Lebt denn der alte Ronald noch?
Der Zahn der Zeit nagt an so manchen Politiker. Ähnlich geht es aber auch den Ex-Politikern. Schnell aufgestiegen, im Lichte der Öffentlichkeit gestanden, dort die Augen verblendet,führte jenes "Blindfischdasein" flugs in den Sinkflug.
Wer - in Kenntnis dieses modus vivendi - sorgt ein voraussehender Berufspolitiker schon bei seinem Karrierebeginn für die richtige Weichenstellung und spinnt ein Beziehungsgeflecht, ein individuelles Netzwerk, das ihm nach dem Absturz bei der Suche nach dem richtigen Job behilflich ist. Viele sehr gut dotierte Stellen geraten deshalb in die Hände von Ahnungslosen aus der Politik und aus dem einstigen gescheiterten Funktionsträger wird ein ebenso unfähiger - meist noch hoch bezahlter - leitender Mitarbeiter.
Money talks!
Auch wenn viele der einstigen Politiker ihren Allerwertesten im trockenen Tüchern einwickeln können, gibt es doch eine Reihe von Verlierern in dieser Kaste der eitlen Selbstdarsteller. Sie verschwinden - zumeist für immer - in der Versenkung. Kein Mensch kennt ihren Namen mehr, kein Medium interessiert sich für sie und so schnell sie einst gekommen waren, so rasant ist ihr Abgang.
Zu jener Spezies zählt ein gewisser Ronald Barnabas Schill. Schill war einst in Hamburg eine schillernde Figur. Den Schill kannten alle Hamburger, viele über die Stadtgrenzen hinaus und die meisten Journalisten. Jene Meute an hungrigen Aasgeiern, deren Aufgabe es ist, uns täglich mit dem Fraß zu versorgen, den sie selbst in sich hinein gefressen haben: mit Nachrichten.
Wäre diese Medienmelange nicht gewesen, so würde bis heute niemand den Namen Schill erwähnt haben. Niemand würde ihn je gekannt haben. Niemand hätte sich für ihn interessiert.
So aber durfte der Ronald Barnabas Schill für einige Jahre sein Unwesen auf Kosten der Allgemeinheit betreiben. Sich auf ihre Kosten selbst bedienen und bereichern und auf ihre Kosten in diesen Jahren ein Luxusleben führen.
Wer also war dieser Schill?
Schill wurde am 23. 11. 1958 in Hamburg gebore, wo er nach dem Abitur an einem dortigen Wirtschaftsgymnasium an der Hamburger Universität Rechtswissenschaften studierte. Er legte das 1. und 2. Staatsexamen ab und praktizierte 1992/1993 als Rechtsanwalt in der Hansestadt Hamburg.
Ab 1993 wurde Schill in den Richterdienst bei dem Amtsgericht Hamburg-Mitte aufgenommen.Hier war er in einem Strafdezernat bis 1999 tätig. Bis 2001 erhielt er dann eine Zivilabteilung.
In jener Zeit als Strafrichter fiel Schill bald wegen einer Reihe von Urteilen auf, die eine eklatante Diskrepanz zwischen der Tat / den taten und dem Strafmaß aufwiesen. Schill erhiel schon bald den Beinamen "Richter Gnadenlos" von der Hamburger Ausgabe der "BLÖD"-Zeitung zugesprochen.
In diesen Zeitabschnitt wurde gegen Schill ein Verfahren wegen des Verdachts der Rechtsbeugung eingeleitet,das zunächst zu einer Verurteilung durch das Landgericht Hamburg führte,letztendlich in einen Freispruch mündete, weil der Bundesgerichtshof das Urteil in dem Revisionsverfahren aufhob.
Allerdings wurden auch seine abgesetzten Urteile durch die Berufungs- - bzw. Revisionsinstanz regelmässig aufgehoben, sofern sie ein unangemessenes Strafmass enthielten.
Dieses führte wiederum dazu,dass Schill ab 1999 in eine Zivilabteilung versetzt wurde.
Während das Hetz - und Lügenblatt "BLÖD"-Zeitung ihn überwiegend in ein günstiges Licht setzte und in ihren Artikeln als einen Kämpfer gegen die überbordende Kriminalität in der Hansestadt sah, titulierten ihn andere als "Faschisten" und "Profilierungsneurotiker".
