Johnny Winter: Ein Blues-Gigant spielt auf - Captured Live!




 Es gibt im Leben eben doch noch Zufälle!

Während ich mich immer noch mit meiner Stereo-Anlage aus den frühen 80er Jahren herum plage, weil der "Onkyo"-Verstärker aus dem einstigen HiFi-Exportland Nummer 1, aus dem jetzt Krisen geschüttelten Japan,nicht so will, wie ich es gerne möchte, versuchte ich das kürzlich erworbene Exemplar späteren Produktionsdatum damit zu überlisten, in dem ich die Kopfhörer anstöpselte und... hörbar den Hannes Wader wieder erkannte.

Weitere 10 Minuten später kam mir ein Geistesblitz: Warum nicht die 35 Jahre alte LP, die Vinylscheibe, die Schallplatte von Johnny Winter mit dem Titel " Capured Live!" auflegen und ausprobieren, ob der angeschlossene Plattenspieler nicht auch geht.
Gedacht - getan!

Was dann aus den "Technics"-Boxen heraus dröhnte, war nicht von jener Qualität. die ich von den 30 Jahre alten "Elac"-Boxen gewohnt bin, aber immerhin es waren eben jene unverkennbaren Gitarrenriffs, die ein Blueser der alten Schule, dann erklingen lässt, wenn er seinen Zuhörern etwas zu sagen hat. So praktiziert es auch Johnny Winter seit vielen Jahren.

Er wurde als John Dawson Winter III in Beaumont, einem kleinen Städtchen im US Bundesstaat Texas am 23. 02. 1944 geboren.
Bereits mit 15 Jahren gründete er zusammen mit seinem Bruder Edgar Winter die erste Blues-Formation. Im Verlaufe seiner Schaffenszeit erhielt sein Bruder einen festen Platz in seinen Bands.

Johnny Winter war mir seit den frühen 70er Jahren längst ein Begriff.
Seine vielen LPs, die er ab den Endsechziger produzieren ließ, lagen zum größten Teil auf meinem Plattenteller.

http://de.wikipedia.org/wiki/Johnny_Winter







Johnny Winter ist die weiße Blues-Legende schlechthin; im gleichen Atemzug mit Eric Clapton und Eric Burdon, dem einstigen Frontmann der "Animals", der nach seiner Pop- und Beatzeit sich dem Blues widmete, zu nennen. Blues & Rock & Roll - Stücke, gespielt und adaptiert von Johnny Winter sind eine Klasse für sich. Und deshalb habe ich auch jene LPs noch in sehr guter Erinnerung, die er und seine Formationen einst veröffentlichten:


  • The Progressive Blues Experiment (1969)
  • Johnny Winter (1969)
  • Second Winter (1969)
  • Johnny Winter And (1970)
  • Still Alive and Well (1973)
  • Saints & Sinners (1974)
  • John Dawson Winter III (1974)
  • Nothin But the Blues (1977)
  • White, Hot and Blue (1978)
  • Raisin' Cain (1980)
  • Guitar Slinger (1984)
  • Serious Business (1985)
  • Third Degree (1986)
  • The Winter of '88 (1988)
  • Let Me In (1991)
  • Hey, Where's Your Brother? (1992)
  • I'm A Bluesman (2004)

Nachdem zu Beginn der 1990er die Phonoindustrie den " Tod " der Vinylscheibe bekannt gaben und die künftigen Alben von Johnny Winter nur noch auf den "Silberlingen" zu kaufen waren, gingen die Konzerne dazu über, eints auf Schallplatte veröffentlichtes Material von ihm zu digitalisieren und auf CD wieder zu veröffntlichen. Das ist auch bei Johnny Winter vom Vorteil, denn aus seinen inzwischen 134 produzierten Tonträgern hören sich jene aus den sehr frühen Jahren klanglich natürlich nicht mehr akzeptabel an.

