So oder so, das geht sein´ sozialistischen Gang. Erinnerungen an ein legendären Auftritt vor 35 Jahren.


Die Zeit rast. In 19 Tagen ist Heilig Abend! Wo der Weihnachtsmuffel auch hin sieht, überall leuchtet es vorweihnachtlich in den Fenstern. Die dunkle Jahreszeit soll ein wenig aufgehellt werden. Dabei hat der November sich erst vor einigen Tagen verabschiedet und seine Wetterkapriolen in die Analen der Almanache hinterlassen. Er war mild, trocken und an einigen Tagen neblig. Nebel gehört zu diesem Monat, wie die Trauertage und das naß - kalte Wetter, das den Spaziergänger frösteln lässt.
Im Norden nennt sich das dann "Schietwetter".

Jenes "Schietwetter " herrschte auch an einem 13. November 1976 in Wilhelmshaven. In jener Stadt am Jadebusen, in der ich seit dem 15. September eben dieses Jahres ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der dortigen Fachhochschule aufgenommen hatte. Einst nannte sich die Einrichtung Wirtschaftsakademie. Dann, im Zuge der Bildungsreformen  der sozial-liberalen Koalition wurde diese Schule nur umbenannt. Die Dozenten blieben und mit ihnen der Muff aus den Adenauerjahren.
Ich hatte mir in Wilhelmshaven in der Waagestraße bei einer Familie Pelletier ein Zimmer gemietet, für 80,-- DM plus Nebenkosten wie Strom und Öl ( machte im Durchschnitt 110,-- DM ). Der Kanonenofen, der eben mit Öl befeuert werden musste, war ein technisches Wunderwerk, denn er brannte öfters eben nicht, obwohl Öl in den Ofen einlief. Dann blieb die Heizung eben aus. Auch an jenem 13. November 1976, einem Samstag, verzichtete ich auf die wohlige Wärme des Kanonenofens in dem Studenten-"Loch" in der Waagestraße in Wilhelmshaven und stellte statt dessen den "Quelle Universum "- Schwarz-Weiß - Fernsehapparat auf den Ofen, weil der Empfang über die Zimmerantenne dort besser war.

Mit einigen Tricks und unter Zuhilfenahme eines Pappkartons gelang es mir das Fernsehbild scharf zu stellen, nachdem ich den Kanal für das Dritte Programm des Norddeutschen Rundfunks manuell fest gelegt hatte. Es lief ab 20.00 Uhr zunächst die Tagesschau. Ob nun Köppke, der Encore-Man, die Nachrichten im halb-amtlichen Sprech herunter betete oder die blonde Dagmar Berghoff, kann ich nicht mehr sagen. Entscheidend war für mich, dass das Bild flimmer - und störungsfrei zu empfangen war.
Nach dem üblichen Wetter und der ebenfalls eingängigen Ansage des NDR III-Frontmann Denes´Törcs, der eine Programmänderung zu vermelden hatte, erschienen die ersten Live-Bilder aus der Köln-Arena, die der WDR über sein 3. Fernsehprogramm sendete.


Zu sehen war eine Bühne, auf der eine Orgel, ein Holzschemel und einige Mikrophone standen. Dann erschien ein etwas gedrungen wirkender Mann mit Seehundsbart und einer damals üblichen "Beatle"-Frisur-Variante. Donnernder Applaus schlug ihm entgegen. Kaum, das er sich auf den Hocker gesetzt hatte, zupfte er auf seiner Gitarre los.
" So soll es sein ". Dieses behauptete er zumindest damals, an jenem Abend des 13. November 1976 in der Köln-Arena vor einigen tausend Zuhörern. Der Mann, der dort stand war der "Liedermacher", der " Politbarde " Wolf Biermann.

http://de.wikipedia.org/wiki/Wolf_Biermann

Inzwischen 75jährig und leiser geworden. Damals war er es nicht. Der 40jährige hatte viel zu sagen. Er diskutierte mit den Zuschauern über seine politische Einstellung, über seinen Kampf gegen die Schwächen des real existierenden Sozialismus in der DDR. Jenen Staat, der ihn kurz danach ausbürgern würde. 
Die IG Metall, zu jener Zeit ein Monolith im Gesellschaftsgepräge der BRD, hatte Wolf eingeladen, damit er in der Kölner Sporthalle auftritt, dort wo die Sechstagerennen in den 50er und 60er Jahren eingeläutet wurden und sich viele Rockgruppen die Ehre gaben.

