Saufen bis der Arzt kommt! Warum der exzessive Alkoholkonsum bei vielen Jugendlichen zu einem gesellschaftlichen Problem wird.
Eine Meldung vom Dienstag dieser Woche verursachte bei mir, mehr als nur ein heftiges Kopfschütteln.
Dass junge Leute viel Alkohol trinken, wenn sie als Urlauber in die Türkei kommen, ist für Hotels wie das "Anatolia Beach" in Kemer bei Antalya nichts Außergewöhnliches. In dem All-Inclusive-Hotel sind türkische Alkoholika im Zimmerpreis inbegriffen. Doch was sich in der vergangenen Woche abspielte, war für Hoteldirektor Osman Kafadar neu. "So etwas gab es noch nie", sagt Kafadar. Nach tagelangen Trinkgelagen und einer Saufparty im Hotelzimmer Lübecker Berufsschüler war ein 21-Jähriger tot, sechs weitere junge Deutsche mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Zwei von ihnen schwebten am Montag immer noch in Lebensgefahr. Die Frage, ob die Deutschen zu Opfern von gepanschtem Alkohol wurden, ist unbeantwortet: Ergebnisse der staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen werden in den kommenden Tagen erwartet.
Rafael N. hatte nach Aussagen von türkischstämmigen Mitschülern bei Ankunft der Lübecker Gruppe in Kemer am 22. März mit dem Trinken begonnen und nicht weder aufgehört. "Wir haben ihn immer wieder gewarnt", sagten die türkischen Schüler nach Berichten türkischer Medien. Als der Lehrer der Gruppe ein Alkoholverbot verfügte, besorgten sich Rafael N. und einige Freunde aus einem Laden Wodka und zogen sich ins Hotel zurück. Wenig später war Rafeal tot, und seine Saufkumpanen - fünf junge Männer und eine junge Frau - lagen im Krankenhaus. Nach türkischen Medienberichten musste ein Patient von den Ärzten auf der Intensivstation einer Klinik in Antalya wiederbelebt werden.
Zwei der Deutschen gehe es "sehr schlecht", sagte Klinikleiter Irfan Erdogan am Montag. "Wir können sie jeden Augenblick verlieren." Angehörige der Patienten aus Deutschland seien inzwischen in Antalya angekommen.
Einiges deutet auf Vergiftung durch gepanschte Getränke hin
Das Lübecker Bildungszentrums Mortzfeld, an dem Rafael N. und die anderen den Realschlusabschluss ablegen wollten, geht von einer Methylalkohol-Vergiftung durch gepanschte Getränke aus. Das hätten türkische Ärzte den Eltern bestätigt, sagte der stellvertretende Schulleiter Rüdiger Knoll. Auch Sehstörungen bei den Betroffenen deuteten darauf hin.
Es wäre nicht der erste Skandal um gepanschten Alkohol in der Türkei. Vor fast genau vier Jahren tötete schwarz gebrannter Raki mehr als 20 Menschen. Immer wieder gibt es Versuche von Kriminellen, die recht hohen Preise für Alkohol in der Türkei mit schwarz gebranntem Schnaps zu unterlaufen. Erst vor zwei Wochen waren vier Menschen im nordwesttürkischen Bursa nach dem Genuss von gepanschtem Raki gestorben.
War auch in Antalya illegaler Schnaps im Spiel? Klinikleiter Erdogan sagte am Montag, ihm lägen keine Hinweis auf Methylalkohol vor. Rafael N. habe sieben Promille Alkohol im Blut gehabt, sagte Erdogan - eine potenziell tödliche Menge. Man müsse auch bedenken, dass die deutsche Gruppe in den Tagen vorher viel Alkohol getrunken habe. Hoteldirektor Kafadar sagte ebenfalls, gepanschten Alkohol halte er als Todesursache für unwahrscheinlich.
Schnapsreste werden untersucht
Während des Raki-Skandals von 2005 stellte die Polizei auch in der Provinz Antalya eine ganze Lastwagenladung "Todes-Raki" sicher - mehrere tausend Flaschen. In mehreren Hotels wurden damals Flaschen mit dem gepanschten Schnaps gefunden. Von gepanschtem Wodka war damals allerdings nicht die Rede. Auch gibt es keine Hinweise darauf, dass derzeit noch in anderen Orten an der türkischen Südküste illegaler Schnaps im Umlauf ist. Für einen Laden in dem ganz auf ausländische Urlauber ausgerichteten Touristenort Kemer wäre es ein hohes Risiko, schwarz gebrannten Schnaps zu verkaufen.
Die Staatsanwaltschaft in Antalya untersucht den Fall und beschlagnahmte auch Schnapsflaschen im Hotelzimmer der Deutschen. Noch ist aber nichts über die Ergebnisse der Untersuchungen der Schnapsreste in den Flaschen und der Obduktion der Leiche von Rafael N. bekannt. Berichte über Festnahmen im Zusammenhang mit dem Fall liegen ebenfalls nicht vor. Für die türkische Tourismusindustrie, einen der wichtigsten Wirtschaftszweige des Landes, wäre es ein schwerer Schlag, wenn sich herausstellen sollte, dass Urlauber in Antalya durch illegalen Schnaps gefährdet sind.
