Die letzten Tage auf dem Darß



Heute ist Donnerstag. Donnerstag, der 24. September 2020. Noch drei weitere Tage, dann treten wir die Rückreise nach Bayern an. Es ist inzwischen herbstlich geworden, Die Nachttemperaturen sind zwar noch moderat und im unteren zweistelligen Bereich, doch sobald die Sonne am Horizont entschwindet, wird es frisch. Zudem haben einige Bäume begonnen, ihr sich langsam einfärbendes Blattwerk abzuwerfen. An einigen Stellen hat sich somit bereits ein dünner Laubbelag gebildet. Mit Beginn der bunten Jahreszeit entschwinden auch die Gedanken an die zweite, die wärme Jahreszeit und jene gesammelten Impressionen des Sommers........

Dieser war im Jahre 2020 nicht wie  alle zuvor erlebten. Es war vieles anders. Vieles ungewohnt, weil von der Weltseuche COVID - 19 bestimmt und mit geprägt. Seit mehr als einem halben Jahr beeinträchtigt " Corona " das Leben in der Gesellschaft und den Ablauf der Ökonomie.

Jetzt, wo wir Zeit gefunden haben, um uns ein wenig umzuschauen, wird dieses auch einem so kleinen Ort, wie dem Seebad Prerow deutlich. Nicht nur, weil es auffiel, dass lange Schlangen an den Eingängen der Restaurants standen. Auch nicht, dass viele Eisgraue ständig den obligatorischen Mund - und Nasenschutz dabei tragen. Auch nicht, dass vor den Türen der Geschäfte ein deutlicher, nicht zu übersehener Hinweis geschrieben steht, dass nur eine begrenzte Anzahl von Menschen die kleinen Läden betreten darf. 

Besonders verdeutlicht wurde es uns, da eine Reihe von Geschäften längst oder bereits zuvor, also nach Beendigung der so genannten " Corona " - Beschränkungen, geschlossen haben. Dazu zählen beispielsweise einige Eisverkaufsstände in dem Ort. Ob nun jene, die an der Bernsteinstraße noch im letzten Juni täglich geöffnet hatten oder jene, die in der Hauptstraße ihre Angebote an den Preistafeln anzeigten.

Auch einige Imbißbuden sowie kleinere Restaurants waren verschlossen. Ich vermute, dass sie nach dem Ende des " Lock Down " erst gar nicht wieder geöffnet hatten. Dass sie die restriktiven " Corona " - Auflagen nicht erfüllen konnten oder eventuell gar nicht wollten, weil es sich de facto " nicht rechnete ". Damit blieb das Angebot an lukullischen Genüssen noch überschaubarer. 

Es mag auch zutreffend sein, dass jene Kleinbetriebe kein Personal gefunden haben und nicht auf Studenten zurück greifen konnten, wie das Fischrestaurant " Ostsee Fisch " an der Hauptstraße in Prerow, wo drei junge Mitarbeiter aus dem ukrainischen Lwiw, die während der Semesterferien hier arbeiten.

Auch sonst hat sich einiges im Ort verändert. Die beiden Behelfsbrücken über den Prerow Strom, die noch im letzen Jahr aus lavede wirkenden Pontons bestanden, sind einer massiven Holzkonstruktion gewichen, die mit EU - Strukturförderbeträgen elegant aussehend, dem Fußgänger nun das Gefühl vermitteln, dass er heile über das Wasser auf die andere Seite gelangt.

Auch die inzwischen modernisierte Freilichtbühne, die ein elegantes Schleppdach erhalten hat, zeigt sich im Vergleich zum Vorjahr in einem anderen Licht. Die meisten Veranstaltungen liefen bereits in den vergangenen Sommermonaten. Jetzt, im Herbst des " Corona " - Jahres 2020, gibt es keine so genannten Events mehr. Die Anlage sieht verwaist aus. An den Rändern des von Rasenflächen eingegrenzten Areals haben die Wildschweine gewühlt. Somit hat sich dann doch etwas dort bewegt.

Beim zweiten Gang zu dem Schnellrestaurant der " Ostsee Fisch " - Kette erkenne ich aus der Ferne einen " alten Bekannten ". Der Straßenmusiker aus Litauen, den wir bereits vor einigen Jahren in Zingst und hier mehrfach gesehen hatten, er war wieder da. Der bärtige Musiker spielte auf seinem Akkordion einige Seemannslieder. Seine Begleiterin, die im letzten Jahr neben ihm saß und - eher ungeübt - eine kleine Trommel und eine Rassel bewegte, war nicht mehr dabei. Sein rot schimmernder Bart war gestutzt und schimmerte noch grauer in Licht der bereits untergehenden Sonne. Ich f ihm nach meinem Besuch in dem Imbiss einen Obolus in den aufgeklappten Trompetenkasten.

Beim Rückweg zu unserer Unterkunft sinnierte ich über den Musiker aus dem baltischen Land an der Ostsee. Wo er wohl während des Sommers, den er jedes Jahr auf dem Darß verbringt, übernachtet? Wie er seinen Lebensunterhalt sonst bestreitet, wenn die kurze Saison hier endgültig beendet ist? Ob er krankenversichert ist? Er, der Litauer zählt doch schon längst zum Inventar auf der Halbinsel. Juris Rutkovsikis, so heißt der Künstler, hat jedoch nicht überall Freunde. Weil in einigen Gemeinden an der Ostsee diese Art von Straßenmusik - er spielt eben auch Trompete - wegen der vermeintlich zu lauten Instrumente untersagt wurde, bekam der Litauer möglicherweise Probleme mit den zuständigen Ämtern?

Er hat sich davon nicht beeindrucken lassen und spielt zumindest in Prerow munter weiter - bis zur nächsten Saison wird er wohl aber eine Pause einlegen.

Für die Anbieter der vielen Übernachtungsmöglichkeiten gilt dieses nicht. Viele haben auch in den Herbst - und Wintermonaten geöffnet und warten auf Gäste. Die Preise sind jetzt erheblich niedriger. Bei einigen Vermietern um mehr als 40 % im Vergleich zu der Hauptsaison. Nur in den Tagen vor Weihnachten und Silvester kosten die Unterkünfte so viel wie während der Sommermonate. 

Das gilt auch für die beiden Campingplätze in Prerow, aber auch in der gesamten Urlaubsregion. Die Tarife sind hier ebenfalls in verschiedene Zeitspannen aufgesplittet. Beim Recherchieren im Internet kam ich aus dem Staunen nicht heraus. Die Preise auf der größten Campinganlage sind nicht nur verwirrend, weil neben den Stell - oder Zeltplatzgebühren, auch Kosten für den Parkplatz, für den Stromanschluss und ein wundersamer Zuschlag zu zahlen sind. Da wird der Zeltplatz teurer als eine feste Unterkunft. Nun, das Campen gehört zu einer Philosophie, die sich nicht gleich mit wenigen Worten erklären lässt.

Die Nähe zur See, zum Strand, zu einem Ambiente, das es nur in diesem Teil des Landes gibt, fühlen sich Erholungssuchende nahezu magisch angezogen. Deswegen hört ein Besucher von vielen Gästen, dass diese bereits mehrfach den Darß besucht haben. Wir wissen längst, warum dieses so ist. 

Für den kommenden Spätsommer haben wir erneut 3 Wochen gebucht. Ob mit oder ohne " Corona " - Beschränkungen!

   

AUNT MARY  -  There´s A Lot Of Fish In The Sea  -  1970:

     


  

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