Judith Kemp: Jennifer Nitsch in ihrer letzten Rolle.
Bei lang lagernden Weinen wird die These, wonach " gut ´Ding, Weile hat " wohl meistens bestätigt werden können. Bei anderen Lebensmittel wird ein zu langes Lagern vor dem Verzehr denn eher nicht empfohlen. Und auch die Gebrauchsgegenstände, die sich im Verlaufe unseres irdischen Dasein angesammelt haben und durchaus in eine Höhe von Wolkenkratzer - Niveau anwachsen, sollten nicht zu alt sein, sonst sind sie angeblich technisch überholt.
Bei Filmen allerdings müsste diese Aussage eher ambivalent zu betrachten sein. Da gibt es alte " Schinken ", die auch Jahrzehnte nach ihrer Veröffentlichung sehenswert bleiben. Dann gibt es viele Beiträge, die vielleicht auch nach Jahren nicht besser werden, nur weil sie zum xten Mal gezeigt wurden.
Ein Zwitter zwischen alledem liegt dann vor, wenn ein Schauspieler verstirbt und deshalb Filme, an denen er / sie mit bewirkt haben, - postum - bis zum Abwinken gezeigt werden, Diese Zeiterscheinung begleitet den Glotzer regelmäßig, weil es längst zur Gepflogenheit geworden ist, den Verblichenen zum all gegenwärtigen " Star " hochzujazzen.
So geschah es auch nach dem 13. Juni 2004 als die Schauspielerin Jennifer Nitsch ihrem Leben durch einen Sprung aus dem Fenster eines Münchner Gebäudes ein jähes Ende setzte.
http://de.wikipedia.org/wiki/Jennifer_Nitsch
Eigentlich hätte sie ab 2004 eine Hauptrolle in der ARD - Serie " Judith Kemp " erhalten sollen. Hier war sie als Fernseh - Rechtsanwältin mit sozialem Touch vorgesehen. Daraus wurde dann nichts mehr. Nur der Pilotfilm konnte 2004 ausgestrahlt werden.
Vielleicht ist es auch besser so, denn bereits in ihm werden so ziemlich sämtliche Klischees bedient, die die öffentlich rechtlich Fernsehewelt für seine Glotzer bereit hält.
Schon die ersten Sequenzen und Dialoge lassen sofort erahnen, auf welche Berg - und Talfahrt der Film den Zuschauer mitnehmen möchte. Da joggt die dynamische Enddreisigerin Dr. Kemp in Berliner Grünanlagen locker herum und wird von einem ächzenden Nachbarn dafür bewundert. Die Antwort für so viel präsentierte Lebensfreunde gibt denn die Läuferin selbst: Ein 14 bis 16 Stundentag.
Kemp selbst wurde dafür vom Schicksal hart gebeutelt. Ihr Mann kam bei einem Unfall ums Leben und hinterließ ihr zwei minderjährige Kinder. Die Sozial - Schmonzette nimmt sodann ihren Lauf.
Dr, Kemp mutiert von einer knallharten Wirtschaftsjuristin zu einer Mutter Teresa in schwarzer Robe, weil sie es nicht ertragen kann, dass einige zehntausend Kinder um sie herum verwahrlosen. Als Paradebeispiel für den sozialen Unterschied zwischen Prekariat und Gutverdiener dient eine auch allein erziehende Plattenbaubewohnerin mit drei Kindern, deren Ex keinen Unterhalt zahlt und auf mittellos markiert.
Kemp nimmt sich des Falles an, versucht zu helfen und gerät zwischen die Mahlsteine von Karriere, Kohle und Kindeswohl. Darf es noch etwas mehr sein? Sozialromanze schön und gut, aber wer´s glaubt, wird selig oder sollte dem Schubladendenken der ARD folgen.
http://www.berliner-zeitung.de/archiv/ihre-letzte-rolle--jennifer-nitsch-spielt-in-dem-drama--judith-kemp--eine-selbstlose-rechtsanwaeltin-melancholie-im-plattenbau,10810590,10211642.html
Es gibt sie nicht, die Bindeglieder zwischen sozialem Randsatz, der Justiz und Gerechtigkeit.
Und deshalb hat der Filminhalt mit der Realität nur ganz am Rande etwas gemein. Das Bäumchen - wechsele - dich - Spiel ist im realen Leben nicht vorgesehen. Und Kinderanwältin ist weder ein Beruf, noch eine Berufung.
Basta!
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