Die drei bis vier Damen vom Grill.

Bosordy: (c) Elke Wettig-Wikipedia
Hörbiger: (c) Manfred Werner - Wikipedia
Ferres: (c) Siblie - Wikipedia
Böhm: (c) ard-archiv

Zugegeben, aus den vielen Milliarden, die der Zwangsgebührenzahler - notfalls auch über die Zwangsvollstreckung - von dem zwangsweise angemeldeten Eigentümer oder Besitzer eines Rundfunk - und Fernsehgerätes, über die Gebühreneinzugszentrale ( GEZ ) in Köln den Öffentlich Rechtlichen Anstalten in die vielen Kassen und auf die Konten spült, ein gutes Programm zu kreieren, fällt in den Zeiten der formatierten Geschmacks - und Gehörsinne immer schwerer. Das einstige Zugpferd der Dauerverblödungsmaschinere, die privaten Kanäle nebst der Filmindustrie rund um Hollywood sind längst zu einem müden, lahmen und alten Gaul verkommen, dessen Kraft von Jahr zu Jahr nach lässt. Also: Woher neue Ideen nehmen, wenn die Hirnamputierten und auf big money fixierten US-Vorbilder keine mehr produzieren?

Die hiesigen Privatanstalten haben sich da etwas ganz Simples einfallen lassen: Sie rekrutieren aus dem gemeinen Plebs jene Protagonisten, die zu der Gruppe der sinnfrei agierenden unter Neunundvierzigjährigen zählen, kredenzen jenen - oft nicht Tageslicht tauglichen - einen sittenwidrigen Knebelvertrag und offerieren ihnen eine rosige Zukunft im Schoße von Mama RTL bis Pro7. Erst einmal an der Angel, den ausgelegten Köder bis an die Resthirnrinde verschluckt, fühlen sich diese Möchte - gern - Schauspieler flugs als Star. Analog zu dem Verarschungsformat " Dschungelcamp ", holen die selbst ernannten  " Stars " aus dem Gefrierfach des guten Geschmacks sofort die Selbstdarstellungskeule heraus und schlagen damit wild um sich, immer in der Hoffnung, einen Volltreffer bei dem, ihnen zur Seite befohlenen Soap-Gegner zu landen.

Mittels Dialogen, die inhaltlich auf dem Level der Ergüsse des Gossen-Poeten Wagner von der " BLÖD "-Zeitung anzusiedeln sind, nerven die Laiendarsteller dann mindestens 45 Minuten durch noch blödsinnigere Handlungen getragen, den Glotzer; unterbrochen von Werbe-Müll-Brüll-Blöcken.
Wer diesen Ramsch-Sendungen aus dem Wege gehen möchte, könnte es vielleicht dann doch lieber gleich bei den beiden Säulenheiligen des TV-Flachsinns versuchen: der Oma ARD und dem CDU-Opa ZDF.

Doch auch hier zeigen sich viele Sendungen aus dem Unterhaltungsgenre als unsehbar.
Da das Bundesverfassungsgericht einst den Öffentlich Rechtlichen das Sicherstellen der Grundversorgung in deren Stirn gemeiselt hat, dürfte damit auch klar sein, dass diese Sendeanstalten nie auf das Niveau der Privaten absinken werden. Dennoch bleibt für den kritischen Rezpienten zu konstatieren: Mehr Masse als Klasse!

Wenn sich die ARD als Grundversorgerin nun heran macht, einen Roman des Welt bekannten schwedischen Regisseurs und Schriftstellers Henning Mankell zu verfilmen, ist diese Aufgabe schon ansich eine Herausforderung. Nicht, weil es in den den Romanen des Schweden oft blutrünstig zugeht, auch nicht, weil diese überwiegend in der schwedischen Einsamkeit zwischen herrlichen Landschaften und halbjährlichen Wintern mit Dunkelheit spielen, sondern, weil die Mankell´schen Bestseller oft eine eigendynamische Handlung vorweisen. Was dort zunächst undurchsichtig wirkt und eigentlichen auf den ersten Blick nur aus dem Zusammenhang gerissene Handlungsstränge ergeben, fügt sich in seinen - meist Kriminalromanen - dann wie ein Puzzle zu einem Gesamtbild, dass dann die eigene Intention des Schriftstellers, eine gesellschaftskritische Aussage treffen zu wollen, widerspiegelt.

Dieses trifft auch für den Roman " Der Chinese " voll umfänglich zu. Diesen hatte ich - während des Kroatien-Aufenthalts vor drei Jahren - selbst gelesen, obgleich ich mich nicht zu den glühenden Mankell-Verehrern und schon gar nicht zu den Krimi-Konsumenten zähle.

