Wildwest in Dossenheim



Was haben Winnenden, Lörrach und Dossenheim gemeinsam? Die Antwort lässt sich nur finden, wenn die Geographiekenntnisse in ausreichender Form vorhanden sind. Alle drei Namen sind nach Baden - Württemberg zuzuordnen. Winnenden ist eine Stadt im Rems - Murr - kreis, etwa 20 Kilometer nordwestlich von Stuttgart, Lörrach ist eine kreisfreie Stadt, die zirka 5 Kilometer vom Dreiländereck Frankreich - Schweiz - Deutschland liegt. Der Ort Dossenheim ist an der BAB 5 nach Heidelberg zu finden.
Damit aber nicht genug der Gemeinsamkeiten. Es gibt noch eine weitere unrühmliche Verbindung zwischen jenen drei Namen:
Im Jahr 2009 erschoß ein Jugendlicher mit einer Pistole seines Vaters 16 Menschen und richtete sich anschließend selbst. Ein Jahr darauf liquidierte eine Rechtsanwältin in Lörrach ihren Mann, ihren Sohn und einen Krankenpfleger mit einer Pistole, die sie als Sportschützin legal erworben hatte. Gestern nun erschoß ein 71jähriger Mann zwei Teilnehmer einer Eigentümerversammlung und beging danach Suizid.

Eigentlich wäre an dem letzten Vorfall nichts besonderes, wäre diese nicht erneut im Ländle geschehen. Dort, wo die Billig und Gerechtdenkenden, die Mühsamen und Beladenen und die Cowboys aus Passion beheimatet sind. Es gibt hier jede Menge Schützenvereine und einige Zehntausend Sportschützen, die riesige Arsenale an Waffen zu Hause horten.

So kommt es denn nicht von ungefähr, dass jene Pistolen, Gewhere und Schrotflinten auch schon mal zweckentfremdet werden.
Wer sich, wie der Täter in Dossenheim, über Leben und Tod hinweg setzt und wahllos um sich ballert, weil er sich über eine Diskussion ärgert, innerhalb derer er mit seinen Argumenten nicht genügend Gehör findet, der muss auch bereits vorher gewaltig Einen an der Waffel gehabt haben.
Wer eine Waffe als Privatperson und Mitglied eines Sportschützenvereins erwerben und besitzen möchte, muss zuvor seine Eignung nach dem bundesdeutschen Waffengesetz nachweisen. Er darf zum Beispiel nicht vorbestraft sein, an keiner psychischen Erkrankung leiden oder darf nicht drogensüchtig sein. So mancher Sportschütze, der abends regelmäig, übermäßig und zu tief ins berühmt Glas schaut, ist demnach ungeeignet, eine Waffe zu besitzen.

Die Kontrolle hierzu sind jedoch lax. Und deshalb kommt es eben zu solchen Wildwest - Handlungen, dort, wo die Leute von sich selbst behaupten, alles zu können, außer hochdeutsch. Es sind erhebliche Zweifel angebracht, dass diese Eigenwerbung noch lustig sein kann. Wer herum ballern will, sollte dann doch lieber nach Amerika emigrieren, da darf er noch mehr, als nur auf Pappkameraden zielen. Da der gemeine Schwabe, der Badenser und Württemberger schlechthin, eine besondere Affinität zu den USA entwickeln musste, weil einst einige Hunderttausend GIs im Ländle für Wirtschaftswachstum sorgten, fällt es auch nicht schwer, die Waffenvernarrtheit in diesem Lichte zu sehen.

Kurz vor der Bundestagswahl wird nun wieder eine Leiche aus dem Keller der vergeblichen Gesetzesänderungen und erforderlichen Reformen im Waffenrecht geholt: Wer ´ne Knarre haben will, sie bekommt, muss diese dort aufbewahren, wo sie sicher ist - im Stahlschrank mit High - Tech - Sicherheitsvorrichtung, beim Sportverein und nicht unter dem Kopfkissen in der eigenen Furzmole.

So lässt sich denn auch fest stellen - ganz in schwäbischer Mundart: 

Weißd du,
ich hend oi Waffe
und oin an dr Waffel!

Kommentare

til_o. hat gesagt…
Solch Eigentümerversammlungen sind sicher ein Quell der Freude. Alles kleine Besitzer die über ihren noch kleineren Besitz nur gemeinsam bestimmen können. Wand an Wand. Es gibt keinen Gartenzaun, keine befriedete Zone und kein Niemandsland. Schlimmer noch: Es gibt auch keinen Fluchtweg. Und bei Lichte betrachtet, haben sie ihr Geld in ein paar Kubikmeter Luft investiert, in denen sie sich aufhalten dürfen oder besser: müssen. Edelknast. Für einen Rentner, der kaum eine Chance hat aus dieser Nummer wieder herauszukommen, ist das doppelt bitter. Nun entschuldigt das sicher nichts. Was bleibt ist, pünktlich zum Wahlkampf, eine Schlammschlacht gegen Sportschützen, Politiker, usw. und viele Vorschläge, wie man das Waffengesetz noch bescheuerter machen könnte, als wie es sowieso schon ist. Aber keiner der Debattierenden wird auf die Idee kommen, darüber nachzudenken, warum es zu so einen hohen Agressionspotential in dieser Gesellschaft kommen kann. An den Waffen liegt das nicht. Die schießen nicht von alleine.

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