Tanze mit mir in den Morgen, der Steuerzahler und Nichtgeladene bleibt aber vor der Tür.
Das Jahr 2009 wird ein Wahl - und Feierjahr. Es begann mit der Hessenwahl und endet mit en Bundestags-und Lnadtagswahlen in Sachsen-Anhalt am 27. September. Der Plebs wird sich in diesem Zeitraum über die Medienindustrie so richtig berieseln lassen, ehe er seine Entscheidung trifft, erst gar nicht zum Wählen zu gehen oder ein Kreuz ( manchmal sogar mehrere ) an jene Stelle zu plazieren, die eine der etablierten Parteien nebst Kandidanten aufzeigt. Wahlen,Wahlen, über alles?
Nicht nur!
Es darf auch gefeiert werden, in diesem unseren Lande. Im Mai wird dem 60. Gründungstag der BRD erinnert, der Gründung der Bundeswehr, die NATO preist ihr 60 jähriges Bestehen usw.
Jubel, Trubel, Heiterkeit!
Da will sich die Landeshauptstadt Sachens eben nicht lumpen lassen und zelebriert den vierten Semperopernball. Der prominenste Gast hieß zweifelsohne Wladimir Putin, seines Zeichen russischer Ministerpräsident. Aber es waren auch noch andere Gäste zugegen: Merkel,Tillich,Orozs,Steiner,Fuchsberger,Stumph.. Namen über Namen, Prominente,Halbprominente und Möchte-Gerne.
Un was da so alles an Utensilien verbraucht,verkocht,verbraten werden musste, um jedem der 2.200 handverlesenen, weil geladenen Gästen, es so richtig recht zu machen:
Blüten,Ballkleider,Ballons,Champagner,Austern,Hummer,Perlhühner,ja, sogar Gold wird verspeist - nur vom Feinsten.
So phrasiert, fabuliert und kokettiert denn die lokale Presse in sämtlichen Tönen, Farben und Mustern. Hier steh ich, ich kann nicht anders, das Ansehen,Ruhm und Geld helfe mir, in Ewigkeit bis zum nächst Ma(h)l!
Die realen Zahlen des Bundeslandes sprechen eine andere Sprache:
Schulden 13,8 Mrd. € (Ende 2007)
Usw, usw... Das Bundesland Sachsen wird einen Bevölkerungsschwund erleben, weil die sozio-ökonomischen Bedingungen hier nicht gut sind. Immerhin dürfte die Chance, dass die dann noch Verblieben zum 24. Semperopernball eingeladen werden, über proportional steigen, weil es bald keine geeigneten Gäste mehr geben wird.
Tja, so schwelgen die 2009 geladenen Feierwütigen denn in der Erinnerung zusammen mit sonstigen Prominenten von außerhalb der Landesgrenzen für einige Stunden zusammen gewesen zu sein.
Eine kleine Auswahl gibt da die "SZ" in ihrer Wochenendausgabe vom 17./18. 01. 2009:
" In der Nacht vom Freitag zum Sonnabend tanzten 2000 Gäste in und rund 10.000 Ballfans vor der Semperoper. 81 Debütantenpaare durften erstmals im Dreivierteltakt über das Parkett schreiten. Für den eine Million Euro teuren Dritten Semperopernball wurden die Zuschauerreihen ausgebaut, über 2500 Quadratmeter roter Teppichboden ausgelegt und 250 Tische samt Stühlen neu aufgestellt.
Das Gitterrost vor dem Eingang der Semperoper ist bereit für Damenbesuch. Der rote Teppich wurde vorsichtshalber doppelt verlegt. In den letzten Jahren sind an dieser heiklen Stelle einfach zu viele hohe Hacken stecken geblieben. Der erste Schuh, der ihn an diesem Abend betritt, ist aus schwarzem Lack und gehört einem prominenten Herren.
Ministerpräsident Georg Milbradt schließt kurz nach 19 Uhr symbolisch die Tür des Hauses auf. Die dritte Auflage des Semperopernballs kann beginnen. Gerade noch haben sich die Fotografen im Foyer gegenseitig geknipst, nun richtet sich das Blitzlichtgewitter auf den Politiker. Milbradt blinzelt und beginnt den Pulk zu zählen. Irgendwann reichen seine Finger nicht mehr aus, er gibt auf und schlendert in Richtung Ballsaal. Im Hintergrund bauen sich Rettungssanitäter im Smoking auf. Um eine eventuelle Ohnmacht aufzufangen. Doch dieser sind alle Damen fern. Im Gegenteil. Es wird posiert, gelächelt, die Garderobe ins beste Licht gerückt. Ein festliches Nebeneinander von Schönheit und Scheußlichkeit.