Nun, J.W. ist aber eher ein Live-Musiker. Als er in den frühen Morgenstunden als "Top-Act " beim 4. WDR-"Rockpalast" auftrat, ließ er sich nicht lumpen und spielte bis kurz nach 5.00 Uhr. Und wie:


01  Hideaway                                  (10'35'')
02  Messin' With The Kid                       (7'25'')
03  Walking By Myself                          (7'32'')
04  Mississippi Blues                         (16'50'')
05  Divin' Duck                                (6'13'')
06  Johnny B. Goode                            (5'35'')
07  Suzie Q                                   (12'38'')
08  Drum Solo                                 (10'05'')
09  I'm Ready                                  (5'36'')
10  Rockabilly Boogie                          (5'42'')
11  Medley                                    (15'46'')
12  Jumpin' Jack Flash                         (6'20'')

Viele Rockpalast-Fans waren begeistert: " Hast Du Johnny Winter im Rockpalast gesehen?" lautete in meinem Bekanntenkreis die stereotype Frage. Natürlich hatte ich und war an jenem Samstagabend, dem 21.04. 1979 zum Sonntagmorgen, dem 22. 04. 1979.

Zunächst trat die J. Geils Band mit ihrem unnachahmlichen Sänger Peter Wolf auf. Ein Insidertipp für alle Rockfreunde. Eine Gruppe aus den USA, die zwar nie den spektakulären Durchbruch geschafft hat, die allerdings für Rockfans ein Begriff ist.
Nach einer längeren Umbaupause spielte die Patti Smith Group auf. Patti Smith, dass war einst eine andere Musikrichtung; das war New Wave,Punk und Grunge aus dem fernen Amerika. Die Lady zeigte sich mit - ihren immerhin schon - 33 Lenzen eher unkoventionell und hatte weder großen Bock auf eine pompöse Ansage, noch auf ihre Vorgänger, geschweige denn auf ein Interview. Sie wollte einfach nur aufspielen und sich auf der Bühne abreagieren.
Der Hammer war aber, als Patti dann mit ihrer Klarinette beim Auftritt von Johnny Winter, ihm dabei zu Füßen liegend, einige schräge Töne in dessen Blues-Improvisationen einspielte. Wohl voll gekifft, machte es ihr riesigen Spass, ihrem Ido nahe zu sein.
Wenngleich Pattis Musik eine völlig andere Stilrichtung darstellte; den Blueser Johnny Winter verehrte sie trotzdem - oder: gerade deshalb, weil eben der Blues die Mutter der Musik ist.


http://www.rockpalastarchiv.de/rn4.html

Dies Feststellung trifft denn auch auf die Johnny Winter LP " Captured Live!" zu. Dieser Zusammenschnitt seiner Auftritte im Rahmen der USA-Tournee 1976 bringt jene Genialität des Bluesers - der sich hier allerdings als Bluesrocker outet - ohne Einschränkungen zu Tage. Bluesrock vom aller Feinsten, von einem anderen Stern. Weshalb heute noch die Kenner von diesem Album in höchsten Tönen schwärmen:

http://www.amazon.de/Captured-Live-Johnny-Winter/dp/B000002567

Die LP " Captured Live!" startet mit dem Klassiker des farbigen Bluesmusikers Larry Williams " Bony Moronie ". Und wie! Johnny's fast krächzender, rauher, beinharter Gesang schneidet seine virtuosen Gitarrenriffs, dass Intro an der Slide Guitar, brutal ein, ehe dann seine Mitstreiter einsteigen: Randy Jo Hobbs ( Bass, ergänzender Gesang) , Richrad Hughes (Schlagszeug) und der glänzende Floyd Radford (Gitarre ) fetzen los und das Stadion tobt.
Es folgen mit " Roll with me ", einen Titel, den sein kongenialer Partner Rick Derringer 1974 komponierte und "Rock & roll people ", einem John Lennon Stück aus dem Jahre 1973 zwei aktuelle Rockbeiträge, ehe er den Klassiker der Songwriter  Bobby & Shirley Womack von 1964 " It's all over now " intoniert.
Johnny zeigt sich in Höchstform.

