In der Schlange vor dem Postschalter.



Zu den ewig währenden Ärgernissen in unserer Servicewüste der ungezählten Dienstleistungen, zählt die Warteschlange ( englisch the queue, to stand in a line) vor den Countern der quasi monopolistisch agierenden öffentlichen Anbietern diverser Leistungen. So auch vor den Schaltern der Deutsche Bundespost. Jetzt, kurz vor dem Weihnachtsfest, bilden sich hier nämlich noch längere Warteschlangen als sonst.
Schwer bepackt mit Päckchen oder Paket, harren die - meist grimmig drein schauenden - Kunden der Damen hinter dem Bedienungstresen aus, bis sie endlich vortreten dürfen. Meist freundlich und durchaus bestimmt, arbeiten die blau-gelb gedressten subalternden Mitarbeiterinnen des " Gelben Riesen " diese Menschenansammlung ab.

Da kann die Aufgabe einer Postsendung, die Abholung einer solchen oder das Bezahlen von Artikeln aus dem so genannten Postshop schon mal eine Viertelstunde und mehr in Anspruch nehmen. Was tut frau/man nicht alles für die dann verdiente Ruhe während der Festtage? Wenn der Wartende in jener Wartelinie spitze Ohren hat, bekommt er so manches intime oder auch weniger persönliche Gespräch mit. Ob nun über das allzeit bereite Mobiltelefon, dass mit Nerv tötenden Klingeltönen bestückt, gerade zu dem Zeitpunkt los jault, als der oder die Wartende das Postgeschäft erledigen möchte. Einige Anrufe erscheinen dabei so gekünselt, dass der Außenstehende glauben kann, sie seien bestellt. Andere Quatschorgien über sinnfreie Inhalte und belangloses Zeug aus dem Alltag des Telefonierenden dauern selbst dann noch an, wenn der Tresen bereits in Sicht und die markierte Haltelinie erreicht ist.

Abrupt wird dann das Gesabbel eingestellt, damit das hoch wichtige Anliegen live und direkt an die Dame von der Post weiter gegeben werden kann. Besonders ärgerlich dabei sind die Wichtigtuer, deren Resthirnmasse nur noch so gering ist, dass sie nicht in der Lage zu sein scheinen, einen neuen Adressaufkleber auf das zurückzusendende Paket ausgefüllt anzubringen. Stoisch - weil jene Unfähigkeit längst gewöhnt - erledigt die gelb-blaue angezogene Mitarbeiterin dieses für jene wesentlich jüngere Kundin. Wenn die Online-Bestellung zwar geklappt hat, die georderte Ware dann aber doch nicht gefällt, nicht passt oder zu teuer ist ( nachdem sie aber innerhalb der Umtauschfrist doch getragen wurde ), reichen die eignen intellektuellen Fähigkeiten nicht mehr aus, um den Rückversand zu bewerkstelligen. Immerhin, dafür gibt es auch den " Gelben Riesen ".

Da stand ich nun, ich armer Tor und bewegte mich geduldig hinter einer aufgebrezelten Mittzwanzigerin und vor einem permanent quatschenden Studentenpärchen. Während die Modepuppe ihr High-Tech-Handy malträtierte, ging es bei den Studenten um das profane Essen, jenseits des Mensa-Fraßes.Die Alternative hierzu - das weiß ich noch zur Genüge aus eigener Erfahrung - ist selber Kochen. Und auch hierbei hat sich auf dem Sektor der studentischen Selbstverpflegung nicht viel verändert. Es sind - abseits der revolutionären Fertiggerichtsangebote und des Fast-Food-Drecks - immer wieder die gleichen Standardmahlzeiten, die dann in den späten Abendstunden auf dem IKEA-Tisch der eigenen Bude stehen. So auch im Falle des hinter mir wartenden Pärchens. Über nahezu ein akademisches Viertel diskutierte das Paar über einige Zutaten mit denen sich Soßen für Nudeln verfeinern lassen. Da war von der Sahne mit Halbfettwerten, der Zutat " Creme´Fresh " oder 10%iger Kaffeesahne die Rede. Dieses Alles kam mir sehr bekannt vor.

Das Studentenpaar redete sich in einen wahren Rausch hinein. Er wollte von ihr wissen, ob sie genügend Spaghetti eingekauft habe. Sie wollte von ihm wissen, ob er das Nudelgericht mit Oregano essen würde. Beide hatten allerdings - so meine Einschätzung - keinen richtigen Plan, wie ein schmackhaftes Nudelgericht überhaupt zubereitet wird. Deshalb folgte im Wechsel auf eine Frage sofort eine Gegenfrage. Die Antworten dazu blieben allerdings meist aus. Ich schmunzelte noch in mich hinein, denn auch mein Studentenleben war einst von Billigfraß aus dem "ALDI"-Markt an der Riensberger Straße bestimmt. Diese Filiale existiert längst nicht mehr, denn dort hat sich die Discounterkette " PLUS " eingenistet.
Einst fuhr ich mit meinem R4 immer Samstagsmorgens zum Einkaufen hin und versorgte mich für die folgende Woche mit Lebensmitteln. Billig war der " ALDI " schon, die Qualität jedoch war grausam. Mit vielen Konservierungsstoffen hergestelltes Brot, Gemüse, dass mit Chemie haltbarer gemacht wurde und Konserven, wie die norddeutsche Marke " Pottkieker ", deren Inhalte kaum genießbar waren, wanderten dennoch in meinen Einkaufswagen.