Biermann sang, spielte, diskutierte,rezitierte, lachte, schrie und weinte.
Nach über 3 Stunden war alles vorbei. Für ihn, für die DDR-Führung und seine Anhänger. Tosender Applaus folgte, minutenlang, das typische, das rhythmisches Klatschen. Er verbeugte sich, in der linken Hand ein riesiger Nelkenstrauß.
Das war´s!

Gegen 23.30 Uhr schaltete ich mit leicht feuchten Händen den TV-Apparat aus. Mir war inzwischen so warm, dass ich die kriechende Feuchte in dem Zimmer und den kalten Fußboden nicht mehr spürte. Beeindruckend!

Wenig später wurde Wolf Biermann wegen seines Konzerts, der dortigen Aussagen von den Gleichgesinnten hoch gelobt, von seinen Gegner verachtet und der Schmieren-Presse aus dem Hause Springer ausgelacht. Dieser Clown, was bildet der sich ein. Kommt aus der Unfreiheit in die Freiheit und sehnt sich nach dem Gefängnis, das er auch noch Heimat nennt, zurück. Ein Irrer? Ein Unbelehrbarer auf jeden Fall für die Betonköpfe der DKP, die es auch in der Gewerkschaft gab. Die im öffentlichen Dienst herum schleimten und deren Ableger in Form der Studentenorganisation MSB Spartakus eilends ein Flugblatt verfassten, dass dann am folgenden Montag nach dem Biermann-Auftritt an der Fachhochschule - verbotener Weise - verteilt wurde.



Biermann, der Rüpel! Was erlauben Biermann? Seien krank im Kopf! Aber nicht nur von den biederen DKPisten gab es Keile. Auch die ZDF-CDU-Bagage empörte sich. Wie kann ein Mann aus einem Unterdrückungsstaat behaupten, er wäre von dem Regen in die Jauche gekommen. Nein, unerhört, dieser Biermann. Hat er nicht schon genug genossen, von seinen Genossen?
Das übliche Gesülze der schwarzen Garde in den Nachrichtensendungen und den anschließenden Kommentaren habe ich nicht mehr in Erinnerung.
Was mir jedoch bis heute zum Biermann-Konzert an jenem 13.November 1976 einfällt, ist ein Kalauer aus dem schwachsinnigen Karnevalsmüll des ZDF, dass die Sitzungen jener Altherrenriege aus Mainz unter dem Slogan " Mainz bleibt Mainz! " oder " Mainz, wie es singt und lacht!" bis zum Erbrechen übertrug.
Ein Hampelmann-Duo im typischen Karnevals-Outfit plärrte im mundartlichen Sprechgesang:

" Biermann, Biermann, geht im Land herum!
 Biermann, Biermann,hält uns all´für dumm!
 Von dem Regen in die Jauche,
 das Fernsehn gab ihm lange Sendezeit,
 das wollt´nur eine Minderheit!"

Die Arschlöcherigkeit dieser CDU-ZDF-Volksbelustigungsgang endete aber nicht nur mit jenem Erguss, sondern befasste sich gleich mit allen Polit-Sekten, Linken und sonstigen Systemverbesserern.Wie schon ab den 60ern üblich, wurde denen ,von den dort auch mit johlenden Wirtschaftsbossen, die sich sonst nicht zu fein waren, mit den DDR-Funktionären darauf mit "Krim"-Sekt anzustoßen, in der ZDF-Karnevalsorgie Jahr für Jahr die Leviten gelesen.

Das  Kölner Konzert wurde ein Jahr später auf einer Doppel-LP veröffentlicht. Die Mitschnitte des Auftritts waren einst für 25,-- DM auf CBS-Platte zu erhalten. Wer etwas auf sich hielt, wer sich den vormals erwünschten links-alternativen Touch geben wollte, der hatte dieses Doppel-Album im Plattenschuber stehen. Wolf Biermann war danach "in". Nicht nur, weil er mit seiner Kritik an der Staats - und Parteiführung der DDR das umsetzte, was mit ihm Intellektuelle wie der Literat Florian Havermann innerhalb einiger, weniger systemkrititischer Zirkel hinter verschlossenen Türen, aber immer unter ständiger Beobachtung durch die Staatssicherheitsbehörden äußerten, sondern weil er den Mut hatte, es im kapitalistischen Ausland auszusprechen.

