Ostalgie für den Äther?




 Heute regnete es ab 6.00 Uhr. Nach dem Einkauf, dem obligatorischen Brunch und einem Mittagsschläfchen, wartete ich auf den von unserem " Wettergott " Jörg Kachelmann prognostizierten Regen freien Nachmittag. Da die Zeit der Strandaufenthalte - zumindest für uns - für dieses Jahr vorbei ist, verbleibt mir die Gelegenheit, das in der Ferienwohnung auf einem Regal platzierte Radio ein wenig genauer zu betrachten. Schon beim Betreten unserer Unterkunft ist mir das Gerät förmlich ins Auge gesprungen. Wo gibt es noch Holzchassis? Dann auch noch in der ab den 1960er Jahren üblichen Nussbaum - Furnier - Farbe, einem hellen Braun? Mein erster Gedanke, dass jenes Unikum aus dem Fertigungsreich der untergegangenen DDR stammen müsste, war zutreffend.

Tatsächlich prangt auf dem Sichtfeld aus Plaste im oberen linksseitigen Bereich der Hinweis des Herstellers sowie der Fertigungstyp: " Robotron Strelasund rr 1022 ", so nennt sich das Radiogerät aus längst vergangenen Zeiten.

" Robotron " im DDR - Slang " Rumpeltron " verballhornt, war ein Großkombinat mit zuletzt ( bis 1990 ) sagenhaften 68.000 Beschäftigten ( genauer: Werktätigen ).  Diesem Moloch eines Volkseigenen Betriebs ( VEB ) gehörte auch das Werk in Stralsund an, in dem jene " Heimempfänger " einst gefertigt wurden. Der Vertrieb erfolgte dann über Ost - Berlin, der damaligen Hauptstadt der DDR. 



https://picclick.de/DDR-Radio-Heimempfänger-Strelasund-RR-1022-P-283801619720.html


Diese Unterhaltungselektronik war - wie viele andere technische Geräte - für einen " Normalo " in der DDR nicht billig. Bei einem Durchschnittsverdienst von knapp 700 Ostmark; was in etwa einen Nettoverdienst von 550 Ostmark ausmachte, musste der DDR - Bürger sich schon erheblich einschränken, um sich ein solches Wunderwerk der Technik zu kaufen können. Weil diese höher wertigen Artikel zum größten teil unter anderer Bezeichnung beim Klassenfeind in der BRD verhökert werden mussten, um knallharte Devisen ( DM ) dafür einzunehmen, setzten die Apparatschiks der SED die Preise im Binnenmarkt künstlich hoch und verknappten dadurch auch das Angebot.

http://ortschronik-briesen-mark.de/ddr_musem/DDR_Preise/index.html

Nach der Wende existieren noch Tausende dieser und anderer DDR - Radios und werden im Netz über Verkaufsplattformen angeboten.

Die Technik hat sich seit 1989 indes vollkommen verändert. Diese Art von Rundfunkempfänger ist denn eher als ein Relikt ostalgisch eingefärbter Reminiszenz an die eigene Jugend in den 1980ern zu sehen.

Ich stellte das " Strelasund rr 1020 " an. Es funktionierte tatsächlich noch. Aus dem Lautsprecher plärrte Popmusik eines dieser Dudelstationen, die bei mir bereits nach sehr kurzer Zeit Kopf - und Ohrenschmerzen verursachen. Ich drehte an dem Skalenknopf. Ein anderer Sender brachte Nachrichten. Beim Betätigen der " KW " - Taste hörte ich nur Rauschen und Zischen. Was die " AFC " - Taste n sich verbirgt, musste ich erst im Netz nachlesen (https://de.wikipedia.org/wiki/Automatic_frequency_control ).

Die weitere Taste " TA  -  TB  " ist mir jedoch geläufig, sie kann dann gedrückt werden, wenn ein Plattenspieler / Tonbandgerät am rückwärtigen Teil angeschlossen worden ist. Nur die " MW " - Taste ist seit Jahren bedeutungslos geworden; der Mittelwellensendebereich wurde unwiderruflich eigestellt und abgeschafft. Schade?



RUSH  -  Spirit Of The Radio  -  Permanent Waves  -  1980:


 


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

" Eine Seefahrt, die ist lustig. " - nur nicht in den 60er Jahren zum AOK - Erholungsheim auf Norderney.

" Oh Adele, oh Alele, ah teri tiki tomba, ah massa massa massa, oh balue balua balue. " und die Kotzfahrt nach Wangerooge.

Was ist eigentlich aus dem Gilb geworden?