Und als meine Erinnerungen an diese Zeit durch das Dauergespräch der beiden Studenten wieder aufgefrischt waren, ich mein süffisantes Lächeln wegen des ahnungslosen Geplänkels zum Thema studentische Kochkunst eingestellt hatte, war ich auch schon an der Reihe. Der Brief mit dem Halter für das Weihnachtsgeschenk aus dem Hause " Tom Tom " passte nicht durch den Briefkastenschlitz, weshalb mein Fußweg zu der Postfiliale an der Kesseldorfer Straße erforderlich wurde. Die Mitarbeiterin holte die Sendung aus dem Nebenraum und übergab sie mir. Ich bedanke mich, legte ihr noch zwei frankierte Briefe auf den Tresen und verabschiedete mich aus dem Schlachtgetümmel um Geschenkepakte, zurückzugebende Päckchen oder abzuholende Einschreibebriefe.
Ohne nicht noch einen letzten Brief auf das wilde Treiben an dem Nebenschalter zu werfen, denn dort versuchte sich eine Mitarbeiterin mit einer Dame, die offensichtlich der Postbank die neue Wohnanschrift nicht mitgeteilt hatte und deshalb nun Probleme bekam.

Die Anzahl der Postfilialen ist seit den 90er Jahren extrem reduziert worden. Die einstigen Minister in Berlin und jene davor in Bonn wollten den Moloch auf Zukunft trimmen. Aus ihm dann eine Aktiengesellschaft formen, deren Ziel natürlich die Gewinnerwirtschaftung sein muss. Zu Lasten des Services ist das längst gelungen.
Zu meiner Kindheit war die Deutsche Post ein Staatsunternehmen mit Beamten, die arrogant, aber korrekt ihren Dienst versahen. Briefe wurden damals nicht entwendet, Poststücke nicht im Wald entsorgt und Pakete nicht geöffnet, um den Inhalt heraus zu nehmen. Aushilfen sprangen auch nicht vor den Feiertagen ein, um den anschwellenden Zustrom an Postsendungen zu bewältigen. Nein, die Post schloss pünktlich um 18.00 Uhr, wurde um 8.00 Uhr des Folgetages wieder geöffnet und blieb zwischen 13.00 Uhr bis 15.00 Uhr geschlossen ( Mittagspause ).

Der damalige Mitarbeiter hieß Schalterbeamte, der Zusteller auch Postbeamter und der oberste Dienstherr Bundespostminister. Sie alle garantierten einen gewissen Service, denn sie waren Teil der einstigen Gesellschaft. Die Post war eine Institution mit Gewicht. Deshalb wurde dort auch sehr auf die Form geachtet. Wer eine beschädigte Briefmarke für eine Postkarte oder Brief aufklebte, der erhielt das gute Stück oft mit einem Stempel und dem Hinweis "Retour" zurück. Briefmarken waren Postwertzeichen oder Wertmarken  von heute.Ab 1948 kostete ein Brief im Nahverkehr 10 Pfennig; im Fernverkehr 20 Pfennig und steigerte sich über 50 Pfennig auf eine Mark; danach 0,55 €.

http://www.bund-sammlung.de/Portotabelle.htm

Beim Recherchieren für diesen Post erinnerte ich mich auch daran, dass der Postbeamte, der einst zu Fuß, per Dienstfahrrad oder später Dienstmoped, die Sendungen austrug, immer eine schwarze Ledertasche mit vielen Fächern bei sich hatte, wo er sogar die Rentenzahlungen heraus nahm und die Beträge in bar gegen Quittung auszahlte.
Bei den heutigen Bedingungen eine nahezu abenteuerliche Aufgabe.

So gab ich auch meine Pakete ab und erhielt dafür eine Versandbescheinigung aus dem Drucker. Immerhin kann ich über die dort ausgegeben Versendenummer den Versendestatus überprüfen. Eine prima Sache, auch wenn sie gegen Diebstahl und Verlust nicht schützt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Bundespost
Die Länge der Schlange nahm während meines Anstellens ständig zu. Als ich das Gebäude verließ warteten die Kunden bis auf dem Gehsteig. Leider lässt sich gegen Schlangen dieser Art nicht viel ausrichten. Sie treten dann immer auf, wenn viele Menschen zum gleichen Zeitpunkt das Gleiche machen.
Ob nun vor der Kasse des Supermarkts, dem Eingang eines Museums oder dem Zugangtor bei einer Großveranstaltung. Immerhin kann der Einzelne diese lästige Erscheinung vermeiden, indem er einfach zu einem späteren Zeitpunkt sein Anliegen erledigen lässt,

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