Ihr Patient, Dr. Peter S!


Es gibt vielerlei Gründe, warum ein Mensch - egal, ob alt oder noch jung - einen Arzt aufsucht. Neben denen, die eindeutig im medizinischen Bereich liegen, kommen auch solche hinzu, die eher eine soziale Komponente haben dürfen. Bei älteren Patienten könnte solche in der Vereinsamung liegen; bei jüngeren, sich noch im Berufsleben befindlichen, weil sie den " Blauen Montag " so sehr lieben oder vielleicht diverse Prüfungsängste in sich tragen. Egal, um welche Art von Gründen es sich bei einem Besuch in einer der mehr als 70.000 Arztpraxen es sich in diesem Land handeln sollte, dahinter ist immer ein Mensch zu sehen. 

Zumeist einer, der in unserem wohlhabenden Deutschland sich der Dienste und des Wissens jener Mediziner befleißigen möchte, die nach sehr langem Studium und einer weiteren, praktischen Ausbildungsphase, dann auf die Allgemeinheit los gelassen werden. Von den zugelassenen und / oder praktizierenden Ärzten ( es waren Ende 2020 immerhin 409.121 ) wird ja qua abzulegenden Genfer Gelöbnis - einst: hippokratischer Eid -  so einiges erwartet. Nicht nur Fachkenntnisse, sondern auch ein " dickes Fell ", was die negativen Seiten der Berufsausübung angeht. Diese zeigen sich besonders dann, wenn ein Mediziner auf soziale Verwerfungen in unserer Gesellschaft trifft. Oder, wenn der Arzt zu Prell - oder Sündenbock unzähliger Konflikte degradiert wird.

War der Berufsstand des Mediziners einst neben dem des Juristen ( Rechtsanwalts ), des Theologen ( Pfarrers ) des Dorfschulzen ( Polizisten ) oder des Bürgermeister, vielleicht noch des Kaufmanns ( Krämers ) zu den hoch angesehen in einem Gemeinwesen, so hat sich dieses längst radikal geändert. Aus einigen - als " Traumberuf " - angesehenen Erwerbstätigkeiten sind  x-beliebige Jobs geworden, die sich beinahe durch nichts von anderen unterscheiden.

In diesem Kontext dürfte denn auch eine Posse aus der niederen Provinz in Mecklenburg - Vorpommern einzuordnen sein, deren vorläufiges Endergebnis bei uns heftiges Kopfschütteln hervor rief.

Der Patient ist ein promovierter Mann in den ersten 70er Jahren des menschlichen Lebens. Jener Mann hatte einst in dem anderen Teil des bei seiner Geburt schon geteilten Deutschlands gelebt - in der DDR. Der Vater übte eine Tätigkeit als Hochschullehrer für marxistisch - leninistische Lehre ( in Westdeutschland hieß dieses dann politische Ökonomie ) aus. Er zählte damit zu den später Privilegierten in der DDR, zur Intelligenz ( hierfür stand ein " I " im Klassenbuch seines Sohnes Peter ). 

Der legte später sein Abitur an einem Dresdner Gymnasium ab. Nun, wie im Land des Klassenfeindes jenseits des " anti - imperialistischen Schutzwalls " auch, hätte Peter S. seinen Militärdienst bei der Volksarmee ableisten müssen und diesen, weil er später ein Studium aufnehmen wollte, für satte 3 Jahre. Doch Peter wurde nicht zu der Tretmühle Volksarmee einberufen ( eingezogen ), sondern durfte gleich nach seinem Abitur ein technisches Studium beginnen und alsdann im zarten Alter von nur 25 Lenzen promovieren. Hierzu verlangte der sozialistische Staat allerdings auch Gegenleistungen. Der Eintritt in die SED gehörte dazu, die Spitzeltätigkeit für die Staatssicherheit eher nicht; sie bewirkte allerdings einen gewissen " Karriereschub ". 

Peter S. heiratete in den frühen 1970er Jahren. Er wurde sodann in einen VEB als Produktionsleiter mittels Parteiauftrag abberufen. Die eingegangene Ehe wurde wieder geschieden. Den promovierten Parteisoldaten zog es nach Schwerin. Er heiratete dort erneut. Auch diese Ehe wurde geschieden, Damit verbunden war ein privater Beinahe - Bankrott, Sein mittlerweile erworbenes Seegrundstück nebst Wohnhaus ging verloren. Dann kam die so genannte Wende. Der inzwischen Vierzigjährige musste neu starten. Er machte sich selbständig. In den ersten 15 Jahren konnte er hiervon einigermaßen leben.