Neben Wolf Biermann wurden sukzessive Eva Maria Hagen, ihre Tochter Nina, Gerulf Pannach und Christian Kunert von der verbotenen, genialen Blues-Rock-Gruppe " Renft Combo ", Katharina Thalbach und Manfred Krug sowie auch der Schriftsteller Jürgen Fuchs ausgebürgert. Ihnen folgten in den späteren Jahren u.a. die Mitglieder der Rockformation "Spliff" mit denen Nina Hagen zusamen gearbeitet hatte.

Wolf Biermann´s Konzert ist nun 35 Jahre her. Es trat danach regelmäßig in der BRD auf. Er war - temporär - ein " Vorzeige-Linker. Einst trat er auch im "Pumpwerk" von Wilhelmshaven, einem Kommunikationszentrum in der Jadestadt auf. Als ich ihn 1979 dort spielen sah, hatte er gerade eine neue Platte aufgenommen. " Hälfte des Lebens ", so heißt dieses Album.
Es finden sich dort einige sehr lyrische Lieder. So auch jenes über den großen deutschen Dichter Heinrich Heine : " Auf dem Friedhof von Montmartre ":

Auf dem Friedhof am Montmartre

Auf dem Friedhof am Montmartre
Weint sich aus der Winterhimmel
Und ich spring mit dünnen Schuhen
Über Pfützen, darin schwimmen
Kippen, die sich langsam öffnen
Kötel von Pariser Hunden
Und so hatt' ich nasse Füße
Als ich Heines Grab gefunden

Unter weißem Marmor frieren
Im Exil seine Gebeine
Mit ihm liegt da Frau Mathilde
Und so friert er nicht alleine
Doch sie heißt nicht mehr Mathilde
Eingemeißelt in dem Steine
Steht da groß sein großer Name
Und darunter bloß: Frau Heine

Und im Kriege, als die Deutschen
An das Hakenkreuz die Seine-
Stadt genagelt hatten, störte
Sie der Name Henri Heine!
Und ich weiß nicht wie, ich weiß nur
Das: er wurde weggemacht
Und wurd wieder angeschrieben
Von Franzosen manche Nacht

Auf dem Friedhof am Montmartre
Weint sich aus der Winterhimmel
Und ich sprang mit dünnen Schuhen
Über Pfützen, darin schwimmen
Kippen, die sich langsam öffnen
Kötel von Pariser Hunden
Und ich hatte nasse Füße
Als ich Heines Grab gefunden


Wolf sang dieses Lied gleich zwei Mal. Vielleicht waren seine Erinnerungen an jenen Besuch des Heine-Grabes für ihn so prägend, dass er sie ständig verarbeiten musste. Wolf, der Lyriker?
Die Jahre verflogen, die "linke", die alternative, die systemkritische Szene und mit ihr die dortigen Protagonisten wurden älter, setzten selbst Patina an und mussten sich spätestens ab den 80er Jahren in Frage stellen lassen. Der "Punk" kam auf. Die Spaß-Fraktion hatte das Sagen. Und die hatten politisch nichts vorzubringen, außer: " Ich will Spaß!"
Wolf Biermann verschwand schleichend aus dem Gedächtnis der kritischen Deutschen. Die Unkritischen hatten ihn bis dato ohnehin nicht gemocht.

Dann kam die Wende und mit ihr einige Auftritte in dem Beitrittsgebiet, der ehemaligen DDR. Für ihn war es wie eine Genugtuung, dort spielen zu können. "Freiheit statt Sozialismus!", hetzte die Kohl-CDU vor der "Wende". Freiheit und Sozialismus propagierte jedoch Wolf Biermann immer noch. Auch wenn dieses nun kaum noch Einer hören wollte.
Biermann blieb bis Mitte der 90er noch im Fokus der Medienöffentlichkeit, ehe es sehr still um ihn wurde.