In einer andren Meldung hierzu heisst es:
Ein deutscher Schüler starb nach einem Trinkgelage im türkischen Kemer. Zwei Mitschüler schweben in Lebensgefahr. Schuld war Wodka, der mit hochkonzentriertem Alkohol versetzt war, wie er in Duftwassern zu finden ist. Kein Einzelfall in der türkischen Partyszene. Allein 2008 starben dort über 20 Menschen, nachdem sie minderwertigen Schnaps getrunken hatten.
Nach dem nächtlichen Trinkgelage Lübecker Jugendlicher in der Türkei, bei dem ein 21jähriger starb, liegen zwei Mitschüler immer noch auf der Intensivstation. "Ihnen geht es sehr schlecht", sagt Krankenhausdirektor Irfan Erdogan. "Wir könnten sie jeden Moment verlieren."
Am vorvergangenen Sonntag waren elf Schüler eines Lübecker Bildungszentrums mit ihrem Lehrer zu einer Klassenreise nach Kemer an der türkischen Riviera aufgebrochen. Trotz etlicher Mahnungen ihres Lehrers aber tranken sie fast ohne Pause Alkohol. Sie nutzten das "All Inclusive"-Angebot des "Anatolia Beach"-Hotels, sich an der kleinen Bar des Hauses gratis Bier oder Wodka besorgen zu können.
Tagelanger Alkoholkomsum
Hier wollte sich auch der 21jährige Rafael N. am Mittwochabend vergangener Woche einen Wodka Cola bestellen. Doch er bekam ihn nicht: in Abstimmung mit der Hotelleitung hatte sein Lehrer ihm verboten, weiterhin Alkohol zu trinken. In den Tagen und Nächten davor hatte Rafael bereits sehr viel Alkohol konsumiert; eine Klassenkameradin sprach ihn darauf an, ob er stolz darauf sei, mit einer Flasche Raki im Bett eingeschlafen zu sein. Auch sein Lehrer Albrecht S. konfrontierte den Schüler mit dem Alkoholproblem. Er werde sich nach den Ferien mit seinen Eltern in Verbindung setzen; zudem hatte der Pädagoge seine Schulleitung mit einer E-mail über die Probleme vor Ort informiert. Rafael N. aber meinte nur, er sei 21 Jahre alt und somit könne ihm sein Lehrer nichts verbieten.
Wer sich diese Geschehnisse einmal kritisch vor Augen führt, der muss zu der Erkenntnis kommen, dass bei dem jungen Mann Rafael N. das Ende einer sehr langen Alkoholabhängigkeit beits mit 21 Jahren gekommen war. Was für eine Vergeudung jungen Lebens! Selbst wenn das Motto eines Kurt Cobain: " Live hard,die young." zutreffend sein sollte,so stellt sich hier die Frage, ob Alkoholsucht überhaupt ein Lebensinhalt sein kann? Betrachte ich jenen Todesfall unter dem Aspekt der Erziehungsinhalte in Kindheit und Jugend, so drängt sich hierbei die eindeutige Feststellung auf, dass dort keine Eckpunkte gesetzt worden sein können. Das Elterhaus, als maßgebendes soziales Umfeld, es hat versagt, der Freundeskreis - sofern er überhaupt vorhanden war -, er hat schweigend zugesehen, die Schule - in ihre Funktion als universaler Flickschuster individueller Defizite - hat rat - und tatlos begleitet. So endete ein Leben, ehe es überhaupt beginnen konnte - im Elend. Trinker sind ein steigendes Wohlstandsproblem geworden. Der Suff ersetzt fehlende soziale Wärme der Gesellschaft. er Promillegehalt im Blut erhöht das eigene Selbstbewußtsein. Nach dem Rausch kommt jedoch unweigerlich das verkaterte Erwachen. Die Welt, das persönliche Umfeld hat sich danach allerdings nicht verändert. Im Gegenteil: Es ist mit jedem weiteren Tag, der zur eigenen Entwicklung sinnlos vertan wird,eher undurchsichtiger geworden.
Einst stempelten wir in Kindheit, Schule, Beruf, jene vermeintlichen Versager mit der Plattitüde " Der hat keinen Plan " ab. Planlos durch das Leben zu torkeln,ist zwar per se nichts Verwerfliches, auch kein Einzelschicksal, jedoch der Hauptgrund für eine anschließende Stigmatisierung. Während die Majorität des eigenen Jahrgangs weiter zieht, bleibt der Alkoholkranke zurück. Er erntet statt salbungsvoller Worte und Dankeselegien, nur Spott und Hohn.
Die Abdrift aus der Masse der Gesellschaft, hin zu einem Eremiten-Sasein vollzieht sich meistens rasant.Von der Schule über die Straße in die Suchtklinik - eine Verelendung in Etappen.
Die Gesellschaft duldet jenes deviante Leben; legt sie ja schließlich die rundlagen hierfür selbst. Der Sozialmüll, jene Kolleteralschäden unseres materialistisches Wertesystems, wird permanent größer. Drogenabhängige aller Coleur, psychisch Erkrankte aus sämtlichen sozialen Schichten, Orientierungslose jedweder Alterstufen, sind die Folge einer Wohlstandsgesellschaft, deren selbst erklärtes Ziel es ist, sich tagtäglich selbst zu feiern.
Das Abweichler, wie jener alkoholsüchtige junge Mann dabei durch sämtliche Raster fallen, ist nicht nur für dieses Wirtschafts - und Gesellschaftssystem kein Grund, um an der eigenen Existenzberechtigung zu zweifeln, sondern mehr denn je Ansporn, den Gesunden zu zeigen, dass es auch anders geht. Na denn, Prost!
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