Bremer Schulrock auf der A 14!


 Mit zunehmenden Alter könnte sich jeder durchschnittlich Gebildete vielleicht die Frage stellen, was eigentlich an den vielen - möglicher Weise zu vielen - Lebensweisheiten, die die Menschheit für sich selbst und eventuell ihrer Folgebrut kreiert hat, tatsächlich wahr sein könnte. Was gibt es auf diesem Gebiet nicht so alles an Plattitüden? " Auf jedem Topf passt ein Deckel ", "  Aus eins mach zwei " ( der kapitalistische Grundtenor eben ) oder aber auch " Weniger ist mehr " ( der anarchistische Kanon der Subkulturen ).
Ganz besonders reizend finde ich die - nicht bewiesene - Feststellung, dass zu einem - erfolgreichen - Mann auch eine entsprechende Frau gehört. Ob sich die althergebrachte Behauptung im Zuge des veränderten gesellschaftlichen Konsens zu Artikel 3 des Grundgesetzes in der heutigen Zeit noch anwenden lässt, könnte bezweifelt werden.
Nun, dieses mal zur Grundüberlegung meiner Ausführungen heran gezogen, stimmte es mich weniger verdrießlich, dass meine bessere Hälfte als - wie bereits beschrieben - aktive Ebayianerin doch tatsächlich zum Ende des letzten Wochenendes ein Designer - Doppelbett aus Metall ersteigert hatte und dieses nun abholbereit in Sachsen - Anhalt, genauer gesagt in der Vor - Harz - Region und exakt benannt in Ballenstedt, bereit stand.

So sollte nur noch das Problem der praktischen Umsetzung, nämlich des Transport zu lösen sein, dann würde aus " Drei - Zwei - Eins! Meins! " einmal mehr ein reales Schnäppchen, wodurch das arg strapazierte.Konto erheblich entlastet wird. So startete ich denn am heutigen Donnerstag, dem Ersten des Monats August im Jahre 2013 den Mazda Kombi und begab mich auf den Weg in Richtung Ballenstedt, in der Hoffnung, die sich bereits angekündigten heißen, sommerlichen Temperaturen würden mich am Vormittag nicht ermüden lassen, denn die Fahrtstrecke wurde vom all Zeit bereiten " TomTom " mit knapp 190 Kilometern und 2 Stunden errechnet.
Da traf es sich gut, dass am Mittwoch zwei - ebenfalls über ebay - ersteigerte CDs eintrafen, die ein so genannten Power Seller uns aus Cuxhaven ( dat liecht anne Nordseeküste ) zugesandt hatte.

Die eine Compact Disk ist ein Wiederkauf und wird unter dem Titel " Songwriter 2 " vertrieben. Hierauf sind so wunderbare Interpreten, wie Bob Dylan ( " Mr. Tambourine Man " ), Don McLean ( " American Pie " ) oder auch Scott McKenzie (  natürlich " San Francisco " ) zu hören. Richtiger " Flower - Power " - Sound aus den Endsechzigern eben.

Der andere Silberling ist eigentlich als Rarität zu bezeichnen und wäre - hätte mich meine Angetraute nicht darauf hingewiesen - mir doch tatsächlich entgangen. Als Ex - Buten - Bremer wäre es dennoch durchaus denkbar gewesen, dass mir schon allein der Titel der CD " 4. Bremer Schulrockfestival " etwas sagen müsste. Ist der dort aufgeführte Veranstaltungsort " Bremer Schlachthof " doch schließlich der Inbegriff für Kleinkunst und Lokalmusik.
 Am 22. April 1997 - es ist auch schon ein büschen länger her - spielten dort in der berühmten Kesselhalle 6 - zuvor aus einer Anzahl von 40 - 50 Bewerbern durch eine fachkundige Jury  - ausgewählte Bands auf.

Nun, deren Namen sind für einen einfachen Musikkenner denn eher Schall und Rauch; dass die Musikszene der Freien und Hansestadt Bremen sehr vielschichtig ist, war mir bereits seit den frühen 70iger Jahren klar, als ich mich zu den regelmäßigen Hörern der " Hansawelle ", dem heutigen " Bremen Eins " zählte. Auch Jahre danach, als ich meinen Hauptwohnsitz nach Bremen verlegt hatte und in dem " Viertel " ( Ostertor und Steintor ) - ab Ende der glorreichen 70iger Jahre dort selbst wohnend - all abendlich bekannte Lokale aufsuchte, durfte ich die Breite des dortigen Musikangebots intensiv und kostengünstig erleben, was dann später, also nach Studiumende, leider viel zu kurz kam.

