Heraus zum 1. Mai - alle Jahre wieder nur Randale in Berlin?
Wie war das noch gleich mit dem 1. Mai? Dem Tag der Arbeit? Der Historie dieses Datums? Nun, für mich ist der 1. Mai zunächst ein Feiertag. Allerdings kann ich meine proletarischen Wurzel natürlich hier nicht leugnen und begebe mich deshalb zurück zu den Ursprüngen dieses Feiertags. Ich zitiere aus WIKIPEDIA:
" Der Erste Mai ist ein gesetzlicher Feiertag in Deutschland, Österreich, Teilen der Schweiz und vielen weiteren Staaten, wie zum Beispiel Russland, VR China, Griechenland, Frankreich, Schweden, Mexiko, Thailand oder Nordkorea. Er wird auch als Tag der Arbeit, Maifeiertag oder Kampftag der Arbeiterbewegung bezeichnet. Die amtliche Bezeichnung in Deutschland ist durch Gesetze der einzelnen Länder geregelt. In Nordrhein-Westfalen z. B. ist der 1. Mai offiziell Feiertag als „Tag des Bekenntnisses zu Freiheit und Frieden, sozialer Gerechtigkeit, Völkerversöhnung und Menschenwürde“. "
- Zitatende -
Soweit zu der Bedeutung des Tages. Wenn ich einmal die Geschichte bemühe, ist jene, die um den 1. Mai rankt, so vieldeutig, dass es schwer fällt, sämtliche Facetten zu beschreiben. Ich beschränkte mich deswegen auf die Bedeutung für die Arbeiterbewegung. Nach den Bismarckśchen "Sozialistengesetzen ", mit denen die Wilhelminischen Komißköppe versuchten, die aufstrebende Arbeiterbewegung zu knechten, der " Hurra " - Patriotismusphase von kurz bis der Jahrhundertwende bis zum Ende des 1. Weltkriegs, setzte zunächst ein Umdenken in weiten eilen der Bevölkerung ein. Die Anti-Militarisierung der Gesellschaft begann und erbrachte einige, tiefgreifende Veränderung für Staat und Gesellschaft. Deshalb war es nicht überraschend, dass die Weimarer Natinalversammlung am 15. April 1919 mit 159 gegen 85 Stimmen bei 10 Enthaltungen den 1. Mai zum gesetzlichen Feiertag deklarierte. Für das Gesetz, das allerdings nur auf den 1. Mai 1919 beschränkt war, stimmten die SPD, die Deutsche Demokratische Partei ( DDP ) und Teile der konservativen Zentrumspartei. Während die bürgerlich, reaktionäre Opposition (DDVP, DVP) sowie weite Teile des Zentrums die Einführung des Tages der Arbeit als Feiertag überhaupt ablehnten, ging der USPD das Gesetz nicht weit genug, sie forderte zusätzlich die Einführung des 9. Novembers als Revolutionsfeiertag.
In der deutschen Geschichte des 1. Mai ist der so genannte " Blutmai in der Reichshaupstadt Berlin ( 1929) ein bedeutendes Ereignis, welches die Widersprüche zwischen KPD und SPD entscheidend verschärfte. Gesetzlicher Feiertag wurde der 1. Mai erst wieder ab 1933 durch die Faschisten. Das Reichsgesetz vom 10. April 1933 benannte ihn als „Feiertag der nationalen Arbeit“. Im Jahr 1934 wurde der 1. Mai durch eine Gesetzesnovelle zum sogenannten „ Nationalen Feiertag “ erklärt.
In den sozialistischen Ländern wurde der 1. Mai als „Internationaler Kampf- und Feiertag der Werktätigen für Frieden und Sozialismus“ begangen und auf die Traditionen der internationalen Arbeiterbewegung verwiesen. Die Teilnahme an den Demonstrationen, mit dem Vorbeimarsch an der Tribüne mit führenden Parteimitgliedern und anderen Ehrengästen, war für Betriebe und Schulen im Allgemeinen eine Pflichtveranstaltung. Symbol des 1. Mai ist die rote " Mai " - Nelke.
