Little Cherry Virus - Kirschbaum ohne Kirschen



Seit einigen Wochen geht es unserem alten Kirschbaum an den Kragen. Mit der Akku - Handsäge von " Makita " wird er Stück für Stück, Zweig für Zeig, Ast für Ast, auf ein Maß gekürzt, dass ihn als Baum - Skelett erkennen lässt. Der treue Weggefährte vom Bau über den Einzug bis zur Übernahme des Grundstücks, er hat seine Dienste erledigt. Er hat regelmäßig viele, Zucker  süße Kirschen abgeliefert. Nun ist seit drei Jahren damit Schluss.

Der gute Freund hat sich die viröse Krankheit mit dem wohl klingenden Namen " Little Cherry Virus " eingefangen. Diese ist nicht nur ansteckend, sondern zudem auch irreversibel. Es gibt keine Heilung, der durch unsachgemäßes Okkupieren hervor gerufenen Infektion.

Zunächst erkranken eine Blätter, dann das gesamte Blattwerk und außerdem bleiben die Früchte sehr klein. Sie entwickeln sich allenfalls auf einen Bruchteil der Normalgröße. Damit steht fest, dass der gesamte Obstbaum erkrankt ist.

Da stand ich nun auf der 10,40 Meter langen Metallleiter und sägte bei Temperaturen so um die 30 C - Marke die restlichen Zweige und Äste des guten Freundes ab. Der Hauptstamm wird alsbald folgen. Dann sagt der über 75 Jahre alte Kirschbaum " Auf Wiedersehen! "

Während die Sonne mir auf den Pelz brannte, der Schweiß in Strömen am Körper herunter lief, besah ich mir von unten meine Freveltat. Dabei erinnerte ich mich an ein Album der Gruppe des vor einigen Jahren - viel zu früh - verstorbenen Musikers Edgar Froese, nämlich " Tangerine Dream ", mit dem Titel " Ricochet".

Das Wort kommt ja aus der französischen Sprache und bedeutet - sinngemäß - soviel, wie abprallen, zurückprallen; als Substantiv auch: der Rückprall etc.

Auf das menschliche Leben bezogen, wird eine solche Bewegung oft fatale Folgen haben. Einst erfuhr ich in einem Strafrechtsseminar bei dem damaligen Dozenten Otto Backes, dass die Lehre von dem " aberratio ictus ". Jeder, sich im juristischen Dickicht der Fachtermini, verstrickende Jurastudent, weiß hierüber ein Lied zu singen. Trifft der Faustschlag des Täters A, nicht dem gegenüber stehenden B, weil der sich plötzlich wegduckt, sondern C, so handelt es sich um den klassischen Fall im Sinne der Strafrechtslehre. Ist es jedoch beim Ausführen jener Tat draußen sehr dunkel und nimmt der Täter A irrtümlich an, dass B vor ihm stehe, dem er nun Eine verpletten will, trifft aber statt seiner C, so heißt dat Ding jetzt " error in persona ".

Na,ja, im wahren Leben geht auch so mancher Schuss nach hinten los und trifft schlussendlich den, für den dieser nicht bestimmt wahr - oft sogar den Schützen selbst.

Meine Bilder von dem Erfolg der Sägeaktion sollen allerdings nur einen Hinweis darauf geben, dass alles im Leben seine Zeit hat. Selbst gute Musik kommt eher selten wieder, so, wie Froese´s TD eben eine einmalige Gruppe von Musikern war.  
Aber: Auch Bilder, Fotos oder Musik, können manchmal gewisse Ähnlichkeiten aufweisen.





Hmmmmmh, könnte beinahe passen. Oder?

" Tangerine Dream " und eine sehr abgespeckte Version des 1975er " Ricochet ", vormals live gespielt in Budapest 2012:






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