Keine Rosen für den Staatsanwalt.



Das Berufsleben eines Volljuristen ist manchmal aufregender als es der trockene Stoff der Gesetze und deren Interpretation vermuten lässt. Wer sich die ungezählten Gerichtsshows angesehen hat oder sie noch immer sieht, erhält jedoch meistens ein Zerrbild. Ganz so spektakulär, wie die dortigen Auftritte es vermuten lassen, ist die Realität nun auch wiederum nicht.Die dröge Materie des Zivilprozessen, in dem es meistens nur um "Kohle" geht, lockt eigentlich - abgesehen von einigen Verfahren gegen Banken - kaum einen Köter hinter dem Ofen hervor. Auch im Arbeitsrecht sind die Prozesse eher unspektakulär. Selbst dann, wenn es um " Mobbing ", " Dumpinglöhne " oder den einen oder anderen " Busengrapscher " geht. Vom Verwaltungsrecht hört der Unbefangene auch eher wenig. Verfahren, wie jenes das um den Bau der " Waldschlößchenbrücke " geht, halten zwar die Medien noch ein wenig auf Trab, sind dann aber sehr schnell vergessen. Sozialgerichtsprozesse sind genauso öde. Hier kapriziert sich seit Jahren jedes zweite Verfahren auf den " HARTZ IV "- Schlampladen, denn in schöner Regelmäßigkeit bekommen die beteiligten ARGEN ihre rechtswidrigen Bescheide um die Löffel gehauen.
Noch trockener sind Finanzgerichtsangelegenheiten. Weil die komplizierte Materie unisono nur von den Fachleuten beherrscht wird, durchblicken auch die Massenmedien das Dickicht von Tausenden Vorschriften nicht.

Da bleibt nur das Strafverfahren übrig, dass ein wenig Leben in den vergreisten Körper der Mutter Justitia haucht. Ob nun die gemeine Trunkenheitsfahrt, die in der Regel mit dem Strafbefehl und standardisiertem Strafmaß abgewickelt wird, der Betrugsprozess, der sich manchmal durchaus amüsant zeigt, wenn die menschliche Gier nach dem schnöden Mammon sämtliche Schranken des gesunden Menschenverstandes durchbricht oder auch Verfahren gegen kriminelle Banden lassen oft aufhorchen.
So ein Strafprozess dauert dann durchaus einige Monate und kann mit einem " Deal " enden.


Als am 11.01.2012 vor dem Amtsgericht in Dachau ein Strafprozess gegen einen 54jährigen ehemaligen Fuhrunternehmer aufgerufen wurde, der sich wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in einigen dutzend Fällen zu verantworten hatte, konnte niemand der Beteiligten ahnen, dass dieses Verfahren ein blutiges Ende nimmt.

Die Norm, gegen die der Ex-Unternehmer verstoßen hatte, liest sich so:

Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (§ 266a Abs. 1 StGB).

Eigentlich ein Strafgesetz, dessen Bedeutung in den Zeiten der auflebenden Konjunktur keine so gewichtige Rolle spielt. Dennoch wird gerade gegen diese Vorschrift regelmäßig verstoßen. Auch wenn die Zahl der unter " Betrug und Untreue " fallen Vergehen eher geringer geworden ist, gibt es gerade auf diesem Feld immer wieder Fälle, bei denen größere Schäden zu lasten der Solidargemeinschaft zu verzeichnen sind. Dieses Verfahren hatte einen Summe von immerhin 44.000,--  €  zum Inhalt. Das mag auf dem ersten Blick wenig sein, betrachtet der Rezipient jene gigantischen Summen um die Anleger von Bankenberatern und sonstigen Berufsbetrüger gebracht werden.
Die Dritte Gewalt ist jedoch hier eher unnachgiebig, denn betrogen wird ja nicht die Krankenkasse selbst sondern der Arbeitnehmer, denn die Beiträge wurden dieses ja zuvor von seinem Bruttoentgelt abgezogen und treuhänderisch durch den Arbeitgeber einbehalten.

Da saßen sie nun, der Amtsrichter am Amtsgerichts, ein 35jähriger Kollege, der Staatsanwalt, der die Anklage für die Staatsanwaltschaft beim Landgericht München II vertrat, der Angeklagte, seine Verteidigerin und verhandelten. Dabei wurden auch Zeugen einvernommen. Eine übliche Vorgehensweise, wenn ein Gericht den bisher ermittelten Sachverhalt, wie er sich - wenn auch meist einseitig - aus der Anklageschrift ergibt, rechtlich erneut zu prüfen hat. Ein Routinefall ohne jedweden spektakulären Hintergrund. Ein Arbeitgeber zahlt keine Versicherungsbeiträge mehr, weil er es finanziell nicht mehr kann. In einigen Fällen auch erst gar nicht will und deshalb so genannte " Schwarzarbeiter " beschäftigt.

Die Transportbranche in diesem, unserem Lande ist ein Haifischbecken. Hier fressen sich die Beteiligten gegenseitig auf. Hinzu kommen die ungezählten Anbieter aus dem " billigeren " Ausland. Diese Konkurrenz hat nicht nur die Marktpreise im wahrsten Sinne des Wortes kaputt gemacht, sie agiert auch sehr oft mit illegalen Methoden. Ob nun die ständige Überschreitung der Lenkzeiten, die mangelhafte Verkehrssicherheit der LKW oder die Manipulation von technischen Kontrollsystemen gehören längst zum Alltag.
Wer mit allen nur erdenklichen Tricks versucht die Kosten zu drücken, wer ein günstigeres Angebot abgibt, der bekommt den Zuschlag und wird häufig für seine Leistungen nicht bezahlt.

