Der Zeltplatz von Granville oder: Oh, wie schön kann die Normandie sein-
Als am 2. Juli die noch laufende 103. Tour de France ( vulgo: Tour de Dope ) gestartete wurde, führte diese von dem Örtchen Le Moint Saint - Michel über 188 Kilometer bis nach Sainte - Marie - du Mont. Die zweite Strecke am 3. Juli wurde ebenfalls in der Normandie ausgetragen. Am 4. Juli startete dann der Pulk in Grandville
( https://de.wikipedia.org/wiki/Tour_de_France_2016 )
Nach etwa 1 Kilometern der 3. Etappe, jagte das Feld der Berufsradfahrer durch das Städtchen Granville am rauen Atlantik vorbei. Diese zählt verwaltungsmäßig zu dem Departement Manche´mit der Präfektur Saint - Lö. Welches wiederum in der Normandie am Ärmel - Kanal, der nordwestlichen Spitze Frankreichs gehört.
Diese geschichtsträchtige Region zählt wahrlich nicht zu den wohlhabenden Gebieten der Grand Nation und lebt hauptsächlich vom Tourismus und der Fischerei. Sie gilt jedoch landschaftlich als äußerst attraktiv und erfreut sich viele Hunderttausende Besucher, vornehmlich aus England, den Niederlanden, Belgien und Deutschland.
https://de.wikipedia.org/wiki/Granville_(Manche)
https://de.wikipedia.org/wiki/D%C3%A9partement_Manche
https://de.wikipedia.org/wiki/Normandie
In den Sportnachrichten vernahm ich dann eher zufällig, dass die diesjährige Tour in ihrer dritten Etappe am 4. Juli eben in dem Örtchen am Atlantik los fuhr.
Mir fielen dabei jene Ereignisse im vor exakt 30 Jahren ein, als ich auch - eher unfreiwillig - für einen Tag das ehemalige Fischerdorf besuchte und dort eine ehemalige Bekannte mit dem Motorrad zurück zu begleiten.
Eigentlich hätte ich jenen vier Tagen im August 1986 in meiner 19,8 m² - Studentenbude sitzen müssen, um an meiner wissenschaftlichen Abschlussarbeit herum zu feilen. Dieses hätte ich mit Sicherheit auch weiterhin erledigt, wäre nicht in den späten Abendstunden des 7. August ein Telefonanruf bei mir eingegangen, der mich davon abbrachte.
Die großen Ereignisse des Jahres 1986 waren längst wieder Zeitgeschichte. So die Fußball - Weltmeisterschaft in Mexiko vom 31. Mai bis zum 29. Juni, das Wimbledon - Turnier in London vom 23. Juni bis zum 6. Juli und auch die Tour de France vom 4. Juli bis zum 27. Juli hatte die Sport - Welt hinter sich gebracht. Was also sprach dagegen, den selbst auferlegten Tagesablauf von 7.00 Uhr bis 12.00 Uhr und von 13.00 Uhr bis 18.00 Uhr an dem verstellbaren Schreibtisch von Hülsta ( ein elterlichen Geschenk ), dem Resopal beschichteten Allzwecktisch, der zum Mobiliar zählte und den Arbeitstisch in der Universitätsbibliothek einzutauschen? Eigentlich nur die Bedenken, dass auf mich auch eine jener Horror - Geschichten über Probanden zutreffen könnte, die die Abschlussarbeit nicht rechtzeitig abgegeben haben sollten oder diese unvollständig gewesen war und somit als " nicht wissenschaftlich genug " mit " nicht bestanden " bewertet werden mussten.
Doch, eigentlich waren diese Bedenken unbegründet,denn bereits zu Beginn der ersten Augustwoche war ich mit meinem Konzept Abschlussarbeitsarbeit mehr als voll in der Zeit. Die erforderliche Gliederung war längst erstellt und die ersten Haupt - und Unterkapitel ausformuliert. Warum also keine kleine Verschnaufpause?
Ein Tapetenwechsel zur richtigen Zeit, kann den Akku wieder aufladen. Das dachte sich auch mein Mitbewohnern und Kommilitone Bernd S. aus dem 9. Stock, der sein Examen bereits ein Jahr vor mir abgelegt hatte und mir einige Tipps für die Abschlussarbeit geben konnte. Nun fragte ich Bernd S., ob er mit mir nach Granville fahren würde. Er sagte sofort zu. Vielleicht auch deshalb, um die vielen Frusterlebnisse bei den Bewerbungen, die er bereits geschrieben hatte, vergessen zu machen.