So überrascht es mich keineswegs, dass  sich auf der veröffentlichten CD aus dem Jahr 1997 Musikgruppen befinden, die - obwohl nur Schülerbands - eine außerordentliche Qualität präsentieren und deren aufgezeichnete Mitschnitte von ihren Auftritten am 22. April 1997 von einer Professionalität gekennzeichnet sind, die mich in Erstaunen versetzte.

Vorab sei jedoch noch gesagt, dass die Veranstaltung " Bremer Schulrockfestival " durch den Senator für Bildung, Wissenschaft, Kunst und Sport unterstützt wurde. Beteiligt waren aber auch einige kulturelle Organisationen und verschiedene Sponsoren.

Auf der erworbenen CD aus dem 4. Schulrockfestival von 1997 sind folgende Gruppen zu hören:

- Black Paradise
   Das waren:
   Christian Radoszewski, Gesang
   Matthias Duhme, Gitarre
   Ulrich Metzger, Gitarre
   Sebastian Ascher, Bassgitarre
   Dorian Becker, Schlagzeug

- Chagrin
   Spielte in der Besetzung:
   Claudia Relota, Gesang, Gitarre
   Jenny Singh, Gesang
   Markus Schröder, Gitarre
   Sven Gedlich, Tasteninstrumente
   Wolfgang Richter, Posaune
   Jürgen Wischnewski, Bassgitarre
   Tobias Tietjen, Schlagzeug

- GAWD
   Bestand damals aus:
   Juan Garcia, Gesang, Gitarre,
   Corinna Schrotter, Gitarre
   Sönke Horn, Bassgitarre, Gitarre, Gesang
   Sebastian Mäurer, Schlagzeug

- Missung Link
   Spielte dort mit:
    Jakob Nebel, Gesang, Gitarre, Mundharmonika
    Sebastian Husheer, Gesang, Gitarre
    Raphael Schatz, Gitarre, Tasteninstrumente
    Felix Deutscher, Bassgitarre
    Till Stollmann, Schlagzeug

- Plaint Pleasent Principles
  Formierte sich durch:
  Sebastian Bilker, Gesang
  Hannes Hanisch, Gesang
  Julius Hartog, Gitarre
  Sven Bohling, Kontrabass
  Janek Foss, Saxophon
  Boris Tigges, Schlagzeug

- The Chamber Of Arts
  Waren besetzt mit:
  Daniel Rauschenberger, Gesang, Gitarre
  Arthur Maskalenko, Gitarre, Gesang,
  Marco Hüls, Akkordion
  Erika Pilger, Posaune, Schlaginstrumente, Schlagzeug
  Gunnar Thiemann, Bassgitarre
  Knud Thiemann, Schlagzeug

Ferner sind die Techno - Musik - Projekte:

- KRK
  mit Florian Krämer, Computer

und

- Secret Voice
  bestehend aus: Stefan Weisfeld, Kai Lohöfer, jeweils Computer

auf dem Zusammenschnitt zu hören.

So legte ich denn die CD in das Abspielgerät und harrte der Dinge, die auf mich zu kommen könnten. Ein typisches Klicken der beiden Drum Sticks ertönte aus den Lautsprechern der integrierten Musikanlage. Dann spielen zwei funkig - groovige Gitarren auf und es  folgte die erste Strophe des " GAWD " - Stücks " Niveau " :

" Die Musik ist einfach schlecht.
  Ich hör´schon nicht mehr hin.... "
  Niveau, wo bist du?
  Wo ist das Niveau.. "

Die Truppe sind also deutsch. Und dieses nicht einmal so schlecht. Gleiches ist für den Text, mit dem die einstige Musikszene kritisch beleuchtet wird. Gelungen, war mein Fazit nach 4:16 Minuten Spielzeit. Und Stimmung ist in dem Titel auch drin ( Ich hatte noch nie ein bellendes Publikum ).
Alle Achtung, GAWD!

