Christian Günthers´" Hitline International ", Dave Dee´s " Last Night in Soho " und das ITT Schaub Lorenz Transistorradio " Touring 80 " im Heim " Blinkfuer " auf Wangerooge im September 1968.



Wie die Zeit vergeht! Der März 2016 ist geschafft und der Jahreswechsel 2015 / 2016 zählt längst zur Vergangenheit: auch der Winter ist längst passe, der Frühling hat begonnen, der Sommer steht alsbald vor der Tür. Da werden ab und an wieder Erinnerungen wach. Unter anderem auch an das letzte Jahr meiner Volksschulzeit in Heeßen. So langsam wurde es Ernst, wegen des Ernst des eigentlichen Lebens: der Berufsausübung. Zuvor aber galt es, eine Ausbildungsstelle, eine Lehrstelle zu erhalten.
Nichts leichter, als das. Denn davon gab es selbst in der Provinz genug davon.

Bereits im Sommer 1968 bewarb ich mich schriftlich bei einigen Ausbildungsbetrieben in Bückeburg. Mit Erfolg. Drei Bewerbungen = drei Zusagen. Hach, was waren das noch für Goldene Zeiten für Volksschüler! Zumindest auf diesem Sektor hatten die Hauptschüler , wie die Resterampe sich heute nennt, einen gewaltigen Vorteil.

Zuvor aber veranstaltete die Klasse 9S eine Klassenfahrt. Nach den Sommerferien, die am 18. Juli begannen und am 26. August 1968 endeten, fuhren viele meiner Mitschüler nach Wangerooge. Genauer gesagt, das Bundesland Niedersachsen unterhielt dort ein " Schullandheim ". Diese Unterkunft bestand aus einem Hallen ähnlichen Holzgebäude mit Flachdach und einem daneben liegenden Küchentrakt. Der größere Holzschuppen war durch einen Gang geteilt, von dem aus sich zwei Schlafräume ( unterteilt für Jungen und Mädchen ), zwei Gemeinschaftswaschräume mit Toiletten ( ebenfalls unterteilt ) sowie mehreren Einzelzimmern für die Lehrer. Vor dem Eingangsbereich befand sich eine große Holztreppen, deren Geländer ständig wackelte.

Diese spartanische Unterkunft wurde von den Schülerinnen und Schülern der Volksschule in Heeßen für 12 Tage bewohnt. Klassenfahrten waren ja Unterrichtszeit und so sah das Programm von Montag bis Freitag eben auch Ausflüge in das Watt, an den Strand und auch Sport auf einem nahe gelegenen Platz vor. Während der Freizeit besuchten die Schüler meistens den kleinen Inselort, um an irgendwelchen Verkaufsständen und Kiosken das eher überschaubare Taschengeld auszugeben. Häufig waren es Süßigkeiten, Eis oder Coca Cola, die in die Mägen wanderten. Und zwar solange, bis der letzte Pfennig von den erhaltenen paar Mark " Taschengeld " ausgegeben war.

Weil aber das Inselleben - beinahe schon außerhalb der Saison - an den Wochenenden eher langweilig waren, hatte ich mir das Kofferradio unserer Eltern mit genommen, um wenigstens meine favorisierten Musiksendungen hören zu können. Dazu zählte - neben der Radio Luxemburg " Hitparade ", auch jene des NDR, die Sonntagsnachmittags ab 17.00 Uhr für eine Stunde ausgestrahlt wurde. Meine eigentliche Lieblingssendung wurde aber " Hitline International " von Radio Bremen " Hansawelle " mit Christian Günther am Mikrophon.

Es war an einem solchen Samstag, der ja unterrichtsfrei war und deshalb langweilig zu werden drohte. Hiergegen hatte ich - in weiser Voraussicht - das Kofferradio meiner Eltern, ein Schaub Lorenz " Touring 80 ", das sogar über zwei Antennen verfügte, vier Frequenzbereiche besaß ( UKW, MW, LW und KW ) und sogar eine Feinabstimmung für die KW besaß, mit genommen.

