, wenn er den Verfall der Sitten in allen Lebensbereichen konstatiert. Dieses ist aber kein separates Erscheinungsbild des 3. Jahrtausend. Es ist eine Folge der zunehmenden Kommerzialisierung unseres Lebens, in dem nur noch Moneten, Statussymbole und der Egoismus zählen.
Der Freud'sche Aufbau der menschlichen Seele lässt sich auch dieses Mal zur Erklärung des klassenlosen Berufspöbelns heran ziehen.
Wenn das "Es " sehr stark ausgeprägt ist, obwohl das soziale Umfeld nur unzureichend gefestigt erscheint, potenziert sich der Drang, das " Ich " zu stärken und das " Über-Ich " völlig auszublenden.
Der Rückfall in die schlechten Sitten des Mittelalters, wo der Geist eher schwach, das Fleisch jedoch immer willig war, muss dann die zwangsläufige Folge dieser Entwicklung sein. Dieses Individuum war ständig auf der Suche nach einer Führungsgestalt, einem Führer eben.
Und, er wurde viele Jahre später auch tatsächlich gefunden. Ob nun als König, Kaiser , Ex-Gefreiter.
Was der Autor schlussendlich fordert, nämlich:
" Wichtig wäre es, den Trend zu brechen. Die soziale Verwahrlosung nicht mehr hinzunehmen als Preis der Freiheit. Sonst kümmern sich, getarnt als Bürgerwehr, jene Prolos darum, für die Freiheit nur ein leeres Wort ist. Und deren Fressen wollen wir tatsächlich nicht mehr sehen."
- Zitatende - aus " Michael Jürgs, " Kante statt Kant ", SPIEGEL 41/ 2011, S. 155
Ein Essay des Autors, Journalisten und Ex-"Stern"-Chef-Redakteur Michael Jürgs in der Ausgabe 41/2011 des "SPIEGEL" unter dem Titel " Kante statt Kant " über den Verfall der Sitten, beschreibt den Realzustand dieser Gesellschaft im Jahre 11 des 3. Jahrtausend nach Christi.
Hier lässt sich nicht ein subalternder Mahner, ein Beckmesser und Moralapostel zu aktuellen Fragen des Miteinanderumgehens aus, sondern da beschreibt ein Intellektueller die vielen Unzulänglichkeiten, die eine pluralistische Gesellschaft im Zeitalter der weltweiten Vernetzung zu ertragen hat, wenn Regeln, Gebote und Verbote außer Kraft getreten sind.
Anlass für den Jürgen'schen Rundumschlag waren die verbalen Ausfälle des CDU-Mitglieds Pofalla gegen seinen Parteifreund Bosbach. Diese geisterten mehrere Tage durch die Medien. Was Pofalla nicht davon abhielt, das Unschuldslamm zu mimen. Er entschuldigte sich - wohl eher halbherzig und aufgrund des öffentlichen Drucks - bei seinem Kollegen Bosbach, ob seiner verbalen Ausfälle.
So weit, so schön.
Jürgs nimmt die Pöbelattacke des CDUlers nun zur Grundlage, um hierauf ein Abbild des wider der guten Sitten agierenden BRDlers zu formen.
Was er dann exemplarisch für den alltäglichen Wahnsinn auf das bedruckte Papier des Nachrichtenmagazins veröffentlichen lässt, dürfte so zutreffend, wie auch erstaunlich sein:
a) "Pöbel" - Ronald zu CDU-Bosbach: " Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen!"
b) Eine pöbelnder PKW-Fahrer zu einem hupenden PKW-Fahrer, der an dessen in der zweiten Reihe parkenden Blechkübel nicht vorbei kommt:
" Ich geb dir gleich ein in die Fresse, Nervsack!"
c) Ein pöbelnder Erste-Klasse-Bahnreisender im feinem Zwirn, nach dem er von einem Obdachlosen wegen des Kaufs einer Obdachlosenzeitung angesprochen wird:
" Man wird überall von solchem Pack angebettelt!"
Jürgs bedient sich bei der Beschreibung des Pöbel-Michels dessen ureigenster Sprache, der des Proleten. Obwohl das Pöbeln nicht nur die Sache des Prekariats ist.
Er skizziert eine wohl beleibte, gepiercte, mit der U -Bahn fahrende Minderjährige, die in Leggins bekleidet als " fettarschig". Beschreibt dann - schon fast genüsslich -, wie die einen Kaugummi aus dem Mund nimmt, diesen an die Haltestange des Waggons klebt, aus einer geübten Abfolge " Rotz" aus der Nase hoch zieht und anschließend sich zungenküssend ihrem Freund widmet.
Als nächste Person mit einem "proll"-haftigen Verhalten, folgt eine silber ondulierte Trechcoatdame, deren vermeintliche Wohlerzogenheit an den gebildeten gespreizten Fingern, die vom täglichen Teetasse halten im Salon zu stammen scheinen, mit jenem Augenblick angezweifelt werden muss, als sich eben jene grand dame, an einer Menschenschlange vorbei drängt, um das nächst ankommende Taxi für sich kapern, ohne dabei auf die übrigen Wartenden Rücksicht zu nehmen.