Schill polarisierte. Er gründete ab 2000 eine Partei mit dem Namen " Rechtsstaatliche Offensive" auch "Schill-Partei" genannt. Mit ihr erlangte er -
dank der Überstützung durch die Hetzpostillen aus dem Hause Axel Springer eine breite Zustimmung in der Bevölkerung. so dass Schill's Partei
bei der Bürgerschaftswahl 2001 19,4 % erhielt; er den Posten als Innensenator und Zweiter Bürgermeister in der mit Ole von Beust (CDU) eingegangen Koalition bekleiden konnte.
Sein politisches Engagement war gekennzeichnet durch konfrontative und provokative Meinungsäußerungen und Handlungen. Insbesondere die linke und alternative Gegenkultur in Hamburg sah in Schill einen Hauptfeind und forderte vehement dessen Rücktritt.
Dieser zeichnete sich schon bald ab. Als er am 29. o8. 2002 eine Rede im Deutschen Bundestag zu der Debatte über die Flutkatastrophenhilfsmaßnahmen in Ostdeutschland hielt und dabei wild über die bisherige Ausländerpolitik der Regierung herzog, verwehrte ihm die Bundestagspräsidentin Anke Fuchs nach 15 Minuten ein Weiterreden und schaltete das Mikrophon ab.
Schill reagierte daraufhin völlig unangemessen und drohte mit der Einreichung einer Verfassungsbeschwerde, die er jedoch nie einreichte.
Ein Jahr später, nämlich am 19. 08. 2003 entließ von Beust den Innensenator Schill, nachdem dieser ihm wegen dessen Homosexualität und der gleichgeschlechtlichen Beziehung zu dem Senator Roger Kusch in einem Streitgespräch mit einer Veröffentlichung hierüber drohte.
Zwischen diesen Skandalen lagen weitere Entgleisungen Schills. Einen Vorwurf wegen Kokain-Konsum durch das Nachrichtenmagazin "Panorama" kommentierte er mit der Behauptung, dass der Bericht von diesem "Schweinemagazin" über "Denunzianten" zugespielt worden sei. Schill begab sich auch wegen weiterer Äußerungen in der Öffentlichkeit zusehends ins Abseits.
Nach seiner konsequenter Weise durch von Beust ausgesprochenen Entlassung geriet auch die Partei in eine Krise und verschwand schließlich im Dezember 2003 von der Bildfläche, nachdem die Koaliton in Hamburg wegen fehlender parlamentarischer Mehrheiten aufgelöst wurde. Schill gründete zusammen mit dem Multimillionär Bolko Hoffmann eine weitere Partei mit dem Namen " ProDM". Sie erreichte bei der Bürgerschaftswahl nur 3,1 %.
Schill setzte sich - nachdem weitere Vorwürfe wegen Kokain-Konsums in der Öffentlichkeit laut wurden, nach Südamerika ab und lebte seit 2004 in Brasilien. Ab 20110 soll Schill wieder in Hamburg gesehen worden sein, wo er wohl auch weiterhin von seiner Pension als Richter lebt.
Nun, ist Schill dort wieder hin gegangen, von wo er einst gekommen war: in der grauen Masse der Nobodys, deren Bedeutung eben gen Null geht und deren Bekanntheitsgrad sich auch in Richtung dieses Wertes bewegt. Schill war ein Demagoge, ein Trommler und Schaumschläger, auf den insbesondere eine Klientel von wohl habenden und/oder älteren Bürgern herein gefallen war, die in ihrer Dummheit den Sprüchen des Schill auf den Leim gingen, weil sie Angst hatten, dass sich ihr Leben irgendwann einmal ändern würde und sie zudem auch noch materielle Einschränkungen hinnehmen müssten.
Mit sinnfreien Sprüchen, Statistiklügen und dem Dauerthema "Kriminalität" lassen sich eben viele Ahnungslose ködern - dass hat nicht nur der noch lebende Fall des Ronald Barnabas Schill gezeigt.
Kommentare
Der Hamburger Rechtsabbieger mit seiner Partei rechtsstaatlicher Offensive (der Name alleine!) war ja wohl die Lachnummer schlechthin. Genauso wie unser Doktor Raketentheo. Ein guter Frisör allein reicht eben nicht!