" Der Chinese " ist anspruchsvoll beschrieben. Mankell setzt hier sicherlich historische Grundkenntnisse in Bezug auf das Verhältnis des Reichs der Mittel zu den USA und Europa voraus. Im Ergebnis führen Studien dazu, dass China einst unterjocht, das Volk versklavt und das Land ausgebeutet wurde. Nun, Henning Mankell´s Roman stößt auf ein sehr geteiltes Echo. Wer ihn auf den "Mega-Star" unter Berufung auf seine " Wallander "-Romane reduziert, hat sein wahres Anliegen nicht erkannt. Wer ihn als Sozialromantiker im Millionärskostüm kritisiert, liegt ebenso Lichtjahre von seiner eigentlichen Intention des Schreibens weg.
Henning Mankell ist eher ein dosiert agierender System - und Gesellschaftskritiker, der seine Finger in längst noch nicht verheilte Wunden aus der Vergangenheit und wieder aufgebrochene Narben in Jetztzeit legt und damit nicht unerhebliche Schmerzen bei den Ertappten und Betroffenen verursacht.
In diesem Kontext ist auch " Der Chinese " zu sehen. Altes wird bewusst wieder erneuert; Neues unbewusst in Frage gestellt.

Der Inhalt des Romans kann durchaus auf die Paraphe: " Rache ist Blutwurst " reduziert werden, ohne dass dabei die Mankell´schen Schreibkünste in Frage gestellt werden.

http://www.amazon.de/Chinese-Kriminalroman-Henning-Mankell/dp/3423212039

Was nun die bundesdeutsche Romanverfilmung angeht, muss der vorbelastete Zuschauer zu der Quintessenz gelangen: " Ziel und Thema weit verfehlt! " kommen.
Beginnt der Film doch recht spannend und insbesondere bei dem Aufdecken des Massakers an 19 Einwohnern eines Kaffs in Südschweden, sehr grausam, verfliegt dieses Gefühl spätestens mit der einsetzenden Ermittlungsarbeit der schwedischen Polizistin Vivin Sundberg ( Claudia Michelsen ) und die der mit betroffenen Richterin Brigitta Roslin ( Suzanne von Bosordy ) entwickelt sich alsbald zu einem " Zickenkrieg ".
Das dynamische Duo geht auf Verbrecherjagd und gerät dabei schnell an die Grenzen des eigenen schauspielerischen Vermögens.
Die gebürtige Dresdnerin Claudia Michelsen ist kein unbeschriebenes Blatt als Fernsehdarstellerin. Dennoch sind ihre tragenden Rollen kaum erwähnenswert.

http://de.wikipedia.org/wiki/Claudia_Michelsen

Von Borsordy, wesentlich älter, hat da schon ein anderes Kaliber aufzuweisen.Auch wenn sie in einigen Rollen nicht unbedingt überzeugend wirkt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Suzanne_von_Borsody

Im Fernsehkrimi " Der Chinese " quält von Borsordy die Zuschauer über 175 Minuten lang als taffe Richterin, die sich jenseits ihre Alltagsroutine dann nur noch der Aufklärung des Massenmordes, bei dem auch ihre Eltern umgebracht wurden, widmen darf. Die Rolle passt nicht zu ihr. Sie bringt den unterkühlten Charme und das Understatement einer gebürtigen Schwedin, so wie Mankell sie beschreibt, einfach nicht herüber.
Vielleicht liegt es auch daran, dass die Drehorte nicht  nur in Schweden, sondern in Niederösterreich und in Deutschland ( Gmünd!) gedreht  und das fernöstlich, exotische Flair aus Taiwan heran geholt wurde.


http://www.daserste.de/derchinese/allround_dyn~uid,82wtkuji68xr4esj~cm.asp

Von Bosordy ist hier an der Hauptrolle als verkappte schwedische Richterin grandios gescheitert. Mag auch sein, dass die immer gleichen Visagen im Öffentlich Rechtlichen ein gerüttelt Maß an Verdruss bei dem Zuschauer erzeugen.

Die zweite Dame, deren Rolle in dem Zweiteiler " Russisch Roulette " in Aktion trat, heisst Katharina Böhm. Sie spielt hier eine subalternde Frau mit Namen Katharina Wagner, die in St. Peterburg das Grab ihres verstorbenen Mannes besucht und dann in mysteriöse Verstrickungen mit dem russischen Geheimdienst gerät.
Da ihr Mann auch als Journalist gearbeitet hatte, stellt sich dem Zuschauer sofort die existenzielle Frage, ob hier nicht gleich mehrere Klischees in einen Topf geworfen, dann dort kräftig herum gerührt wurde, um eine einigermaßen schlüssige Geschichte servieren zu können. Spätestens als ihr mit reisender achtjähriger Sohn spurlos verschwindet, wird das gesamte Handlungsgebilde zu einer nichts nutzenden Schmonzette, denn - wie es der Zufall will - kommt ein zunächst liebenswerter und durchaus attraktiver Schrotthändler mit Namen Markowski ( Heinz Hoenig ) der verzweifelten Frau zu Hilfe. Dann treten nach einander ein Schach-Großmeister, ein EDV-Spezialist und ein russischer Oligrach auf den Plan. Mehr Plattitüden und sinnloses Palaver der Beteiligten erbringt die Handlung aber auch nicht; selbst dann noch nicht, als es " nach russischer Machart " ordentlicht zu Sache geht und eine Leiche auf der Newa schwimmt.

