Wer möchte nicht mal 70 sein?


Die vorletzte Juliwoche des Jahres 2013 gehört nun der Vergangenheit an. Neben hoch sommerlichen Temperaturen, die locker die 30 ° - Marke überschritten, zeigte sich dieser Monat nicht unbedingt von seiner besten Seite. In der arabischen Hemisphere gärt es nach wie vor gewaltig. Im westlichen Freundeskreis lastet ein Spionage - und Abhörskandal aller erster Güte über den USA und England. Im eigenen Umfeld quält die schwarz - gelbe Koalition das " Euro Hawk " - Desaster und sorgt für erhebliche Dissonanzen  in Berlin.
Dann wären auch noch die monetären Nachwehen der 2. Jahrhundertflut vom Mai / Juni dieses Jahres zu beachten, die ein riesiges Loch in das Schäuble´sche Staatssäckel reißt.

Da trifft es sich gut, wenn der BRD - Michel von den Unbill der täglichen Horrormeldungen schon arg in Mitleidenschaft gezogen, ab und an über erfreulichere Ereignisse informiert werden kann. Diese aufgemachten Meldungen erhellen das eigene Gemüt und sorgen somit - zumindest partiell - für ein kollektives " Aha " - Gefühl. Geburtstage sind in dem Bereich der positiven Nachrichten alle Male geeignet, dem vom tagtäglichen Meldungswahnsinn bereits abgestumpften und in eine leichte Apathie gefallenen Bundesrepublikaner ein wenig aufzumuntern. Der eigene Ehrentag spielt dabei nicht unbedingt eine gewichtige Rolle,denn der verändert sich nun ständig und zeigt dem auf jung, dumm sowie dynamisch getrimmten Durchschnittsdeutschen, dass er leider älter wird. Da kommt ein runder oder besonderer Geburtstag eines so genannten Prominenten wie gerufen, wenn man/frau sich an einen bekannteren Erdenbürger noch erinnern kann, als dieser noch wesentlich jünger war.

Als erstes traf es am 23. Juli den Schauspieler Götz George. Er durfte seinen 75. feiern. Götz George wäre nicht Götz George hätte er sich dazu nicht etwas Ausgefallenes einfallen lassen. Er spielt seinen Vater Heinrich George, der sich ja bekanntlich den Faschisten und deren " Führer " anbiederte und deshalb 1946 in einem sowjetischen Lager um kam. George, eigentlich als Götz Schulz geboren, wuchs zusammen mit seinem sieben Jahre älteren Bruder Jan bei der Mutter in Berlin auf.  
Er entschied sich nach seinem Schulabschluss für die Schauspielerlaufbahn und bekam bereits 1952 in dem Heimatschnulzenfilm " Wenn der weiße Flieder wieder blüht " neben dem damals sehr bekannten Akteuren Willy Fritsch, der Dragonerin Magda Schneider und deren Tochter Romy, eine Nebenrolle.

http://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B6tz_George

http://de.wikipedia.org/wiki/Wenn_der_wei%C3%9Fe_Flieder_wieder_bl%C3%BCht

Einige Jahre später bekleidete Götz George eine Rolle in dem DDR - Film " Alter Kahn und junge Liebe ". Es folgte die Mitwirkung in weiteren deutschen Filmen, so auch in dem zeit-kritischen Beitrag " Kirmes ", der sich mit der braunen Vergangenheit der Deutschen und deren Unwillen, diese aufzuarbeiten, auseinandersetzt.
Als Götz George dann ab 1962 in einigen Karl May - Verfilmungen, wie " Der Schatz im Silbersee " eine größere Rolle erhielt, wurde er auch einem jüngeren Publikum bekannt.Er zierte hiernach - da auch gut aussehend - in den 60ern die Titelseite des Organs der pubertierenden - " Clerasil " - und " Tampax " - Fetischisten, der " BRAVO " einige Male und erhielt Rollen in anderen abgedrehten May - Verfilmungen, wo George mit Piere Brice, Lex Barker, Stewart Granger oder Ralf Wolter durch die Berge Jugoslawiens galoppierte.   In den 70er Jahren trat er dann in den TV - Krimiserien " Der Kommissar ", " Der Alte " oder " Derrick " auf  und war im " Tatort " zu sehen.
Dort erhielt er in den 80ern die Hauptrolle als Duisburger Hauptkommissar Horst Schimanski, die ihm zu einer hohen Popularität verhalf. Auch wenn er dort einen Akteuer spielte, der wegen seines häufig rüpelhaften Auftretens nicht unumstritten war.
Die anspruchsvolleren Rollen bekam George jedoch in den 90er Jahren, als er in " Der Sandmann " den vermeintlichen Serienmörder und Literaten Henry Kupfer spielte, in der " Bubi - Scholz - Story " stellte er das einstige Box - Idol Gustav Scholz dar und legte dabei das Trauma eines gealterten, gebrochenen Profisportlers bloß. Es folgten Rollen, wie " Der  Totmacher ", die ihn als Serienmörder Fritz Haarmann vorsahen, " Nichts als die Wahrheit ", in dem George den KZ - Arzt Josef Mengele spielte oder " Schtonk! " , in dem er die Person des Hamburger Journalisten " Hermann Willie´" darstellte.
Auch der Film " Rossini -oder die mörderische Frage, wer schlief mit wem " und " Zettl ", wo er einen todkranken Bundeskanzler verkörperte, zeigten die großartige Schauspielkunst des jetzt 75jährigen.

