Suhrkamp meldet Insolvenz an. Das Ende der Ära Unseld - Berkewicz?
Was waren das vor über 6 Dekaden für goldene Jahre, die die Zunft des geschriebene Wortes erleben durften? Keine lästige Konkurrenz durch andere Medien und Kommunikationsmittel und eine unüberschaubare Masse an wissbegierigen Interessierten, die manchmal den Verlegern ihre Bücher aus den Händen rissen.
Die Nachkriegsära, die restaurative Phase der BRD unter Adenauer sowie die WiWu-Jahre prägten auch die vielen Verlagshäuser. So auch den Suhrkamp - Verlag, der vor genau 63 Jahren, 1 Monat und 6 Tagen in Berlin gegründet wurde und in den Folgedekaden die literarische Landschaft Westdeutschlands maßgeblich mit prägen durfte. Bei Suhrkamp erschienen Werke von Hermann Hesse, Rudolf Alexander Schröder, T. S. Eliot, George Bernhard Shaw und Hermann Kasack, allesamt Literaten, deren Bücher zum Teilweltweit und mehrsprachig vertrieben wurden.
https://de.wikipedia.org/wiki/Suhrkamp_Verlag
Der Gründer des Suhrkamp Verlags, Peter Suhrkamp hatte nach dem Krieg und ab 1949 mit der Gründung der BRD, ein richtiges Händchen für die Lesegewohnheiten der Westdeutschen, deren Bestreben es war, den Faschismus möglichst schnell vergessend zu machen. Und weil Peter Suhrkamp, ein Bauernsohn aus Kirchhatten, einen Dorf bei Oldenburg / Niedersachsen die Nachkriegsliteratur erheblich beeinflusste, verkaufte er in den 50er Jahren sein Feriendomizil auf Sylt an die Axel Springer Familie, um mit dem Erlös die Rechte des Literaten Marcel Proust zu erwerben.
https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Suhrkamp
Als Peter Suhrkamp 1959 verstarb, übernahm sein Prokurist Siegfried Unseld den Verlag und führte die Firmenphilosophie im Sinne Suhrkamps fort. Unseld war bereits in den 1960er Jahren als kritischer Verleger aufgefallen, der unter anderem die Gruppe 47 protegierte, zu denen auch Böll, Grass, Richter, Walser, Jens und der Begründer Schneiders zählten. Unseld stieg in den Folgejahren zu einem der bedeutesten westdeutschen Verleger auf.
Er verfolgte eine offensive Geschäftspolitik, in dem er auch Fachverlage, wie den Nomos Verlag aufkaufte und das Portfolio ständig erweiterte. Dass Unseld als " Womannizer " verschriene war, tut seinen Verdiensten um die BRD - Nachkriegsliteratur keinen Abbruch.
Als Unseld 1990 die 24 Jahre jüngere Schauspielerin Ullas Berkewicz ehelichte, war zwar noch nicht klar, dass diese nach seinem Tod im Oktober 2002 die Geschäfte weiter führen sollte, dennoch wollte Unseld wohl eine Nachfolgerschaft aufbauen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Siegfried_Unseld
Die Witwe Ulla Berlkewicz, geborene Ursula Schmidt, führte ab 2003 die Geschäfte des Verlags, der nach Unseld´s Tod als Stiftung weiter geführt wurde. Unseld - Berkewicz hatte in den Jahren nach dem Tod ihres Mannes indes kein glückliches Händchen bei einer Vielzahl von Entscheidungen und musste bei Prozessen, die der Anteilseigner Hans Barlach gegen sie anstrengte am 10 Dezember 2012 ihren Posten als Geschäftsführerin vorläufig niederlegen, da sie mit Wirkung zum 17. November 2011 als abberufen zu gelten hat. Eine bittere Pleite für die eloquente Geschäftsfrau.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ulla_Berk%C3%A9wicz
Die diversen Rechtsstreite und weitere Dissonanzen innerhalb der Verlags waren mit ursächlich für eine finanzielle Schieflage. Barlachs Forderungen belaufen sich derzeit auf ca. 2,2 Millionen Euro. Ferner soll der Verlag Rücklagen in Höhe von 8, 2 Millionen Euro bilanzieren, de sich aus Gewinnausschüttungen der Vorjahre ergeben. Mit dem jetzt gestellten Insolvenzantrag läuft eine Schutzfrist von 3 Monaten, innerhalb derer eine Umwandlung in eine Aktiengesellschaft geplant ist. Damit verliert Hans Barlach auf seine finanziellen Ansprüche, womit der Verlag einen Neuanfang versuchen könnte.
http://www.tagesschau.de/wirtschaft/suhrkamp-stellt-insolvenzantrag100.html
Im Gegensatz zu den üblichen Insolvenzverfahren läuft die Umwandlung des Betriebs auch auf eine Weiterführung unter einem anderen Rechtsgebilde hinaus. Suhrkamp ist deshalb - so einige irrige Meinungen in den Medien - nicht zahlungsunfähig oder " pleite ", sondern hat sich unter den Schutzschirm des Insolvenzrechts gestellt, damit eine Zahlungsunfähigkeit vermieden wird.
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