Kommt ein Auto geflogen...?



Montag, 26. 01. 2009, der Monat Januar wird langsam, aber unabänderlich dem Ende zu gehen. Die Medien schwelgen in Jubelarien zu dem 2. Konjunkturpaket, die Abwrackprämie lässt Autohäuser aus dem schwarzen Tagen der Konjunkturkrise ein Lichtlein am Horizont erkennen und - als hätte es ein 23- jähriger PKW-Fahrer aus Limbach-Oberfrohna geahnt - dazu benötigt dieses Land auch noch Gottes Segen.
Diesen zu erhalten, raste er mit seine Skoda - jo mei, woar des net a BMW? - mit einer selbstmörderischen Geschwindigkeit auf einer untergeordneten Straße in einen Kreuzungbereich hinein. So titeln denn die Medien flugs:



Harte Landung im Kirchendach
Vor den Augen einer Polizeistreife hat sich am späten Sonntagabend im sächsischen Limbach-Oberfrohna ein spektakulärer Autounfall ereignet. Nach rund 35 Meter Flug landete ein Skoda-Fahrer im Dach der evangelischen Stadtkirche.
- Der 23-jährige Fahrer war offenbar viel zu schnell unterwegs und raste in einer Kurve geradeaus weiter. Er durchbrach ein Geländer und fuhr eine etwa ein Meter hohe Böschung hinauf. Diese muss wie eine Schanze gewirkt haben, sagte ein Sprecher der Polizei Chemnitz. Das schwarze Auto landete in sieben Meter Höhe im Kirchendach und blieb dort stecken. Der Fahrer wurde schwer verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert. Ob Alkohol eine Rolle spielte, blieb zunächst unklar. Der Pfarrer der Kirche, Johannes Schubert, sagte, "dass der Mann am Leben ist, ist ein Wunder Gottes". Ausgerechnet ein Kirchendach habe ihn vor einem womöglich tödlichen Sturz in die Tiefe bewahrt. Am nächsten Sonntag soll im Gottesdienst dafür gebetet werden, dass der Mann das Krankenhaus möglichst bald wieder verlassen kann. "Es ist nun wichtig, dass er durchkommt." Die Frage nach einer möglichen Schuld stehe nicht im Vordergrund, sagte Schubert. Der Schaden am Dach wird auf rund 70 000 Euro geschätzt.

Was will der Artikel uns damit sagen?
Nur fliegen ist schöner?
Geht Lilienthalś Traum weiter?

Bei aller Häme, bei allem Spott und sonstigen, niederen Beweggründen: Es war Glück im Unglück, dass diesem Raser hier widerfahren ist. Möglichweise nur einige Sekunden, nur wenige Zentimeter oder eine etwas geringere Geschwindigkeit, dann wäre der Fahrer aus diesem Wrack nicht mehr schwer verletzt, sondern tot geborgen worden.

So aber bleibt er diesem Land, dem Freistaat Sachsen, der Region um Limbach-Oberfrohna noch erhalten. Er wird sich eines Tages vor dem Amtsgericht in Zwicka zu verantworten haben. Ihm wird eine saftige Rechnung präsentiert werden, die mit den Reparaturarbeiten an dem Kirchendach beginnt und er Zuzahlung für den Krankentransport endet. Es werden Gerichtskoste, Rechtsanwaltskosten und Gebühren aller Art auf ihn zukommen. Da summt sich sehr schnell ein sechsstelliger Betrag auf. Woher nehmen, wenn nichts vorhanden ist?

Neben dem der restitutiven Komponente dieses Unfalls, steht die Frage nach dem " Wie konnte dieses eigentlich nur geschehen?" durchaus im Raum. Es mag hierfür eine Vielzahl von Erklärungen geben, dennoch steht eine bedenkliche Entwicklung im Individualverkehr vor allen anderen Ansätzen: Seit dem der Straßenverkehr sich derart verdichtet hat, dass von einer " freien Fahrt für freie Bürger " kaum noch die Rede sein kann, hat sich das egoistisch geprägte Fahrverhalten und das gegeben Aggressionpotenzial exorbitant erhöht.
Die Klientel der schadengeneigten Gruppe von 17 bis 25 Jahren verfügt heute über ausreichend finanzielle Mittel, um unmittelbar nach der Führerscheinausstellung einen voluminösen PKW zu besitzen, deren PS-Stärke weit über der eines Mittelklassewagens hinaus geht. Wer ein derartiges "Geschoß" unterm Allerwertesten spürt, den juckt es eben mehr, einmal so ordentlich auf die berühmte Tube zu drücken. Daran hindert dieses Raser-Klientel jedoch der alltägliche Verkehrswahnsinn. Ergo: Es wird nach Ausweichmöglichkeiten gesucht. Somit mutiert so manche 30er-Zone, so manche Ortschaft oder Kreisstraße,Land - sowie Bundesstraße zu einer Rennpiste.