Dann kam Merkel´s Russland - Politik mitsamt ihren Wirtschaftssanktionen. Die Geschäfte gingen schlecht. Dr. Peter S. hatte sich zwar inzwischen einen kleinen Betrieb mit später sechs Mitarbeitern aufgebaut, doch die Umsätze nach Russland brachen nahezu ein. Dem einstigen guten Genossen, dem wertvolleren Mitglied der sozialistischen Gesellschaft, ging es finanziell gesehen, immer schlechter. Er hatte nach der Wende auf den falschen Gaul gesetzt.

Dann kam die AfD und später noch " Corona ". Eine für ihn willkommene Gelegenheit, mit der " Merkel - Diktatur " abzurechnen. Dr. Peter S. entzog sich zunehmend den Fakten und Berichten aus den Medien. Er bastelte sich ein eigenes Weltbild zusammen, dass von Propaganda - Organen, wie " Russia Today ", geprägt wurde. Er driftete zusehends aus dem realen gesellschaftlichen Weltbild in eine Lügen - Blase hinein. Hier schwurbeln, hetzten und indoktrinieren jene Gruppen, die vornehmlich aus dem faschistischen Spektrum entstanden sind. Er ließ sich von ihnen vereinnahmen.

Aus diesem Weltbild heraus, polemisierte er nun gegen die Anti - " Corona " - Impfungen. Für ihn waren die unzähligen Nachrichten um die Verbreitung der Neuzeit - Seuche Nummer Eins eher aufgebauschte Nachrichten der " Mainstream - Medien ". " Corona " sei nicht mehr oder weniger mit einer Grippe gleichzusetzen. Und diese Virusinfektion hätten die Mehrzahl der Menschen ja überlebt. Zudem seine die Impfungen gegen " Corona " eher schädlich, denn nützlich, weil sie die Frauen " unfruchtbar machten ", damit Fremdkörper in den Menschen injiziert werden würden, um darüber einen manipulativen Einfluss auf ihn nehmen zu können. 

Mit dieser Überzeugung nahm der  Dr. Peter S. vor Weihnachten des Jahres 2021 einen Routinetermin bei einer Hausärztin in der Nähe seines Wohnortes wahr. Dr. peter S. war nämlich nicht mehr ganz gesund. Er hatte bereits einige Operationen hinter sich. Er litt einst an einem Prostatakarzinom, musste nach zwei Infarkten jeweils Herzoperationen über sich ergehen lassen. Nein, der Patient Dr. Peter S. war ein kalrer Fall eines Risikopatienten in diesen, von Covid - 19 beladenen Zeiten. Zudem infizierte sich der zweite Stiefsohn, ein Polizeibeamter, mit " Corona ". In Kenntnis dessen, empfahl die aufgesuchte Ärztin ihm, sich doch lieber gegen Covid - 19 impfen zu lassen.

Da hatte sie einen völlig falschen Rat erteilt. Er schrieb der Ärztin einen bösen Brief. Er sei " Impfgegner " und werde es immer bleiben. Dieses Manifest, jenes Pamphlet, war gespickt mit all diesem Schwachsinn, der seit mehr als einem Jahr aus der AfD - Szene, aus den Hetzkampagnen im Netz, die von Faschisten losgetreten werden und jenem hanebüchenen Blödsinn, den Verschwörungstheoretiker, Teile der Isotherikanhängerschaft und die Impfgegner schlechthin, immer wieder verzapfen.

Er schloss diesen Brief mit den Wort: " Es grüßt Sie Ihr Patient Dr. Peter S. ".

Ja, der Arztberuf ist nicht mehr das, was er einst war. Und wer in seinem Leben eine akademische Laufbahn eingeschlagen hat und diese mit einer Promotion veredeln durfte, muss deshalb noch lange nicht mehr vom Leben wissen als ein Fließbandmalocher oder eine kaufmännische Hilfskraft. 

  


GRAVENHURST  -  The Velvet Cell Reprise  -  First In Distant Buildings  -  2005:


  



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