Geplatzte Tüllträume, güldene Meterware, Herrschaften, die mit Einkaufstüten durch die Pforte gehen, Hochzeitskleider, die zum Ballgewand umfunktioniert wurden – jede Menge Stoff für spitze Zungen. Auch im Ballsaal gibt es viele Münder, die offen stehen. Hach, welch Kerzenlicht und Lüsterglanz. Die Semperoper zeigt sich für über 2 000 Ballgäste von ihrer besten Seite. Herausgeputzt haben sich auch fünf Mal so viele Besucher auf dem Theaterplatz, eine Maskerade passend zum Motto „Karneval in Elbflorenz“. Der Start in die Saison ist verfrüht und wird von der Menschentraube vor dem Barockgemäuer doch herzhaft gefeiert. Eine Kapelle aus Bern spielt den „Ungarischen Tanz“ an. Damit das Publikum schon einmal die Melodie verinnerlicht. Später sollen die Dresdner dazu gemeinsam einen Walzer aufs Pflaster legen. Brigitte Drabsch aus Dresden wiegt sich im Takt, sie hat sich ein Lippenstift-Herz ins Gesicht gemalt und ruft: „Ich liebe Fasching.“ Das Ereignis muss begossen werden, mit einem kräftigen Schluck Prickelwasser.
Den gönnen sich auch einige der 83 Debütantenpaare, die sich hinter den Kulissen gerade um einen Platz an der Heizung drängeln. Vor wenigen Minuten haben sie sich zum Gruppenfoto vor der Oper aufgestellt, jetzt heißt es warten. Mal wieder. Am Vormittag seien sie angereist, erzählt die 18-jährige Ronja Loddoch. „Jetzt will ich, dass es losgeht.“ Dass sie endlich die sieben Minuten des lang ersehnten Walzer-Reigens genießen kann. Plötzlich buntes Krachen im Himmel. Feuerwerker Tom Roeder schwebt in einer Gondel über dem Theaterplatz. Er übergibt das Steuer an Tenor Woo Kyung Kim, der im Ballsaal über die Tanzfläche gleitet. Das Drinnen und Draußen sind für einen Moment miteinander verschmolzen. Und Moderatorin Wolke Hegenbarth darf endlich ins Scheinwerferlicht. Und muss wohl zum Tausendsten Mal die Geschichte ihres Vornamens hervorkramen. Sie erklärt mit charmantem Lächeln. Der Fragesteller ist schließlich Gunther Emmerlich, ihr Partner für die Nacht. Ein Profi in Sachen Semperopernball. Ganz im Gegensatz zu ihr, die verpackt in einen Prinzessinentraum, sagt: „Ich bin Debütantin. Das ist mein erster Opernball.“ Ein Geständnis, das für Schmunzeln sorgt. Und Hoffnung für den ersten Walzer macht. Aber schließlich ist noch keine Wolke vom Himmel gefallen.
Helau Saxonia!
Wenn mein Tanzpartner noch leben würde, wär ich drin“, sagt Gisela Baum aus Meißen. Ihr großer Traum: Einmal auf einem bedeutenden Ball tanzen. „Ich weiß, ich wäre die erste auf dem Parkett“, träumt die Witwe. Das dritte Jahr infolge tanzt sie mit ihren Freundinnen Walzer vor der Semperoper. Dieses Mal hat sie noch zwei kleine Topfdeckel aus der Puppenküche ihrer Enkeltochter mit dabei – für die Guggenmusik, in die sie später scheppernd einstimmen will.
