40 Jahre danach: Was ist aus der "Woodstock"-Generation eigentlich geworden?
Noch einige Wochen,dann wird die Medienindustrie sich eines Themas annehmen, dass vor 40 Jahren zum Synonym für eine einst praktizierte Lebensphilosophie auserkoren wurde: Love,Peace & Happiness. Jene drei Säulenheilige, an deren Umsetzung, so mancher Jugendliche, viele Künstler und ungezählte Profiteure aus der Ökonomie,sich vergeblich versuchten. Die Lebensinhalte jener Nachkriegsgenerationen zeigten einst mehr Verschiedenheiten,als viel Erwachsene real erkennen wollten.
Waren es zunächst die Rocker, die Rock 'N 'Roller, die Mods, schlichtweg die Halbstarken, die in den 50ern zum Feindbild für ältere Menschen hoch stilisiert wurden, so wandelte sich jenes in den Mittsechszigern dramatisch. Plötzlich galt der Rock 'N ' Roll als etabliert, weil von den Erwachsenen akzeptiert. Die Halbstarken waren nun selbst erwachsen geworden, gründeten Familien, führten ein bürgerliches Leben und bauten eben jene Vorurteile auf, die sie einige Jahre zuvor selbst hatten erleiden müssen.
Das Feindbild hieß nun Beat mit all seinen musikalischen Facetten, die Langhaarträger brachten diese Musikrichtung in Mode, die aber selbst sich von den Uniformen der Rocker abgrenzen wollten. Beat, dass war einst gleichlautend mit den Beatles, den Rolling Stones oder England und Amerika, das war aber auch einhergehend mit übelsten Schikanen, Strafen und Ausgrenzungen für ihre Anhänger. Die Erwachsennewelt duldete keine langen Haare, keine Mädchenkleidung und vorallem keine Widerworte. Der reaktionär-faschistoide Umgangston durch die älteren Generationen selbst weiter geführt, er war der jüngeren Beatanhängerschaft zutiefst zuwider. Es wurde - im Zuge des Vietnamkriegs - die Floskel " Make love, not war " kreiert. Also Liebe statt Krieg! Keine Befehl und Gehorsam, keine Sterben für das Vaterland, keine väterlichen Lebensweisen.
Aus diesem Sammelsurium von anti-gesellschaftlichen Einstellungen entstand eine Musik,die dann zunehmend politischer wurde. Die Industrie sprang schnell auf diesen fahrendeen Zug auf und ökonomisierte den Protest gegen das Etablissement. Die protestierenden 68er waren zunächst nur die Vorhut. Zunehmend verfestigte sich eine Anti-Haltung gegen Alles, was der Majorität in der westlichen Gesellschaft lieb und teuer war. Ehe und monogame Liebe waren verpönt, Wohlstand und bürgerliche Werte waren verhasst, ein strukturiertes Leben nach Normen wurde abgelehnt.
Die Erwachsenenwelt pöbelte zurück: Hippie wurde ein Schimpfwort, Gammler der Hauptfeind und die gesamte Musik sowie Mode war die Ausgeburt des Teufels. Als der Beat Club in der zweiten Hälfte der 60er Jahre in der ARD über Radio Bremen erstmals auf Sendung gehen durfte, hielten die biederen Programmoberen es noch für angebracht, eine Anmoderation in Form einer Entschuldigung für die gezeigte Sendung vorzuschalten. Dennoch hagelte es übelste Beschimpfungen und Faschisten drohten mit " vergasen, verrecken oder an die Wand stellen ", der Programmmacher.
Die Hasstiraden steigerten sich zunehmend und trafen auch jene Musiker,deren Absicht es war, das verlogenene System mittels Protestlieder in Frage zu stellen. Im Verlaufe der Jahre wurde der Protest greifbarer. Parallel hierzu entstand eine Künstlerszene, die sich mit dieser Ablehungshaltung nicht nur auseinander setzte, sondern sie quasi ideologisierte. Sukzessive verbreitete die Beatmusik einen Hauch von Revolution. Über die Ökonomisierung jener Protestbewegung erlangte diese einen höheren Grad der Akzeptanz bei einigen Erwachsenen. Sie schlossen sich der Mode an. Sie veröffentlichten die Inhalte der Bewegung.
Einer unstrukturierten und temporär limitierten Erscheinung, die aus einer Vision zwischen Liebe, Glauben und Andersleben gespeisten war, deren Verfalldatum bereits zum Zeitpunkt des Woodstock-Festivals erkennbar war.
So lässt sich denn jenes Großererignis vor fast 40 Jahren in kurzen, knappen Sätzen,wie folgt beschreiben:
Das Woodstock Music and Art Festival war ein Musikfestival, das als musikalischer Höhepunkt der US-amerikanischen Hippiebewegung gilt. Es fand offiziell vom 15. bis 17. August 1969 statt, endete jedoch erst am Morgen des 18. August. Der Veranstaltungsort war eine Farm in Bethel im US-amerikanischen Bundesstaat New York.
Auf dem Festival traten 32 Bands und Solisten der Musikrichtungen Folk, Rock, Soul und Blues für insgesamt rund 200.000 US-Dollar Gage auf. Auf dem Festivalgelände herrschten chaotische Zustände, da die erwarteten Besucherzahlen um ein Vielfaches übertroffen wurden.
Woodstock hatte zwar unendlich viele musikalische Nachwehen, die bis weit in die 70er hinein liefen. Einen revolutionären gesellschaftlichen Umschwung erbrachte dieses Ereignis allerdings nicht. Mit Beginn der 70er entstand eine kommerzielle Vermarktung der Rock - und Popmusik in Größenordnungen, die bis dato schier undenkbar waren. Mit "Negermusik" ließ sich sehr schnell, sehr viel Geld machen. Diese Erkenntnis hat bis zum heutigen Tage Gültigkeit.
Woodstock eine Wimpernschlag in der Musikhistorie, der die industrielle Vielfalt bezogen auf Kunst und Musik erst so richtig ins Rollen brachte.
Woodstock, ein Treffen von Hundertausenden aus einer gesellschaftlichen Minorität von jungen Menschen, die einst Außenseiter waren und nun - 40 Jahre danach - wohl zum überwiegenden Teil über sich selbst lachen müssen.
Woodstock war kein Synonym für eine exakt definierte Lebensphilosophie, es war ein Versuch sich selbst in einer immer komplexer werdenden Welt zu finden. Sich an einem bestimmten Zeitpunkt des eigenen Lebens mit Gleichgesinnten für einen kurzen Moment zu treffen, um dann das Leben so weiter zu führen, wie es Generationen zuvor auch praktizieren mussten.
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