Der 12.12.2012, der 12.12.1973, der 12.12.1955 oder: Werden wir nicht alle älter?



Die 50er Jahre waren für viele Menschen in Europa - aber nicht nur dort - wahrlich kein Zuckerschlecken. Der II. Weltkrieg hatte seine tiefen Spuren überall hinter lassen. So auch im WiWu - Land Bundesrepublik Deutschland, dass gerade erst, nämlich ab 1949 zum neuen Leben erwachte. Die drei Westalliierten hatten die Besatzungszonen für den Wiederaufbau frei gegeben. Die Konjunktur erholte sich zunehmend, das zerstörte Land versuchte einen Neustart. Und, es wurden wieder genügend Kinder geboren. Das galt bis in die 60er Jahre, dann kam der berühmte Pillenknick.

Nun, wer so wie meine Geschwister und ich in den 50ern geboren und die frühe Kindheit in Mitten der verspießten und klerikal geprägten Adenauer - Zeit verbrachte, der kennt die schmalen elterlichen Budgets, mit denen tagtäglich die Einkäufe getätigt werden mussten. Der kennt auch die eher bescheidenen Geburtstagsgeschenke. Aber, diese wussten so viele Mitstreiter von einst auch zu schätzen. Ob nun einen Baukasten mit Holzelementen, eine Puppe aus Gummi oder ein Paar Roßhaarsocken für die Gummistiefel, dieses waren bekannte Geschenke. Tja, und wir waren´s zufrieden, denn mehr gab es meistens nicht.

Kindergeburtstage in den späten 50ern waren geprägt von den selbst gebackenen Torten, den Emaille -  Kannen voll Kaba ( " der Plantagentrank " ) oder Bockwurst mit eigens gemachten Kartoffelsalat ( Kartoffeln aus dem eigenen Garten - oder Feldanbau, Äpfelstückchen, Majonaise von Tommy´s ). So begingen wir und die Nachbarkinder, von denen es reichlich gab, viele Geburtstage, bei denen Luftballons an einer Leine aufgehängt mit einer Stricknadel zerstochen werden sollten, mit den Kinderspielen " Blinde Kuh ", " Topfschlagen " oder " Versteckenspielen ". Auch das hat Spass gemacht, verbrannte genügend Kalorien im Körper und machte die Mehrzahl von uns schlank wie Tannen.

In dieser Zeit standen wir drei ( wie die Orgelpfeifen ) bei jedem Geburtstag des anderen Geschwister mit großen Augen da und beobachteten argwöhnisch, was dieses geschenkt bekam. Geteilt wurde später auch, vor allem die heiß begehrten Süßigkeiten. So vergingen sie, die Jahre in den 50ern, den 60ern und mit ihnen verflog so mancher Kindertraum von kostspieligen Geschenken, die unsere Eltern nicht kaufen konnten. Kinder aus diesen Generationen wurden zumeist nicht sonderlich verwöhnt. Sie liefen eher nebenher, blieben im Kampf um die Verbesserung des elterlichen Wohlstands und deren sozialer Anerkennung, dann allzu oft auf der Strecke. Wir bauten uns dafür eine eigene Welt auf.

In den 60ern waren es die Filme von Karl May ( der erste Streifen, " Der Schatz im Silbersee mit Lex Barker als " Old Shatterhand ", Pierre Brice als " Winnetou " und Götz George als " Fred Engel "  begeht gerade sein 50jähriges Filmjubiläum ), es war die " BRAVO ", das Organ der pubertierendne Jugendlichen und es waren die Sportvereine, mit denen wir uns identifizierten.

Dann kamen die so genannten 68er, die für viel Furore sorgten, die vermieften Wohn -, Schlaf - und Jugendzimmer ordentlich durch lüfteten, die Schulen und Universitäten zum Hort oft subversiven Handelns umkrempelten und die Gesellschaft wach rüttelten. Mit ihnen zog das Interesse für die Beat-, Pop - und Rockmusik in uns ein. Die ersten Feten wurden gefeiert. Die ersten Gläser Bowle leer getrunken, die ersten Zigaretten geraucht ( natürlich heimlich ). Wir wurden langsam erwachsen. Meine Schwester Christiane durfte ihre Volljährigkeit am 12. 12. 1973 offiziell verkünden. Sie absolvierte zu diesem Zeitpunkt eine Ausbildung zur Bankkauffrau ( damals nannte sich dieses noch Bankkaufmann, denn die Gleichstellung steckte noch in den Anfängen fest ). Die ersten Freunde und Freundinnen spielten auch eine gewisse Rolle im ansonst eher beschaulichen Provinzleben. Langsam, aber unaufhaltsam nabelten wir uns von Zuhause ab. Weg von dort, ein eigenes, dann selbst bestimmten Leben führen.

Seit dem hat sich sehr viel ereignet. Viele Dinge davon können als positive Erfahrungen, andere eher als negative Ereignisse eingeordnet werden. So verflogen sie, die 70er, die 80er, die 90er, die erste Dekade nach dem Millennium. Mit zunehmenden Alter kann auch ruhig schon mal eine Zwischenbilanz gezogen werden. Nicht alles, was wir uns erwünscht, erbeten oder erreicht haben, ist von Dauer gewesen. So, wie einige unserer Mitstreiter aus den 50ern und 60ern längst nicht mehr unter uns weilen, sind auch eine Reihe von Hoffnungen begraben worden. Aber immerhin blieb der Kontakt zwischen meiner Schwester, dem heutigen Geburtstagskind ( das längst keines mehr ist ) über jenen langen Zeitraum aufrecht erhalten. So ist manchmal weniger, mehr, wenn wir uns mal wieder sehen oder miteinander telefonieren.

Am 12.12.2012 gab es einen regen Andrang bei den Standesämtern. Dort versuchten sich viele junge Paare bei der Eheschließung, auch mit der Aussage " .. bis dass der Tod euch scheidet ". Eine optimistische Formulierung, angesichts der hohe Scheidungsraten. Doch: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. So  ist der 12. 12. 2012 für jene Mitbürger/innen ein ganz besonderer Tag. So, wie der Geburtstag meiner Schwester in diesem Jahr.

Heute beim Erledigen einiger vorweihnachtlicher Einkäufe hörte ich im Radio, dass der indische Musiker und Sitarspieler Ravi Shankar im Alter von 92 Jahren verstarb. Ein Star wollte er nie sein, ein Guru der einstigen Hippie-Bewegung auch nicht, wohl aber ein Musiker, dessen Schaffen auch nach dem 12.12.2012 in Form von Tonträgern oder ähnlichen Medien verbleibt, für ewige Zeiten. Vielleicht galt er in unserer Generation als Vorbild, wohl eher aber als Sitarspieler, der mit dem längst verstorbenen Ex-Beatle George Harrison neue Wege in der Musik beschritt. Ob von uns etwas für die folgenden Generationen verbleibt, mag dahin gestellt sein. Aber, wir sind ja noch keine 92 Jahre alt - am 12.12.2012!

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