Nur in Maske und Kostüm hat sich Gisela Baum nicht geworfen wie die meisten der 10 000 Besucher auf dem Theaterplatz auch nicht. Der Dresdner sei kostümfaul, vor allem in der Öffentlichkeit, heißt es bei der Interessengemeinschaft „Augustes Rex“, die in voller höfischer Tracht erschienen ist und später bei der Prämierung der schönsten Maske gemeinsam auf der Bühne posieren. Der Reiz des Abends besteht darin, in der dunklen Masse immer wieder neue Kostüme, venezianische Masken oder rote Clownsnasen zu entdecken. Ein Mann mit Zylinder und Langnase zieht die Aufmerksamkeit auf sich. Den Zylinder hat schon der Großvater zur Hochzeit 1910 getragen. Die Maske sei ein Souvenir aus Venedig. Wer dahinter steckt, will ihr Träger nicht verraten. Für das Ablegen sei es noch zu früh. Gerade rollen erst die Limousinen am Roten Teppich vor.
Die Zaungäste müssen dieses Jahr ziemlich geduldig sein und öfter aus der Thermoskanne nachschenken, bis ein bekanntes Gesicht auftaucht. Manches entgeht ihnen auch, wie das von Devid Striesow. Der aufgehende Stern am deutschen Kinohimmel zieht unerkannt mit Freundin im Arm ein. Lauter Beifall ertönt, als Roger Whittaker erscheint. Die Älteren klatschen, die Jüngeren fragen: „Wer ist das nochmal?“
Vorn schreiten die Prominenten über den Teppich, hinten ziehen Sachsens Karnevalsvereine auf. Immer lauter erschallen die Rufe „Helau Saxonia“. Die Radeberger Brauerei hatte gewettet, die Dresdner schaffen es nicht, zehn Vereine mit je zehn Karnevalisten auf den Openairball zu locken. Am Ende sind es 35 Vereine. Während sich in der Oper die Debütantinnen im Walzerschritt wiegen, schwingen draußen die sächsischen Funkenmariechen die Beine.
Tipp: Was war sonst noch los in der Nacht der Nächte? Laden Sie sich hier die komplette Ballzeitung im pdf-Format herunter, die die SZ noch in der Ballnacht an die Gäste verteilte. "
Hach, was war das schön. Und dabei die vielen Damen und Herren mit ihren vielen Titeln. Deshalb ein Beispiel dafür, dass sich die Sucht, das eitle Selbstbeweihräuchern und das blassierte Getue nur durch eine fehlende Fehlfunktion in der unendlichen Aufzählung von disfunktionaler Bekanntheit ergänzt. Dann nämlich, wenn der Kanninchenzuchtverein sich die Ehre, der Taubenfreundeverein sich den Käfig oder der Katzen - sowie Hundezuchtverband sich die Pfote gibt:
Nicht nur!
- Vorgezogene Landtagswahl in Hessen am 18. Januar
- Wahl des deutschen Bundespräsidenten 2009 am 23. Mai
- Kommunalwahlen in Baden-Württemberg am 7. Juni
- Kommunalwahlen in Mecklenburg-Vorpommern am 7. Juni
- Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen: Der Innenminister scheint zwar noch keinen Termin festgelegt zu haben. Das Gesetz sieht aber eine Durchführung zusammen mit der Europawahl (7. Juni) vor.
- Kommunalwahlen in Rheinland-Pfalz am 7. Juni
- Kommunalwahlen im Saarland am 7. Juni
- Teil-Kommunalwahlen in Sachsen am 7. Juni
- Teil-Kommunalwahlen in Sachsen-Anhalt am 7. Juni
- Regionalwahl in der Region Stuttgart am 7. Juni
- Kommunalwahlen in Thüringen frühestens am 1. Mai, spätestens am 31. Juli (voraussichtlich am 7. Juni)
- Landtagswahl im Saarland am 30. August
- Landtagswahl in Sachsen am 30. August[
- Landtagswahl in Thüringen am 30. August
- Bundestagswahl 2009 am 27. September
- Landtagswahl in Brandenburg 27. September (voraussichtlich)
Es darf auch gefeiert werden, in diesem unseren Lande. Im Mai wird dem 60. Gründungstag der BRD erinnert, der Gründung der Bundeswehr, die NATO preist ihr 60 jähriges Bestehen usw.
Jubel, Trubel, Heiterkeit!
Da will sich die Landeshauptstadt Sachens eben nicht lumpen lassen und zelebriert den vierten Semperopernball. Der prominenste Gast hieß zweifelsohne Wladimir Putin, seines Zeichen russischer Ministerpräsident. Aber es waren auch noch andere Gäste zugegen: Merkel,Tillich,Orozs,Steiner,Fuchsberger,Stumph.. Namen über Namen, Prominente,Halbprominente und Möchte-Gerne.