Die literarische Seite des einstigen "Liedermachers " kam in den vielen Jahren nach seiner Ausbürgerung auch nie zu kurz, denn Wolf veröffentlichte eine Vielzahl von Schriften,:

  • Nachlaß I, 1977
  • Preußischer Ikarus, 1978
  • Das Märchen von dem Mädchen mit dem Holzbein. Ein Bilderbuch von Natascha Ungeheuer, 1979
  • Verdrehte Welt – das seh' ich gerne. Lieder, Balladen, Gedichte, Prosa, 1982
  • Affenfels und Barrikade, 1986
  • Klartexte im Getümmel. 13 Jahre im Westen, 1990
  • Über das Geld und andere Herzensdinge – Prosaische Versuche über Deutschland, 1991
  • Alle Lieder, 1991
  • Der Sturz des Daedalus oder Eizes für die Eingeborenen der Fidschi-Inseln über den IM Judas Ischariot und den Kuddelmuddel in Deutschland nach dem Golfkrieg, 1992
  • Alle Gedichte, 1995
  • Wie man Verse macht und Lieder. Eine Poetik in acht Gängen, März 1997
  • Paradies uff Erden. Ein Berliner Bilderbogen, 1999
  • Die Ausbürgerung. Anfang vom Ende der DDR von Wolf Biermann und Fritz F. Pleitgen, 2001
  • Über Deutschland Unter Deutschen., 2002
  • Die Gedichte und Lieder 1960 bis 2001, 2003
  • Eleven Outlined Epitaphs. Elf Entwürfe für meinen Grabspruch von Bob Dylan und Wolf Biermann, 2003
  • Das ist die feinste Liebeskunst. 40 Shakespeare Sonette von Wolf Biermann und William Shakespeare, 2004
  • Heimat. Neue Gedichte, 2006
  • Fliegen mit fremden Federn. Nachdichtungen und Adaptionen, 2011
Das unvergessene "Kölner Konzert " steht bei mir immer noch im Plattenarchiv. Ich habe die LPs lange nicht mehr aufgelegt. Wohl auch deshalb, weil der Zeitgeist längst in eine rückwärts gewandte Richtung marschiert, der " sozialistische Gang " in die Sackgasse führte und die Erde zwar " rot " geworden ist, aber wohl eher vor Scham, ob der globalen, sozialen Verwerfungen in den verschiedenen Staaten.
Na, denn, Wolf, gehen wir zurück in die 70er und genießen nochmals: " Das geht sein´sozialistischen Gang."