Der zweite Titel wird in englischer Sprache vorgetragen. " I Don´t Mind ". Ein eher Balladen artiges Stück. Dass die jungen Nachwuchsmusiker gesanglich nicht mit Profis verglichen werden dürfen, steht auf einem anderen Blatt. Wer aber wie hier der Bandleader Juan Garcia, über eine gute Stimme verfügt ( auch Sönke Hohn kann dieses von sich behaupten ), sollte sich nicht hinter den Großen in der Zunft verstecken.

Das dritte Stück ist ebenfalls eine Eigenkomposition und wurde " Therapie " getauft. Ein gleichfalls nachdenklich machendes und kritisches Lied über den leichtfertigen Umgang mit und um Schulversager, die nur all zu leicht zum Therapeuten abgeschoben werden. Auch dieser Text ist sehr gelungen und wird in einen Hip - Hop - Rap - Verschnitt eingekleidet.

Es folgt Missing Link mit " Promises ". Ein Gitarren lastiges Rock / Hard - Rockstück. Die um Jakob Nebel und Co.können diese auch spielen. Wenngleich das Schlagzeug hier etwas monoton klingt, eine gelungen Rocknummer mit 5:04 Minuten.  Prima!

Es folgt " Amazing Melody ". Eine weiteres Rockstück.Der Sound ist durch den Einsatz der Tasteninstrumente und ein treibendes Schlagzeug voller. Die Gruppe versteht ihr Handwerk, man hört es!

Die folgenden beiden Stücken stammen von der Gruppe " Plain Pleasent Priciples ".
Das Stück " Depressionen " ( 5:08 Minuten ) ist ein Rap - Titel. Dass diese Musikrichtung nicht unbedingt mit deckungsgleichen Instrumenten gespielt werden muss, zeigen hier PPP, denn es ist ein Saxophon zu hören. Auch wenn Rap nicht so mein Ding ist, gefällt mir dieses Stück und auch das Folgende durchaus.
Dieses wurde nämlich " Baumstück " betitelt und ist ebenso hörenswert, wie jenes mit dem Titel " Depressionen ". Nach 4:17 Minuten verabschieden sich die Saxophon spielenden PPP von dem Bremer Publikum im " Schlachthof " und hinter ließen - nicht nur beim einstigen Publikum, sondern auch bei mir - einen bleibenden Eindruck.

So war ich auf meiner Fahrt in Richtung Vorharz, also nach Ballenstedt, denn längst auf der A 14 gelandet, die es 1997 noch nicht in dieser Form gab, und befand mich irgendwo zwischen Leisnig und Grimma als der 8 Titel der CD, gespielt von der Formation " The Chamber Of Arts " auf meine Ohren traf. Und wie! Exzellenter Soft - Rock, zwar ebenfalls leicht Gitarren lastig, aber das Richtige bei inzwischen über 25 ° Außentemperatur und mindestens 35 ° im PKW, dessen Klimaanlage nun leider nicht die Beste ist.
" Completely Wrong " heißt das erste Stück der Formation um den Frontmann Daniel Rauschenberger, der hier den Gesang bestimmt, unterstützt von Arthur Moskalenko. Leider dauerte der Song nur ganze 2:34 Minuten.
Aber auch das zweite Stück " The Last Dance " zählt für mich zu den besten Lieder auf der CD, wenn es nicht das beste Stück ist. Ein wunderbar melancholischer Gesang, der von einem singenden Gitarrensolo abgelöst wird. Aller erste Sahne, wenn der Hörer bedenkt, wer da am Werke ist - Jugendliche im zarten Teenager - Alter.
Gleiches gilt für die dritte Eigenkomposition der Gruppe, die den Titel " Free Fallin´" trägt.
Insgesamt 8 Minuten Rock vom Feinsten.

Auch die beiden Stücke der Band " Black Paradise ", die " Fourteen " und " A Rainy Night " heißen, gehören auch  zu den Favoriten auf dieser CD. Die Gruppe stellt mit " A Rainy Night ", das längste Stück auf dem Sampler ( 9:39 Minuten ). Wenngleich hier der richtige Rock heraus bricht, sind es zwei Stücke, die die Qualität auf dieser CD nur noch erneut unter Beweis stellen. Beide Lieder sind ebenfalls von dem Gitarrenspiel bestimmt.