http://programm.ard.de/TV/daserste/russisch-roulette--1-2-/eid_281067240851950#top

So quält sich die fade Darbietung auch über weitere 1 1/2 Stunden des 2. Teils. Schön dosiert mit westlichen oder von der BRD angehäuften Vorurteilen über die Funktionsdeterminanten der russischen Gesellschaft, deren Hang zum Suff, der Korruption und Schwermütigkeit. Nein, die russische Seele ist eine andere, die sich - los gelöst von wirtschaftlichen Interessen - auf ihre ganz eigentümliche Weise dem Besucher entfaltet, sofern dieser in friedlicher Absicht kommt. Weshalb nun ausgerechnet die Witwe eines im Urschlamm der UdSSR herum wühlenden Zeitungsschnüfflers die Feinding des russichen Mafia sein soll, konnte dieser Film nicht einmal ansatzweise erklären. Grausig, einfach nur zum Abschalten.

Die Hauptakteurin Katharina Böhm angeht, so hat die gebürtige Schweizerin seit 1978 die gesamte Litanei der Familien - und Heimatschmonzetten, Krimi-Formate und sonstige Gesellschaftsfilme durch georgelt. Ob nun in " Heidi " ( Deine Heimat sind die Berge! ),Traumschiff oder die Unzertrennlichen, ihre Rollen spielt Böhm dort sowohl als auch, nämlich dem dortigen Niveau gemäß. Ebenso wenig sind die Auftritte in den Kriminalfilmen überzeugend. Dieser Eindruck setzt sich auch die dem Traktat " Russisch Roulette " fort.

http://de.wikipedia.org/wiki/Katharina_B%C3%B6hm

Die dritte Dame vom Grill war am Mittwoch gefordert. Unter dem viel sagenden Titel: " Die lange Welle hinterm Kiel " gaben sich die Granden Veronica Ferres, Mario Adorf und Christiane Hörbiger ein Stelldichein in Rahmen einer Kreuzfahrt. Teuer muss es schon sein, wenn Verres ihren Leib auf die Mattscheibe bringen möchte.  Deshalb soll die Handlung dann eher nebensächlich sein. Da sie neben der schon leicht betagten Christiane Hörbiger eine zweite Rolle soielt, dürfte deren Part denn eher mit Alter, Krankheit und Tod in Verbindung gesetzt werden. Ferres will die verkappte Rächerin mimen, denn sie stellt ihren Schwiegervater Prof. Burian wegen dessen NS-Vergangenheit zur Rede.
Ein weiterer Aufguss eines x-Mal verfilmten Standardthemas: Nationalsozialismus der Mütter und Väter gegen Kinder aus gutem hause, die kritisch das Leben der Eltern in Frage stellen und das sonstige - einigermaßen funktionierende - Familieidyll ins Wanken bringen.
Langweilige Geschichte mit langweiligen Darstellern aus längst vergangenen Zeiten und einer selbst verliebten Ferres.

http://www.daserste.de/filmmittwoch/film.asp?film=2670

Was die eigentliche Hauptdarstellerin Christaiane Hörbiger betrifft, hat sie im Verlauf ihrer langen Schauspieltätigkeit wesentlich bessere Rollen übernehmen dürfen. Was ihre, durch das Elternhaus vorgegebene Profession betrifft, lässt sich daraus nicht automatisch ein ähnlicher Qualitätsstandard ableiten. Mit 73 Jahren kann sie immerhin auf eine Wiener Melange mit bundesdeutscher Zubereitung verweisen, die sich in schmalzigen Heimatfilmen, über sinnfreie Familiengeschichten und anödende Krimis.

Fazit: Bei den drei Damen, die sich in der ARD aus dem dortigen Mumienkabinett nach dem Jahreswechsle die Ehre gaben, um dem müden Zuschauer einen Schlaftrunk mittels Märchengeschichten zu verabreichen, können weder die GEZ-Gebühren zurück erstattet werden, noch besteht ein Anspruch auf Schmerzensgeld aus unerlaubter Handlung. Somit lieber gleich den Kanal wechseln.

Kommentare

Octapolis hat gesagt…
Mal abgesehen davon, dass meiner bescheidenen persönlichen Meinung nach GEZ samt aller angeschlossenen Funkanstalten anno 2012 nur noch ein Fall für den Komposthaufen sind, machst du mir hier mächtig Vorfreude.

»Der Chinese« war auf jeden Fall ein spannender Roman, wenn nicht gleich einer der besten Mankells. Der Film liegt nun seit seiner Ausstrahlung als Aufname bei mir rum. Erst dachte ich: oh, tolles Buch - unbedingt aufzeichnen. Mittlerweile habe ich mich immer noch nicht rangetraut, weil es mich zum einen ankotzt, dass gerade im öffentlichrechtlichen Fernsehen die Produktionen immer mehrteilig oder, wie in diesem Falle, mit Überlänge bestückt sein müssen. Zum anderen erwartet man bei dem Casting natürlich auch nicht viel. Irgendwann zieh ich mir das trotzdem noch rein. Muss nur noch ein bisschen Mut sammeln.

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