Wahre Triebe

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 Das größte Werbemüllmedium ist zweifelsohne das Internet. Wer beim Anklicken einer beliebigen Seite keine nervenden Reklameeinblendungen ertragen muss, hat wahrlich Glück gehabt. Zu den größten Schrottkisten in diesem Bereich zählen zweifelsohne die Anbieter diverser Kommunikationsplattformen. Ob sie nun "web. de ", " freenet.de " oder "gmx.de" in diesem, unserem Lande heißen, ist dabei völlig unerheblich.
Voll gestopft mit schwachsinnigen Werbeeinblendungen bieten dieser Einrichtungen zwar den Unterhalt einer kostenlosen Mailadresse an, die dann über jene Reklame finanziert wird, bevor der User jedoch sein Mailfach öffnen kann, hat er diesen Bullshit zu ertragen.

So kam mir vor einigen Tagen ein Pop - up unter die Augen,der auf eine der unzähligen Partnerbörsen hinwies. Statt das nervende Ding mit einem Mausklick zu entfernen, geriet ich direkt auf die Schaltfläche und war - mir nichts, dir nichts - auf dem Verkupplungsportal. Hier wurde - meistens gegen Entgelt - einiges für die erfolgreiche Suche nach der wahren Liebe angeboten. Ob es der sattsam bekannte Chat mit unbekannten Usern irgendwo weit draußen, in der Unendlichkeit des angeblich anonymen Raumes sei, eine mundgerecht servierte Fotogalerie von diversen Schönheiten aus den " knackigen " Altersklassen von Mitte Zwanzig bis Mitte Dreißig oder der individuelle Zugriff auf Userinnen in der Region, dieses alles soll zum Auffinden der richtigen Partnerin beitragen.

Was auch immer hinter vielen Bildern, Persönlichkeitsbeschreibungen oder Nicknamen steht, Fakt ist, ohne Fleiß, kein Erfolg. Der Markt boomt, denn die Suche nach einer Lebensabschnittsgefährtin gestaltet sich für eine große Zahl von männlichen Aspiranten immer schwieriger. Hierfür gibt es eine Reihe von gründen. Ob es das Aussehen ist, das sich negativ auswirken kann, die mangelnde Intelligenz, die nicht unbedingt immer ein Hindernis sein könnte oder aber der Umstand, dass der junge Mann noch bei Mutti wohnt, ißt und sich dort die Wäsche waschen lässt, kann in Kombination zu einem unüberwindlichen Hindernis werden.
Welche junge Dame möchte schon ein Muttersöhnchen kennen lernen? Die Gefahr, dass dieser sich gleich als Doppelpack outet, ist immens groß. Das wirkt nicht nur abschreckend, sondern dürfte ein absolutes " no go " sein!

Einmal neugierig geworden, klickte ich - völlig unbefangen - auf die Seite, die das maskuline Fleischangebot aufzeigen sollte. Bereits nach wenigen Profilaufrufen war mir klar: diese Kerle dort haben ein Problem. Es heißt: sie selbst! Was auf aufgepeppten Fotos dort der Damenwelt offeriert wurde, war eine Sequenz aus dem Genre " Monster, Mumien, Mutationen ". Daneben zeigten sich eine Schwergewichtler in Bermuda-Shorts vor der Haube ihres monströsen PS-Technikwunder mit vier Rädern: breit lächelnd und in einer Angeberpose. Hoi, wer sich so zur Schau stellt, kann es auf dem Sektor der aktivierten grauen Zellen nicht sehr "dicke " haben. Eine andere Kategorie formulierte seine Ansprüche an eine mögliche Partnerin gleich eindeutig: sie muss putzen, kochen, bügeln können, darf  auch ruhig ohne Schulabschluss sein, dafür aber mit einem drallen Körper versehen sein.

So ging es über deckungsgleiche Männerprofile, zu den Gestrandeten jenseits der 40. Hier wurde einige Male ordentlich Dampf abgelassen. Frauen, deren Bestreben es ist, den betreffenden Mann - immerhin schon lebenserfahren - nur wegen der materiellen Aspekte angeln zu wollen, hatten bei einigen Kandidaten keine Chance. Andere wiederum verweigerten Frauen mit "Altlasten " den Zugang oder lehnten Familiengründung mit Nachwuchs kategorisch ab.
So scrollte ich noch einige Darstellungen oder exakter formuliert Selbstdarstellungen bis zur bitteren Neige herunter, ehe ich die Seite ganz dicht machte.

Ich hatte genug gesehen. Wenn das die virtuelle Welt der Partnerbörsen sein soll, dann lebe ich auf einen anderen Planten. Es mag auch damit zusammen hängen, dass die Zugehörigkeit zu der Gruppe der " Silverager " bei mir die gewisse Gelassenheit in das eigene Leben hat einziehen lassen, mit Hilfe derer ich die Verrenkungen jener Damen und Herren aus dem Olymp der begnadeten Männer aus betrachten darf, die sich weder über einen Blechschlorren mit ausreichend Pferdestärken und Hubraum definieren, noch vor lauter Minderwertigkeitskomplexen, über diverse Schönheitsoperationen nachdenken oder sogar einen unverzeihlichen Rückfall in die erste Dekade der post-pubertären Zeit vollziehen, indem sie sich herunter hungern, ein Motorrad der Marke " Easy Rider " kaufen und zudem den Lebenstil der in den 80er und 90er Jahre Geborenen annehmen möchten, völlig los gelöst hiervon grinsend betrachten darf.

Auch die Verabschiedung aus der - biologisch zwar noch möglichen - Teilnahme an der Vermehrungsschlacht mag ein Quantum an jenem Lebensgefühl hinzufügen, dass solche Verkuppelungsmaschinerien dann eher doch als völlig unsinnig erkennt. Einst selbst in den Fängen eines solchen Portals, zeigen mir die dort gemachten Erfahrungen mehr denn je, dass es zwischen der Realität und der Utopie derart große Unterschiede gibt, die die Suche nach einem oft zitierten Traumpartner, wie es über die Medien dem Fußvolk aus der Welt der Reichen, Schönen und Blöden suggeriert wird, zum Albtraum werden lassen können. Dann nämlich, wenn die Aktivitäten innerhalb dieser Communities sich auf die rein biologische Triebabfuhr reduzieren lassen und aus der Suche nach der " wahren Liebe ", das Ausleben der " wahren Triebe " wird.

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