Wie viele Schulabbrecher braucht die Gesellschaft?

Eine Meldung aus dem täglichen Nachrichtenwust ließ mich aufhorchen: In Sachsen-Anhalt soll eine Studie über Schulabbrecher angeblich nicht in die Öffentlichkeit gelangt sein, weil ihr Inhalt als zu brisant bewertet worden ist.
In einer Stellungnahme des zuständigen Kultusministeriums hieß es nur lapidar, die Ergebnisse der Studie sollen sehr wohl veröffentlicht werden. Auf der Internetpräsens des Mitteldeutschen Rundfunk stand deshalb zu lesen:


Wirbel um Schulabbrecher-Studie in Sachsen-Anhalt

Eine Studie über Schulabbrecher-Quoten in Sachsen-Anhalt sorgt für Wirbel. Der Staatssekretär im Magdeburger Kultusministerium, Willems, sagte bei MDR INFO, man halte nichts geheim. Die Studie werde in der kommenden Woche offiziell vorgestellt. Willems bestätigte die Zahlen, über die die Mitteldeutsche Zeitung vorab berichtet hatte. Danach liegt die Abbrecher-Quote an einzelnen Schulen bei 28 Prozent. Landesweit beträgt sie 12 Prozent. In Sachsen beenden rund fünf Prozent der Schüler die Schule ohne Abschluss. Die meisten Schulabbrecher gibt es statistisch gesehen in
Hamburg.


Nun sind solche Horrormeldung nicht neu.Die bundesdeutsche Industriegesellschaft im 3. Jahrtausend hat sich seit geraumer Zeit mit dem Problem der Schulabbrecher zu beschäftigen. Sie versucht es auf ihre Weise zu lösen: durch zerreden! Während diese - bereits vor vielen Jahren - alarmierenden Zahlen eigentlich eine radikale Kehrwende zu dem herkömmlichen, dem dreigleidrigen Schulsystem hätten vollziehen lassen müssen, wird nur an der Oberfläche herum gekratzt. Staat und Gesellschaft analysieren nur die ermittelten Fehlentwicklungen, statt sie zu beheben.
Ein weiterer Artikel befasst sich mit den alt bekannten Fehlentwicklungen:

Schulabbrecher-Quote sinkt nur mäßig

Immer wieder predigen die Kultusminister die rasche Halbierung der Schulabbrecher-Quote. Doch in den vergangenen zehn Jahren hat sich nicht viel getan: Noch immer schaffen Zehntausende nicht einmal den Hauptschulabschluss.

Berlin - 76.249 Jugendliche haben im vergangenen Jahr ihre Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen. Dies sind 7,9 Prozent des Altersjahrganges, geht aus der neuen Statistik der Kultusministerkonferenz (KMK) hervor. Zehn Jahre zuvor (1996) hatte diese Quote 8,7 Prozent betragen.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) bezeichnete die nur geringfügige Verbesserung als enttäuschend. Bei diesem "Schneckentempo" kämen die Kultusminister "ihrem Versprechen kaum näher, die Schulabbrecherquote schnell zu halbieren", sagte die GEW-Vizevorsitzende Marianne Demmer.

"Durchgreifende Erfolge sind nur mit maßgeschneiderter individueller Förderung für jeden einzelnen vom Scheitern bedrohten Jugendlichen zu erzielen." Der bisherige Maßnahmenkatalog der Kultusminister sei aber ein "Bauchladen unverbindlicher Absichten".

Um die Zahl der Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss gibt es seit Jahren politischen Streit. Die Bundesagentur für Arbeit und der Bund müssen Jahr für Jahr mehrere hundert Millionen Euro für die Nachqualifizierung dieser Jugendlichen aufwenden. Die Kultusminister hatten in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehrfach zugesagt, die Quote zu halbieren. Zwei Verträge zwischen der KMK und der Bundesagentur zeigten jedoch bisher kaum Wirkung. Daraufhin hatten die Kultusminister im Oktober erneut ein umfangreiches Maßnahmenpaket beschlossen, die Umsetzung aber allein den Ländern überlassen.

So kocht denn jedes Bundesland weiterhin sein eigenes Süppchen und klopft sich ständig auf die eigene Schulter, wenn es bei der Auswahl seiner Zutaten einen leicht besseren Geschmack erzielen konnte. Längst ist Pisa nicht mehr in den Medien präsent. Die Ursachen jener schallenden Ohrfeige für das BRD-Bildungssystem konnten dennoch nicht beiseitigt werden. So leistete sich eine hoch technisierte Gesellschaft weiterhin den Luxus, dass ein Fünftel aller Jahrgänge ohne jedweden Schulabschluss in eine perspektivlose Zukunft blickt.

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