Un was da so alles an Utensilien verbraucht,verkocht,verbraten werden musste, um jedem der 2.200 handverlesenen, weil geladenen Gästen, es so richtig recht zu machen:
Blüten,Ballkleider,Ballons,Champagner,Austern,Hummer,Perlhühner,ja, sogar Gold wird verspeist - nur vom Feinsten.
So phrasiert, fabuliert und kokettiert denn die lokale Presse in sämtlichen Tönen, Farben und Mustern. Hier steh ich, ich kann nicht anders, das Ansehen,Ruhm und Geld helfe mir, in Ewigkeit bis zum nächst Ma(h)l!
Die realen Zahlen des Bundeslandes sprechen eine andere Sprache:
Schulden 13,8 Mrd. € (Ende 2007)
Sitzverteilung in den Landesparlamenten Tabellarische Übersicht
Sitze | Mehrheit | SPD | CDU | CSU | Grüne | FDP | Linke | FW | NPD | Andere | Wahlperiode | nächste Wahl | ||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Baden-Württemberg (Mitglieder) | 139 | 70 | 38 | 69 | - | 17 | 15 | - | - | - | - | 5 Jahre | 2011 | |
Bayern (Mitglieder) | 187 | 94 | 39 | - | 92 | 19 | 16 | - | 21 | - | - | 5 Jahre | 2013 | |
Berlin (Mitglieder) | 149 | 75 | 53 | 37 | - | 23 | 13 | 23 | - | - | - | 5 Jahre | 2011 | |
Brandenburg (Mitglieder) | 88 | 45 | 33 | 20 | - | - | - | 29 | - | - | DVU 6 | 5 Jahre | 27.09.2009 | |
Bremen (Mitglieder) | 83 | 42 | 32 | 23 | - | 14 | 5 | 7 | - | - | BIW 1, parteilos 1 | 4 Jahre | 2011 | |
Hamburg (Mitglieder) | 121 | 61 | 45 | 56 | - | 12 | - | 8 | - | - | - | 4 Jahre | 2012 | |
Hessen (Mitglieder) | 118 | 60 | 29 | 46 | - | 17 | 20 | 6 | - | - | - | 5 Jahre | 2014 | |
Mecklenburg-Vorpommern (Mitglieder) | 71 | 36 | 23 | 22 | - | - | 7 | 13 | - | 6 | - | 5 Jahre | 2011 | |
Niedersachsen (Mitglieder) | 152 | 77 | 48 | 68 | - | 12 | 13 | 10 | - | - | DKP 1 | 5 Jahre | 2013 | |
Nordrhein-Westfalen (Mitglieder) | 187 | 94 | 74 | 89 | - | 11 | 12 | 1 | - | - | - | 5 Jahre | 2010 | |
Rheinland-Pfalz (Mitglieder) | 101 | 51 | 53 | 38 | - | - | 10 | - | - | - | - | 5 Jahre | 2011 | |
Saarland (Mitglieder) | 51 | 26 | 18 | 27 | - | 2 | 3 | 1 | - | - | - | 5 Jahre | 30.08.2009 | |
Sachsen (Mitglieder) | 124 | 63 | 13 | 55 | - | 6 | 7 | 31 | - | 8 | DSU 1, SVP 1, parteilos 2 | 5 Jahre | 30.08.2009 | |
Sachsen-Anhalt (Mitglieder) | 97 | 49 | 24 | 40 | - | - | 7 | 26 | - | - | - | 5 Jahre | 2011 | |
Schleswig-Holstein (Mitglieder) | 69 | 35 | 29 | 30 | - | 4 | 4 | - | - | - | SSW 2 | 5 Jahre | 2010 | |
Thüringen (Mitglieder) | 88 | 45 | 15 | 45 | - | - | - | 28 | - | - | - | 5 Jahre | 30.08.2009 | |
1817 | 579 | 661 | 92 | 129 | 123 | 183 | 21 | 14 | 15 | |||||
Anteil in % | 100 | 31,9 | 36,4 | 5,1 | 7,1 | 6,8 | 10,1 | 1,2 | 0,8 | 0,8 |
|
Usw, usw... Das Bundesland Sachsen wird einen Bevölkerungsschwund erleben, weil die sozio-ökonomischen Bedingungen hier nicht gut sind. Immerhin dürfte die Chance, dass die dann noch Verblieben zum 24. Semperopernball eingeladen werden, über proportional steigen, weil es bald keine geeigneten Gäste mehr geben wird.