Nach dem 2. WK wurde der 1. Mai 1946 durch den Alliierten Kontrollrat bestätigt. Maikundgebungen durften jedoch nur in beschränkter Form durchgeführt werden. Der 1. Mai ist in der Bundesrepublik Deutschland nach den Feiertagsgesetzen der 16 Bundesländer ein gesetzlicher Feiertag.
Seit den 1980er Jahren gab es neben den politischen organisierten Demonstrationen auch regelmäßig Ausschreitungen, vor allem im Zusammenhang mit der Demonstration zum 1. Mai im Stadtteil Kreuzberg (Berlin).
Darüber hinaus gibt es seit 2001 den internationalen EURO May Day, dessen zentrales Anliegen ist, den verschiedenartigsten Formen von Prekarisierung in Arbeit und Leben, die durch die klassischen Institutionen der einstigen Arbeiterbewegung und der Linken nicht (mehr) organisiert werden, einen Ausdruck zu geben.
Soweit die historische Bedeutung jenes Feiertags. Obwohl er - heute mehr denn je - an Bedeutung gewinnen müsst, werden die unterschiedlichen Veranstaltungen von Gewerkschaften und Parteien wohl auch im ahr 2009 nur auf eine geringe Resonanz treffen. Das war nicht immer so.Nach Gründung der BRD kamen in den 1950er und 1960er Jahren zu den DGB-Veranstaltungen hunderttausende Menschen zusammen, um für den Erhalt und die Verbesserung der Arbeitnehmerrechte einzustehen. Auch in den 1970er Jahre zeigten noch viele politisch Interessierte bei den Mai-Demonstrationen Präsenz. Hiernach nahm die Bereitschaft, an dem Tag der Arbeit auf eine der Großveranstaltungen zu gehen, sukzessive ab. Die Ursachen für diese Entwicklung sind vielfältig. In wesentlichen ist der rückläufige Organisationsgrad, die Bedeutung der Gewerkschaften im Globalisierungszeitalter, das Image der Arbeitnehmervertretung selbst und der aufgebaute Wohlstand sowie das enger geknüpfte soziale Netz hierfür verantwortlich. Ein mangelndes Bewußtsein innerhalb der Nachkriegsgenerationen und eine falsch verstandene Identifikation mit dem kapitalistischen System durch Konsum orientiertes Handeln, geben weitere Gründe für den Interessenschwund ab.
Als ich einst als junger Student an den Ersten Mai-Demonstration Mitte der 1970er teilnahm, durfte ich den Reden von führenden Politikern und Gewerkschaftern zuhören, denen ich noch sehr viel von ihren gesprochenen Worten glaubte. Das zwischen Glauben und Realität jedoch ein exorbitanter Unterschied besteht, wurde mir spätestens mit dem Aufdecken unzähliger Polit-Skandalen bewußt. Ob nun Neue Heimat-Skandal, HELABA-Affäre oder Verfilzungen von Gewerkschaften sowie Teilen der SPD mit der Atom-Lobby, den Rüstungskonzernen oder deren Rolle bei Postenschachereien, das alles veränderte mein Bild zu jenen gesellschaftlich relevanten Gruppen.
Zunehemend musste ich erkennen, dass der Drang nach dem eigenen materiellen Wohlergehen, nach Macht und Einfluss und einem hohen gesellschaftlichen Habitus oft größer war, als die ideologischen Grundsätze. Ich kam alsbald zu dem Ergebnis, dass die Personen, die große Reden zum 1. Mai schwangen, oft deren Inhalte weder verstanden, noch selbst danach lebten, mithin es eben nicht glaubten, was sie an Worthülsen von sich gaben.
Immerhin verbleibt mir ein prägendes Ereignis, dass sich jenseits der Maifeiern und der organisierten Fahrradtouren sowie anschließenden Saufgelage, im Jahre 1980 in Bremen zutrug. Es gab - so, wie jährlich in Berlin - anlässlich eines öffentlichen Rekrutengelöbnisses im Bremer Weserstadion dort richtig Randale.
Hierzu heisst es u.a.:
6. Mai: Ein öffentliches Gelöbnis der Bundeswehr in Bremen löst schwere Krawalle von Anhängern der Friedensbewegung aus.
Bei einer Rekrutenvereidigung im Bremer Weserstadion kommt es zu stundenlangen Strassenschlachten. In den folgen Monaten finden mehrere Demonstrationen gegen Vereidigungen und Nato statt. Im August in Göttingen demonstrieren 500 und im September in Hildesheim 2000 Menschen gegen Nato-Manöver. Im September kommt es in Hanover und Stuttgart zu Demos und Randale bei Rekrutenvereidigungen.