Das kommt natürlich auch bei dem Lied von Bobby Dylan " Highway 61 revisted " zum Tragen. Mit Floyd Radford puscht er sich wechselseitig zu wahren Gitarrenklang-Bergen hoch. Beide improvisieren minutenlang zu der Grundmelodie der Dylan-Ballade, die damit förmlich in ihre Einzelteile seziert wird. Bluesrock in Liveform - eine Ohrenweide! Nach fast 11 Minuten ist das Gitarrengewitter vorbei. Ein Beifallsorkan aus der Rand vollen Arena setzt ein.
Den Abschluss dieser Zusammenfassung der Auftritte von Johnny Winter & Band bildet seine Eigenkomposition " Sweet Papa John " ( Gemeint ist er hier wohl selbst ). Ein orgiastischer Gesang des Albino-Bluesrockers gepaart mit Slide-Gitarren-Einlagen. Aller erste Sahne!

Die Titel sind im Swing Auditorium von San Bernadino, dass wegen eines hierin abgestürzten Flugzeugs nicht mehr existiert ), der legendären San Diego Sports Arena ( wo auch Größen, wie Jimi Hendrix sich die Ehre gaben ) und im Coliseum von Oakland aufgenommen worden.

Nach 35 Jahren hört sich meine LP immer noch so an, wie einst 1976, als ich sie in einem LP-Laden in Wilhelmshaven erwarb.

Und während ich - hockend - an meinem immer noch nicht funktionierenden Altverstärker herum schraube, kamen mir so einige Gedanken an jene verflossen Jahre, in denen ich - umzugsbedingt - die LP zusammen mit anderen aus meinem Archiv viele hundert Kilometer transportiert habe, viele Treppen hoch tragen musste und viele Male umstellen durfte, weil der Platz nicht ausreichte.

Eher enttäuscht, gab ich die Bastelei an dem Uralt-Verstärker auf und setzte mich an meinen Schreibtisch, stellte den PC an, um einen Post über eben den legendären Blues-Albino aus den USA einzustellen, als das Telephon klingelte. Am anderen Ende der Verbindung der ebenso Musik verrückte Nachbar, der mir eine sensationelle Mitteilung bekannt gab: Mister Johnny Winter tritt am 26. Mai 2011 bei " Tante Ju " im Rahmen des Blues-Festivals auf.
" Nee!", antwortete ich ihm.
" Doch!", gab er zurück.

Es gibt eben doch noch Zufälle! Oder wahr es eine Eingebung? Eine altersbedingte Sinnesstörung ist es mit Sicherheit nicht gewesen, denn auf der HP der "Tante" stand es eindeutig: Johnny Winter tritt hier auf!
Und während ich noch zu diesem Post einige Hintergrundinformationen sammele, klicke ich auf eine Seite, mit der sich ein wahrer Goldschatz für jeden Live-Rock -Fan verbirgt:


http://www.wolfgangsvault.com/concerts/venues/swing-auditorium.html

Kommentare

exmagenta hat gesagt…
Nee-doch, da haben wir ihn gesehen und gehört, Jonny, Bj 44, nicht mehr ganz frisch in der Bewegung aber die Riffs auf der legendären Gitarre, die hatte er noch voll drauf. Das hat gerockt. Ein Lob an den/die Macher der Tante Ju. Nur denen ist es zu verdanken, dass ein Herr Winter im Frühling nach Dresden kam. Zufall oder nicht, es gab EINEN im Fachpublikum der Jonny bereits im Rockpalast erleben durfte. Dank dem Jahr89, dem Internet sowie der sächsischen Vorbehaltlosigkeit, gab es ein Wiedersehen zwischen den Beiden. Beide sind und werden es bleiben, eine Bereicherung unserer sozialen Kompetenz.
Schade das die Herren deVille und SRV die Himmelsharfe zupfen. Das wären noch die Kandidaten, die die Fans auch bei Regen stehen/tanzen lassen würden, mich eingeschlossen. Tommy Shannon – Bass – in der Begleitband Double Trouble für SRV hat auch schon für Herrn Winter gezupft. Der Kreis schließt sich immer wieder, nur gehen uns langsam die Protagonisten aus. Oh Herr, wir kommen auch ohne Kirchentag aus, ein Woodstock tut es doch auch, oder? Selbst E.H. hörte heimlich auf dem Klo das Westradio ..... Let`s Rock in the Sky, in Anlehnung an „Spirit in the Sky“!

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