Götz George gehört längst zur bundesdeutschen Filmkultur und zeigt sich nach mehr als 60 Berufsjahren als ein altersweiser Darsteller, der nun endlich mit der Vergangenheit und den dunklen Schatten seines Vaters aufräumen möchte. Nö, Heinrich George war später kein politischer Mensch mehr, auch wenn er den Braunen ab 1932 die Stiefel leckte. Er war primär Schauspieler mit Leib und Seele und biederte sich - um diesen Beruf weiter ausüben zu können - den Verbrechern um Hitler an. Das musste er nicht. Wenn er es dennoch getan hat, dann eben nicht aus ideologischen Gründen, sondern um als Akteur und Künstler George zu überleben. George versuchte dieses indem er sich mit dem Regime arrangierte, auch wenn er in den übelsten NS - Propagandafilmen mitwirkte ( " Hitlerjunge Quex ", " Jud Süß ", " Kolberg " ).
Wenn sein Sohn Götz ihn 67 Jahre nach seinem Tod in einem Fernsehbeitrag, das als Dokodrama eingeordnet wird, darstellt, dann wohl nicht, um ihn somit in ein völlig anderes Licht zu stellen, damit Heinrich George frei von jedweder Kritik zu seinen Lebensinhalten bleibt. George spielt George, weil George eben     George ist, wenn auch durch andere schauspielerische Akzentuierungen in einer anderen Zeit. Götz George ist sehr wohl ein politischer Mensch, wenngleich er sich expressis verbis nicht zu tagespolitischen Themen äußert. Muss er auch nicht, denn die meisten Rollen haben einen politischen Hintergrund.

Aus dem selben Jahrgang, nämlich 1938, stammt jene Jubilarin, die 2 Tage später in die Altersgruppe der 70jährigen aufgenommen wurde, nun gerade nicht. Auch sonst unterscheidet sie beinahe alles an Postionen und Lebensinhalten von dem populären Künstler George, denn Erika Steinbach ist politisch aktiv geworden, seit dem sie nach ihrer gemeinsamen Flucht mit ihrer Mutter und Schwester zu Kriegsende 1945 in der Provinz von Schleswig - Holstein erfahren musste, was es hieß ein " Kartoffelkäfer " - Kind zu sein, ein " Flüchtlingskind ", eine Aussätzige eben. Diese und wohl auch weitere negative Erfahrungen aus ihrer Kindheit haben die spätere CDU - Politikerin und Vorsitzende des Vertriebenenbundes geprägt. Sie entwickelte im Laufe der vielen Jahren, in denen sie aktive Politik für die CDU/CSU betrieb ein sehr eigenartiges Geschichtsverständnis. Nun ist sie 70 geworden, die rechte Erika mit ihren eigenwilligen Ausführungen zu Schuld, Sühne und Schadenersatzleistungen an die bundesdeutschen Vertriebenen. Sehr seltsam ist auch ihre Grundeinstellung zu gesellschaftlichen Fragen, wie Ehe, Familie und gleichgeschlechtliche Partnerschaften.
Damit manövrierte sie sich kontinuierlich in eine Abseitsposition, weg von der CDU in der Merkel - Ära.

http://de.wikipedia.org/wiki/Erika_Steinbach

Wenn Steinbach nun 70 Jahre alt geworden ist, steht zu befürchten, dass sie alsbald ein Buch veröffentlichen lässt, in der sie über ihre Lebensleistung schreibt. Es wird ein ähnlicher Ladenhüter werden, wie jenes von " Bettinchen " Wulff, denn wen interessiert es wirklich, was eine CDU - Politikerin der dritten Garde an kruden Formulierungen zu ausgelutschten Gesellschafts - und Geschichtsthemen von sich gibt? Niemanden!