So oder so ähnlich ist es wohl auch dem angeklagten Ex-Fuhrunternehmer ergangen, der dann auch noch wegen einer schweren Erkrankung sich nicht mehr um die Belange seiner Firma kümmern konnte. Ein Schlaganfall hinderte ihn daran. Etwas jung, für einen so gewaltigen gesundheitlichen Einschnitt im Leben? Vielleicht Wer auf diesem Sektor kämpft, um im Geschäft zu bleiben, braucht eine robuste Gesundheit. Der Angeklagte hatte sie wohl nicht mehr. Möglicherweise deshalb nicht, weil er zu viel Alkohol getrunken hat, zu viel und zu ungesunde Nahrung zu sich genommen hat und auch sonst nicht gerade gesund lebte.

Ein schwerer Schlaganfall mit anschließenden Lähmungserscheinungen verändert das Persönlichkeitsbild eines Menschen. Es kommt nicht selten vor, dass Menschen, die zuvor friedfertig waren, deren Erscheinung eher im Verborgenen bleibt, dann aggressiv werden oder solche, die bereits vorher als unangenehm galten, noch aggressiver werden.
Der Angeklagte soll vor dem Hauptverhandlungstermin ab 14.45 Uhr vor dem Amtsgericht Dachau in einem nahe gelegenen Restaurant bereits aufgefallen sein, als er sich lautstark über die Prozessbeteiligten in abfälliger Weise äußerte. " Scheiß Richter! ", soll er gesagt haben. Das Verhalten war insgesamt als gereizt und aggressiv zu bewerten. Er trank Bier. 2 halbe Liter. Um 14.00 Uhr? Es war wohl die Aufregung, die ihn veranlasste Alkohol zu sich zu nehmen.
Er war bisher unbestraft. War nie in die Mühlen von Justitia geraten. Selbst als Fuhrunternehmer nicht.

Er verließ mit seiner Verteidigerin. Wohl einer noch jungen, beruflich eher unerfahrenen Kollegin das Restaurant und betrat später das Gerichtsgebäude. Eine Einlaßkontrolle, so wie sie in Sachsen beispielsweise längst üblich ist, gibt es bei dem eher kleinen Amtsgericht Dachau nicht.
Das Fehlen jener Personenkontrollen muss nicht überall ein Manko sein.Denn die überwiegende Zahl der Besucher von Justizgebäuden haben nun einmal keine Waffen einstecken. Das dieses an jenen frühen Nachmittag in Dachau anders war, mag eine Ausnahme darstellen. Wie auch immer, während der öffentlichen Verhandlung seiner Strafsache zeigte sich der angklagte Ex-Spediteu bereits sehr aufgwühlt, teilweise ungehalten und latent aggressiv.

Die Hauptverhandlung endete mit dem Urteilsspruch durch den Einzelrichter. Der verkündete ein Strafmaß von einem Jahr auf Bewährung ( wohl drei Jahre Bewährungszeit ). Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte die Verteidigerin alle Mühe, ihren Mandant zu beschwichtigen. Dieser zog dann plötzlich eine Pistole und schoß zwei Mal in Richtung des Richters, der bereits wieder auf seinem Stuhl saß. Geistesgegenwärtig duckte sich dieser, nachdeme r die Waffe in der Hand des Angeklagten erkannte, unter seinen Tisch. Die beiden Schüsse verfehlten den Juristen. Sofort erhob der Schütze seine Waffe erneut und gab drei Schüsse auf den wie versteinert sitzenden Staatsanwalt ab. Diese trafen den Juristen am Oberkörper. Der 31 Jahre alte Staatsanwalt verstarb wenig später an den Verletzungen.

  Die Medienmeute stürzt sich sofort auf diesen Fall.Da wurd vom " Gerichtssaal-Mörder " fabuliert, von der Tat eines Wahsinnen geschrieben und es musst auch die Frage gestellt werden, ob sich der Ex-Spediteur als geisteskrank einzustufen lassen sollte.

Ein schießneder Angeklagter ist kein alltäglicher Fall, da kann der Berichterstatter schon mal richtig dick auftragen.Die Mehrzahl der Blätter beschäftigte sich mit dem Täter und veröffentlichte sofort Persönliches  aus seinem Umfeld. Das mag durchaus legitim sein, hilfreich ist eher nicht. Wer bereits am Boden liegt, auf den sollte nicht noch herum getreten werden. So ist aber die Medienindustrie im Jahre 2012 gestrickt. Sensation um jeden Preis!
Da lies sich die Berichterstattung im " Focus " doch anders. Hier wird der Tod des jungen Karriere-Juristen sehr bedauert. Das Opfer war verheiratet und hinter lässt eine ebenso noch am Anfang des Lebens stehende Frau. Ob der Staatsanwalt nun eine " glänzende " Zukunft vor sich gehabt haben soll oder nicht, ist aber dann schon eher belanglos. Nun gibt es keine Rosen für den Staatsanwalt wegen einer fairen Prozessführung sondern Lilien zur Beerdigung.

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