Nun war die Vereidigung zwar ein öffentliches Gelöbnis,denn es waren Wehrpflichtige, die zu der Veranstaltung abkommandiert wurden, dennoch bleiben mir jene Stunden, innerhalb derer Autos brannten, Müllcontainer abfackelten und Polizisten wie Freiwild gejagt wurden, noch sehr gut in Erinnerung; stand ich doch nur wenige Meter vor den randalierenden Personen entfernt. Mit eigenen Augen sah ich, wie Faust große Pflastersteine aus dem Straßenbelag heraus gegraben wurden und wie diese anschließend gegen Soldaten, Zivilisten und Polizisten geschleudert wurden.
Am Besten fand ich allerdings den inpeitscher im KBW-Bus, der so sinnfreie Formulierungen, wie: " Hier spricht die Arbeiterklasse!" oder: " Wir wollen keine kapitalistsichen Kriegsknechte!" über eine Lautsprecheranlage verbreitete. Wir - das waren Studienkollegen von mir - kringelten uns vor Lachen. Glaubte dieser Quatschkopf vom Kommunistischen Bund Westdeutschland seinen eigenen Worten wirklich? Viele dieser Sektierer haben Jahre später wohl Karriere in Papis Unternehmen gemacht, sind zu hohen Tieren in irgendwelchen Ämtern und Behörden aufgestiegen oder sind mittlerweile gut situiert in Bremen Oberneuland, Borgfeld oder Schwachhausen ansässig.
An jenem 6. Mai 1980, einem lauen Dienstagabend, flogen die Fetzen, da brannte der Baum und die Medien plärrten von Randale, von skandalösen Zuständen und unbehelligt gebliebenen Verbrechern. Die BLÖD-Zeitung hetzte in ihrer Regionalausgabe Bremen gegen die linke Uni, gegen den linken Senat in Bremen und den roten Radiosender Hansawelle, der über diese Ereignisse eher parteiisch berichtete. Was sollś! Die reaktionären Schreihälse in den sonstigen Medien, ihre pseudo-liberale Vorhut im Bonner Bundestag, vertreten durch CDU/CSU und Teilen der FDP, waren mir genaus suspekt, wie die Parolen schwingenden KBWĺer. Nachdem sich die emüter wieder beruhigt hatten, gab es eine öffentliche Aussprache in der Bremer Bürgerschaft und sonstige, die Randale verarbeitende sowie aufarbeitende Veranstaltungen. CDU-Fraktionchef Bernd Neumann, von dem FJS einst behauptete, er sei der kleinste Häuptling eines Zwergpygmäenstammes, weil seine Schwarzen kaum die 20 %-Hürde bei den Wahlen schafften, zog ordentlich vom Leder, so, wie die reaktionären Hetzblätter des Springer-Imperiums es bereits Tage nach dem 6. Mai auch vorgemacht hatten.
Von Linksfaschismus war da die Rede. Das Vokabular ähnelte dem, dass Strauß, der allseits gescholtene FJS aus Bayern, wenige Wochen später bei einer CDU-Wahlkampfveranstaltung gegenüber den Anti-Strauß-Demonstranten auch heraus schrie: " Ihr seit die schlimmsten Nachfolger von Josef Goebbels!"
Hierdurch hat er nicht nur Sympatisanten seiner Law & Order - Quatschpolitik vergrätzt, sondern sich selbst diskreditiert und als Anti-Demokraten hingestellt. Genau darauf kam es den tausenden Störern eben an.
Auch wenn ich mich bereits am 6. Mai von den Randalierern distanziert habe und Gewalt für kein geeignetes Mittel bei der politischen Auseinandersetzung halte, so waren es doch bewegte Zeiten. Selbst 12 Jahre nach den 68er Unruhen. Die Jugend hatte zumindest poltische Inhalte, so auch einst jene Teilnehmer an den Großveranstaltungen zum 1. Mai - dem Tag der Arbeit!
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