Da hat es ein weiteres Geburtstagskind wesentlich leichter, denn dieses oder besser, dieser, verdient sein Brötchen in einem wesentlich populärerem Genre, nämlich der Musik. Am 26. Juli 2013 durfte der Sänger der " Rolling Stones ", Sir Mick Jagger, seinen 70. begehen. Wie? Schon 70 Jahre alt ist der Kerl, das Gesicht voller Furchen, die ihm das bisherige Leben beschert hat. Tja, als Michael Philip Jagger 1943 in Dartford, Grafschaft Kent, geboren wurde, ahnte dort niemand, dass er es zu einem der weltweit bekanntesten Musiker, Sänger und Komponisten bringen sollte. Michael, später dann Mick, war in der Schule aufsässig und weigerte sich, seine Haare schneiden zu lassen. Dieses war in den spießigen 60ern des letzten Jahrhunderts natürlich eine Todsünde, ein Affront gegenüber der Erwachsenenwelt mit ihren verlogenen und bigotten Lebensregeln.
Jagger kam nicht deshalb zur Musik, sondern er traf 1961 eher zufällig auf dem Bahnhof von Dartford auf Keith Richards, mit dem er sich über seine mit geführten Blues und Rock´n ´Roll - LPs unterhielt. Beide fuhren dann regelmäßig nach London, um in einigen bekannten Klubs derartige Musik zu hören. Als sie dann die " Rolling Stones " gründeten, kam die Musikwelt langsam ins Rollen. Der Rest ist bekannt, weil hierüber bereits Unmengen an Literatur geschrieben wurde, es ungezählte Film gibt und die von Jagger und den " Rolling Stones " veröffentlichten Tonträger mindestens eine Regalwand füllen.
Dass er dabei während seiner beruflichen Laufbahn dem weiblichen Geschlecht nicht gerade abgeneigt war, sollte dahin gestellt bleiben. Ebenso, dass er und seine Bandkollegen wege Drogenbesitzes im Knast landeten ( " We love you " handelt diese Episode musikalisch ab ) und er wegen angeblicher Steuerhinterziehung vom britischen Fiskus flüchten musste ( die geniale LP " Exile on Main Street " wurde danach produziert,das Buch von Robert Greenfield " Exile on Main St. - A Season in hell with the Rolling Stones " greift dieses Thema mehrfach auf ) sind in der Tat nur Randnotizen aus einem sehr erfüllten Leben, dass sich ganz und gar der Musik, dem Rock´n ´Roll und anderen aus ihm hervorgegangen Richtungen widmet.

Klar, und obwohl ich seit Mitte der 60er Jahre mich zu der " Stones " - Fraktion in der Schule zählte, war meine erste erworben Single " Help " - " I´m Down " von den " Beatles ". Dann kam aber schon " Satisfaction ", " Get Off of my Cloud ", "  19th Nervous Breakdown ", " Paint it Black ", " Mother´s Little Helper ", " Have You Seen Your Mother Baby, Standing in the Shadow ? ", " Let Spend the Night Together ", " We Love You ", " She´s Rainbow ", Jumpin´Jack Flash ", " Street Fighting Man ", " Honky Tonk Woman ", " Brown Sugar " und " Tumblin´Dice " - dann folgten einige LPs.

Und während wir in den " wilden " Mittsechzigern uns die existenziellen Fragen stellten, ob sich Mick Jagger auf den Single - Cover von " Let Spend The Night Together " und " Paint it Black " sich mit einem erigierten Penis in der eigenwilligen Stoffhose ablichten ließ, er seine Haare mal kürzer, mal etwas länger trug und welche Platzierung die jeweils aktuelle Single der " Stones " in der " BRAVO " - Hitparade oder der NDR - Hitparade mit Ilse Rehbein am Mikrofon einnahm, machte Jagger weiterhin seine Musik und führte sein Leben mit ihr.
Nun ist er 70 Jahre alt geworden. Ganz schön alt für ein Rock ´n ´ Roller, der alte Knacker!

http://de.wikipedia.org/wiki/Mick_Jagger




















Kommentare

Octapolis hat gesagt…
Großartig! »Memo From Turner« war bisher völlig an mir vorbeigegangen. Mick Jagger war schon ne coole Socke!

Wer möchte nicht mal 70 sein? Nicht dran zu denken... ;o)

Ansonsten: Never too old to rock!

Beliebte Posts aus diesem Blog

" Eine Seefahrt, die ist lustig. " - nur nicht in den 60er Jahren zum AOK - Erholungsheim auf Norderney.

" Oh Adele, oh Alele, ah teri tiki tomba, ah massa massa massa, oh balue balua balue. " und die Kotzfahrt nach Wangerooge.

Widerspruch zwecklos!