Tja, so schwelgen die 2009 geladenen Feierwütigen denn in der Erinnerung zusammen mit sonstigen Prominenten von außerhalb der Landesgrenzen für einige Stunden zusammen gewesen zu sein.
Eine kleine Auswahl gibt da die "SZ" in ihrer Wochenendausgabe vom 17./18. 01. 2009:
" In der Nacht vom Freitag zum Sonnabend tanzten 2000 Gäste in und rund 10.000 Ballfans vor der Semperoper. 81 Debütantenpaare durften erstmals im Dreivierteltakt über das Parkett schreiten. Für den eine Million Euro teuren Dritten Semperopernball wurden die Zuschauerreihen ausgebaut, über 2500 Quadratmeter roter Teppichboden ausgelegt und 250 Tische samt Stühlen neu aufgestellt.
Das Gitterrost vor dem Eingang der Semperoper ist bereit für Damenbesuch. Der rote Teppich wurde vorsichtshalber doppelt verlegt. In den letzten Jahren sind an dieser heiklen Stelle einfach zu viele hohe Hacken stecken geblieben. Der erste Schuh, der ihn an diesem Abend betritt, ist aus schwarzem Lack und gehört einem prominenten Herren.
Ministerpräsident Georg Milbradt schließt kurz nach 19 Uhr symbolisch die Tür des Hauses auf. Die dritte Auflage des Semperopernballs kann beginnen. Gerade noch haben sich die Fotografen im Foyer gegenseitig geknipst, nun richtet sich das Blitzlichtgewitter auf den Politiker. Milbradt blinzelt und beginnt den Pulk zu zählen. Irgendwann reichen seine Finger nicht mehr aus, er gibt auf und schlendert in Richtung Ballsaal. Im Hintergrund bauen sich Rettungssanitäter im Smoking auf. Um eine eventuelle Ohnmacht aufzufangen. Doch dieser sind alle Damen fern. Im Gegenteil. Es wird posiert, gelächelt, die Garderobe ins beste Licht gerückt. Ein festliches Nebeneinander von Schönheit und Scheußlichkeit.
Geplatzte Tüllträume, güldene Meterware, Herrschaften, die mit Einkaufstüten durch die Pforte gehen, Hochzeitskleider, die zum Ballgewand umfunktioniert wurden – jede Menge Stoff für spitze Zungen. Auch im Ballsaal gibt es viele Münder, die offen stehen. Hach, welch Kerzenlicht und Lüsterglanz. Die Semperoper zeigt sich für über 2 000 Ballgäste von ihrer besten Seite. Herausgeputzt haben sich auch fünf Mal so viele Besucher auf dem Theaterplatz, eine Maskerade passend zum Motto „Karneval in Elbflorenz“. Der Start in die Saison ist verfrüht und wird von der Menschentraube vor dem Barockgemäuer doch herzhaft gefeiert. Eine Kapelle aus Bern spielt den „Ungarischen Tanz“ an. Damit das Publikum schon einmal die Melodie verinnerlicht. Später sollen die Dresdner dazu gemeinsam einen Walzer aufs Pflaster legen. Brigitte Drabsch aus Dresden wiegt sich im Takt, sie hat sich ein Lippenstift-Herz ins Gesicht gemalt und ruft: „Ich liebe Fasching.“ Das Ereignis muss begossen werden, mit einem kräftigen Schluck Prickelwasser.