Da wird gedrängelt, auf Stoßstangenabstand gefahren, trotz sichtbaren Gegenverkehrs vor Kurven überholt - allein diese Fahrerlaubnis bedrohenden Todsünden, halten den balzenden Jungspunt, den Testosteron überschüssigen Twen, den den ultimativen Kick suchenden Schuhmacher-Verschnitt nicht davon ab, der übrigen Fahrgemeinschaft zu zeigen, dass sein Auto eben besser ist, sein Fahrstil das non plus ultra darstellt und er überhaupt der unterbewerte Typ Mann sein muss.
So weit, so schlecht!
Wenn aber nun eine der unzähligen Gefahrensituationen ihn just in diesem Moment seines höchsten Glücksgefühl ereilt, dann: krachtś!

Fazit: Wer die Resthirnmasse in PS umsetzen möchte und das Gaspedal seines rollenden Wohnzimmers ständig durchgedrückt hält, der läuft eben Gefahr, einen Freiflugschein zu erwerben - schlimmstenfalls für den nächst belegen Friedhof!


So lässt sich zu einem all wochenendlichen Autowahnsinn der folgende Artikel einreihen:



Weitere schwere Unfälle am Wochenende

Mehrere Beteiligte schwer verletzt - zehntausende Euro Schaden

In diesem Daewoo starb am Sonntagfrüh ein 20-Jähriger.


Chemnitz/Kirchberg/Plauen. Die aufsehenerregende Autolandung im Kirchendach war nur einer von zahlreichen schweren Unfällen, die sich am Wochenende in Südwestsachsen ereignet haben. Bei diesen starb ein Mensch, mehrere Personen wurden schwer verletzt, es entstand Sachschaden in sechsstelliger Höhe. Bei einem Unfall zwischen Kirchberg und Obercrinitz kam am Sonntagfrüh ein 20-Jähriger ums Leben, drei weitere Personen wurden schwer verletzt. Ein mit vier Insassen besetzter Daewoo war auf einer Gefällestrecke ins Schleudern geraten und krachte mit dem Heck gegen einen Baum. Ein 20-jähriger Insasse wurde eingeklemmt und starb noch an der Unfallstelle, die drei anderen Insassen im Alter zwischen 19 und 29 Jahren kamen mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus. Laut Polizei hatte der 19-jährige Fahrer keinen Führerschein und den Wagen seiner Mutter ohne deren Wissen genommen.

Vier Verletzte und Blechschaden in Höhe von 45.000 Euro waren ebenfalls am Sonntagabend bei einem schweren Unfall auf der A4 nahe Chemnitz-Glösa zu konstatieren. Der Fahrer eines VW Passat aus Polen hatte auf seinem Einachs-Anhänger einen BMW geladen, als er beim Überholen eines Lasters plötzlich die Kontrolle über seinen Wagen verlor. Der VW kam ins Schleudern, dabei flog der BMW vom Hänger. Das Zugfahrzeug wurde gegen die Leitplanke katapultiert. Die 20-jährige Fahrerin eines nachfolgenden Smart konnte zwar ausweichen, der Kleinwagen geriet aber dennoch in Schlingern, überschlug sich und landete im Graben. Kurz danach krachte ein VW Touareg nahezu ungebremst in die Unfallstelle. Zwei Insassen des Passat erlitten schwere Verletzungen, die Fahrerin des Smart und der 50-jährige Mann am Steuer des Touareg erlitten leichte Verletzungen. Die Fahrbahn gen Dresden war zweieinhalb Stunden lang voll gesperrt. Es bildete sich ein kilometerlanger Stau.

Vier Verletzte und enormer Sachschaden waren die Bilanz eines Unfalls am Sonntagnachmittag auf der A4 zwischen Berbersdorf und Siebenlehn. Beteiligt waren vier Fahrzeuge, eines der Unfallopfer wurde per Rettungshubschrauber ins Krankenhaus gebracht. Der Verkehr Richtung Dresden staute sich ebenfalls über Kilometer.

In Plauen war am Wochenende ein 24-Jähriger in Rambo-Manier durch die Stadt gefahren. Der Mann, der keinen Führerschein besitzt, hinterließ eine Spur der Verwüstung. Zunächst überholte er rücksichtslos einen anderen Wagen und demolierte seinen Kleintransporter und das andere Auto beim Wiedereinscheren, dann machte er sich aus dem Staub. Die Fahrt dauerte jedoch nicht sehr lange. Als er die Kontrolle über seinen Wagen verlor, raste er durch einen Gartenzaun und landete in einem Bungalow. Zwar flüchtete der Rowdy nun erneut - diesmal zu Fuß - konnte aber inzwischen ermittelt werden. Schaden seines Wochenend-Manövers: 51.000 Euro. (zr/afp)

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