Julimorgen und Urlaubsende

 Es ist 4.53 Uhr am Morgen des 2. Juli 2022. Ich habe nicht gerade gut geschlafen. Vielleicht lag das an dem üppigen Zandergericht, dass wir uns gestern Abend gegönnt hatten. Dabei ist Fisch doch eher eine leichte Kost, die der Normalo sehr gut verdauen kann. Vielleicht lag es aber auch an der Beilage, die aus Bratkartoffeln und Weißkrautsalat bestand? Vielleicht lag es zudem an dem " Rotkäppchen " - Sekt, den wir zum Geburtstag aufgemacht hatten?

Egal, ich döste vor mich hin und hatte mich im Bett auf die Seitenlage mit Richtung zur Wand gedreht. Der Morgen graute heran. Ich drehte mich erneut in die entgegen gesetzte Richtung und konnte durch die Türscheibe sehen, wie im Osten zwischen den Bäumen am Prerowstrom langsam das Morgenrot durchschimmerte. Bis zum für mich sichtbaren Sonnenaufgang waren es allerdings noch einige Minuten. Kurz nach 5.00 Uhr sah ich dann den für die Erde lebenswichtigen Fixstern in voller Größe.

Seit dem Sommeranfang am 21. Juni 2021 hat die Zeitspanne der Dunkelheit um einige Minuten zugenommen. Doch der Sommer beginnt ja erst und damit die Urlaubszeit. Auf den Flughäfen wird weiterhin das pure Chaos regieren. Zehntausende dürften dabei gestresst in riesigen Menschenansammlungen zusammenstehen und warten. Solange warten, bis dann der Flug doch noch möglich ist. Gestern Abend haben wir zufällig bei N3 einen Lagebericht zu der Situation auf dem Hamburger Flughafen gesehen. Darin wurden Schulkinder nach ihren geplanten Urlaubsreisen befragt. Junge, junge, das klang durchaus ambitioniert. Teneriffa, Kroatien, Italien, Türke und weitere, übliche Verdächtige wurden genannt.

An die Ostsee wollte davon keiner. Warum eigentlich nicht? Hier gibt es zurzeit noch leere Unterkünfte, an den Stränden ist es nie gerammelt voll und auch sonst dürften 14 Tage Fischland - Darß - Zingst, Graal - Müritz oder Kühlungsborn weniger stressig sein als irgendein Flug ( sofern dieser nicht annulliert wird ) in irgendein südeuropäisches Land. Doch den Michel zieht es wieder in den Süden. Angeblich sollen die Buchungen dorthin erst auf zirka 70% des " Vor - Corona " - Niveaus gestiegen sein. Doch Meckern, Klagen und Jammern zählt in dieser Branche auch zum Handwerkzeug. 

Nächsten Jahr, im kommenden Sommer also, dürften nicht mal 50 % des jetzigen Reiseaufkommens erreicht werden, denn der Preisprügel wird auch dort gnadenlos zuschlagen und jene normierten Urlaubsfreuden um 20 - 50 % verteuern. Sei´s drum! Wir haben bereits wieder Prerow auf dem Darß an der deutschen Ostsee gebucht. Wir sind in dieser Hinsicht halt Patrioten!

Draußen begrüßen unsere gefiederten Vögel den neuen Tag. Ein Singdrossel - Duett ist zu hören. Ich erinnere mich dabei an die große Zeit in der die gemischten Kehlkopfakrobaten ihre Künste auf Silberlingen gepresst zum Kauf vorwarfen ( Mick Jagger / Tina Turner, der längst verblichene Joe Cocker / Jennifer Warnes, die Selbige mit dem verstorbenen Leonard Cohen oder Sarah Brightman / Andrea Bocelli ). Das Duett der beiden Singdrosseln klingt jetzt aber für mich vertrauter. Auch wenn es längst nicht mehr viele davon gibt. Die am Hausdach nistenden Spatzen machen auch auf sich aufmerksam. Weitere Vögel waren zu hören. Darunter auch ein Kuckuck, den ich bereits vor einigen Jahren im Waldgebiet am Prerowstrom deutlich hören konnte.

Zwar ist die Anzahl der Vögel nicht mehr jene, die ich einst vor 50 Jahren nach einer nächtlichen Kneipentour durch Braunschweig oder den bis zum Morgen andauernden Besuche einer Musikkneipe in Münchehagen erleben durfte, aber das morgendliche Vogel - Konzert in Prerow hört sich auch nicht schlecht an.

Wie so vieles in unserem Lebensumfeld hat sich auch dieses längst verändert. Vor 50 Jahren waren Fliegen oder Urlaub für mich ein Fremdwort. Ich hatte dafür kein Geld. Wenn ich jetzt die Ansprüche und Urlaubsziele der Schulkinder und Jugendlichen höre, frage ich mich, ob sich da nicht zu viele unter denen auf zu hohem Niveau bewegen. Andererseits: Ich war ja auch mal jung.

Morgen werden wir dann unsere Taschen packen. Die werden garantiert transportiert. Nämlich eigenhändig.

Urlaubsende bedeutet aber auch, dass wir einen kleinen Teil unserer seit dem 8. Juni bestehenden Gewohnheiten verlieren werden. Da wäre der regelmäßige Lauf durch den Darßer Wald, der Strandgang, das Meer.... und eben das beinahe morgendliche Vogelgezwitscher.


Klar, es gibt im Netz nahezu alles; auch Vogelgezwitscher. Doch da halte ich es lieber mit dem Original. Selbst dann noch, wenn es zeitlich begrenzt wird. Spätestens im August wird das Konzert der Vögeln zu Ende gehen. Dafür naht die Pilzzeit. Die Suche ab den letzten Augusttagen bis in den September hinein, hat mir hier sehr viel Spaß gemacht. Doch die verlege ich jetzt in die Spätsommertage in die - noch - heimischen Gefilde. Bayern hat nicht nur viel Land, sondern auch große Wälder. Da gibt es reichlich Pilze. 

  Diese Erkenntnis macht den Abschied vom geliebten Darß etwas leichter.


PIGUIN  -  Die Nachtmusik  -  Der Große Rote Vogel  -  1972:
 



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