Die spinnen, die Griechen!
Einst stellte der griechische Arzt ( und wohl auch Philosoph ) Hippokrates'von Kos' fest:
" Das Leben ist kurz, die Kunst ist lang, die Gelegenheit flüchtig, die Erfahrung trügerisch, das Urteil schwierig. "
Seitdem sind mehr als 2.400 Jahre nach der christlichen Zeitrechnung vergangen. Die Weisheit gilt immer noch. Sie ist sogar aktueller denn je.
Was sich nach dem Beitritt Griechenlands in die EU und die Euro-Zone an Abgründe zwischen Wahrheit und plumper Lüge aufgetan hat, dürfte mehrere Bücher füllen. Die Griechen, ein Volk, das es mit Wein, Weib und Gesang schon vor vielen Jahrhunderten zu tun hatte, das die Kunst des Lebens als künstlerische Herausforderung versteht und die mathematischen Bedingungen, wonach 1 + 1 = 2, 1 - 1 = 0 und 0 - 1 = -1 sind, all zu häufig in einem Anflug der kreativen Buchführung, in ein anders lautendes Ergebnis fehlinterpretiert, diese Griechen haben es nun mit den Auswüchsen jener Lebenskunst zu tun.
Ob es sich dabei um eine griechische "Schuldenkrise", eine "Euro-Schuldenkrise" oder etwa eine "systemimmanente Krise " handelt, ist jedoch nicht die Frage. Fraglich dürfte vielmehr sein, ob es den Griechen gelingt, die Auswirkungen eines über einen längeren Zeitraum selbst auferlegten Lebensstils zu meistern.
Der kritische, der außenstehende Beobachter darf hier erhebliche Zweifel hegen.Eine nicht belegteBehauptung besagt, dass es leichter ist, von einem erklommenen Baum herunter zu steigen, als umgekehrt. Nur, der auf Pump und durch Manipulation erreichte Lebensstandard lässt sich nur so lange beibehalten, wie die dazu benötigten Rahmenbedingungen es zulassen.
Da Griechenland über viele Jahre nicht nur auf Kredit sondern darüber hinaus auf zu großem Fuß gelebt hat, fällt es jetzt schwer, wieder in die Normalität zurückzukehren. Darauf lässt sich kaum ein Grieche ein. Wer will schon gerne das Angenehme im Leben wieder aufgeben oder sich einschränken wollen?
So protestiert der gemeine Grieche seit Monaten gegen die Einschnitte und Kürzungen in dem Staatshaushalt. Der Zorn der BürgerInnen richtet sich nicht nur gegen die eigene Regierung und deren Unfähigkeit, ein bis in die Haarspitzen korruptes System so zu reformieren, dass jeder Grieche seine Steuern an den Staat zahlt, die Privilegien bestimmter Bevölkerungsgruppen abgeschafft werden und die Binnenwirtschaft effizienter funktioniert. Die dazu erforderlichen operativen Maßnahmen sind schmerzhaft. So schmerzhaft, dass eine Reihe von Betroffenen in Rage geraten und in ihrer Wut das Augenmaß verlieren.
Da wurde, neben den Bürgerkriegs ähnlichen Ausschreitungen, auch so manche Karrikatur von den Politikern aus den übrigen Euro-Ländern zu einer Zumutung. Die, neben den französichen Staatspräsidenten Sarkozy, um eine Lösung sichtlich bemühte Bundeskanzlerin Merkel bekam - zumindest verbal - den Zorn der gebeutelten Griechen zu Gesicht, als nämlich ein Hetzblatt sie als Nazionalsozialistin in brauner Uniform mit Hakenkreuzbinde darstellte.
Hier hört die noch akzeptable Kritik auf. Was nach bundesdeutschen Recht strafbar ist, wird jedoch in Griechenland nicht verfolgt. Deshalb dürfen jene Merkel-Hasser ihren Unmut auch weiterhin öffentlich kundtun und die Kanzlerin als "Nazi"-Uniformierte abdrucken.
Jenseits jener, nicht mehr durch die Satire gedeckten Übertreibung, stellt sich für den nach 1945 geborenen die ernsthafte Frage, ob die Griechen spinnen?
Was Merkel mit dem Nationalsozialismus gemeinsam haben soll, erhellt sich dem Beobachter denn auch kaum. Es ist wohl eher das Herausholen des alt bekannten "Totschlagarguments" aus der historischen Mottenkiste, wonach zu viel deutscher Einfluß und ein gerüttelt Maß an politischem Engagement mit Faschismus gleich gesetzt wird.
Dabei haben die Griechen ihre Misere zum Teil selbst verschuldet. Oder, wie es in einem griechischen Zitat zutreffend heißt:
Wenn ein Mensch behauptet, mit Geld lasse sich alles erreichen,
darf man sicher sein, daß er nie welches gehabt hat.
( Aristoteles 384 - 322 ).
Kommentare