Werder Bremen: Lebenslang Grün - Weiß. II. Episode: Ein blaues Wunder in Pasching

 Bald jährt sich der Tag zum 10 Mal, an dem eine österreichische Mannschaft den " Piefkes " so richtig die Leviten in Sachen Konter - Fußball lesen durfte. Dass zuvor - aber auch danach - die vielen Begegnungen zwischen Vertretern aus der bundesdeutschen ersten Fußballliga und der österreichischen Bundesliga ( heutiger Name " tipp3 Bundesliga powered by T-Mobile " ) meistens zugunsten der ungeliebten, weil übermächtigen Bundesdeutschen ausgingen, sollte für jenes Ereignis eben gerade keine Rolle spielen.

Wir schreiben den 30. Juli 2003. Es ist ein Mittwoch. Im fernen Mexiko Stadt rollt das letzte Exemplar des VW Käfer vom Band. Das türkische Parlament verabschiedete mit Blick auf den gepanten EU - Beitritt des Landes ein Reformpaket, innerhalb dessen der vorhandene Einfluss des Militärs auf die Politik zurück gedrängt werden soll; insbesondere wird die Rolle des Nationalen Sicherheitsrates neu bestimmt.
Der bundesdeutsche, für den FC Bayern München spielende Nationalkicker Michael Ballack wird zum zweiten Mal zum Fußballer des Jahre gewählt. Der gebürtige Görlitzer erhält nach 2002 erneut diesen Titel.
Das Wetter in Europa zeigte sich an diesem, dem vorletzten Julitag des Jahres als sehr warm bis heiß. In Bremen wurde die höchste Tagestemperatur mit 26 ° gemessen, die Nacht blieb mit knapp 15 ° noch mild.
Zwei tage später sorgte dann das Hoch " Michaela " für Rekordtemperaturen von 40,2 ° in Freiburg im Breisgau und 47, 4 ° in einem Ort mit Namen Alentejo in Portugal. Ein so genannter Jahrhundertsommer führte zu Durchschnittstemperaturen, die um 2,7 ° höher waren als in vergleichbaren Zeiträumen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Hitzewelle_2003#Deutschland


Doch am 30. Juli 2003 kam ab 18.00 Uhr der Bundesligist SV Werder Bremen während des UI - Cup - Halbfinalspiels gegen den Verein FC Superfund Pasching ordentlich ins Schwitzen. Die Bremer mussten im dortigen Waldstadion gegen den damaligen 2. der österreichischen Bundesliga antreten. Das Spiel wurde ab 18.00 Uhr live von dem bundesdeutschen Privatsender " DSF " ( heute " Sport1 " ) übertragen. Reporter war einst Uwe Morawe, ein nicht zu der Bazi - Lobhudelfraktion zählender, deshalb kompetenter Reporter.
Was der " DSF " - Mitarbeiter zu berichten hatte, liest sich beinahe 10 Jahre danach, nur in nüchternen Zahlen betrachtet, so:

http://www.fussballdaten.de/ui/2004/halbfinale/pasching-bremen/

Was der gute Uwe Morawe zunächst an Spielszenen schilderte, habe ich nur noch vage in Erinnerung, denn diese Begegnung sollte der absolute Tiefpunkt meines SVW in der Saison 2003/2004 sein. Das Spiel begann von beiden Seiten eher verhalten. Die Österreicher aus einem kleinen Ort in der Nähe von Linz, erarbeiteten sich alsbald eine Reihe von glasklaren Torchancen. In der 36. Minute kassierten die Werderaner dann das verdiente 0:1. Aufgewacht sind sie danach nicht, denn bereits 4 Minuten später erhöhte " Edi " Glieder durch einen Foulelfmeter auf 2:0, dem er in der 43 Minute noch dass 3:0 folgen ließ. Uwe Morawe kommentiere entgeistert: " was ist denn hier los? Ich glaube es nicht!"
Nachdem der Grieche Angelos " Harry " Charisteas in der 73 Minute noch einen Foulelfmeter vergeigte, machte der Paschinger Baur mit seinem 4:0 den Sack an diesem frühen Abend in Pasching vor nur 5400 Zuschauern endgültig zu.
Aus, Schluss, vorbei - mein SVW!

