Ostrock - Nur pure Nostalgie?
Der MDR ist seit seiner Gründung und danach insbesondere unter der Ägide des Intendanten Reiter als Hort der Ostalgik bestens bekannt. Neben "ollen" Kamellen aus der DEFA-Zeit, von denen jedoch viele Filme durchaus sehenswert sind, der Wiederholung flacher Unterhaltungssendung, kommt die einstige Musikszene bei dem Griff in das Konservendepot nicht zu kurz.
Als am 01.10.2011, als zwei Tage vor dem Tag der Deutschen Einheit, eben dieser MDR in seiner Hauptsendezeit von 20.15 Uhr ( ich hätte jetzt beinahe geschrieben, nach der Tagesschau, die es jedoch hier und bei den Bazis nicht gibt ) bis 22.45 Uhr, einen retrospektivischen Rundumschlag zu der Historie der DDR-Musik dem Zuschauer kredenzte, hatten wir uns schon auf 2 1/2 Stunden Deutschrock am Laufenden Band eingestimmt.
Leider kam es dann doch etwas anders.
Was uns die gute Petra Ziegler, selbst vormals mit einer eigenen Band in der DDR aktiv gewesen, so alles um die Ohren haute, war nicht nur aller erste Sahne. Nein, die angeblichen 80er-Jahre-Kultbands zeigten sich alles Andere als glamourös, denn da war schon eine Nachäfffaktor im Spiel, wenn sie die in der damals typischen Vokuhila-Gestrüpp-Frisur oder die Sauerkraut-elektrostatische-Damenmode auf die Mattscheibe brachte, unübersehbar. Der "Goldene Westen" hatte da schon seine glibberigen Langfinger mit im Spiel. Auch die Farbkombinationen sahen - insbesondere wegen des SECAM-Systems - zum schießen aus. Grelle Neon-VEB-Kombinationen gepaart mit blässlichem Teint und eingerahmt in einer Vierte-Klasse-Bühnenstaffage - das also waren die letzten musikalischen Ostrock - und DDR-Popzuckungen. Dazu Nonsens-Texte, die vorher aber - bitte schön, Zensur muss immer noch sein - zum Abnicken durch die Behörden vorzulegen waren.
Was sollte da an sinnvollen Texten dem Zuhörer kredenzt werden? Ähnlich wie es der NDW-Westen vorgegeben hatte, nur ohne Spassfaktor pur, klimperten die DDR-Protagonisten auf allerlei elektronischen Krimskrams herum. Mehr als öde, weil sich ständig wiederholende,Tonfolgen kamen dabei natürlich nicht heraus. New Wave made in GDR?
Aber, die gute Petra hatte noch andere Highlights in der Konserve. Als da waren: Puhdy,Silly,Karat,Stern(Kombo)Meissen,Renft-Kombo, City,Karussell, Wolfgang Ziegler und sie selbst. Schön garniert mit fachkundigen Kommentaren über jene Vorzeigegruppen des DDR-Rock. Da war schon mehr Musike drin. Aber auch die Texte konnte sich - immer der Zensur unterworfen - hören lassen.
Tja, die DDR-Musikszene hatte schon einige Besonderheiten, deren Sinnhaftigkeit sich eigentlich nur dem Kenner erschloss. Als Ex-DT64-Fan waren mir denn viele der Bands durchaus geläufig. Und Titel, wie " Am Fenster " von " City, " Der blaue Planet" von Karat oder auch die Alben der Puhdys waren im einstigen Westen durchaus bekannt.
Leider verschwand mit der "Wende" das Markenzeichen "Ostrock" für viele Jahre. Eine Renaissance erfuhr dann dieses Markenzeichen in den 2000er, als auch die ehemaligen Gruppen des DDR-Rocks verstärkt auf Tournee gingen. Völlig zu Unrecht wird die musikalische Qualität der Formationen von den Westlern bis heute unterschätzt.Nun, ja, für den wahren Rockfan indes bleiben Sampler wie " Das Beste aus der DDR", die sukzessive auf den Markt erschienen, immer noch Glanzlichter in der sonst grauen DDR-Historie. Dieses Thema und die all gegenwärtige Zensur durch den Bespitzelungsapparat des anderen Deutschen Staates kamen denn auch in den 2 1/2 Stunden etwas zu kurz. Na, die gute Petra zeigte sich - so wie der MDR öfters auch - wohl etwas zu verklärend, was die zu erleidenen Zumutungen der DDR-Musiker durch eben jene repressiven Staatsorgane betrifft. Es sollte dann aber auch vornehmlich eine Musiksendung werden, die der Skandalsender ausstrahlte. Immerhin ein gewisser Anspruch.
Kommentare
Was mir persönlich aber auf den Keks geht, ist, dass mancher "Künstler" noch auf Ewigkeiten durchgeschliffen wird. Dank solch ewiggestriger Magazine wie z. B. der Super Illu oder eben dem MDR werden Leute nur aufgrund ihrer ostdeutschen Herkunft künstlich ernährt. Ich will hier keine Namen nennen, aber mir fielen locker zwei Hände von Barden ein, die ohne diese Medien wahrscheinlich in irgendeiner ABM-Maßnahme festhängen würden und noch wahrscheinlicher würden sie noch nicht mal jemandem fehlen. Natürlich folgt die freie Marktwirtschaft auch der Nachfrage, die allerdings etwas künstlich erzeugt scheint, da der MDR ja zwangsgebührenfinanziert ist.
Sei´s drum, so geht´s sicher in allen Landesteilen zu, aber so mittendrin fällt das schon auf.
Wer von den DDR-Granden hat es denn schon in die erste Reihe geschafft? Vielleicht noch die unsäglich peinlichen und überbewerteten Prinzen (und die waren ´89 noch nicht mal 1. DDR-Reihe) und seit einer Weile Silly. Dann war es das. Selbst die alterwürdigen Puhdys oder Karat spielen auf gesamtdeutscher Bühne eher keine Rolle.
Wie auch immer, unterm Strich soll jeder hören, was ihm gefällt! Mich stört ausschließlich dieses Rumgereite auf der Ostschiene, nur der Nostalgie wegen. Die DDR gab es 40 Jahre, unsere heutige Republik schon 21 Jahre, wir sind also schon über die Halbzeit drüber. Da kann auch mal gut sein.
Und zum Thema musikalischer Ausbildung: wir wollen Ute & Jean, Kerstin Rodger oder Achim Mentzel lieber nicht mal googeln oder youtuben, wenn ihr wisst, was ich meine. Allenfalls Stoff fürs Kuriositätenkabinett!
Aber es freut mich immerhin, dass der gebürtige Bremer ein offenes Ohr für die ganze Sache hat. Ist immerhin nicht so selbstverständlich, wie anders herum. und letztenendes bleibt musik auch immer geschmackssache. ausser bei achim mentzel... (sehe gerade, unterwegs ging die grossschreibung flöten, was solls)