Den gönnen sich auch einige der 83 Debütantenpaare, die sich hinter den Kulissen gerade um einen Platz an der Heizung drängeln. Vor wenigen Minuten haben sie sich zum Gruppenfoto vor der Oper aufgestellt, jetzt heißt es warten. Mal wieder. Am Vormittag seien sie angereist, erzählt die 18-jährige Ronja Loddoch. „Jetzt will ich, dass es losgeht.“ Dass sie endlich die sieben Minuten des lang ersehnten Walzer-Reigens genießen kann. Plötzlich buntes Krachen im Himmel. Feuerwerker Tom Roeder schwebt in einer Gondel über dem Theaterplatz. Er übergibt das Steuer an Tenor Woo Kyung Kim, der im Ballsaal über die Tanzfläche gleitet. Das Drinnen und Draußen sind für einen Moment miteinander verschmolzen. Und Moderatorin Wolke Hegenbarth darf endlich ins Scheinwerferlicht. Und muss wohl zum Tausendsten Mal die Geschichte ihres Vornamens hervorkramen. Sie erklärt mit charmantem Lächeln. Der Fragesteller ist schließlich Gunther Emmerlich, ihr Partner für die Nacht. Ein Profi in Sachen Semperopernball. Ganz im Gegensatz zu ihr, die verpackt in einen Prinzessinentraum, sagt: „Ich bin Debütantin. Das ist mein erster Opernball.“ Ein Geständnis, das für Schmunzeln sorgt. Und Hoffnung für den ersten Walzer macht. Aber schließlich ist noch keine Wolke vom Himmel gefallen.
Helau Saxonia!
Wenn mein Tanzpartner noch leben würde, wär ich drin“, sagt Gisela Baum aus Meißen. Ihr großer Traum: Einmal auf einem bedeutenden Ball tanzen. „Ich weiß, ich wäre die erste auf dem Parkett“, träumt die Witwe. Das dritte Jahr infolge tanzt sie mit ihren Freundinnen Walzer vor der Semperoper. Dieses Mal hat sie noch zwei kleine Topfdeckel aus der Puppenküche ihrer Enkeltochter mit dabei – für die Guggenmusik, in die sie später scheppernd einstimmen will.
Nur in Maske und Kostüm hat sich Gisela Baum nicht geworfen wie die meisten der 10 000 Besucher auf dem Theaterplatz auch nicht. Der Dresdner sei kostümfaul, vor allem in der Öffentlichkeit, heißt es bei der Interessengemeinschaft „Augustes Rex“, die in voller höfischer Tracht erschienen ist und später bei der Prämierung der schönsten Maske gemeinsam auf der Bühne posieren. Der Reiz des Abends besteht darin, in der dunklen Masse immer wieder neue Kostüme, venezianische Masken oder rote Clownsnasen zu entdecken. Ein Mann mit Zylinder und Langnase zieht die Aufmerksamkeit auf sich. Den Zylinder hat schon der Großvater zur Hochzeit 1910 getragen. Die Maske sei ein Souvenir aus Venedig. Wer dahinter steckt, will ihr Träger nicht verraten. Für das Ablegen sei es noch zu früh. Gerade rollen erst die Limousinen am Roten Teppich vor.
Die Zaungäste müssen dieses Jahr ziemlich geduldig sein und öfter aus der Thermoskanne nachschenken, bis ein bekanntes Gesicht auftaucht. Manches entgeht ihnen auch, wie das von Devid Striesow. Der aufgehende Stern am deutschen Kinohimmel zieht unerkannt mit Freundin im Arm ein. Lauter Beifall ertönt, als Roger Whittaker erscheint. Die Älteren klatschen, die Jüngeren fragen: „Wer ist das nochmal?“
Vorn schreiten die Prominenten über den Teppich, hinten ziehen Sachsens Karnevalsvereine auf. Immer lauter erschallen die Rufe „Helau Saxonia“. Die Radeberger Brauerei hatte gewettet, die Dresdner schaffen es nicht, zehn Vereine mit je zehn Karnevalisten auf den Openairball zu locken. Am Ende sind es 35 Vereine. Während sich in der Oper die Debütantinnen im Walzerschritt wiegen, schwingen draußen die sächsischen Funkenmariechen die Beine.
Tipp: Was war sonst noch los in der Nacht der Nächte? Laden Sie sich hier die komplette Ballzeitung im pdf-Format herunter, die die SZ noch in der Ballnacht an die Gäste verteilte. "
Hach, was war das schön. Und dabei die vielen Damen und Herren mit ihren vielen Titeln. Deshalb ein Beispiel dafür, dass sich die Sucht, das eitle Selbstbeweihräuchern und das blassierte Getue nur durch eine fehlende Fehlfunktion in der unendlichen Aufzählung von disfunktionaler Bekanntheit ergänzt. Dann nämlich, wenn der Kanninchenzuchtverein sich die Ehre, der Taubenfreundeverein sich den Käfig oder der Katzen - sowie Hundezuchtverband sich die Pfote gibt:
Na, denn, freuen wir uns auf den fünften Semperopernball in 2010?
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