Mensch, Meyer!



Als ich vor fast 20 Jahren mehrfach eine Rundreise zu diversen Gerichten und JVAs in der Nordwest - Region Niedersachsens absolvieren durfte, hatte ich dabei auf Gelegenheit, das kleine Städtchen Papenburg an der Ems näher kennen zu lernen. Papenburg, das ist zunächst flaches, grünes Land. Das ist ein Stadt mit nur knapp über 35.000 Einwohnern, was allerdings in dieser relativ dünn besiedelten Region zu der Grenze des ungeliebten Nachbarlandes Holland, doch schon erheblich sein dürfte. Das ist aber auch eine Landschaft, die vormals von Torfabbau und der damit verbundenen Wirtschaft partizipierte.

http://de.wikipedia.org/wiki/Papenburg

Nun, der Torf ist hier seit vielen Jahren kein Thema mehr, das Moor, aus dem er gewonnen wird, eher auch nicht und die Kanalarme auf denen er einst mühsam transportiert werden musste, ebenso wenig.
Thema in wirtschaftlicher Hinsicht ist die Werft des Schiffbauers Meyer. Und eben diese Werft konnte ich mehr als 1 Jahrzehnt später, nämlich zu Beginn der ersten Nachmillenniumsdekade besichtigen und besuchen.
Was mir damals eher als ein Gebäude, das sich deutlich sichtbar von dem Flachland abhebend, in Erinnerung bleib, sah ich dann bei der Besichtigung mit völlig anderen Augen: ein riesiges Konstrukt aus Metall und anderen Baustoffen, das gigantische Ausmaße vorwies und in dem ebenso große Schiffe gebaut wurden, die dann über die Ems in die Nordsee und von dort in den Atlantik und andere Weltmeere ausgeliefert wurden.
Die Meyer - Werft war zuvor und vor allem danach immer ein Thema, wenn es um Superlative ging. In den Berichterstattungen der vielen Medien, häufig in höchsten Tönen gelobt, ob ihres traditionellen Grundverständnissen zwischen Arbeit und Kapital oder umgekehrt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Meyer_Werft

Meyer und Papenburg, die Werft und das Umland, das ist ein Synonym für Prosperität. Die materielle Armut der Emsländer wurde durch die Meyer - Werft und ihre dann relativ gut dotierten Jobs beinahe bekämpft. Meyer ist zudem auch Deutschland und Deutschland ist Exportnation, deshalb ist die Meyer - Werft einer der größten Schiffsexporteure dieser Welt. Noch!

So stolzierten wir denn an jenem Sommervormittag durch die diversen Räume, die als Rundgang zu der Werfthalle gebaut worden waren und ließen uns fach - und sachkundig erklären, wie Meyer mit dem Boots - und dann Schiffbau begonnen hatte, größer wurde und dann die berühmten Luxus - Liner, jene schwimmenden Kleinstädte baute, wie die " Radiance oft the Seas ", die " Norwegian Star " oder die " Brilliance of the Seas ". Riesige Passagierschiffe mit enormen Personal und ganzen Güterzügen an Verpflegung.

Aus jener Zeit manifestierte sich bei mir der Irrglaube, dass das viel gelobte und hoch gepriesene Verhältnis der Betriebsleitung zu den Arbeitern dort, eben die Ausgewogenheit zwischen Arbeit und Kapital, die Balance der Sozialpartnerschaft, der Garant für den Erfolg des Unternehmens sein muss.Wer auf dem globalisierten Weltmarkt existieren will, der muss besser sein als die anderen Konkurrenten. Deutsche Werftarbeit als bundesdeutsche Wertarbeit?

Da schlug vor einigen Tagen eine Meldung in mein rosa - gefärbtes, naives Grundverständnis ein, als es plötzlich hieß, dass in einer Papenburger Wohnung zwei Rumänen ums Leben kamen, die als so genannte Werkvertragsarbeit bei der Meyer - Werft beschäftigt gewesen sein sollten. Nein, das kann nur eine Falschmeldung sein, dachte ich noch bei mir, als dann diese Nachricht sich im Laufe des Tages konkretisierte. Tatsächlich: Die beiden Toten waren auf der Papenburger Werft beschäftigt gewesen. Aber doch nicht von der Firma Meyer selbst?
Nein, nicht von der Werft selbst, sondern über ein - für mich illegales - Konstrukt, dass längst auf dem BRD - Arbeitsmarkt Platz gegriffen hat: der " Werkvertrag ".

Erst waren es Großschlachtereien in diesem, unserem Lande, zuvor waren es " Amazon ", davor " Schlecker " - Leibeigene und jetzt Meyer?

Mensch, Meyer, hast Du das nötig? Offensichtlich wohl, denn sonst würde der Betrieb nicht auf jenes Sklavenhalter - Angebot eingegangen sein, dass billige ausländische Arbeitskräfte aus Armutsregionen in Bulgarien, Rumänien oder Ungarn, aus Polen, Spanien oder sonst wo in den Betrieb karren lässt, an den Subunternehmer für seine vermeintliche Dienstleistung doch noch viel Geld bezahlt - wenn auch nicht so viel, wie ein tarifgebundener Mitarbeiter kosten würde - um diesen dann bei sich malochen zu lassen. Eigentlich dürfte gegen diese Art der modernen Sklaverei der Anspruch der Meyer - Werft, ein sozial ausgewogener Betrieb sein zu wollen, konträr entgegen stehen. Eigentlich! Tatsächlich aber sind Billiglöhner dort ebenso herzlich willkommen, wie bei den Papenburgern selbst. Sie kommen  nämlich aus dem Nichts, aus Gebieten in denen es nicht einmal fließendes Wasser, keine funktionierende Heizung und Menschenrechte gibt.
Sie schuften für Hungerlöhne von 3,-- bis 5,-- €, wohnen bei den Papenburgern in Rattenlöchern, weil sei wohl auch als solche angesehen werden und bleiben nur befristet, damit eher unsichtbar. Dann, wenn der Werkvertrag gekündigt worden ist, gehen sie mit nichts in das heimatlich Nichts.

Mensch, Meyer, hast Du das nötig?
Die Papenburger Sozialcharta existiert nur für deutsche Arbeiter oder für die fest angestellten Mitarbeiter. Für Rumänen und andere Untermenschen gibt es solche Privilegien nicht. Deshalb entstand auch ein mafiöser Sumpf von Subunternehmen, Vermittlern und Vermietern dort.

http://www.taz.de/!120078/

Von skandalösen Zuständen vor Ort sprach eine leitende Mitarbeiterin der dortigen katholischen Amtskirche. Das will was heißen, denn die Katholiken sind dort traditionell in der Überzahl, wie auch die Wähler von CDU/CSU und der fest verwurzelte Glaube an das Gute in dem Menschen. Hmmm, wie war das noch gleich?
" Edel sei der Mensch.... "

Nö, da halte ich es eher mit dem Lied der " Prinzen ". Wie singen die zutreffend?

" Du musst ein Schwein sein auf dieser Welt, ein Schwein sein.
  Du musst gemein sein auf dieser Welt, gemein sein.
  Willst Du ehrlich durch´s Leben geh´n, ehrlich.
  Kriegst, nen Arschtritt als Dankeschön, gefährlich... "

Eben, Meyer, Deutschland!

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

" Eine Seefahrt, die ist lustig. " - nur nicht in den 60er Jahren zum AOK - Erholungsheim auf Norderney.

" Oh Adele, oh Alele, ah teri tiki tomba, ah massa massa massa, oh balue balua balue. " und die Kotzfahrt nach Wangerooge.

Widerspruch zwecklos!