Und so setzte ich mich nach dem Mittagessen in den Gemeinschaftsschlafraum, stellte das Kofferradio an und versuchte - leider vergebens - einen UKW - Sender zu empfangen. Ohne Erfolg, denn die eher schwachen Sendemasten auf dem Festland, in den Städten Aurich, Leer oder Emden strahlten damals nicht bis auf jeden Flecken der Insel. Ein Empfang innerhalb des, zudem tiefer gelegenen und von Dünen umringten Holzgebäudes war demnach nicht möglich. So drehte ich die UKW - Skala von vorn nach hinten und zurück. Nichts!

Leicht frustriert drückte ich den Mittelwellen - Empfangsknopf des Kofferradios und begann mit der Suche nach Musik, Ich drehte den Abstimmungsknopf langsam von links nach rechts auf der von 535 bis 1705 KHz umfassenden Skala und wurde dann irgendwann bei 936 KHz fündig. Die " Hansawelle " von Radio Bremen war einigermaßen deutlich zu hören. Es knisterte und knackte, rauschte und brummte zwar ein wenig und die Stimme des Moderators hörte sich blechernd an, aber es war Musik und zwar Popmusik - meine Musik, also - die dort über den Äther kam.

Am Mikrophon saß der Moderator Christian Günther und spielte die in den Charts oder Hitparaden aus England, den USA sowie  Deutschland platzierten Single.
Da waren sie wieder alle beisammen, jene Hits, die ich auch auf meinem Plattenhobel als 45er - Single auflegen durfte. Und da Christian Günther es dabei vermied, in allen drei Ländern geführte Titel dann mehrfach spielen zu müssen, suchte er sich die Stücke punktuell aus.
Das galt aber vor allem für den westdeutschen Schlager - Sülz, den er eher nicht spielen wollte, aber aufgrund der guten Platzierungen in der Hitparade, es dennoch tun musste. Heintje, Roy Black, Peter Alexander, Gitte und Konsorten drehte ich dann einfach ab und wartete, bis das nächste Stück angesagt wurde.
Und zu diesem zählte die einst gerade erschienene Single der englischen Gruppe, mit dem Anaconda - Namen " Dave Dee, Dozy, Beaky, Mich and Tich " und dem Song " Last Night in Soho ", dass ich mir sofort merkte und später als Single kaufte.

http://www.everyhit.com/retrocharts/1968-SeptemberA.html

Tja, das waren noch Zeiten: Der Radio Bremen - Moderator Christian Günther wäre vor einigen Tagen 78 geworden. Ein Alter, dass wohl mehr als die Hälfte der Bevölkerung in den hoch technisierten Industrieländern locker erreicht. In Deutschland alle Male.

Christian Günther indes verstarb - viel zu früh - am 21. April 2001 in Bremen an Krebs.
9 Tage bevor die " Hansawelle " für immer den Sendebetrieb einstellte und aus Kostengründen zwei der vier Programme durch Fusion ihre Selbständigkeit verloren.
Vielleicht wollte er sich diesen Neubeginn nicht mehr antun? Vielleicht hatte er längst genug von dem Schund, den Schrott, den ewigen Griffen in die gleiche " Grabbelkiste ", der bei vielen privaten und längst bei den Vollprogrammen der ÖRs in den Äther gejagt wurde? Christian Günther fühlte sich eventuell schon zu alt, um sich auf etwas Neues einzulassen? Er wäre mit seiner Sendung " Please, Mr. DJ " allerdings Bestandteil des Programms von Radio Bremen Eins geworden.

Und so erinnere ich mich noch gerne, an jenen Samstagmittag oder frühen Nachmittag, als er die Hits in seiner Sendung " Hitline International " mit seiner sonorigen Stimme ansagte, die zu jenem Zeitpunkt allerdings nicht frei von atmosphärischen Störungen war.
Er war ja auch Stadionsprecher bei Heimspielen des SV Werder Bremen und wohl auch ein verkappter Fan des Vereins. Wenn er von oben zusehen könnte, hält er den Grün - Weißen in der jetzigen, prekären Situation garantiert beide Daumen.



https://de.wikipedia.org/wiki/Christian_G%C3%BCnther_(Moderator)


In diesem Sinne: Gut´s Nächtle mit der Bandwurm - Namens - Band und ihrer " Letzten Nacht in Soho ":






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" Oh Adele, oh Alele, ah teri tiki tomba, ah massa massa massa, oh balue balua balue. " und die Kotzfahrt nach Wangerooge.

Widerspruch zwecklos!