Es kommt dann quasi zu einem Stil - Bruch, denn was die Formation " Chagrin " dem Hörer kredenzt ist klassischer Beat. " Twist and Shout ". Wer hat sich an dem Oldie nicht schon alles die Zähne ausgebissen? Na, ja, ich will es mal wohl wollenden formulieren: Für eine Party mit leicht angesäuselten Gästen erträglich.
" When a Man Loves a Woman " - haaaaaaach! Aber klaro, der Klassiker des Softbeats. Die gute Claudia Relota ist sichtlich bemüht, die Töne zu halten. Es gab in den " Rock ´n ´Roll " und " Twist " geschwängerten Golden Fünfzigern die " Shangril -Las " - irgendwie erinnern mich Claudia, Luise und Jenny an die Girlie - Truppe. Irgendwie, aber, die Truppe " Changrin " hört sich noch niedlicher an. Tja, weiter mit der Eigenkomposition " Vancouver Sky ". Eine Bruchlandung gibt´s hier net, aber, aber,aber...
Die Schülergruppe brachte es dennoch in die ersten 6 - alle Achtung!

Der vorletzte Titel Titel heißt " Bone - Machine " und zählt zu den Musikstücken, die wir vormals in den Siebzigern unter " Space - Musik " zusammen fassten. Florian Krämer spielt auf dem Computer und zeigt damit auf, was diese Wundergeräte bereits damals so alles konnten. Diese müssen aber nun mal von einem Menschen bedient werden, der davon etwas versteht. Eben! Und deshalb gehört der Vortrag des Computer - Freaks beurteilt. Für mich ein gelungenes Stück zum Abchillen. Mein Respekt, Florian! Sein Projekt nennt sich " KRK ", wohl in Anlehnung an die kroatische Adria - Mittelmeerinsel.

Gleiches gilt für den letzten Titel auch dieser CD. Stefan und Kai kredenzen eine andere Richtung des " Space - Musik " - Genres: Elektro - Pop, der jedoch hier weniger melodiös dargeboten wird. Dennoch: Gekonnt will gelernt und gelernt will erst einmal gekonnt sein. Durchaus hörbar!

Nach knapp 71 Minuten entnahm ich die CD, denn ich befand mich inzwischen in der Nähe von Halle - Trotha und wollte eigentlich mögliche Staus vermeiden. So hatte MDR Info wieder die Chance, meine Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Zuvor aber, war ich begeistert von dem Tonträger, den meine bessere Hälfte für einen geringen Betrag bei ebay ersteigert hatte. Meine Neugier indes war dadurch mehr als geweckt und weil ich auch auf der Rückfahrt aus dem Vorharzland die gesamte CD noch mal abspielte, ließ ich es mir nicht nehmen, um über die Bremer Schulrock - Initiative etwas mehr zu erfahren. Und, siehe da, da große, weite Netz brachte mich zu folgender Erkenntnis:

http://www.schulrockfestival.de/SRF/Konzert_2013.html


  Immerhin sind seit dem 4. Bremer Schulrockfestival 16 Jahre vergangen und dennoch lebt es noch und zwar gerade weil es von jenen engagierten Schülerinnen und Schülern am Leben erhalten wurde, die Musik als einen Teil ihrer eigenen Entwicklung verstanden haben möchten.



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Kommentare

Unknown hat gesagt…
Hi Lobster53,

It was suprised that I came across your blog to find this CD info. I would like to listen to the song by "Plain Pleasant Principles". It is possible to buy a copy from you?

Thank you so much.
Unknown hat gesagt…
Hi Lobster53,

It was suprised that I came across your blog to find this CD info. I would like to listen to the song by "Plain Pleasant Principles". It is possible to buy a copy from you?

Thank you so much.
Lobster53 hat gesagt…
Hello Ru Chia,

thanx for your kindly posting. Yes, it´´s possible to make a copy of the song(s) by PPP. But first, I need your address.
Lars hat gesagt…
Hi,
I really was surprised to come along this post.
I happended to be one of the ppp crew, which unfortunately hasnt been presented properly, cause Sven was playing keyboards and I was playing the (e) bass.
Happy to hear people liked our music.
If you are interested, we produced an ep back in the days, which we would like to share with interested people.
Love
Lars

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