Bernd S. suchte seit mehr als einem 3 / 4 Jahr eine Stellung als Jurist. Er hatte Transportwesen als Schwerpunkt studiert, kam über eine Speditionskaufmannsausbildung, die er nach dem Abitur und der Bundeswehrzeit absolviert hatte, dann zur Juristenausbildung. Trotz vieler Dutzend Bewerbungsschreiben, erhielt er keine Stelle.
Am nächsten Morgen stand Bernd bei mir vor der Tür. Er war - wie gewohnt - zuverlässig. Wir starteten mit meinem blauen R 4 in Richtung Heeßen, um dort Kartenmaterial für die Fahrt nach Frankreich mitzunehmen, Meine Eltern hatten sowohl einen großen Europa - Atlas, als auch eine Frankreich - Karte, die ich dann nach einem Mittagessen in meinen Wagen legte. Zuvor hatte ich auch bei meinem Bruder in Mönchengladbach angerufen und ihm gebeten, uns für eine Nacht zu beherbergen.
Nach knapp vier Stunden kamen wir über die A 2, die A 1 und die A 43, A 46. A 57 und A 44 in Odenkirchen bei Mönchengladbach an.
Von dort aus fuhren wir am nächsten Morgen in Richtung Aachen. Über die A 44 gelangten wir nach einigen Kilometern an den Grenzübergang Lichtenbusch.
https://de.wikipedia.org/wiki/Lichtenbusch
Dort hab es wegen einer Ringfahndung einen Riesenstau und mehr als 1 Stunde Wartezeit, so, wie bereits ab November des letzten Jahres.
Wir durften nach einer langen Wartezeit endlich nach Belgien einreisen. Auf der E 40, E 42 und E 19 ging es dann weiter in Richtung französische Grenze.
Nach zirka 190 Kilometer hatten wir den Grenzübergang bei Valenciennes erreicht und fuhren weiter auf den dortigen Landstraßen in Richtung Rouen.
Es wurde bereits dunkel als wir nach mehr als 200 Kilometer und einer Fahrtzeit von 4 Stunden die Stadt erreichten. In einem kleinen Hotel übernachteten wir und sahen uns noch ein wenig in der Stadt um.
Die mehr als 110.000 Einwohner zählende Stadt war schmutzig. In einer eher zufällig aufgesuchten Seitenstraße in der Nähe der Pension, befand sich ein Rechtsanwaltsbüro. Mein Mitfahrer und ich feixten, weil dort noch Licht brannte. " Der kloppt noch! ", sahen wir uns grinsend an. Ja, weil er sonst nie auf einen grünen Zweig käme.
Wir verließen Rouen nach einem Frühstück in einem nahe gelegenen Bistro gegen 10,00 Uhr.
https://de.wikipedia.org/wiki/Rouen
Die Route führte uns weiter in das knapp 125 Kilometer weiter westlich belegene Caen.
Diese Stadt entspricht in etwa der Größe der Departements - Hauptstadt Rouen, denn sie zählt 107.000 Einwohner.
https://de.wikipedia.org/wiki/Caen
Über Caen ging es auf den letzten Streckenabschnitt in Richtung Granville über kleine Orte, wie Villes - Bretagne, Percy oder Yquelon.
Nach knapp 130 Kilometer kamen wir in Granville an. Irgendwann hatten wir den Zeltplatz, der auf einem kleineren Plateau lag, erreicht. Da auch deutsche Touristen dort campierten, fanden wir die einstige Bekannte mit ihrem Motorrad sehr schnell. Es hatte sich längst herum gesprochen, dass es dort mit der übrigen Truppe der deutschen Biker Stress gab.
Wo liegt Granville? Mehr als 1.100 Kilometer und einst 20 Stunden Fahrtzeit von Bremen entfernt, dort liegt Granville. Der Zeltplatz war nicht besonders einladend. Wir tranken gemeinsam einen Kaffee und fuhren dann los. immer in Richtung Nordosten, dorthin, wo die Sonne weder auf - noch unter geht, aber dennoch zu sehen ist.
In Rouen legten wir am Sonntagabend einen Stopp ein und übernachteten in einem kleinen Hotel. Am Montagmorgen fuhren wir wieder in Richtung Belgien, dann durch die Niederlande in Richtung Venlo und von dort auf die endlos wirkende, jedoch kostenfreie A 1.
Granville habe nie wieder gesehen. Dafür " Alphaville " mit ihrem Klassiker " Forever Young " ständig und gerne wieder gehört:
Gut´s Nächtle! Eigentlich gab es nie einen Grund, um dauernd jung zu bleiben.
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