Jürgs verteilt in seinem Essay weitere schallende Ohrfeigen, an jene Dauerquasseler am Mobiltelefon, die er schlank weg " Handyterroristen" nennt. Diese Spezies hat einen unbändigen Mitteilungsdrang, den sie immer, irgendwo zwischen Bahnhofsklo und Pizzeria oder auch - sehr beliebt - beim Einkaufen im Supermarkt austobt. Sinnloses Gesülze mittels sinnfreier Sätze zu Themen, die so interessant sind, wie die letzte Wasserstandsmeldung. Dazu ein aufgesetztes Gehabe, dass bei weiblichen Telefonterroristen ins Tussenhafte geht, bei Kerlen etwas von einem gockelhaften Getue an sich hat.
Neben Rüpeln, deren Manieren mit dem Anlassen des Motors ihrer fremd finanzierten Bleckkutsche sich verabschieden oder weil sie als verkappte Vandalen in ihren Off-Roadern den Großstadtdschungel durch pflügen, nennt der Autor auch die seit einigen Jahren eingeschleppte Seuche aus den USA, jeden Weg mit den vier-rädigen PS-Monster absolvieren zu müssen. Besonders die Teilzeit-Hausfrauen, die ihre Brut morgens zum Kindergarten oder in die Schule kutschieren, dort in der 2. bis 3. Reihe parken, damit kein anderer Verkehrsteilnehmer vorbei fahren kann, sich sabbelnd auf dem Schulhof versammeln und noch pikiert tun, wenn sie höflich gebeten werden, die Straße frei zu geben, hat er ins Visier seiner Kritik genommen.
Jürgs nennt die Gesamtheit dieses Plebsverhaltes " soziale Verwahrlosung ". Diese ist in allen Bevölkerungsgruppen, in allen Schichten und bei beiden Geschlechtern zu beobachten.
Ob diese nun aus der 68er-Bewegung heraus entsprungen sein könnte, die sich als moralisches Gewissen der einstigen Elterngeneration mit dem braunen Grundanstrich verstand und dabei selbst Anstand, Sitte und Moral durch ihr eigenes Leben aufhob oder es zumindest versucht hat, lässt sich hier und heute wohl nicht mehr fest stellen.
Inzwischen sind die viel geschmähten und zu den Hauptsündenböcken auserkorenen, bürgerlichen Ex-Berufsrevolutionäre vielleicht selbst Väter ( in 2. oder 3. Ehe ) und so gar Großväter. Die Generationen nach ihnen haben die einstig gepriesene anti-autoritäre Erziehung längst überlebt und ihre eigenen Unzulänglichkeiten an ihre Kinder weiter gegeben. Dieses sind die heutigen Wohlstandsblagen, die verzogen, verwöhnt und verwaist auf die Menschheit nach 68 los gelassen wurden.
Wenn Jürgs sich dieses Themas in seinem Essay annimmt, dann spannt er einen Bogen von der selbst ernannten politischen Elite, deren Herkunft größtenteils außerhalb des Umfelds der bildungsfernene Schichten, deren gesellschaftlicher Zerrspiegel durch die Privatfernsehlandschaft hoch gehalten wird und zwar in Form der unsäglich banalen Strep-Tease-Sendungen, in denen von Libido-Problemen über Gewichtsproblemen bis hin zu getürkten Gerichtsshows ,so ziemlich alles in die Pfanne gehauen wird, was sich in Quote verbraten lässt und die für die die werberelevante Zielgruppe von 16 bis 49 Jahren, hier den absoluten Vorreiter in Bezug auf originäre Ausdrucksweisen darstellt, die es gilt mit noch blöderen Werbeeinspielungen, den letzten Rest an Hirnmasse abzusaugen.
Jürgs hat Recht, wenn er den Verfall der Sitten in allen Lebensbereichen konstatiert. Dieses ist aber kein separates Erscheinungsbild des 3. Jahrtausend. Es ist eine Folge der zunehmenden Kommerzialisierung unseres Lebens, in dem nur noch Moneten, Statussymbole und der Egoismus zählen.
Der Freud'sche Aufbau der menschlichen Seele lässt sich auch dieses Mal zur Erklärung des klassenlosen Berufspöbelns heran ziehen.
Wenn das "Es " sehr stark ausgeprägt ist, obwohl das soziale Umfeld nur unzureichend gefestigt erscheint, potenziert sich der Drang, das " Ich " zu stärken und das " Über-Ich " völlig auszublenden.
Der Rückfall in die schlechten Sitten des Mittelalters, wo der Geist eher schwach, das Fleisch jedoch immer willig war, muss dann die zwangsläufige Folge dieser Entwicklung sein. Dieses Individuum war ständig auf der Suche nach einer Führungsgestalt, einem Führer eben.
Und, er wurde viele Jahre später auch tatsächlich gefunden. Ob nun als König, Kaiser , Ex-Gefreiter.
Was der Autor schlussendlich fordert, nämlich:
" Wichtig wäre es, den Trend zu brechen. Die soziale Verwahrlosung nicht mehr hinzunehmen als Preis der Freiheit. Sonst kümmern sich, getarnt als Bürgerwehr, jene Prolos darum, für die Freiheit nur ein leeres Wort ist. Und deren Fressen wollen wir tatsächlich nicht mehr sehen."
- Zitatende - aus " Michael Jürgs, " Kante statt Kant ", SPIEGEL 41/ 2011, S. 155
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