SV Superfund Pasching - Werder Bremen 4:0 (3:0)Waldstadion, 5.312, Gilewski (Polen).
Torfolge: 1:0 Horvath (36.) 2:0 Glieder (40./Elfer) 3:0 Glieder (43.) 4:0 Baur (87.)
Pasching: Schicklgruber - Rothbauer, Baur, Pircher, Wisio - Riegler, Kovacevic, Kiesenebner (82. Bubenik), Atalay (65. Alex Hörtnagl), Horvath - Glieder (78. Mayrleb)
Bremen: Borel - Stalteri, Ismael, Krstajic, Magnin - Lisztes, Ernst, Micoud, Borowski (46. Baumann) - Charisteas, Ailton (70. Reich)
Charisteas scheiterte mit einem Elfer an Schicklgruber (74.)
Gelbe Karten: Wisio, Pircher, Glieder, Mayrleb bzw. Ismael, Ernst


Das Rückspiel, eine Woche später, verlief ähnlich enttäuschend. Der SVW kam nicht über ein mickriges 1:1 hinaus. Am 06. August 2003 wollten immerhin 24.000 Zuschauer im Weserstadion ein weiteres " Wunder " von der Weser erleben. Doch daraus wurde leider nichts.Mehr als das 1:0 durch Charisteas kam bis zur 88 Minute nicht zustande. Dann glich der Paschinger Kiesenebner aus.

SV Werder Bremen: Reinke - Ismaël, Krstajic, Davala (46. Wehlage), Stalteri, Baumann (70. Daun), Lisztes, Micoud, Reich (63. Magnin) - Ailton, Charisteas
FC Superfund: Schicklgruber - Kovacevic, Wisio, Hörtnagel, Glieder (86. Mayrleb), Atalay (54. Horvath), Pircher, Riegler (65. Kafkas), Baur, Kiesenebner, Knabel
Tore: 1:0 Charisteas (33.), 1:1 Kiesenebner (89.)
Gelbe Karten: Krstajic (Werder) - Kiesenebner, Glieder, Horvath (Superfund)
Schiedsrichter: Anton Stredak (Slowakei)
Weser-Stadion: 24.000 Zuschauer

Tja, aber wer hätte das gedacht: Als am Samstag, den 2. August 2003 die Bundesligasaison 2003 / 2004 eingeläutet wurde, siegte der SV Werder in Berlin bei der Hertha mit 3:0. Es sollte der Auftakt für die 4. Meisterschaft der Vereinsgeschichte sein. Als dann am 15.05. 2004 die Meisterschale in Bremen überreicht wurde, dachte niemand der Werderspieler und der vielen Anhänger an den 30. Juli 2003 zurück, als eine oberösterreichische Mannschaft den Grün - Weißen richtig zünftig den Marsch blies. Vor einer Mini - Kulisse, einige Tage vor der großen Hitze des Sommers 2003 und etwas mehr als 10 Monate vor dem Gewinn der Meisterschaft 2003 / 2004 im Münchner Olympiastadion, als am 8. Mai 2004 so berichtet wurde:


Ailtons versuchter flacher Steilpass auf Klasnic gerät zu lang, Kahn kommt aus dem Tor und will aufnehmen, lässt den Ball dabei aber fallen. Klasnic nutzt den bösen Schnitzer des Nationalkeepers zur Führung (19.). Der Rekordmeister hatte sich von diesem Schock noch nicht erholt, als die Hanseaten einen eindrucksvollen Beweis ihrer Spielstärke lieferten: Baumann kommt nach Kopfball-Abwehr von Jeremies an den Ball, spielt halblinks auf Ernst, der wiederum direkt in den Lauf des gestarteten Micoud. Aus 13 Metern hebt der französische Regisseur das Leder gekonnt über Kahn hinweg ins Netz (26.). Die Reaktion der Hitzfeld-Elf? Keine, denn die Hanseaten bestimmten die Partie nach Belieben, waren in allen Mannschaftsteilen in allen Belangen überlegen und setzten noch einen drauf: Borowski sprintet auf dem rechten Flügel und spielt in die Mitte zu Ailton. Linke verhält sich zu zögerlich, der Goalgetter schlenzt den Ball mit dem linken Fuß aus 20 Metern in den linken oberen Winkel (35.) - für den Brasilianer war dies Saisontor Nummer 27. 

Die Spieler aus den beiden Begegnungen im UI - Cup sind längst nicht mehr aktiv. Einige wechselten nach der Saison die Vereine, andere beendeten die Laufbahn. Der FC Superfund Pasching geriet in die finanzielle Schieflage und stieg ab (  http://de.wikipedia.org/wiki/FC_Pasching ). Dem SVW blieb die Zweitklassigkeit in der abgelaufenen Saison gerade noch so erspart. Den Weckruf von einst haben die Werderaner jedoch mit Dank an die Österreicher verewigt und den von ihnen geschenkten " lieben Augustin " in den Trophäenschrank eingeordnet.

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