LEGENDE VOM SOZIALISTISCHEN GANG (1976)
1
Ihr großen Helden, macht Pause! Kommt ran!
Hört an die Geschichte vom kleinen Mann
Paul Kunkel: Klempner, DDR-Prolet
Der seit Fünfundvierzig am Schraubstock steht
Im Klinikum Buch die Dreckarbeit macht
Und dabei singt. Und flucht. Und lacht
- der alte Narr hat sich eingereiht
In jene Zahl, die zum Himmel schreit:
Die Bürger mit »Antrag« - ach, viele mal zehn
Tausend! wolln alle nach Westen gehn.
Sie wollen vom glücklichsten Land der Welt
Nach dorthin, wo die Krise bellt
- Hier nimmt die Gerechtigkeit anderen Lauf:
Mit Staub von dreißig Jahren drauf
Pauls dünne Kaderakte im Schrank
- und alles geht sein' sozialistischen Gang
2
Die Kaderleiterin schreckensbleich
Der Klinikdirektor ruft mal gleich
Im MfS (1) an. Dann MfGe (2)
Und beide geben ihm ihr Okay
Wo leben wir denn! Das hat keinen Zweck:
Der Mensch muß raus! So was muß weg!
Der Be-ge-eller(3) kommt grade rein
Unterschreibt den fristlosen Kündigungsschein
Aus seiner Mördergrube macht
Er hier beim Chef kein Herz. Er lacht
Und stöhnt: Wer hätte das gedacht
Daß Kunkel gemeinsame Sache macht
Mit den Faschisten in Bonn! mit Strauß!
Genosse Direktor, der Mensch muß mal raus!
Wir sind hier im Krankenhaus doch nicht krank! -
das geht jetzt sein' sozialistischen Gang
3
Der Be-ge-eller trommelt dann
Mal kurz die BGL zusamm:
Kollegen, klar, Ihr alle wißt
Daß K. ein Fall geworden ist
Für unsre Organe. Ihr wißt auch, warum:
Mit 50 Jahren so frech! so dumm!
Nach drüben will er! Zum Klassenfeind!
Klar, daß ihm keiner 'ne Träne nachweint
Wir werden auch nicht, uns selbst zum Hohn
Den Mann hier halten mit gutem Lohn
Ich war schon eben zum Chef hoch und
Hab unterschrieben. Der Kündigungsgrund:
Herr Kunkel ist nicht mehr tragbar hier
In unserer Klinik. Ich meine: wir.
Wir haben die Macht hier, gottseidank -
geht alles sein' sozialistischen Gang!
4
Doch eine Kollegin der BGL
Steht auf und fragt: Warum - so schnell?
Und überhaupt. Paul Kunkel war
Ein Arbeitstier seit 30 Jahr
Und für die Kinder, wie du weißt
Hat er das Karussell geschweißt!
Und dann noch steht ja gar nicht fest
Ob man den Paule Kunkel läßt!
Ich, nur als Mensch, stimm da nicht zu
Und unterschreiben durftest du
Erst, wenn wir einverstanden sind
Es gibt Gesetze. Und ich find
Das überhaupt 'n Ding. Und schon
Ein Fall für die Konfliktkommission
Das darf nicht auf die lange Bank
- dann geht das sein' sozialistischen Gang!
5
Der Specker starrt die Kollegen an
Und knirscht mit seinem Kuchenzahn:
Na gut, na schön - ich ahnte nicht
Daß hier noch einer für den spricht!
Und zur Kollegin knurrt er halt:
So wirst du hier bei mir nicht alt
In unsrer BGL. SO nicht!
Wer nicht knallhart mit Kunkel bricht
Wird spüren, wer in unserm Staat
Die Macht hat! - Und da trat
Jene berühmte Stille ein
In der die Leut nach innen schrein.
Abstimmung! Hand hoch! gegen Paul!! -
der Bonze steht mit offnem Maul:
Nicht ein Kollege hebt die Hand
- nun geht es sein' sozialistischen Gang
6
In der Gewerkschaft geht es rund
Sie reden sich die Zungen wund:
Kollegen! Kunkel, das ist klar
Daß der ein Feind ist. Ist und war!
Er will aus dem Staat, der gedeiht
(und wie du keinen bessren findst!)
Der sich dem Wohl des Volkes weiht
Nach drüben will er! wo sie grinst
Die Krise! Wer nach drüben will
Nachdem er 30 Jahre still
Genossen hat, mit uns das Glück
Und will nun in den Sumpf zurück
Den lassen wir - wie sag ichs bloß
Doch nicht auf unsre Kranken los!
Nun stimmt schon zu - und macht halblang -
dann geht das sein' sozialistischen Gang
7
Es bleibt dabei, sie sagen nein!
Und alles Drohen, alles Schrein
Der Leitungskader macht ja nur
Aus Angst die Leute doppelt stur
Nichts hilft: entlassen werden kann
Ohne Gewerkschaft hier kein Mann
Sonst geht am Ende Kunkel Paul
Noch vor Gericht und nimmt sich Kaul
Als Anwalt. Lenin lehrt zum Glück:
Zwei Schritte vor - vier Schritte zurück
Wenn es nicht möglich ist, den K.
Zu feuern, bleibt am Ende ja
Die Ausweisung nach Westen. So
Zum guten End sind alle froh
Und sind ihn los, diesen Gestank
- und alles geht sein' sozialistischen Gang
8
Der Brief an Kunkel kommt sehr bald.
»Zur Klärung eines Sachverhalts«
Wird er geladen. Und er geht
Ins MdI (4) Und vor ihm steht
In vollem Wichs ein Offizier
Der sagt: Sie unterschreiben hier
Daß Sie freiwillig rübergehn
- Paul Kunkel bleibt die Pumpe stehn
Er stammelt: Ja, ich meine: Nein!
Wie soll das noch mein Wille sein?
Wie kann ich jetzt noch rübergehn
Wo hinter mir die Kumpels stehn
- ich meine: hier auf Arbeit, die
Kollegen. Nein, nein, lassen Sie!
Ich bin auch lieber ... mittenmang
- jetzt gehts ja den sozialistischen Gang ...



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